Betreff
Baugesetzbuch Novelle 2013 mit Änderung der Baunutzungsverordnung durch das Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Stadtbaurechts vom 11. Juni 2013
Vorlage
SpA/215/2013
Aktenzeichen
V-61-PlF-Scha
Art
Beschlussvorlage - AB

Die Ausführungen des Baureferates werden zur Kenntnis genommen..


Mit dem zum 30.07.2011 in Kraft getretenen “Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden“ wurde das Baugesetzbuch (BauGB) in Folge der “Fukushima-Katastrophe“ zur Beschleunigung der Energiewende erstmals novelliert.

Nunmehr tritt mit dem am 20.06.2013 im Bundesgesetzblatt (BGl. I S. 1548) verkündeten “Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts“ die zweite Stufe der BauGB - Novelle in Kraft. Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) wurde an die neuen Regelungsziele des BauGB angepasst.

 

Schon der o. g. Gesetzestitel verdeutlicht, dass die städtebauliche Entwicklung nunmehr vorrangig als Innenentwicklung erfolgen soll.

Begründet wird dies damit, dass Innenstädte und Ortskerne Schlüsselfaktoren für die Stadtentwicklung sind und diese für die Identifikation der Bürger mit ihren Städten und Gemeinden unverzichtbar seien.

Nachdem die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland immer noch in der Größenordnung von rund 81 Hektar täglich wächst, verfolgt der Gesetzesgeber mit der vorliegenden Gesetzesänderung die Zielsetzung, die Flächenneuinanspruchnahme auf 30 ha täglich zu reduzieren.

 

Daraufhin werden BauGB und BauNVO zur Stärkung der Innenentwicklung in folgenden Paragraphen geändert:

 

In § 1 (Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung) wird in Abs. 5 des BauGB folgender Satz 3 angefügt: “Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.“

 

In § 1 a (Ergänzende Vorschriften zum Umweltschutz) wird in Absatz 2 Satz 4 und 5 BauGB die Bodenschutzklausel wie folgt erweitert: “Die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen soll begründet werden; dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können.“ Andere Maßnahmen wären z. B. das Bauen in der 2. Reihe. Somit muss die Umwandlung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen nachvollziehbar begründet werden.

 

In § 1 a Abs. 3 Satz 5 BauGB erfolgt eine Bezugnahme auf die in § 15 Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz enthaltene Agrarschutzklausel. Demnach ist bei der Feststellung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen und insbesondere für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Die landwirtschaftlichen Belange werden im Rahmen der Bauleitplanung hierdurch gestärkt. Es ist zu befürchten, dass die Verfügbarkeit von Ausgleichsflächen weiter eingeschränkt wird.

 

Gem. § 179 BauGB (Rückbau- und Entsiegelungsgebot) wird die Beseitigung von sog. “Schrottimmobilien“ (d. h. verwahrlosten, nicht mehr wirtschaftlich nutzbaren Gebäuden) auch im nicht beplanten Innenbereich möglich und im neu angefügten Absatz 4 wie folgt geregelt:

“Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 sind die Beseitigungskosten vom Eigentümer bis zur Höhe der ihm durch die Beseitigung entstehenden Vermögensteile zu tragen. Der Kostenerstattungsbetrag kann durch Bescheid geltend gemacht werden, sobald die bauliche Anlage ganz oder teilweise beseitigt ist. Der Betrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück.“

 

Gem. § 17 Abs. 2 BauNVO können aus städtebaulichen Gründen die Obergrenzen der baulichen Nutzung der Grundstücke überschritten werden, “wenn die Überschreitung durch Umstände ausgeglichen ist oder durch Maßnahmen ausgeglichen wird, durch die sichergestellt ist, dass die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden und nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden werden.“

 

Durch eine Neuregelung in § 5 Abs. 2 BauGB (Inhalt des Flächennutzungsplans) können bereits im FNP “Zentrale Versorgungsbereiche“ dargestellt werden. Die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in den Städten und Gemeinden dient u. a. auch der Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung, die angesichts der demografischen Entwicklung eines besonderen Schutzes bedarf. Nunmehr können die Gemeinden bereits auf FNP-Ebene Standortentscheidungen für Einzelhandelsunternehmen treffen und aufgestellte Einzelhandels- und Zentrenkonzepte rechtlich absichern.

 

 

Folgende weitere Änderungen zielen auf eine Verbesserung der städtebaulichen Rahmenbedingungen ab:

 

Änderung § 27a BauGB (Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zugunsten Dritter) wird erweitert. Demnach kann zukünftig in allen Fällen des gesetzlichen Vorkaufsrechts (nicht nur für soziale Wohnbauvorhaben) eine Direktveräußerung an einen Dritten verlangt werden und hierdurch Grunderwerbskosten für einen Zwischenerwerb vermieden werden.

 

Die Vorschrift des § 34 Abs. 3a BauGB (Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung) wird um die Möglichkeit einer Nutzungsänderung von einem Gewerbe- und Handwerksbetrieb zu einem Wohnzwecken dienenden Gebäude erweitert. Durch eine Ergänzung in § 34 Abs. 5 BauGB können Ausnahmen und Befreiungen auch bei Innenbereichssatzungen zugelassen werden. Den umgekehrten Fall (Wohnnutzung zu Gewerbenutzung) sieht der Gesetzgeber nicht vor.

 

Durch Änderung des § 3 Abs. 2 BauNVO sollen Kindertagesstätten künftig in Reinen Wohngebieten in einer den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets angemessenen Größe allgemein zulässig sein Hierdurch soll eine wohnortnahe Betreuung gewährleistet werden. Durch die neugefasste Überleitungsregelung nach § 245a Abs. 1 BauGB ist diese Rechtsänderung auch auf rechtskräftige Bebauungspläne anzuwenden.

 

Zur Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten (insbesondere Spielhallen) wird in § 9 Abs. 2b BauGB eine klarstellende Regelung eingeführt. Danach kann die Gemeinde für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§34) in einem Bebauungsplan im “vereinfachten Verfahren“ auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans festsetzen, “dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig oder nur ausnahmslos zugelassen werden können, um eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen Schulen und Kindertagesstätte oder eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten, zu verhindern.“

 

Novelliert wurde die Zulässigkeit von Solaranlagen in § 14 BauNVO (Nebenanlagen). Nachdem bereits im eingangs erwähnten “Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes“ eine Privilegierung von Solaranlagen in, an, und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässig genutzten Gebäuden im Außenbereich eingeführt wurde, wird diese auch an oder auf Gebäuden in bestehenden Baugebieten (also im Innenbereich) erleichtert, ebenso die Zulässigkeit von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Anlagen, deren Fläche über die Größe der Dachfläche bzw. der Wandfläche des Gebäudes hinausgehen, werden durch diese Regelung nicht erfasst.

 

Eine weitere Änderung betrifft die Übernahme des Erschließungsvertrags in den städtebaulichen Vertrag in den §§ 11, 124 BauGB.

Kommunale Eigengesellschaften können die Erschließung von Baugebieten übernehmen, ohne dass ein 10%er Anteil durch die Kommune übernommen werden muss. Durch diese Regelung werden private und kommunale Erschließungsträger gleichgestellt.

 

 

Folgende Änderungen betreffen das Zulässigkeitsrecht im Außenbereich gem. § 35 Abs. 1 BauGB:

 

Gewerbliche Tierhaltungsanlagen (sog. Massentierhaltung) sollen im Außenbereich künftig nur dann privilegiert sein, wenn sie keiner Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen. Hieraus folgt, dass für die Errichtung, Änderung oder Erweiterung solcher gewerblicher Tierhaltungsanlagen zukünftig ein Bebauungsplan oder ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erforderlich ist.

 

Die Kapazität einer landwirtschaftlich privilegierten Anlage zur Erzeugung von Biogas wurde in o. g. Paragraph ebenfalls neu reguliert (Neubegrenzung auf 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas/Jahr sowie einer Feuerungswärmeleistung von 2,0 Megawatt).

 

Der Begünstigungstatbestand in § 35 Abs. 4 wurde zur Unterstützung des Strukturwandels in der Landwirtschaft dahingehend erweitert, dass in begründeten Einzelfällen auch die Neuerrichtung eines Gebäudes, das einer anderen Nutzung zugewiesen werden soll, möglich ist. Grundvoraussetzung hierfür soll sein, dass das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert erscheint und bei der Neuerrichtung der Außenbereichsschutz und nachbarliche Interessen gewahrt bleiben.

 

Darüber hinaus können künftig im Außenbereich gem. § 15 Abs. 3 Satz 4 Baugesuche maximal 2 Jahre zurückgestellt werden. Die Fristverlängerung um ein weiteres Jahr ermöglicht die Aufstellung und Änderung von Flächennutzungsplänen um Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung für bestimmte Außenbereichsvorhaben darzustellen.

 

 

 

Der genaue Gesetzestext der Änderungen des BauGB und der BauNVO sind der Anlage zu entnehmen.

 

Inkrafttreten des Gesetzes:

 

Abschließend der Hinweis, dass das Inkrafttreten des Gesetzes dreigeteilt erfolgt:

Die Neuregelung im Recht der städtebaulichen Verträge (§ 11 und 124 BauGB) sowie die Überleitungsvorschriften (§ 242, 245a BauGB) sind bereits mit der Veröffentlichung im BGBl am 20.06.2013 in Kraft getreten, die Vorschriften zur Wertermittlung (§§ 192, 198 BauGB) treten sechs Monate nach Verkündung, die übrigen Änderungen (incl. BauNVO) treten am 20.09.2013 in Kraft.

 

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

X

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

X

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Stadtbaurechts vom 11. Juni 2013