Betreff
Festsetzung des Überschwemmungsgebietes der Farrnbach durch Verordnung (FarrnbachÜV)
Vorlage
OA/0384/2019
Art
Beschlussvorlage - SB
Untergeordnete Vorlage(n)

1.
Das Prüfungsergebnis der Verwaltung zu den im Anhörungsverfahren vorgebrachten Stellungnahmen der beteiligten Behörden und den Einwendungen der Betroffenen wird gebilligt.

2.
Der Stadtrat beschließt den Erlass der Verordnung der Stadt Fürth über das Überschwemmungsgebiet an der Farrnbach im Stadtgebiet Fürth (Überschwemmungsgebietsverordnung Farrnbach – FarrnbachÜV) und der 6. Verordnung der Stadt Fürth zur Änderung der „Überschwemmungsgebietsverordnung – ÜVO -“.

 


a)   Hintergrund:

Bei Überschwemmungsgebieten handelt es sich nicht um eine behördliche, veränderbare Planung, sondern um die Ermittlung, Darstellung und rechtliche Festsetzung einer von Natur aus bestehenden Hochwassergefahr.

 

Bestehende Überschwemmungsgebiete sind vom Wasserwirtschaftsamt gemäß Art. 46 Abs. 3 Satz 2 BayWG fortzuschreiben. Für das Stadtgebiet Fürth erfolgte diese Fortschreibung für die Gewässer I. Ordnung (Rednitz, Regnitz) im Jahr 2015 und die Gewässer II. Ordnung (Zenn, Farrnbach, Gründlach) im Jahr 2016. Mit Ausnahme der Farrnbach wurden die fortgeschriebenen Überschwemmungsgebiete von der Stadt Fürth bereits mit Verordnung festgesetzt.

 

Die bestehende Festsetzung des Überschwemmungsgebietes der Farrnbach im Stadtgebiet Fürth ist seit 23.06.1998 durch die Überschwemmungsgebietsverordnung - ÜVO – (vom 02.07.1986, zuletzt geändert durch Änderungsverordnung vom 14. Juni 2017) noch nach altem Recht erfolgt.

Das Überschwemmungsgebiet ist deshalb zu aktualisieren (Art. 46 Abs. 3 Satz 2 BayWG). Die Stadt Fürth als Kreisverwaltungsbehörde muss diese fortgeschriebenen Überschwemmungsgebiete mit Rechtsverordnung festsetzen (Art. 46 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 BayWG).

 

Diese Festsetzungspflicht besteht erst recht, da der Stadt Fürth durch die neue Berechnung bekannt ist, dass im Vergleich zur bisherigen Festsetzung umfangreiche Abweichungen bestehen, welche Flächen bei einem HQ100 überflutet bzw. nicht überflutet werden würden.

 

Aufgrund veränderter Rechtsgrundlagen und Bestimmungen ist beabsichtigt, für alle neu überrechneten Überschwemmungsgebiete jeweils eigene Verordnungen zu erlassen (hier: FarrnbachÜV) und die alte Festsetzung gleichzeitig aus der bisherigen ÜVO zu streichen.

 

Von der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zu trennen ist die Planung und Realisierung von Hochwasserschutzmaßnahmen zum Schutz der Bebauung im Bereich der Regelsbacher Straße. Diese Planung wird unabhängig vom rechtlichen Status des Überschwemmungsgebiets vorangetrieben.

 

b)  Verordnungsverfahren:

1. Auslegungsverfahren 2016

Aufgrund des UA-Beschlusses vom 13.10.2016 waren vom 21. November 2016 bis 20. Dezember 2016 die Unterlagen eines neu ermittelten Überschwemmungsgebietes ausgelegen. Da es sich im Laufe des Verfahrens ergab, dass das Überschwemmungsgebiet im Zuge des 2. Zyklus der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie erneut hydraulisch überrechnet werden sollte und dabei durch die Verwendung eines aktualisierten digitalen Modells des Gewässervorlands sowie einer detaillierten Einarbeitung der Brückenbauwerke mit genaueren Ergebnissen gerechnet wurde, wurde entschieden, diese Überrechnung abzuwarten.

 

2. Auslegungsverfahren 2019

Auf dieser aktuellen Grundlage wurde das Überschwemmungsgebiet der Farrnbach vom Wasserwirtschaftsamt Nürnberg im Jahr 2018 neu ermittelt. Die Unterlagen wurden der Stadt Fürth am 11.02.2019 für das vorgeschriebene Festsetzungsverfahren vorgelegt und das Anhörungsverfahren eingeleitet. Die öffentliche Auslegung fand vom 04.04.2019 – 03.05.2019 und der Erörterungstermin am 26.06.2019 statt.

 

Auf Wunsch des Stadtrates sollten vor der Beschlussfassung mit den Einwendungsgemeinschaften „Mühltalstraße“ und „Hinteres Dorf“ nochmals Gespräche geführt werden.

 

Am 19.07.2019 fand ein Gespräch mit der Einwendungsgemeinschaft „Mühltalstraße“ im Beisein von Vertretern der Stadtratsfraktionen und einem Vertreter der Regierung von Mittelfranken statt. Es wurde vereinbart, dass zur Erhöhung der Genauigkeit des Geländemodells zusätzliche terrestrische Vermessungen vorgenommen werden. Diese Vermessung fand am 30.07.2019 statt; die Ergebnisse führten zu kleineren randlichen Anpassungen. Die Einwendungsgemeinschaft „Mühltalstraße“ erklärte ihre Einwendungen daraufhin für erledigt.

Die Nachvermessungen führten allerdings auch dazu, dass fünf Flurstücke stärker vom Überschwemmungsgebiet betroffen werden. Diese wurden nach Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 8 Satz 1 BayVwVfG beteiligt. Eine Person aus der Einwendungsgemeinschaft „Mühltalstraße“ erhob daraufhin mit Schreiben vom 27.08.2019 Einwendungen, die jedoch als unbegründet zurückzuweisen sind. Die Person hat auch nicht am Erörterungstermin (28.11.2019) teilgenommen.

 

Auch wenn die Einwendungsgemeinschaft „Hinteres Dorf“ nicht auf das Gesprächsangebot für den 19.07.2019 einging, wurden im Weiteren auch hier terrestrische Nachvermessungen vereinbart und am 21.10.2019 durchgeführt. Dabei bestätigte sich die äußert hohe Genauigkeit des zugrundeliegenden Geländemodells; es gab lediglich die systembedingt zu erwartenden Abweichungen im Bereich von wenigen Zentimetern. Die Einwendungen werden weiterhin aufrecht erhalten.
Eine weitere Konsequenz aus den Nachvermessungen ist, dass ein Gebäude, welches bisher um wenige Millimeter nicht vom Überschwemmungsgebiet betroffen war, künftig mit ca. 2 cm eingestaut wird und deshalb als „betroffenes Gebäude“ in den Plänen darzustellen ist. Der Eigentümer wird aufgrund der Nachvermessung erstmalig vom Überschwemmungsgebiet betroffen. Er wurde nach Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 8 Satz 1 BayVwVfG beteiligt und hat Einwendungen erhoben. Bei der Teilnahme am Erörterungstermin am 28.11.2019 wurde auf seine Fragen eingegangen, die Einwendungen wurden jedoch nicht zurückgenommen.

 

Die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Verbände sowie die Einwendungen der Betroffenen wurden rechtlich und fachlich geprüft. Sie sind in der beigefügten Übersicht, verbunden mit einer Bewertung und einem Entscheidungsvorschlag der Verwaltung, zusammengestellt.

 

Im Wesentlichen lassen sich die verbliebenen Einwendungen aus dem Bereich der Regelsbacher Straße / Burgfarrnbach wie folgt zusammenfassen und bewerten:

 

a)       Die Richtigkeit der Berechnung / des Berechnungsverfahrens werde bezweifelt.

Es besteht keine Veranlassung, die Richtigkeit des vom Wasserwirtschaftsamt Nürnberg ermittelten Überschwemmungsgebiets anzuzweifeln. Die in den Einwendungen aufgeworfenen Detailfragen sind aus Sicht der unteren Wasserrechtsbehörde nachvollziehbar und schlüssig beantwortet worden.

Zudem wurde die Ermittlung des Überschwemmungsgebietes durch das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) überprüft. Im Ergebnis stellte das LfU fest:

 

„Insgesamt ist das hydraulische Modell des Farrnbachs im Bereich der Stadt Fürth damit gut geeignet, im Festsetzungsverfahren das Überschwemmungsgebiet zu ermitteln. Es werden die Standards der bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung eingehalten und es wurde nach den Vorgaben des Handbuchs hydraulische Modellierung vorgegangen. Das Modell entspricht damit dem Stand der Technik.

Damit entspricht die Ermittlung der bestehenden Bemessungswerte dem Stand der Technik.

Aufgrund der geringen Abweichungen zwischen beiden Modellen ist eine Anpassung des bestehenden Längsschnitts nicht notwendig. Der bestehende Längsschnitt entspricht dem Stand der Technik und kann nach wie vor als plausibel angesehen werden.“

b)      Es fehlen Informationen / Daten, um die Berechnung nachvollziehen zu können.

Das damalige StMUG hat mit Anweisung vom 20.07.2010 verbindliche Vorgaben aufgestellt, welchen Umfang die Unterlagen für Festsetzungsverfahren haben müssen. Die Unterlagen in diesem Verfahren entsprechen den gesetzlichen und ministeriellen Vorgaben. Die zusätzlich geforderten Unterlagen / Angaben gehen über den vorgegebenen Umfang hinaus und sind für dieses Verfahren zudem nicht erforderlich.

Das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg stellte den Einwendungsführern mit Schreiben vom 03.06.2019 das digitale Geländemodell und mit Schreiben vom 29.07.2019 weitere angefragte Daten zur Verfügung.

Die nach dem Erörterungstermin offenen Fragen wurden abschließend geprüft (siehe Anlage 1) und werden der Einwendungsgemeinschaft nach der Beschlussfassung auch noch schriftlich von der Stadt Fürth beantwortet (Art. 73 Abs. 3 Satz 2 BayWG).

Um dem Informationsbedürfnis der Einwendungsgemeinschaft nachzukommen, bot das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg unbürokratisch am 19.06.2019 einen Informationsabend an. Das Angebot wurde nicht angenommen. Auch auf das Gesprächsangebot der Stadt Fürth am 19.07.2019 wurde nicht eingegangen. Es fand ein weiterer Gesprächsvermittlungsversuch von Herrn Stadtrat Helm am 24.09.2019 statt, die Nachvermessung am 21.10.2019 wurde im Rahmen eines umfangreichen Ortstermins durchgeführt und auch im ergänzenden Erörterungstermin am 27.11.2019 wurde seitens der Behörden auf alle Fragestellungen eingegangen.

c)       Das Verfahren solle ausgesetzt werden, bis die Engstelle vor der Regelsbacher Brücke beseitigt sei.

Ein Aufschieben des Verordnungserlasses bis zur Lösung der Hochwassergefahr in Burgfarrnbach / Regelsbacher Brücke ist gem. Art. 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BayWG nicht zulässig. Ermessensspielraum bei der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes räumt der Gesetzgeber der Stadt Fürth nicht ein (weder über das „Ob“ noch über den „Umfang“ der Festsetzung).

Eine Beseitigung der Engstelle vor der Regelsbacher Brücke ist, wie bereits mehrfach dargestellt, isoliert (d.h. außerhalb einer Hochwasserschutzmaßnahme für ein HQ100) rechtlich nicht möglich. Diese Rechtsauffassung wurde auch im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde von der Regierung von Mittelfranken (höhere Wasserrechtsbehörde) im Februar 2019 überprüft und bestätigt.

 

d)      zukünftige Bebaubarkeit

Bei Bauvorhaben auf Grundstücken, die (zukünftig) im Überschwemmungsgebiet liegen, wird neben der Baugenehmigung zusätzlich eine Genehmigung nach § 78 Abs. 5 WHG erforderlich. Bei Ersatzbauten besteht ein Anspruch auf die Erteilung dieser Genehmigung, wenn die Bebauung hochwasserangepasst erfolgt (d.h. angepasst an die jeweils konkret anzunehmenden Wasserstände). Ersatzneubauten wären damit weder ausgeschlossen noch wesentlich erschwert.

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass durch das neu ermittelte Überschwemmungsgebiet nicht nur Flächen zusätzlich betroffen werden, sondern auch viele Fläche zukünftig nicht mehr oder weniger stark im Überschwemmungsgebiet liegen. Unterbleibt die Anpassung an die neuen Erkenntnisse, bleiben diese Flächen ohne sachlichen Grund (d.h. rechtswidrig) weiterhin im Geltungsbereich der Überschwemmungsgebietsverordnung mit den entsprechenden Konsequenzen. Diese Eigentümer haben einen Anspruch auf Erlass dieser Verordnungen.

 

Die Regierung von Mittelfranken (höhere Wasserrechtsbehörde / Aufsichtsbehörde) begleitet das Verfahren und hat bereits, wie vorstehend ausgeführt, an einem Termin in dieser Sache teilgenommen.

 

Die Verwaltung empfiehlt, der rechtlichen Verpflichtung nachzukommen und das Überschwemmungsgebiet im vorgeschlagenen Umfang mit Rechtsverordnung festzusetzen.

 

Den einwendenden Personen bzw. Einwendungsgemeinschaften steht anschließend der Rechtsweg offen.

 


-nö- Anlage 1a – Bewertung der Stellungnahmen und Einwendungen

Anlage 1b – Bewertung der Stellungnahmen und Einwendungen (geschwärzt)

Anlage 2 – Übersichtskarte Ü1

Anlage 3 – Detailkarte K1

Anlage 4 – Detailkarte K2

Anlage 5 – Detailkarte K3

Anlage 6 – FarrnbachÜV

Anlage 7a – 6. ÜVO-Änderungsverordnung

Anlage 7b – ÜVO-Synopse

-nö- Anlage 8 – Stellungnahme LfU