Der Vortrag des Baureferenten diente zur Kenntnis. Der Bau- und Werkausschuss beauftragt die Verwaltung, ein Konzept für die Herstellung der Barrierefreiheit im ÖPNV der Stadt Fürth zu entwickeln. Dazu sind neben den städtischen Dienststellen, den Verkehrsbetrieben insbesondere auch die Vertreter der entsprechenden Verbände einzubeziehen. Ferner wird die Verwaltung beauftragt, einen Nahverkehrsplan für die Stadt Fürth zu erstellen. Die Verwaltung berichtet sobald wie möglich über die weiteren Schritte, den Ablauf und die zu erwartenden Kosten.
Im seit 01.01.2013 gültigen novellierten Personenbeförderungsgesetz (PBefG) heißt es in § 8 „Förderung der Verkehrsbedienung und Ausgleich der Verkehrsinteressen im öffentlichen Personennahverkehr“:
[…]
3) Für die Sicherstellung
einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen
Personennahverkehr sind die von den Ländern benannten Behörden (Aufgabenträger)
zuständig. Der Aufgabenträger definiert dazu die Anforderungen an Umfang und
Qualität des Verkehrsangebotes, dessen Umweltqualität sowie die Vorgaben für
die verkehrsmittelübergreifende Integration der Verkehrsleistungen in der Regel
in einem Nahverkehrsplan. Der Nahverkehrsplan hat die Belange der in ihrer
Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu
berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum
1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Die in Satz 3
genannte Frist gilt nicht, sofern in dem Nahverkehrsplan Ausnahmen konkret
benannt und begründet werden. Im Nahverkehrsplan werden Aussagen über
zeitliche Vorgaben und erforderliche Maßnahmen getroffen. Bei der Aufstellung
des Nahverkehrsplans sind die vorhandenen Unternehmer frühzeitig zu beteiligen;
soweit vorhanden sind Behindertenbeauftragte oder Behindertenbeiräte, Verbände
der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Fahrgäste und
Fahrgastverbände anzuhören. Ihre Interessen sind angemessen und
diskriminierungsfrei zu berücksichtigen. Der Nahverkehrsplan bildet den Rahmen
für die Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Länder können
weitere Einzelheiten über die Aufstellung und den Inhalt der Nahverkehrspläne
regeln.
[…]“
Die Änderungen des PBefG sind gemäß der Bundestagsdrucksache 17/10857 wie folgt begründet: „Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einem Höchstmaß an Barrierefreiheit. Ziel muss daher sein, in einem überschaubaren Zeitraum eine vollständige Barrierefreiheit zu schaffen. Für die Umsetzung dieses Ziels soll das Regel-Ausnahme-Prinzip zur Anwendung kommen. Im Nahverkehrsplan müssen deshalb die Ausnahmen von der Regel klar benannt und begründet werden.“
Derzeit sind nur sehr wenige der Fürther Haltestellen vollständig barrierefrei ausgebaut (Beispiel in der Rosenstraße in Fahrtrichtung Hbf und in Fahrtrichtung Burgfarrnbach). Der Großteil der ca. 300 Haltepositionen ist noch nicht barrierefrei. Bei einem ganz groben Kostenansatz von ca. 50.000 € (inklusive verstärktem Straßenoberbau) für den barrierefreien Ausbau pro Halteposition ergäbe sich ein ungefährer Kostenrahmen in der Stadt Fürth von ca. 15 Mio. € (eher konservativ geschätzt, da zum Teil die Haltestellen schon über verstärkte Fahrbahnen verfügen), der aber mit ÖPNV-Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) gefördert werden könnte. Für den verbleibenden Zeitraum bis 01.01.2022 (nur noch ca. 7 Jahre) stellt dies aus unserer Sicht eine sehr große planerische, umsetzungstechnische und finanzielle Herausforderung dar.
Ausnahmen von einer vollständigen Barrierefreiheit können nach dem PBefG nur zugelassen werden, wenn diese in einem Nahverkehrsplan benannt und begründet werden. Die Stadt Fürth verfügt als eine der wenigen Großstädte in Deutschland und einzige Gebietskörperschaft im VGN über keinen Nahverkehrsplan. Alleine aus dem Grund der Barrierefreiheit, die zumindest bis 2022 kaum vollständig erreichbar sein dürfte, ist aus Sicht der Verwaltung ein Nahverkehrsplan – abgesehen von den vielen sonstigen Vorteilen – zwingend erforderlich. Hier besteht auch mit infra/vb Konsens.
Nach Art. 2 des Bayerischen
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (BayGVFG) können der „Bau oder Ausbau von […]
Haltestelleneinrichtungen […], soweit sie dem öffentlichen Personennahverkehr
dienen“, gefördert werden.
Zu den Fördervoraussetzungen
gehört nach Art. 3 Abs. (1) Nr. 1 lit. e) BayGVFG,
dass das Vorhaben
„Belange von Menschen mit Behinderungen oder
Mobilitätseinschränkungen berücksichtigt und den Anforderungen der
Barrierefreiheit möglichst weit reichend entspricht; bei der Vorhabensplanung
sind die zuständigen Beauftragten für Belange von Menschen mit Behinderung nach
Art. 18 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes anzuhören; verfügt
eine Gebietskörperschaft nicht über Behindertenbeauftragte oder
Behindertenbeiräte sind stattdessen die entsprechenden Verbände im Sinn des §
13 Abs. 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes anzuhören“
Nach Art 16. des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes (BayBGG) gilt:
„Ein nach § 13 Abs. 3 BGG anerkannter Verband oder dessen bayerischer Landesverband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage […]erheben auf Feststellung eines Verstoßes durch Träger der öffentlichen Gewalt nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 gegen
[…]
2. die Vorschriften zur Herstellung der Barrierefreiheit in Art. 9 Abs. 1 Satz 5 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes - BayStrWG - (BayRS 91-1-I),* Art. 4 Abs. 3 Sätze 3 und 4 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖPNVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juli 1996 (GVBl S. 336, BayRS 922-1-W).“ **
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der ÖPNV-Aufgabenträger (BAG ÖPNV) der kommunalen Spitzenverbände hat Hinweise für die ÖPNV-Aufgabenträger zum Umgang mit der Zielbestimmung zur vollständigen Barrierefreiheit im novellierten PBefG erarbeitet, die jetzt mit Stand September 2014 vorliegen. Das Dokument dient als Arbeitshilfe und ist unter www.staedtetag.de/fachinformationen/verkehr/071106/index.html erhältlich.
In der Region wird sich ebenfalls dem Thema gewidmet. So wird im Arbeitskreis regionaler Nahverkehrsplan der Themenschwerpunkt „Barrierefreiheit im PBefG“ auf der kommenden Sitzung am 24.11.2014 behandelt.
Wegen der Wichtigkeit und Dringlichkeit des Themas Barrierefreiheit wird dem Bau- und Werkausschuss empfohlen, die Verwaltung mit der Erarbeitung eines Konzepts zur Erreichung der Barrierefreiheit im Rahmen eines Nahverkehrsplans zu beauftragen.
* („Die Belange von Menschen mit Behinderung und von Menschen mit sonstigen Mobilitätsbeeinträchtigungen werden berücksichtigt mit dem Ziel, Barrierefreiheit ohne besondere Erschwernis zu ermöglichen, soweit nicht andere überwiegende öffentliche Belange, insbesondere solche der Verkehrssicherheit, entgegenstehen“)
** („Die Belange Behinderter, älterer Menschen und von Müttern mit Kindern sind bei der Beschaffung von Fahrzeugen und dem Bau oder Ausbau von Verkehrsanlagen zu berücksichtigen. 3 Fahrzeuge sind bei Neubeschaffung und Neuherstellung, bauliche Anlagen bei Neubauten sowie großen Um- oder Erweiterungsbauten im Rahmen der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten barrierefrei zu gestalten“).
Finanzierung:
Finanzielle
Auswirkungen |
jährliche
Folgelasten |
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im Haushalt |
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ja |
Hst.
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im |
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Vmhh |
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wenn
nein, Deckungsvorschlag: |
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