Um einem weiteren Verlust von preiswerten Bestandswohnungen bzw. dem Wohnungsleerstand entgegenzuwirken, soll der Erlass einer Zweckentfremdungssatzung näher geprüft werden.
Zweckentfremdungsverbot gem. ZwEWG:
Gem. Art. 1 und 2 ZwEWG können Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit
- ausreichendem Wohnraum
- zu angemessenen Bedingungen
- besonders gefährdet
ist (Gemeinden mit Wohnraummangel), durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens 5 Jahren bestimmen, dass im Gemeindegebiet Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf (Zweckentfremdung).
Zusätzliche Voraussetzung hierfür ist gem. Art. 1, dass die Gemeinde diesem Wohnraummangel nicht mit anderen zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit begegnen kann. Diese Formulierung stellt die Subsidiarität der Norm klar heraus: Voraussetzung für den Satzungserlass ist neben den anderen Tatbestandsvoraussetzungen (Bedarf, Erforderlichkeit, Angemessenheit) damit, dass die Kommune das ihr zur Verfügung stehende Instrumentarium erfolglos ausgeschöpft hat. „Wegen des Eingriffs in das (Wohn-)Eigentum durch eine Genehmigungspflicht kann eine solche (‚Satzung‘; Anm. d. Verf.) nur das letzte Mittel zur Beseitigung des Wohnraummangels sein. Zuvor müssen die betroffenen Gemeinden versuchen, diesen mit anderen, wirtschaftlich und zeitlich vertretbaren Maßnahmen abzuhelfen. Dies können sowohl Maßnahmen sein, um der Verringerung des Wohnraumbestandes, als auch der Verschlechterung der Wohnraumbilanz durch eine erhöhte Nachfrage aufgrund starken Zuzugs o. ä. entgegen zu wirken. Derartige Maßnahmen können z. B. die Ausweisung von Wohngebieten im Bebauungsplanverfahren, die Wohnraumförderung oder Einheimischenmodelle sein.“ (Bayer. Landtag, Drucksache 15/8369 vom 19.06.2007 zum Gesetzentwurf über das ZwEWG)
Der Zweck der Ermächtigung ergibt sich unmittelbar und deutlich aus der Ermächtigungsnorm selbst: Gewährleistet werden soll lediglich der Bestandsschutz von Wohnraum, mit dem Ziel einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im Interesse der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Normalsituation.
Ausdrücklich ausgenommen vom Zweckentfremdungsverbot ist Wohnraum, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand aus Räumen geschaffen wurde, die anderen als Wohnzwecken dienten:
Dies betrifft somit u. a. nahezu das gesamte W.O. Darby-Areal, das ehem. Uvex-Gebäude an der Fichtenstraße, das Areal des alten Flugplatzes Atzenhof sowie als weiteren Schwerpunkt die umgenutzten ehem. Quelle-Gebäude.
Eine Zweckentfremdung i. S. d. ZwEWG liegt insbesondere vor, wenn der Wohnraum
1. überwiegend für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen wird,
2. baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist,
3. nicht nur vorübergehend gewerblich oder gewerblich veranlasst für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird,
4. länger als drei Monate leer steht oder
5. beseitigt wird.
Hierbei ist zu beachten, dass bereits genehmigungsfrei herbeigeführte oder genehmigte Zweckentfremdungen nicht dem Zweckentfremdungsverbot unterliegen. Ebenso wenig kann über das Zweckentfremdungsverbot die Aufwertung (Umbau et c) bzw. die Aufteilung in Wohneigentum unterbunden werden.
Die Genehmigung zur
Zweckentfremdung ist gem. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 ZwEWG zu erteilen, wenn
vorrangige öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen das
Interesse an der Erhaltung des Wohnraums überwiegen:
Vorrangig
öffentliche Belange für eine Zweckentfremdung werden z. B. in engem Rahmen gegeben
sein, wenn Wohnraum zur Versorgung der Bevölkerung mit Einrichtungen der
Daseinsvorsorge (z. B. für Ausbildungs-,
Betreuungs- oder gesundheitliche Zwecke, ärztliche Betreuung, …) verwendet
werden sollen, die gerade an dieser Stelle dringend benötigt werden und für die andere Räume nicht zur Verfügung
stehen oder nicht zeitgerecht geschaffen werden können.
Überwiegend
schutzschutzwürdige private Interessen können insbesondere bei nicht mehr
erhaltenswürdigem Wohnraum oder bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen
Existenz vorliegen.
Nach Abs. 2 kann die
Genehmigung im Übrigen erteilt werden, wenn dem Interesse an der Erhaltung des
Wohnraums durch Ausgleichsmaßnahmen in verlässlicher und angemessener Weise
Rechnung getragen wird; dies kann entweder durch Bereitstellung von
Ersatzwohnraum oder durch eine Ausgleichszahlung geschehen.
Hinsichtlich der
Begrifflichkeiten „Bereitstellung von Ersatzwohnraum“ und „Ausgleichszahlung“
ist anzumerken:
Die Bereitstellung
von Ersatzwohnraum ist nur gegeben, wenn durch den Verursacher der
Zweckentfremdung neuer Wohnraum zeitnah und in unmittelbarem Zusammenhang
geschaffen wird; die Schaffung von Ersatzwohnraum aus dem Bestand oder „auf
Vorrat“ ist nicht möglich. Der Ersatzwohnraum muss sowohl hinsichtlich der
Größe als auch des Standards vergleichbar sein.
Durch
Ausgleichszahlungen soll ein Ausgleich für den Verlust von Wohnraum geschaffen
werden, vor diesem Hintergrund sind die Ausgleichszahlungen zweckgebunden für
die Schaffung neuen Wohnraums einzusetzen.
Situation in Fürth:
Fürth weist seit
Jahren eine stark wachsende Einwohnerzahl auf, die sich vorrangig im
städtischen Innenbereichen durch (Neu-)Besiedlung ehemals gewerblicher oder
militärische Nutzflächen niederschlägt.
Neben der sehr
umfangreichen Neubautätigkeit besteht seit Jahren die Tendenz Nichtwohngebäude
(zumeist Gewerbe) in Wohnraum umzuwandeln. Eine Umwandlung von Wohnraum in
umgekehrter Richtung, hin zu anderen Nutzungen (z. B. gewerbliche Einheiten)
spielt in der gegenwärtigen Lage nur eine sehr untergeordnete Rolle, da Wohnen
derzeit die wirtschaftlich lukrativere Nutzung darstellt.
Auf diese Weise ist
eine erhebliche Anzahl zusätzlicher Wohnungen entstanden, die vom Wohnungsmarkt
aufgrund der gegenwärtigen Rahmenbedingungen (hohe Zuzugsraten und günstige
Finanzierungsmöglichkeit) sehr rasch aufgenommen werden. Neu entstehende
Wohnungen bedienen dabei überwiegend jedoch die oberen Segmente der
Wohnraumnachfrage.
Hinsichtlich des
Fürther Wohnungsbestandes wurden im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung des
Zensus 2011 folgende Zahlen (im Vergleich mit Nachbarstädten) ermittelt, eine
weitere Differenzierung hinsichtlich des betroffenen Wohnungsbestands existiert
h. E. nicht:
|
Stadt Fürth |
Stadt Nürnberg |
Stadt Erlangen |
|||
Insgesamt |
61.323 |
|
271.737 |
|
62.161 |
|
von Eigentümern bewohnt |
20.355 |
33,2 % |
78.592 |
28,9 % |
19.281 |
31,0 % |
zu Wohnzwecken vermietet |
38.606 |
63,0 % |
184.138 |
67,8 % |
41.321 |
66,5 % |
Ferien- oder Freizeitwohnung |
126 |
0,2 % |
677 |
0,2 % |
167 |
0,3 % |
leerstehend |
2.236 |
3,6 % |
8.330 |
3,1 % |
1.392 |
2,2 % |
Zur Sicherstellung
eines funktionierenden Wohnungsmarkts wird allgemein ein gewisser Leerstand an
Wohnungen für erforderlich gehalten. Nach aktuellen Veröffentlichungen des
Bundesinstituts für Bau- Stadt- und Raumforschung (BBSR) zufolge ergibt sich
normalerweise ein Anteil von leerstehenden Wohnungen aus Umzügen und
Baumaßnahmen im Bestand. In der Literatur wird die Fluktuationsreserve
üblicherweise mit 3 % angegeben.
Die
Fluktuationsreserve ist erforderlich, um überhaupt Entwicklungen und
Anpassungen im Wohnungsmarkt zu ermöglichen.
Das OVG Lüneburg
äußert sich in seinem Urteil vom 13.03.2003 (Az. 8 K 4496/99) hinsichtlich
einer Mangellage am Wohnungsmarkt wie folgt: „Eine Mangellage am Wohnungsmarkt ist dann allenfalls deutlich erkennbar
beseitigt, wenn mindestens 3% - 4% aller Wohnungen leer
stehen, und der Wohnungsleerstand auf alle Marktsegmente annährend gleichmäßig
verteilt ist.“ Anders ausgedrückt: Bei einem gleichmäßig verteilten
Leerstand von 3 – 4% ist ein Wohnungs- markt erst funktionstüchtig und frei von
Mangellagen.
Die Modernisierungserfordernisse selbst liegen nach den
vorliegenden Angaben in Fürth (beurteilt nach der Wohnungsausstattung mit Bad,
Dusche, WC, Heizung) in etwa auf dem Niveau der Nachbarstädte:
Wohnungsausstattung
nach Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus 2011:
Sanitärausstattung |
Stadt Fürth |
Stadt Nürnberg |
Stadt Erlangen |
|||
Insgesamt |
61.323 |
|
271.737 |
|
62.161 |
|
Badewanne/Dusche und WC vorhanden |
60.400 |
98,5 % |
267.300 |
98,4 % |
60.723 |
97,9 % |
Badewanne/Dusche und WC nicht vorhanden |
321 |
0,5 % |
1.174 |
0,4 % |
1.173 |
1,9 % |
Badewanne/Dusche vorhanden, WC nicht vorhanden |
214 |
0,3 % |
383 |
0,1 % |
120 |
0,2 % |
Badewanne/Dusche nicht vorhanden, WC vorhanden |
388 |
0,6 % |
2.860 |
1,1 % |
145 |
0,2 % |
Heizung |
Stadt Fürth |
Stadt Nürnberg |
Stadt Erlangen |
|||
Insgesamt |
61.323 |
|
271.737 |
|
62.161 |
|
Einzel- oder Mehr- raumöfen (auch
Nachtspeicherheizung) |
3.721 |
6,1 % |
26.719 |
9,8 % |
3.095 |
5 % |
Keine
Heizung |
362 |
0,6 % |
225 |
0,1 % |
108 |
0,2 % |
Nach den für den örtlichen Wohnungsmarkt verfügbaren
Informationen und Kenntnissen ist als problematisch im Sinne des ZwEWG
allenfalls der beschriebene Leerstand zu bezeichnen. Die für Fürth – im
Vergleich zu den Nachbarstädten (Erlangen, Nürnberg) leicht erhöhten Werte – lassen
sich h. E. durch die Vielzahl der Umbau- und Modernisierungsaktivitäten
erklären, die i. d. R. eine leerstehende Immobilie voraussetzen.
Nachdem die Zahl der
Umwandlungen von Wohnraum in Gewerberaum derzeit keine beachtenswerte Höhe
erreicht und die weiterhin erforderlichen Modernisierungstätigkeiten -
auch im Rahmen energetischer Sanierungen – nicht erschwert werden sollten,
haben die vergleichbaren bayerischen Großstädte insbesondere in der
Metropolregion – mit Ausnahme der Landeshauptstadt München – bisher davon abgesehen, eine Satzung nach
ZwEWG zu erlassen.
Nachdem die für
Fürth verfügbaren Daten im Mittel für den Wohnungsmarkt eher wenig spektakuläre
Merkmale aufweisen und auch die durchschnittliche Leerstandsquote nicht
auffällig erscheint, ist es dennoch möglich, dass in bestimmten
Wohnungsteilmärkten deutliche Abweichungen von diesen Daten vorliegen. Indiz
dafür ist, dass häufig eine Unterversorgung für bestimmte Bevölkerungsgruppen
beklagt wird, die sich insbesondere auch durch die steigende Zahl der im
Sozialamt als wohnungssuchend vorgemerkten Personen ausdrückt.
Eine zunehmende
Verknappung im Segment der preiswerten Wohnungen ist dabei sicherlich auch
Folge der sich öffnenden Schere zwischen den verfügbaren Haushaltseinkommen und
den insgesamt steigenden Ausgaben für das Wohnen allgemein, der durch kommunale
Maßnahmen kaum beeinflussbar ist.
Um einem weiteren
Verlust von preiswerten Bestandswohnungen bzw. dem Wohnungsleerstand
entgegenzuwirken, soll daher der Erlass einer
Zweckentfremdungssatzung näher
geprüft werden.
Diese nähere Prüfung
sollte nach Auffassung der Verwaltung insbesondere die rechtliche Seite, der
mit der Satzung verbundenen Eingriffe in grundrechtlich geschützte
Rechtsgüter sowie die verfahrens- und
verwaltungsmäßigen Konsequenzen umfassen.
Hinweis: Zur Information über den Regelungsumfang und die
Inhalte einer solchen Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum
liegt die Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München bei.
Finanzielle
Auswirkungen |
jährliche
Folgelasten |
|||||||||||||||||
|
|
nein |
|
ja |
Gesamtkosten |
€ |
|
nein |
|
ja |
€ |
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Veranschlagung
im Haushalt |
||||||||||||||||||
|
|
nein |
|
ja |
Hst.
|
Budget-Nr. |
im |
|
Vwhh |
|
Vmhh |
|||||||
wenn
nein, Deckungsvorschlag: |
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Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG)
Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum