Betreff
Vorlage zum Antrag der SPD Stadtratsfraktion vom 29.11.2021 - Biberpopulation im Farrnbachgrund-Unterfarrnbach
Vorlage
OA/0505/2021
Art
Beschlussvorlage - AB
Untergeordnete Vorlage(n)

Der Umweltausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und beauftragt diese, die Situation vor Ort weiterhin fortwährend zu beobachten und dabei die gebotenen und zulässigen Schritte zu veranlassen. Weitergehende Maßnahmen hält der Umweltausschuss derzeit nicht für erforderlich.


Die SPD-Stadtratsfraktion stellt den Antrag, die Verwaltung aufzufordern, die Biberpopulation im Farrnbachgrund in Unterfarrnbach zeitnah zu reduzieren, z.B. durch eine Umsiedlung.

 

Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde

Biber sind europa- und bundesrechtlich besonders und streng geschützt (Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG, § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b Doppelbuchst. aa, Nr. 14 Buchst. b Bundesnuturschutzgesetz). Zugriffsmaßnahmen wie Fang und Tötung sind somit grundsätzlich verboten. Im Konflikt- und Schadensfall greifen die Richtlinien zum Bibermanagement im Bayern, die ein mehrstufiges Vorgehen vorgeben.

Biberdämme dürfen nur beseitigt werden, wenn besetzte Biberburgen / -röhren nicht beeinträchtigt werden (d.h. entweder bei nicht besetzter Biberburg / -röhre oder unmittelbar nach dem Zugriff auf die ansässigen Exemplare).

 

  1. Erste Säule – Informationen durch Naturschutzbehörde, Biberberater und Bibermanager

 

Auch wenn das Farrnbachtal an der Mühltalstraße seit mehr als sieben Jahren durch den Biber wahrnehmbar gestaltet wird, besteht regelmäßig Informations- und Beratungsbedarf. Dem kommt die untere Naturschutzbehörde im OA zusammen mit den zwei ehrenamtlich bestellten Biberberatern der Stadt Fürth nach – sei es gegenüber Bürgern, Landwirten, dem Tiefbauamt oder dem Wasserwirtschaftsamt Nürnberg. Vor allem mit den zwei letztgenannten Stellen erfolgt ein regelmäßiger Austausch über die Situation vor Ort und notwendige Maßnahmen.

 

Außerdem wurde im Auftrag des OA bereits im Sommer eine Informationstafel über das Biberrevier Mühltalstraße aufgestellt und begleitend dazu eine entsprechende Berichterstattung veranlasst.

 

  1. Zweite Säule – Präventive Maßnahmen

 

Es fanden und finden umfangreiche präventive Maßnahmen statt.

 

  • Bereits wurde 2015 ist eine Dammdrainage in den untersten Damm eingebaut. Sowohl durch den Biberdamm mit Drainage als auch durch die sich zwischenzeitlich entwickelte Umströmung in den Dillesgraben ist eine aus fachlicher Sicht ausreichende Durchströmung des Aufstau-Bereichs gegeben.

 

  • Entlang des Fuß-/Radwegs an der Mühltalstraße wurde 2018 durch das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg ein kleiner Deich aus Sandsäcken hergestellt. Dieser hat sich bewährt; seither ist es zu keinen biberbedingten Sperrungen mehr gekommen. Es wird beobachtet, ob eine Verlängerung oder Ergänzung des Deiches nach Westen hin notwendig oder sinnvoll wird.

 

  • Während niederschlagsreicher Zeiträume und im Herbst werden die Drainage sowie die Dämme mehrmals wöchentlich durch die Biberberater von angeschwemmten Laub und Ästen befreit.

 

  • Dieses Jahr kam es im November zu besonders hohen Wasserständen. Bei daraufhin intensivierten Begehungen des Biberreviers in den letzten Wochen wurden jedoch keine neuen Dämme und auch keine Ausbreitung des Biberreviers nach Westen festgestellt.

 

Vielmehr hat das jahreszeitbedingt in die Farrnbach eingetragene Laub dazu geführt, dass die bestehenden Biberdämme im Revier äußerst stark verklaust waren, was den merklichen Anstieg des Wasserstands zur Folge hatte.

 

Nachdem der Biberberater die bestehenden Dämme vom Laub befreit, senkt sich der Wasserspiegel jeweils innerhalb kürzester Zeit wesentlich ab. Dieses Freimachen der Dämme zur Regulierung des Wasserstands wird in den nächsten Wochen, solange die Farrnbach in größeren Mengen Laub mitführt, mehrmals wöchentlich durchgeführt werden. Dabei wird die weitere Entwicklung genau beobachtet.

 

Da zu erwarten ist, dass sich die Situation spätestens zu Jahresbeginn wieder normalisiert haben wird, ist auch nicht mit relevanten Auswirkungen auf den Grundwasserstand zu rechnen.

 

  • Nach Ernte der umliegenden Felder haben sich die Biber bei der Nahrungsbeschaffung und der Anlegung des Wintervorrats zuletzt vermehrt den Bäumen gewidmet. Auch wenn die Stadt Fürth bereits in der Vergangenheit eine größere Anzahl an Bäumen im Umgriff des Biberreviers durch Umzäunung und Verbissschutzmittel geschützt hat, wurde eine größere Anzahl noch ungeschützter Bäume angenagt.

 

Als Sofortmaßnahme wurden daher am 12. und 13. November sieben verkehrsgefährdend-angenagte Bäume entlang der Mühltalstraße sowie des Fuß- und Radwegs im Auftrag des Wasserwirtschaftsamts Nürnberg gefällt.

 

Weiterhin wurde umgehend damit begonnen, zusätzliche Verbissschutzmaßnahmen an ca. 20 verkehrssicherungsrelevanten und größeren Bäumen vorzunehmen.

 

  • Aus Gründen des Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge sind keine Maßnahmen erforderlich. Die Biberdämme haben nur Auswirkungen bei kleineren Hochwasserereignissen. Bei den für die Anlieger potenziell gefahrenträchtigeren Hochwasserereignissen größerer Jährigkeit (z.B. HQ100) wird der Talraum weiträumig überflutet, so dass bei derartigen Ereignissen von den Dämmen keine relevante gefährdungssteigernde Wirkung ausgeht. Auch eine aktuelle Projektauswertung des Bayerischen Landesamts für Umwelt zeigt, dass Biberdämme kaum dämpfende Wirkung auf den Hochwasserabfluss haben.

 

 

  1. Dritte Säule – Zugriffsmaßnahmen

 

Es gibt drei Arten von Zugriffsmaßnahmen zur Reduzierung von Biberpopulationen:

  1. Lebendfang (Abgabemöglichkeit),
  2. Tötung nach Fang sowie
  3. Tötung ohne vorausgehenden Fang.

 

Aktuell käme nur eine Tötung in Betracht. Es bestehen aufgrund der flächendeckend besetzten Biberreviere auf absehbare Zeit keine Abgabemöglichkeiten, weshalb Lebendfang mit Umsiedlung nicht möglich ist. Dieser Umstand wurde bei der bayernweiten Fachtagung zum Bibermanagement am 24.11.2021 erneut bestätigt. Generell sind aktive Umsiedelungen von Bibern problematisch, weil dadurch ggfs. Schadensersatzansprüche ausgelöst werden können.

 

Da eine hohe Populationsdichte besteht und nach Tötung von einer kurzfristigen Neubesiedlung des Biberreviers auszugehen ist, müsste mit regelmäßig zu wiederholenden Abschussmaßnahmen gerechnet werden.

 

Allerdings sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung für den Zugriff (=Tötung) derzeit nicht gegeben.

 

Ein Zugriff könnte gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 der artenschutzrechtlichen Ausnahmeverordnung (AVV) an Abschnitten von öffentlichen Straßen (hier: Mühltalstraße) zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden, im Interesse der Gesundheit des Menschen sowie aus Gründen der öffentlichen Sicherheit zugelassen werden, sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt.

Aufgrund der durchgeführten und weiterhin durchzuführenden Präventivmaßnahmen wird derzeit keine der hier aufgeführten Gefahren gesehen.

 

Weiterhin könnte ein Zugriff nach § 45 Abs. 7 BNatSchG u.a. zur Abwendung ernster wirtschaftlicher Schäden, im Interesse der Gesundheit des Menschen oder der öffentlichen Sicherheit zugelassen werden. Abfang oder Tötung kommen im Einzelfall jedoch nur in Betracht, wenn präventive Schutzmaßnahmen sowie sonstige Vergrämungsmethoden nicht geeignet oder unverhältnismäßig sind.

Auch hier gilt, dass aufgrund der durchgeführten und weiterhin durchzuführenden Präventivmaßnahmen derzeit keine der aufgeführten Gefahren oder Schäden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Bloße Befürchtungen reichen für die Zulassung von regelmäßigen Tötungen nicht aus.

 

  1. Vierte Säule – Ausgleichszahlungen

 

Akzeptanzfördernder Ausgleich als freiwillige finanzielle Leistung des Staates von land-, forst- und fischereilichen Schäden ist hier nicht relevant. Nicht ausgeglichen werden im Rahmen des Bibermanagements sonstige Schäden wie Verkehrsunfälle, Personenschäden, sonstige Schäden von Gewässerbenutzungsberechtigten oder Ähnliches.

 

Biber sind wildlebende, heimische Tiere. Die in Fürth lebende Biberpopulation ist hier nicht von der Stadt Fürth angesiedelt worden. Nachdem der Biber in Bayern ausgerottet war, ist Bayern -inklusive Fürth- zwischenzeitlich nach einer Wiederansiedelung v.a. an der Donau in den sechziger bis achtziger Jahren durch natürliche Ausbreitung wieder fast flächendeckend von Bibern besiedelt.

Über die gesetzliche Verkehrssicherungspflicht (z.B. als Eigentümerin von Bäumen) hinaus gibt es keine besondere Verantwortung oder Haftung der Stadt Fürth oder anderer Stellen für das von wildlebenden Tieren ausgehende (allgemeine Lebens-) Risiko.

 

 

Fazit der Verwaltung:

Der Antrag der SPD-Stadtratsfraktion ist aus Sicht der Verwaltung abzulehnen. Über die geleisteten Präventivmaßnahmen hinaus wäre die beantragte Reduzierung der Biberpopulation nur durch Zugriff (=Tötung) möglich. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer hierfür notwendigen Ausnahmegenehmigung liegen nicht vor.

 

Die Verwaltung sichert jedoch zu, die Situation weiterhin vor Ort fortwährend zu beobachten, dabei die gebotenen und zulässigen Schritte zur Entspannung der Situation zu veranlassen.

Da der hierzu erforderliche zeitlich und körperlich hohe Arbeitseinsatz der ehrenamtlichen Biberberater weit über das eigentliche Aufgabengebiet der Biberberater in Bayern hinausgeht und wohl bis auf weiteres nötig sein wird, wird überlegt, die Leistungen künftig mit Werkvertrag in Auftrag zu geben.


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag: