Betreff
Projekt TANDEM - Fortschreibung des Konzepts ab 01.07.2013
Vorlage
JgA/103/2013
Art
Beschlussvorlage - SB

Der Beirat für Sozialhilfe, Sozial- und Seniorenangelegenheiten nimmt Kenntnis von der Fortschreibung des Konzepts für das Projekt TANDEM und befürwortet die Verlängerung ab 01.07.2013 für 3 Jahre.

 

Die ebenfalls zu TOP 1 eingeladenen Mitglieder des Ausschusses für Jugendhilfe und Jugendangelegenheiten nehmen Kenntnis von der Fortschreibung des Konzepts für das Projekt TANDEM und befürworten die Verlängerung ab 01.07.2013 für 3 Jahre.


      Das Projekt „TANDEM - Jugendhilfe und Jobcenter stärken gemeinsam berufliche und gesellschaftliche Teilhabechancen von Eltern und Kindern im SGB II“ wird seit 01.07.2010 durchgeführt und dauert noch bis zum 30.06.2013. Diese Vorlage beschreibt die modifizierte Weiterführung des Projekts über den 30.06.2013 hinaus (Stand 16.05.2013). Eingang fanden sowohl die bisher erzielten Erfolge als auch die im Evaluations-Zwischenbericht des Deutschen Jugendinstituts beschriebenen Handlungsempfehlungen. Zielsetzung ist, das innovative Projekt einer nachhaltigen Struktur innerhalb der Stadt Fürth zuzuführen, um den betroffenen Menschen dauerhaft neue Zukunftsperspektiven eröffnen zu können.

Trotz des sich in den letzten beiden Jahren leicht entspannenden Arbeitsmarkts konnten viele weniger qualifizierte und gesundheitlich und/oder psychisch beeinträchtigte Menschen nicht den Weg zurück in eine Beschäftigung finden, da sie gewissen Anforderungen nicht gewachsen waren und sind. In der Fortsetzung des Projekts „TANDEM“ soll deshalb diese Zielgruppe noch stärker in den Fokus rücken, indem verstärkt Methoden zur persönlichen Stabilisierung der TeilnehmerInnen und niederschwellige Beschäftigungsangebote Anwendung finden sollen.

1.   Bisherige konzeptionelle Grundlagen
(Auszüge aus dem Konzept vom 18.05.2010)

 

1.1. Bisherige Zielgruppe

·         Paar-Eltern und Alleinerziehende im SGB II und deren Kinder

·         Fachleute aus Jobcenter, Jugendhilfe und freien Trägern, die mit der Zielgruppe der Eltern und Alleinerziehenden im SGB II arbeiten und deren Integration ins Erwerbsleben erreichen wollen.

1.2. Bisherige Zielsetzungen

·         Die Unterstützungsangebote für Alleinerziehende und Paar-Eltern – Jugendhilfe, Jobcenter - sind aufeinander abgestimmt. Das Leistungsangebot für Eltern und Alleinerziehende berücksichtigt die Komplexität ihrer Lebenslagen und hält lückenlose Leistungsketten mit Angebots-Modulen aus beiden Rechtskreisen vor, die von den Fachkräften angemessen zur Optimierung von Integrationsprozessen genutzt werden.

·         Die Erwerbschancen von Eltern und Alleinerziehenden und ihre Erwerbsquote steigen. Die sozioökonomische Situation der Familien verbessert sich.

·         Eltern und Alleinerziehende wissen, was sie und andere tun können, um die Zukunftschancen ihrer Kinder positiv zu beeinflussen. Sie unterstützen ihr/e Kind/er in der persönlichen Entwicklung.

·         Die Bildungschancen der Kinder aus benachteiligten Familien werden erhöht. Sie erhalten zur Verbesserung ihrer schulischen Leistungen individuell angepasste Unterstützung.

1.3. Bisherige Handlungsebenen:

  • Die direkte individuelle Hilfe für Eltern und Alleinerziehende durch Jobcenter und Jugendhilfe (Beratung, Profiling, Vermittlung, Qualifizierung, Beschäftigung in gemeinwesenorientierten Projekten).
  • Die direkte individuelle Unterstützung für Kinder und Jugendliche aus diesen Familien (Betreuung und Förderung).
  • Die systematische gemeinsame Professionalisierung der Fachdienste und kooperative Weiterentwicklung der lückenlosen Leistungsketten, die sowohl Angebote des Jobcenters als auch der Jugendhilfe umfassen und durch die Fachkräfte aus beiden Institutionen miteinander verzahnt werden.
  • Die Förderung von Selbsthilfepotentialen, Nachbarschaftshilfe und bürgerschaftlichem Engagement, um nachhaltig tragfähige unterstützende dezentrale Strukturen für Familien und Kinder aufzubauen.

 

2.  Bewertung der Zielerreichung gemäß Evaluations-Zwischenbericht des DJI
(Stand August 2012)

2.1 Steigerung der Marktnähe

In Fürth konnten nach der vom DJI zugrunde gelegten Berechnungsgrundlage bisher 39,1 % der TeilnehmerInnen in Arbeit vermittelt werden. Trotz dieser Erfolgsquote stellt bei vielen Familien die Integration in den Arbeitsmarkt nicht immer das einzige Kriterium dar, sondern Erfolg bedeutet auch, dass viele TeilnehmerInnen in ihrem Selbstvertrauen gestärkt und zu Eigenaktivitäten angeregt werden, sich selbständig Arbeit zu suchen. [1]

Bei der Zielsetzung „Integration in den Arbeitsmarkt“ können zwei Gruppen von TeilnehmerInnen unterschieden werden: Diejenigen, die unter körperlichen und/oder psychischen Einschränkungen leiden und somit nicht motiviert sind und diejenigen, die ihre Fähigkeiten als hoch einschätzen und somit motiviert sind. Bei der Betreuung der ersten Gruppe besteht unter den Fachkräften Einigkeit, dass ein längerer Betreuungszeitraum als ein Jahr notwendig ist, um Veränderungen zu erzielen.[2]

Die AGH dient in erster Linie der Stabilisierung der TeilnehmerInnen und nicht der Integration in den Arbeitsmarkt. Sie bieten für die TeilnehmerInnen eine normalitätsstiftende Wirkung im familiären Alltag. Trotzdem kann es zu Überforderungen der TeilnehmerInnen kommen, somit stellt die AGH nicht für alle ein geeignetes Mittel dar.[3]

Neben dem Verlust von Arbeitsplätzen aufgrund der Insolvenzen und Standortschließungen großer Firmen der Region wird der als sehr hoch eingeschätzte Anteil von Menschen mit gesundheitlichen und auch psychischen Einschränkungen als Barriere zur Integration in den Arbeitsmarkt gesehen. Auch fehlende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder in Randzeiten erschweren diesen Vorgang.[4]

2.2 Stabilisierung der Familie

Die Stärkung des Selbstvertrauens erfolgt vor allem über die zentrale Kategorie „Beziehung und Vertrauen“. Dazu gehören „Zeit haben“, „menschenwürdige Behandlung“ und „echte Hilfe“. Letztere bedeutet für die TeilnehmerInnen konkrete Hilfestellungen, die in Kombination mit der AGH und Qualifizierungsangeboten eine existenzielle Sicherheit für die Familien darstellt.[5] Nachweislich wirkt sich die intensive Betreuung auch positiv auf das Familienleben, die Kommunikation in der Familie und die Erziehungskompetenz aus[6]

Lediglich zum Ende der Projektteilnahme der Familie hin können eher pessimistische Aussagen wahrgenommen werden, wenn die TeilnehmerInnen das Ende der Betreuung als bedrohend empfinden.[7]

 

2.3 Vernetzung der Rechtskreise SGB II und SGB VIII

Bezüglich Akquise und Projektstart herrschen noch immer unterschiedliche Erwartungs­haltungen bei den Kooperationspartnern vor. Auch das Rollenverständnis zwischen den Partnern ist in Teilen noch nicht ganz geklärt, ebenso die an das Projektende der Teilnehmer und Teilnehmerinnen sich anschließende Art der weiteren (Nach-)Betreuung und Anschluss­perspektive.[8]

3. Handlungsempfehlungen gemäß dem Evaluations-Zwischenbericht des DJI    (Stand: August 2012)[9]

Im Akquiseprozess werden unterschiedliche Erwartungshaltungen der Projektpartner wahrgenommen.

Angeregt wird
            - die Klärung, welche Familien wirklich geeignet sind (Definition von „geeignet“)
            - die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Sicherstellung der Kinderbetreuung erfolgt sein
              muss und wer dafür zuständig ist
            - die Ausweitung des Zielgebiets auf das gesamte Stadtgebiet Fürth

Der Informationsfluss zwischen den Projektpartnern zu Beginn der Projektteilnahme der Familien soll genauer definiert und abgestimmt werden, um unterschiedliche Bewertungen des Informationsgehalts zu vermeiden.

Die Rollen und Funktionen der Projektpartner sollen genauer geklärt und transparenter gestaltet werden. Dabei dürfen die jetzigen Kernkompetenzen des Projektteams, die Lotsenfunktion und die vertrauensvolle Beziehung zwischen BeraterIn und Kunde nicht verloren gehen.

Beim Übergang von Sozialleistung auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen (z.B. bei geförderten Arbeitsstellen) sollen zumindest für die ProjektteilnehmerInnen einheitliche Lösungen zur Umsetzung der Leistungszahlung institutionalisiert werden, um unnötige Stolpersteine zu vermeiden.

Für die Zeit der Betreuung der Familien nach der Teilnahme am Projekt sollen frühzeitig interdisziplinäre Absprachen zwischen den Projektpartnern getroffen werden, um den Familien weitere Perspektiven für die Zeit nach dem Projekt aufzeigen zu können, insbesondere dann, wenn keine Arbeitsstelle vorhanden ist.

Da die Auffassungen zwischen den Fachkräften und den TeilnehmerInnen bezüglich der Arbeitsmarktnähe differieren, sollen auch eigene Haltungen besser reflektiert und abgewogen werden.

Zur Verbesserung der Verzahnung der Rechtskreise SGB II und SGB VIII bedarf es einer erhöhten Kommunikation und Absprache. Da die Arbeitsbelastung an dieser Stelle steigt, soll der Faktor „Zeit“ stärker als unabdingbare Ressource mit eingeplant werden.

4. Konzeptionelle Änderungen aufgrund der Handlungsempfehlungen
    und eigener Überlegungen

4.1 Bereich Familien:

1.      Die Zielgruppe wird auf Familien mit Kindern ausgeweitet, die vorübergehend nicht in der Lage sind, eine Arbeit auszuüben (z.B. bei gesundheitlichen oder psychischen Einschränkungen, die sich in Elternzeit befinden oder bei fehlender Kinderbetreuung). Das Kriterium des SGB II-Leistungsbezugs bleibt.

2.      Das Zielgebiet wird auf die gesamte Stadt Fürth ausgeweitet.

3.      Die Laufzeit beträgt weitere drei Jahre vom 01.07.13 - 30.06.16.

4.      Die Teilnahme einer Familie ist weiterhin freiwillig. Aufgenommen werden insgesamt 80 Familien +/- 30%. Die reguläre Betreuungsdauer beträgt nun 18 statt 12 Monate.

5.      Die Akquise der Familien erfolgt gleichermaßen durch das Jobcenter und das Jugendamt (BSD/EB). Grundsätzlich können auch andere Stellen (Netzwerkpartner) Familien vorschlagen. Die Vormerkung erfolgt nun beim Projektteam.

6.      Der Projektbeginn ist nicht mehr an die Aufnahme einer AGH gekoppelt, sondern es zählt nur noch das Prinzip der Freiwilligkeit.

7.      Der Projektstart wird neu gestaltet: Nach der Klärung der Zugangsvoraussetzungen (SGB II-Leistungsbezug) durch das Projektteam wird die Familie zu einem Anamnesegespräch eingeladen, in dem u.a. abgefragt wird, durch wen die Familie bereits betreut wird (BSD?, EB?, andere?). Nach diesem Gespräch lädt das Projektteam alle in die Familie involvierten Netzwerkpartner zusammen mit der Familie zu einer 1. Fallkonferenz ein. Zielsetzung ist, Entwicklungsziele zu formulieren, abzustimmen und eine Strategie festzulegen, welche Fachkraft was bis zu welchem Zeitpunkt bearbeitet. Ziele, die einer Stabilisierung der Menschen dienen sind gleichwertig mit denen, die der Beschäftigungsförderung dienen. Dieses neue Verfahren soll gewährleisten, dass am Ende des Gesprächs für jede Fachkraft und die Familie Klarheit herrscht, wer für was zuständig ist und wer welche Rolle ausübt.

8.      Um die Erreichung der mit den Familien getroffenen Vereinbarungen zu überprüfen und neue Strategien festzulegen lädt das Projektteam ca. 8 Monate nach Projekt­beginn zur 2. Fallkonferenz ein.

9.      Nach ca. 16 Monaten - also 2 Monate vor dem Ende der Projektteilnahme - wird zur 3. Fallkonferenz eingeladen zur Planung des Projektabschlusses und der Anschlussperspektiven.

10.  Zur Stabilisierung eines Hilfebedürftigen oder zur Beschäftigungsförderung stehen den Familien nun grundsätzlich die kompletten Leistungskataloge des SGB II und des SGB VIII zur Verfügung. Über die Nutzung von Angeboten wird bedarfsgerecht in den Fallkonferenzen entschieden.

 

 

 

11.  Das Projektteam betreut die Familien weiterhin intensiv und ganzheitlich.

  1. Die sozialintegrativen Förderangebote zur individuellen Unterstützung vor allem der Kinder, aber auch Erwachsenen, bleiben weiterhin Bestandteil des Projekts. Lediglich die sozialräumlichen Angebote werden zurückgefahren.

4.2 Bereich Schnittstellen:

1.      Die bereits bestehende „AG Schnittstellen“ mit Führungskräften des Jugendamtes und des Jobcenters soll weitergeführt werden und in regelmäßigen Treffen die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen des SGB II und SGB VIII betreiben. Zusätzlich sollen Schulungsinhalte zum Thema entwickelt werden.

2.      Es sollen regelmäßige Veranstaltungen in Form von Workshops, Inhouse-Schulungen oder Fachvorträgen angeboten werden, an denen Vertreterinnen und Vertreter aus jeder Dienststelle teilnehmen sollen.

4.3 Resümée

Aufgrund der nachweislichen Erfolge bei der Stabilisierung und beruflichen Integration der Familien soll das erfolgreiche Projekt verlängert werden. In den geänderten Ansatz sind Handlungsempfehlungen des Zwischenberichts des DJI, Ergebnisse aus den Workshops sowie unsere eigenen Erfahrungen mit eingeflossen. Die wohl größte Veränderung ist, die Projektteilnahme der Familien nicht mehr an die Ausübung einer Arbeitsgelegenheit gekoppelt zu haben, um so in begründeten Fällen auch stabilisierende Maßnahmen in den Vordergrund stellen zu können.

Die Einführung der Fallkonferenz zu Beginn der Projektteilnahme soll für alle Beteiligte noch deutlicher eine Klarheit im Betreuungsprozess schaffen, was noch stärker als bisher zu einer Entlastung für die Kolleginnen und Kollegen der Sozialen Dienste führen soll.

Durch die Ausweitung auf das gesamte Stadtgebiet können nun auch Familien vom Projekt profitieren, die vorher konzeptionell ausgeschlossen waren. Das Projektteam bietet weiterhin eine intensive, ganzheitliche Betreuung der Familien an.

5. Kostenkalkulation

Die Kostenkalkulation ist vorläufig und entspricht dem derzeitigen Entwicklungsstand des Projektes.

 

Geplante Finanzierung des Projekts:

Ausgaben des Projektteams (benötigte Fördermittel):         1.185.100,00 €

Ausgaben des Jobcenters (Eigenmittel)                                   193.396,00 €

Ausgaben der Stadt Fürth (Eigenmittel)                                 153.200,00 €

Gesamtkosten des Projekts                                                   1.531.696,00 €

 

Die Fördermittel wurden beim StMAS beantragt. Die Stadt Fürth hat gemäß den Förder­richtlinien einen Eigenanteil von mindestens 10% der Projektkosten zu leisten.

 

In der Sitzung wird über das Ergebnis des Gesprächs im Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen berichtet.

 

Anlage:

Der ausführliche Konzeptentwurf ist als Anlage beigefügt.

 



[1] DJI, Seite 32

[2] DJI, Seite 37-39

[3] DJI, Seite 43

[4] DJI, Seite 45-47

[5] DJI, Seite 50/51

[6] DJI, Seite 55/56

[7] DJI, Seite 60

[8] DJI, Seite 63-72

[9] DJI, Seite 89-93


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

x

ja

Gesamtkosten

siehe Sachverhalt

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


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