Betreff
Antrag der Stadtratsgruppe DIE LINKE: Einführung Zweckentfremdungssatzung
Vorlage
SpA/562/2018
Art
Beschlussvorlage - AB
Untergeordnete Vorlage(n)

1. Von den Ausführungen der Verwaltung wird zustimmend Kenntnis genommen.

2. Der Erlass einer Satzung zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum wird derzeit abgelehnt.


Zweckentfremdungsverbot

 

Das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 10.12.2007 wurde durch Gesetz vom 19.06.2017 geändert. Der Stadtrat hat die Verwaltung mit Beschluss vom 25.10.2017 beauftragt die neue Rechtslage – auch unter den Aspekten von Aufwand z. B. Personalkosten und Nutzen – zu prüfen.

 

Zweckentfremdungsgesetz i. d. F. des Gesetzes vom 19.06.2017

 

Die Änderung des Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG vom 19.06.2017) stellt keine grundlegende Änderung der Zweckentfremdungstatbestände dar sondern umfasst primär folgende Änderungen: 

-       Konkretisierung bereits vorhandener Zweckentfremdungstatbestände

-       Erweiterung der Auskunftspflicht

-       Erhöhung der möglichen Bußgelder

Im Nachfolgenden werden die grundlegenden Regelungsgehalte des ZwEWG dargestellt und anhand der vorhandenen Rechtsquellen (Rechtsprechung, Arbeitshilfe der Obersten Baubehörde) erläutert:

Anwendungsbereich

 

Gem. Art. 1 Satz 1 ZwEWG können Gemeinden, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens 5 Jahren bestimmen, dass Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf, wenn sie den Wohnraummangel nicht auf andere Weise mit zumutbaren Mitteln und in absehbarer Zeit abhelfen können.

Die durch Art. 1 Satz 1 ZwEWG eingeräumte Satzungsbefugnis ist aufgrund des Übermaßverbots subsidiär. Die betroffenen Gemeinden müssen zunächst versuchen, den Wohnraummangel mit anderen, wirtschaftlich und zeitlich vertretbaren Maßnahmen abzuhelfen. Dies können Maßnahmen sein, um den Wohnungsbestand zu erhöhen und so die Wohnraumbilanz zu verbessern, wie z. B. die Ausweisung von Wohngebieten in Bebauungsplanverfahren, die Wohnraumförderung oder Einheimischenmodelle.

 

Im Rahmen der Satzungsbegründung muss zudem deren Erforderlichkeit hinreichend nachgewiesen werden, z. B. über Erhebungen oder statistische Daten zu Zweckentfremdungen. Die Aufnahme in die Anlage zur Mieterschutzverordnung ist nicht ausreichend, vielmehr ist eine individuelle nachprüfbare Analyse der örtlichen Situation erforderlich. Ein Verstoß gegen dieses Erfordernis führt zur Rechtswidrigkeit, wenn nicht gar zur Nichtigkeit der Satzung.

 

Zweckentfremdungstatbestände / Genehmigung

 

Eine Zweckentfremdung liegt gem. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 ZwEWG insbesondere vor, wenn der Wohnraum

 

  1. zu mehr als 50 % der Gesamtfläche für gewerbliche oder berufliche Zwecke genutzt wird,

    Erläuterung: Die bisherige Regelung des Art. 2 Satz 2 Nr. 1 (alt) wird in Art. 1 Satz 2 Nr. 1 (neu) klarer formuliert, anstatt der bisherigen Formulierung „überwiegend“ wird nunmehr gesetzlich festgelegt, dass eine Zweckentfremdung nur dann vorliegt, wenn mehr als 50 % der Gesamtfläche für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen werden und damit nicht mehr dem Wohnen dient.

 

  1. baulich oder derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist,

  2. mehr als insges. 8 Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird,

Erläuterung: Das Regelbeispiel Art. 1 Satz 2 Nr. 3 wurde dahingehend geändert, dass eine Zweckentfremdung insbesondere dann vorliegt, wenn der Wohnraum mehr als insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird. Diese gesetzliche Festlegung einer Obergrenze, bis zu der das kurzzeitige Vermieten der Unterkunft an Touristen ohne Genehmigung nach dem Zweckentfremdungsrecht gestattet ist, schaffe für die Bürger Rechtsklarheit, so der Gesetzentwurf; zudem beschleunige und unterstütze sie bei Überschreiten des Schwellenwerts die Ermittlungstätigkeit der Behörden.

Wie bisher bezeichnet das Tatbestandsmerkmal „Fremdenbeherbergung“ die Überlassung von Wohnraum an Personen, die am Beherbergungsort nur vorübergehend unterkommen und die ihre (eigentliche) Wohnung typischerweise an einem anderen Ort haben.

H. E. ist jedoch bei Fremdenbeherbergung auch bei weniger als insgesamt 8 Wochen im Jahr bei entsprechenden Leerständen zwischen den Vermietungszyklen von einer Zweckentfremdung auszugehen.

  1. länger als 3 Monate leer steht oder

    Erläuterung: Keine Zweckentfremdung liegt vor, wenn Wohnraum leer steht, weil der trotz nachweislicher Bemühungen noch nicht wieder vermietet werden konnte.

  2. beseitigt wird.



Begriff des Wohnraums

 

Unter Wohnraum sind alle Räume zu verstehen, die zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt sind.

 

Wohnraum liegt nicht vor, wenn (entsprechende bauaufsichtliche Genehmigungen vorausgesetzt)

 

-       der Raum bereits vor Inkrafttreten des Verbots anderen als Wohnzwecken diente. Bei leerstehendem Wohnraum bleibt die Wohnraumeigenschaft erhalten, es sei denn der Verfügungsberechtigte hat schon vor Inkrafttreten des Verbots eine andere subjektive Zweckbestimmung getroffen. Wird eine andere Verwendung nach dem Inkrafttreten des Verbots zugunsten einer Wohnnutzung aufgegeben so besteht ab dem Zeitpunkt der Umwidmung die Wohnraumeigenschaft,

-       der Raum bereits vor Inkrafttreten des Verbots gewerbsmäßig zum vorübergehenden Aufenthalt an Personen vermietet wurde, die ihre Wohnung an einem anderen Ort haben, wie z. B. bei Beherbergungsbetrieben oder bei fremd benutzten Ferienwohnungen,

 

-       der Raum im Wohnungsraum nicht generell zur Verfügung steht, weil das Wohnen in einem engen räumlichen Zusammenhang zu einer Tätigkeit steht (Wohnraum auf Betriebsgelände für Aufsichtsperson, Hausmeisterwohnung, …),

-       der Raum (noch) nicht bezugsfertig ist,

-       baurechtlich eine Wohnnutzung nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig ist,

-       der Raum nicht mehr erhaltenswürdig ist oder ein dauerhaftes Bewohnen unzulässig bzw. unzumutbar ist, weil entweder der Raum einen schweren Mangel oder Missstand aufweist oder unerträglichen Umwelteinflüssen ausgesetzt ist, und die Wiederbewohnbarkeit nicht mit einem objektiv wirtschaftlichen und zumutbaren Aufwand hergestellt werden kann.


Das ist stets der Fall, wenn die aufzuwendenden Mittel

-       nicht innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren durch entsprechende Erträge ausgeglichen werden können oder

-       die Kosten des Abbruchs zuzüglich der Neuerrichtung die eines vergleichbaren Gebäudes erreichen.



Generell ist festzuhalten, dass bereits genehmigungsfrei herbeigeführte oder genehmigte Zweckentfremdungen nicht dem Zweckentfremdungsverbot unterliegen. Ebenso wenig kann über das Zweckentfremdungsverbot die Aufwertung (Umbau, Erweiterung, etc.) bzw. die Aufteilung in Wohneigentum unterbunden werden.

 

Hinsichtlich der Thematik des Wohnungsleerstands ist anzumerken: Zur Sicherung eines funktionierenden Wohnungsmarkts wird allgemein ein gewisser Leerstand an Wohnungen für erforderlich gehalten. Nach aktuellen Veröffentlichungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zufolge ergibt sich normalerweise ein gewisser statistischer Anteil von leerstehenden Wohnungen, der aus Umzügen und Baumaßnahmen im Bestand resultiert. In der Literatur wird diese Fluktuationsreserve üblicherweise mit 3 % angegeben.

 

Die Fluktuationsreserve ist schon deshalb erforderlich, um überhaupt Entwicklungen und Anpassungen im Wohnungsmarkt zu ermöglichen.

 

 

Genehmigung, Ausgleichszahlung

 

Da die Zweckentfremdung in den Gemeinden, die eine entsprechende Satzung erlassen haben, grundsätzlich verhindert werden soll, wird das Verbot der Zweckentfremdung dort der Regelfall sein.

 

Gem. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bilden lediglich vorrangige öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen, die das Interesse an der Erhaltung des Wohnraums überwiegen, ein Ausnahmetatbestand vom Verbot der Zweckentfremdung.

 

Schutzwürdige private Interessen überwiegen vor allem dann, wenn

-       der Mieter oder Verfügungsberechtigte ohne Nutzung der Räume zu bestimmten Zwecken in seiner bestehenden wirtschaftlichen Existenz unausweichlich bedroht ist. Die Möglichkeit einer Erzielung einer höheren Rendite rechtfertigt eine Genehmigung nicht.

-       Gewerbe oder Büroflächen nur vorübergehend in Wohnraum umgewidmet worden sind und nun wiederum zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken genutzt werden sollen,


Im Übrigen kann eine Genehmigung zur Zweckentfremdung erteilt werden, wenn entweder – neu geschaffener! – Wohnraum mit vergleichbaren Anforderungen und Konditionen bereitgestellt wird oder aber eine Ausgleichszahlung erfolgt (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZwEWG).

 

Erläuterung: Der Ersatzwohnraum muss vom Inhaber der Zweckentfremdungsgenehmigung geschaffen werden, und zwar in zeitlichem Zusammenhang. Der Ersatzwohnraum darf nicht aus dem Bestand bereitgestellt oder auf Vorrat „produziert“ worden sein. Der neu zu schaffende Ersatzwohnraum muss den weggefallenen Wohnraum auch entsprechen: Er darf nicht kleiner sein, und den Standard nicht in einer für den allgemeinen Wohnungsmarkt nachteiligen Weise unterschreiten umgekehrt darf der Standard des Ersatzwohnraums auch nicht zu aufwendig sein.

 

Nach Lage des Einzelfalls kann durch eine Ausgleichszahlung erreicht werden, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums hinter dem privaten Interesse an einer Zweckentfremdung zurücktritt:

Mit der Ausgleichszahlung sollen die durch die Zweckentfremdung bedingten Mehraufwendungen der Allgemeinheit für die Schaffung neuen Wohnraums kompensiert und so ein Ausgleich für den Wohnraumverlust geschaffen werden.

 

Die Ausgleichsbeträge sind zweckgebunden für die Schaffung neuen Wohnraums zu verwenden. Grundsätzlich bestünde damit für den Zweckentfremder die Möglichkeit, sich „freizukaufen“ und das Finanzierungs- und Herstellungsrisiko des Ersatzwohnraums auf die Gemeinde zu verlagern.

 

Allein die Höhe einer festzusetzenden Ausgleichszahlung wird regelmäßig zu Klageverfahren führen, da solche Zahlungen in Einzelfällen bis zur Höhe der Gestehungskosten für vergleichbaren Wohnraum festzusetzen wären.

 

Anordnungen

 

Gem. Art 3 Abs. 2 ZwEWG kann die Gemeinde anordnen, dass eine nicht genehmigungsfähige Nutzung beendet und der Wohnraum wieder Wohnzwecken zugeführt wird. Klagen gegen Verwaltungsakte zum Vollzug dieses Gesetzes haben keine aufschiebende Wirkung (Art 3 Abs. 2 ZwEWG).

 

Auskunftspflicht

 

Die Auskunftspflicht erstreckt sich neben den dinglich Verfügungsberechtigten nun auch auf Verwalter und Besitzer i.S. d. Telemediengesetzes. Zu offenbaren sind nunmehr auch Tatsachen, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Verwendet werden dürfen diese Auskünfte im Rahmen eines Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahrens gegen den Auskunftspflichtigen oder eine Person nach § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung jedoch nur mit der Zustimmung des Auskunftspflichtigen!

 

Bußgelder

 

Gem. Art 4 Satz 1 ZwEWG kann derjenige, der Wohnraum ohne die erforderliche Genehmigung für andere als Wohnzwecke verwendet oder überlässt mit einer Geldbuße bis 500.000 € belegt werden. Dies bedeutet eine Verzehnfachung des maximalen Bußgeldes gegenüber der Vorregelung. Grundsätzlich jedoch sind bei der Bemessung eines Bußgeldes gem. § 17 OWiG die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft, seine wirtschaftlichen Verhältnisse und auch der Vorteil, den er aus der Ordnungswidrigkeit zieht zu berücksichtigen.

 

 

Situation in Fürth

 

In Fürth besteht seit Jahren die Tendenz, innerstädtische Gewerbeflächen oder Gewerbeobjekte in Wohnraum umzuwandeln, Zweckentfremdungen i. S. d. Gesetzes in auffälligen Maßstäben sind hier nicht bekannt. Ebenso wenig sind hier spekulationsbedingte Leerstände bekannt – angesichts der Nachfrage im Großraum und den erzielbaren Renditen wäre diese Vorgehensweise derzeit auch wirtschaftlich wenig nachvollziehbar.

 

Um den Umfang der in jüngster Zeit häufig beschriebenen Vermietungen über Internetplattformen zu erkennen wurde im Dezember 2017 ergänzend eine Angebotsabfrage auf der Internetplattform Airbnb für Fürth vorgenommen: Die Abfrage erfolgte ohne zeitliche Präferenzen (Reisezeitraum, Belegungsdauer). Es erfolgte daraufhin eine maximale Anzahl von 49 Angeboten für eine Belegungsabfrage mit 3 erwachsenen Personen.

 

In Relation zum stetig steigenden Reinzugang beim Wohnungsangebot in Fürth von derzeit 61.141 Wohnungen in 18.919 Gebäuden (statistisches Jahrbuch 2016 für die Stadt Fürth) stellt das ermittelte Angebot 49 „Wohnungen“ damit bezogen auf den Fürther Wohnungsmarkt einen nur sehr geringen Anteil von 0,08 Prozent dar.

 

Die allgemein diskutierte Lage auf dem Wohnungsmarkt mit dem Bedarf insbesondere an kostengünstigen Wohnraum ist h. E. daher nicht durch Zweckentfremdungen im nennenswerten Umfang verursacht, sondern resultiert aus der allgemeinen Nachfragesituation überwiegend bedingt durch Zuzüge und Zuzugsabsichten im gesamten Großraum.

 

Die Stadt Erlangen, Fürth und Nürnberg sind durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie im Landesentwicklungsplan bzw. den entsprechenden Regionalplänen als gemeinsames Oberzentrum ausgewiesen. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und städtebaulichen Verflechtungen im Großraum ist insbesondere die Städteachse Erlangen / Fürth / Nürnberg als gemeinsamer Wohnungsmarkt zu sehen.

 

Nachdem die Zahl der Umwandlungen von Wohnraum in Gewerberaum derzeit keine beachtenswerte Höhe erreicht und die weiterhin erforderlichen Modernisierungstätigkeiten – auch im Rahmen energetischer Sanierungen – nicht erschwert werden sollten, haben die vergleichbaren bayerischen Großstädte, insbesondere in der Metropolregion – mit Ausnahme der Landeshauptstadt München – bisher davon abgesehen, eine Satzung nach ZwEWG zu erlassen.

 

Eine Zweckentfremdung liegt im Übrigen auch dann vor, wenn Wohnraum überwiegend für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen werden soll. Außerhalb von reinen Wohngebieten ist zur Sicherung der Funktionalität und der Gebietsfunktionen eine Mischung aus Wohnen und Dienstleistung für die Stadtstruktur wünschenswert bzw. sogar erforderlich. Gerade die bauplanungsrechtlich als Kerngebiet zu wertenden Bereiche der Fürther Innenstadt mit ihren weitreichenden Versorgungsfunktionen bedürfen zur Erhaltung und Entwicklung ihrer Funktionen als Wohn- und Geschäftszentrum einer Mischung aus Wohnen, Handel und Dienstleistung. In der innerstädtischen Kernzone von Fürth ist der Anteil der Wohnnutzung verglichen mit anderen Städten vergleichsweise stark vertreten. Ein gewisser Umnutzungsdruck gerade in den zentralen Stadtbereichen kann daher als Bestandteil und Ausdruck der urbanen Struktur und Vielfalt gewertet werden. Nachdem die wirtschaftliche Entwicklung der Innenstadt neben den Einzelhandelsangeboten maßgeblich von der Ansiedlung zentraler Dienstleistungen bestimmt wird, sollte die mögliche diesbezügliche Wirkung von Zweckentfremdungsverboten nicht außer Acht gelassen werden. Eine Neuschaffung von Dienstleistungsangeboten in bisher zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten wäre nach Erlass einer Zweckentfremdungssatzung künftig nicht mehr zulässig.

 

 

Zusammenfassung

 

Die Anwendung des – vordergründig einfach und strukturiert wirkenden –Zweckentfremdungsgesetzes erfordert ein hohes Maß an technischer und verwaltungsrechtlicher Kompetenz und muss einhergehen mit einem entsprechenden Personaleinsatz.

 

Insbesondere bei der Verfolgung von Verstößen gegen das Zweckentfremdungsverbot werden intensive und konfliktträchtige Sachverhaltsermittlungen, meist verbunden mit Mitteln des Verwaltungszwangs, der Durchführung von Bußgeld- und Klageverfahren sowie Folgekontrollen erforderlich. Ein Zweckentfremdungsverbot würde ein aktive Ermittlungs- und Überwachungstätigkeit erfordern, eine rein reaktive Handlungsweise als Reaktion auf Anzeigen oder „Denunziationen“ entspräche nicht dem Rechtscharakter des Zweckentfremdungsverbots.

 

Die Landeshauptstadt München hat dazu in Ihrer Abteilung „Bestandssicherung“ des Sozialreferates Ermittlergruppen mit dem ausschließlichen Tätigkeitsfeld „Zweckentfremdung“ geschaffen. Ermittlungen vor Ort werden häufig von Sprachmittlern begleitet und aufgrund von tätlichen und verbalen Angriffen durch die Polizei abgesichert. Gegen Nutzungsuntersagungen wurden Klagen erhoben, die mit erheblichem Aufwand durch die Stabsstelle „Recht“ bearbeitet werden müssen. Auch der Vollzug von rechtswirksamen Anordnungen stellt bis heute nach dortigen Berichten eine schwierige Problemlage dar, wenn die Bescheidsadressaten die Anordnungen ignorieren.

 

Bereits genehmigungsfrei herbeigeführte oder genehmigte Zweckentfremdungen unterliegen nicht dem Zweckentfremdungsverbot. Ebenso wenig können über das Zweckentfremdungsrecht die Aufwertung (Umbau etc.) bzw. die Aufteilung in Wohneigentum oder Mietpreissteigerungen unterbunden werden.

 

Da die Zweckentfremdungssatzung die Sicherung des Wohnungsbestandes zum Ziel hat, sind die dargestellten Genehmigungspflichten jeweils in ihrer Gesamtheit anzuwenden, eine Differenzierung in der Gemeinde nach einzelnen Tatbeständen ist demnach nicht zulässig. Man darf daher keine ausschließliche Fokussierung auf einzelne Verbotstatbestände z.B. das Verbot von Leerstand vornehmen, dies wäre nicht zulässig.

 

Die vorliegende Änderung des Zweckentfremdungsgesetzes ist insbesondere auf die besonderen Verhältnisse der Landeshauptstadt München mit ihrem weiten Einzugsbereich zurückzuführen. Dort hat sich das Problem der Zweckentfremdung durch neuere Entwicklungen im Bereich der Fremdenbeherbergung verschärft indem eine stetige Zunahme einer wiederholten Vermietung von Privatunterkünften an Touristen und Geschäftsreisende über Online-Portale und die Vermietung von Privatwohnungen an sog. „Medizintouristen“ zu beobachten war.

 

Für Fürth liegen keine belastbaren Daten vor, die Ähnliches belegen würden oder, dass aufgrund von Zweckentfremdungen eine Gefährdung der Wohnungsversorgung bestünde oder zu befürchten wäre. Zweckentfremdungen i. S. d. Gesetzes in auffälligen Maßstäben sind hier nicht bekannt, entsprechende Daten liegen nicht vor. Schon die erforderliche ausführliche Begründung zum Erlass einer Zweckentfremdungssatzung würde h. E. daran scheitern.

 

Das Thema Zweckentfremdungssatzung wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach auch verwaltungsseitig in der Planerkonferenz der Städteachse erörtert: die Teilnehmer rieten zusammenfassend dringend davon ab, von diesem Instrument Gebrauch zu machen, da der erhebliche Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zu den möglicherweise zu erwartenden Ergebnissen stehen würde.

 

In der Vergangenheit wurde die Einführung einer entsprechenden Satzung auch seitens des RA nicht empfohlen.

 

Vor den dargestellten Hintergründen kann auch seitens des Baureferates ein Erlass einer Zweckentfremdungssatzung gegenwärtig nicht empfohlen werden.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

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wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


ZwEWG i. d. F. v. 19.07.2017 (Neu)

ZwEWG Altfassung