Betreff
Neufassung der "Leitlinien Runder Tisch Mobilfunk"
Vorlage
OA/0483/2021
Art
Beschlussvorlage - AB

Der Umweltausschuss nimmt die neuen Leitlinien „Runder Tisch Mobilfunk 2021“ zustimmend zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, diese mit den Mobilfunknetzbetreibern abzustimmen. Nach erfolgter Abstimmung sind die Leitlinien dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen.

 


Einführung:

Infolge der rasanten Weiterentwicklung der Mobilfunktechnologien und neuer Mobilfunkanwendungen (z.B. Industrie 4.0, 5G Campusnetze) ergeben sich bereits heute seitens der Fürther Unternehmen neue Bedarfe bzw. Anforderungen an die digitale Infrastruktur (u.a. steigende Datenmengen, höhere Gerätedichte, geringere Latenzen), um zukünftig innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben.

 

Die Netzbetreiber arbeiten derzeit verstärkt am Netzausbau von 5G in Deutschland. Im Vergleich zu 4G hat 5G eine höhere Frequenz und zugleich eine geringere Reichweite; aus diesem Grund spielt die Nachverdichtung des Netzes beim Ausbau von 5G eine große Rolle und führt zu merklich vermehrten Anfragen zu neuen Standorten und Standorterweiterungen bei der Verwaltung.

 

Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung Überlegungen angestellt, das bisherige Verfahren zur Abstimmung des Mobilfunknetzausbaus in der Stadt Fürth, die sog. Leitlinien Runder Tisch Mobilfunk aus dem Jahr 2003, weiterzuentwickeln. Dieser nun vorgelegte Vorschlag für „Leitlinien Runder Tisch Mobilfunk 2021“ berücksichtigt auch die im Vergleich zu 2003 zu beobachtende zunehmende Toleranz gegenüber elektromagnetischer Strahlung in der Bevölkerung.

 

 

Rechtlicher Hintergrund:

Mobilfunkanlagen bedürfen einer Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur. Laut Bundesnetzagentur ist eine Standortbescheinigung mehr als nur ein Dokument, auf dem die Sicherheitsabstände eingetragen sind. Wenn die Bundesnetzagentur eine Standortbescheinigung erteilt hat, bestätigt sie damit auch, dass bei dem geplanten Betrieb der Funkanlage auch unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch andere Anlagen die gesetzlichen Grenzwerte überall dort eingehalten werden, wo sich Personen aufhalten können.

Für die Erteilung der Standortbescheinigung gilt die Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV 2017). Diese sieht keine Zuständigkeit bzw. Handlungsmöglichkeit für die Stadt Fürth als Kreisverwaltungsbehörde vor, lediglich § 7 der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) sieht einen Informationsanspruch gegenüber der Bundesnetzagentur vor (die Stadt Fürth darf danach die Standortbescheinigungen in einer bereitgestellten Datenbank abrufen).

 

Der Handlungsspielraum der Stadt Fürth hinsichtlich des Standorts von Mobilfunkanlagen ist somit sehr begrenzt.

 

So sind z.B. lediglich größere Sendemasten baugenehmigungspflichtig, deren Errichtung kann im Rahmen der bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Vorschriften gesteuert werden. Der bei weitem überwiegende Anteil der Mobilfunkanlagen ist jedoch nicht baugenehmigungspflichtig.

 

Nach § 7a der 26. BImSchV ist die Stadt Fürth von den Betreibern bei der Auswahl von Standorten für Mobilfunkanlagen anzuhören. Ihre Stellungnahme ist von den Betreibern zu berücksichtigen.

 

Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) hat hierzu formuliert: „Der Berücksichtigungspflicht genügt der Betreiber insbesondere dadurch, dass er Standortvorschläge der Kommune überprüft und bei Eignung bevorzugt verwirklicht. Lediglich bei Dissens ist die Entscheidung vom Betreiber schriftlich zu begründen.“

Und: „Das Beteiligungsverfahren für Einzelanlagen soll jedoch innerhalb von 8 Wochen abgeschlossen sein.“

 

Einfluss auf die Standortauswahl hat die Stadt Fürth daher vor allem als Eigentümerin von Grundstücken und Gebäuden, die als potentielle Standorte für Sendeanlagen in Frage kommen können. Die bisherige Beschlussfassung, städtische Liegenschaften nicht von vorneherein, sondern nur als Objekt des Verhandelns anzubieten, steht bislang einer aktiven Begleitung und - im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten - Steuerung des weiteren Ausbaus des Mobilfunknetzes in der Stadt Fürth entgegen.

 

 

Überarbeitung der Leitlinien „Runder Tisch Mobilfunk“

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Kommunen keine rechtliche Möglichkeit haben einen Mobilfunkstandort zu verhindern, wenn Mobilfunknetzbetreiber dort eine Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur erhalten und der/die Grundstückseigentümer einverstanden ist/sind.

Gleichwohl ist festzustellen, dass sich das bisherige Dialogverfahren, neue Mobilfunkstandorte gemeinsam zu erörtern, aus Sicht der Verwaltung bewährt hat. Gerade die Diskussion kritischer Standortvorschläge im Rahmen des Runden Tisches leistet einen wichtigen zur Meinungsbildung zwischen Kommune und Mobilfunkstandortbetreibern.

 

Zur effektiven und effizienten Durchführung dieser Abläufe schlägt die Verwaltung eine Überarbeitung der bestehenden Leitlinien „Runder Tisch Mobilfunk“ vor.

 

-       Die Arbeitsweise des Runden Tisches wird an die geübte Praxis des modernen Verwaltungsalltags angepasst. Dazu wird der „Runde Tisch“ künftig grundsätzlich digital tagen (standardmäßig Videokonferenz, im Einzelfall digitales Umlaufverfahren).

-       Der Teilnehmerkreis wird um das Amt für Wirtschaft und Stadtentwicklung sowie den Digitalisierungsbeauftragten bei OrgA erweitert.

-       Der bislang nicht geregelte Umgang mit Suchkreisanfragen wird in die Leitlinien aufgenommen.

-       Standortänderungen bzw. -erweiterungen werden nicht diskutiert, da es sich um bestehende Mobilfunkstandorte handelt, welche das Verfahren am Runden Tisch bereits durchlaufen haben.

-       Eine Smart Cell ist eine kleine Funkzelle, die mit geringer Sendeleistung arbeitet und nur einen kleinen Bereich funktechnisch versorgt. Aufgrund ihrer geringen Größe sind typische Installationsorte z.B. Straßenlaternen, Ampeln, Parksäulen, Bushaltestellen oder Gebäudewände. V.a. aufgrund der (auch im Vergleich zu einem Smartphone) geringen Sendeleistung erscheint eine Behandlung der einzelnen Smart Cells im „Runden Tisch“ entbehrlich.

-       Die Definition in den bisherigen Leitlinien zu den „sensiblen Einrichtungen“ beruht nicht auf wissenschaftlichen Grundlagen (die Standortbescheinigung bestätigt die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte), sondern auf einer politisch-emotionalen Einschätzung.

Aus heutiger Sicht erscheint die bisherige Festlegung sensibler Einrichtungen als Kindergärten, Kindertagesstätten, Grund- und Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Sonderschulen und Fachoberschulen (siehe Nr. 3 der bisherigen Leitlinien) nicht mehr sachgerecht, da sich Kinder sehr viel länger in und um deren jeweiligen Wohnstätten aufhalten als in den o.g. Einrichtungen. Darüber hinaus wird zunehmend ein optimaler WLAN-Zugang für moderne Unterrichtsformen erforderlich.

Gleichwohl erscheint es weiterhin sinnvoll, eine gewisse Differenzierung vorzunehmen. Es wird daher vorgeschlagen, als „sensible Einrichtungen“ künftig auf der Grundlage von Aufenthaltsdauer und Gesundheitszustand der darin befindlichen Menschen Krankenhäuser und stationäre Einrichtungen der Pflege und für Menschen mit Behinderung zu betrachten.

 

Die Überarbeitung der Leitlinien des Runden Tisches Mobilfunk und die aktualisierte Definition „sensibler Einrichtungen“ erscheinen hilfreich und notwendig, um der zunehmenden Bedeutung neuer Mobilfunktechnologien und neuer Mobilfunkanwendungen gerecht zu werden.

 

 

Folgende neue Formulierung der Leitlinien wird vorgeschlagen:

 

 

Leitlinien „Runder Tisch Mobilfunk 2021“

 

1.       Der „Runde Tisch“ tagt auf einer politischen Ebene und auf einer Arbeitsebene.

2.       Beide Ebenen tagen nicht öffentlich.

3.       Der „Runde Tisch“ arbeitet nach Möglichkeit digital.

4.       Teilnehmer des „Runden Tisches Mobilfunk“ sind:

o   Stadtratsfraktionen

o   BUND Naturschutz

o   Stadtverwaltung: OA, AWS, SpA, LA, GWF/IB, OrgA

o   WBG

o   infra fürth gmbh

o   Landratsamt Fürth/Gesundheitsamt

o   Mobilfunknetzbetreiber, also derzeit Deutsche Telekom, Vodafone, Telefonica

5.       Arbeitsebene

5.1.    Auf der Arbeitsebene legen die Mobilfunknetzbetreiber der Verwaltung Planungsdaten vor. Politik und Bund Naturschutz wirken auf der Arbeitsebene nicht mit.

5.2.    Im Rahmen von Suchkreisanfragen werden durch die Arbeitsebene sensible Einrichtungen (Krankenhäuser und stationäre Einrichtungen der Pflege und für Menschen mit Behinderung) benannt und die Antragsteller (Mobilfunknetzbetreiber) um Berücksichtigung bei der Standortauswahl gebeten.

5.3.    Anhörungen zu neuen Mobilfunkstandorten werden durch die Arbeitsebene auf die Nähe zu sensiblen Einrichtungen (Krankenhäuser und stationäre Einrichtungen der Pflege und für Menschen mit Behinderung – Abstand, Höhendifferenz, physikalische Schattenwirkung) hin überprüft und ggf. die Antragsteller (Mobilfunknetzbetreiber) um einen alternativen Standortvorschlag gebeten.

5.4.    Mitteilungen zu Standortänderungen und -erweiterungen sowie SmartCell-Einrichtungen werden nicht geprüft und nicht kommentiert.

6.       Politische Ebene

6.1.    Kritische Standorte werden im Rahmen der Anhörung der Kommune in der politischen Ebene diskutiert und sofern möglich ein alternativer Standort vorschlagen.

6.2.    Kommt keine Einigung zu Stande, steht zu erwarten, dass die Mobilfunknetzbetreiber die Standorte entsprechend den Vorschriften der 26. BImSchV verwirklichen.

6.3.    Unkritische Standorte werden in der politischen Ebene bekannt gegeben und nicht mehr diskutiert.

7.       Der Umweltausschuss wird regelmäßig von den Ergebnissen des Runden Tisches unterrichtet.

8.       Der „Runde Tisch“ diskutiert nicht über Grenzwerte im Sinne der Festlegung „eigener Fürther Grenzwerte“.

9.       Der „Runde Tisch“ diskutiert nicht über bereits bestehende Standorte. „Bestehende Standorte“ sind Standorte, die entweder bereits in Betrieb sind oder sich in Bau befinden bzw. deren Bauphase eingeleitet ist. Die Mobilfunknetzbetreiber erklären ihre Bereitschaft, auch hinsichtlich bestehender, umstrittener Standorte durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zur Versachlichung der Diskussion beizutragen.

 

Im Fall einer positiven Beschlussfassung wird die Verwaltung diese neuen Leitlinien mit den Mobilfunknetzbetreibern abstimmen und anschließend dem Stadtrat zur finalen Beschlussfassung vorlegen.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

x

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

x

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

x

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Leitlinien aus dem Jahr 2003

Synopse der Änderung der Leitlinien