Der Vortrag der Referentin dient zur Kenntnis.
Die Verwaltung wird beauftragt, die konzeptionellen Grundlagen für die blau-grüne Stadtentwicklung fortzuführen und um die nachfolgend aufgeführten Punkte zu erweitern.
Folgende Maßnahmen sind soweit möglich kurzfristig umzusetzen (Sofortmaßnahmen) und dem BWA nach Prüfung bzw. Aufstellung zur Beschlussfassung vorzulegen:
(a) Überprüfung laufende Bauleitplanverfahren in Bezug auf die Berücksichtigung des Schwammstadtprinzips,
(b) Aufstellung einer Freiflächengestaltungssatzung, inkl. Dachbegrünungen und
(c) Prüfung von zur Entsiegelung geeigneter Plätze und Bereiche.
Die Verwaltung wird beauftragt, die Maßnahmenliste unter 4. sukzessive umzusetzen.
Im Integrierten Klimaschutzkonzept der Stadt Fürth wird die Maßnahme 3.12 „Fürth als Schwammstadt“ geführt. Das Baureferat hat daraus in Abstimmung mit Ref. III/OA den Handlungsauftrag insbesondere für die Ämter des Baureferats konkretisiert, mögliche Handlungsfelder und Maßnahmen geprüft und legt diese nun dem BWA und Stadtrat vor.
1.
Inhaltliche
Einführung
Definition
Schwammstadt
Der ursprüngliche Zweck von
Regenwassersystemen bestand in der schnellen Ableitung der
Niederschlagsabflüsse aus den Siedlungsgebieten. Sinnbildlich dafür sind
Begriffe wie Niederschlagswasserbeseitigung und Regenentwässerung oder
-entsorgung. Durch die hohe
Flächenversiegelung und die gezielte Ableitung von Niederschlagswasser mit ihrer
punktuellen Einleitung in Gewässer kommt es durch den Klimawandel mit den
langen Trockenwetterphasen begünstigt vermehrt zu lokalen
Starkregenereignissen. Das Kanalnetz und die Kläranlage ist hierfür nicht
ausgelegt und kann dafür auch nicht ausgelegt werden. Zusätzlich belasten
urbane Hitzeinseln die Bevölkerung.
Ein modernes nachhaltiges
Regenwassermanagement versucht sich auch begrifflich von dieser bisherigen
Praxis abzusetzen. Begriffe wie Schwammstadt, wassersensible Stadtentwicklung,
Stormwater Management, Best Management Practies, Substainable Urban Drainage
(SUDs), Low Impact Development (LID), Water Sensitive Urban Design (WSUD) und
BlueGreenSolution zielen alle auf den zentralen Oberbegriff des nachhaltiges
Regenwassermanagements ab. Die Bestandteile des nachhaltigen Regenwassermanagements
sind sowohl zentral als auch dezentrale oder naturnahe
Regenwasserbewirtschaftungskonzepte. Das Regenwasser wird nicht vorrangig über
Kanalsysteme abgeleitet, sondern vor Ort zurückgehalten, genutzt, verdunstet,
versickert oder wenn überhaupt nötig gedrosselt und behandelt abgeleitet. Durch die Kombination mit einer nachhaltigen
Stadt- und Freiraumplanung kann die nachhaltige, sogenannte blau-grüne
Stadtentwicklung erreicht werden. Eine Begrünung von Oberflächen (Dächern,
Fassaden, Straßenzügen) fördert die Verdunstungskühlung und wirkt der
Entstehung von Hitzeinseln entgegen. Über diese Anpassungsstrategie wird
außerdem das Regenwasser zu großen Teilen in der Stadt zurückgehalten und nicht
über Kanäle abgeführt. Die Schaffung von vielen kleinen Speicherräumen im
Straßenraum und auf Dachflächen führt zur verzögerten und gedrosselten
Ableitung eines Teils des Niederschlags und erhöht über die Bepflanzung
zeitgleich die Verdunstung, um so das Stadtklima zu verbessern. Die
Kanalisation und Kläranlage wird so entlastet.
Blau-grüne
Stadtentwicklung
Nachhaltiges Regenwassermanagement ist
so ein wesentlicher Bestandteil von Strategien zur Anpassung an den
Klimawandel. Um durchschlagende Wirkung zu erzielen, wird darüber hinaus eine
ganzheitliche Strategie in der Stadtentwicklung, Stadtplanung und
Freiraumplanung benötigt.
So ist beispielsweise eine entsprechende
städtebauliche Grundordnung im Quartier nötig, um optimale
Regenwasserbewirtschaftung zu ermöglichen. Beispiele finden sich unter anderem
in der als Anlage angefügten Broschüre auf den Seiten 30 ff., wobei auch
zahlreiche weitere genannt werden können. In Deutschland sind in den
vergangenen 20 Jahren bereits zahlreiche Quartiere entstanden, die derartige
Lösungsansätze berücksichtigt haben. Ein frühes Beispiel ist das zur EXPO 2000
in Hannover realisierte Quartier Kronsberg, das mit 3000 Wohneinheiten
städtebauliches Gewicht hat und dennoch das anfallende Regenwasser vor Ort
vollständig versickert. Erreicht wird dies dort und in anderen Beispielen über
offene Gräben in Verbindung mit Mulden und Rigolen, die über eine daraufhin
orientierte Straßen- und Freiraumplanung ermöglicht werden.
Aber auch jenseits von ganzen Quartieren
sind im Rahmen von Einzelbaumaßnahmen (Straßensanierungen, Platzgestaltungen,
einzelne Bauvorhaben) Bausteine anzuwenden, die als Beiträge zur blau-grünen
Stadtentwicklung dienen.
2.
Analytische
und konzeptionelle Grundlagen
Grundlage für derartige Ansätze ist das Wissen über die
entscheidenden Parameter. Dazu zählt neben der Regenintensität zuvorderst die
Bodenbeschaffenheit hinsichtlich der Versickerungsfähigkeit sowie das Wissen
über die Geländemodellierung und daraus resultierende Abflüsse bei
(Stark-)Regen. Teilweise liegen Daten vor, teilweise sind diese noch zu
erstellen. So verfügt die Stadtentwässerung Fürth über eine Vielzahl an
Regenmessern im Stadtgebiet. Durch die längeren Zeitreihen dieser Regenmesser
können Veränderungen innerhalb der Stadt Fürth ermittelt werden.
Notwendige
weitere Grundlagen:
Weiterhin kann das Umsetzungspotenzial dezentraler
Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in einem Bestandsgebiet mittels Geodaten
in verschiedenen Karten dargestellt werden:
Regenwasserbewirtschaftungsartenkarte
Die „Regenwasserbewirtschaftungsartenkarte“ charakterisiert
die naturräumlichen Voraussetzungen für eine dezentrale
Regenwasserbewirtschaftung. Abhängig von geologischer,
morphologischer, topographischer und bodenkundlicher Ausgangssituation wird die
günstigste Bewirtschaftungsart vorgeschlagen. Diese reichen von der einfachen
Flächenversickerung bis zu vernetzten und kombinierten Versickerungssystemen
mit Grundwasserbewirtschaftung.
Karte des Abkopplungspotenzials
Zur Erstellung dieser Karte werden die Siedlungsstrukturen
analysiert und hinsichtlich ihrer Potenziale zur Platzierung der
Bewirtschaftungsmaßnahmen bewertet. Die Darstellung des Abkopplungspotenzials
erfolgt in Prozent der vom Kanal abgeschlossenen Fläche.
Starkregenrisikomanagement
/ Starkregengefahrenkarte (bereits beschlossen mit Beschluss des Finanz- und
Verwaltungsausschuss vom 25.10.2022)
Aufgrund der voranschreitenden Klimaerwärmung ist mit einer Zunahme extremer Niederschlagsereignisse zu rechnen. Bei Starkregenereignissen handelt es sich um lokal begrenzte Regenereignisse mit großer Niederschlagsmenge und hoher Intensität. Sie sind meist von sehr geringer räumlicher Ausdehnung und kurzer Dauer (konvektive Niederschlagsereignisse) und stellen daher ein nur schwer zu kalkulierendes Überschwemmungsrisiko dar. Bedingt durch die hohen Niederschlagsintensitäten fließen große Anteile des Niederschlags oberirdisch ab und nutzen Wege, Straßen und Einschnitte im Gelände als Abflusswege. Aufgrund der zeitlich und räumlich hoch variablen Niederschlagsverteilung können potenziell alle Regionen von Starkregen betroffen sein.
Eine Starkregengefahrenkarte enthält Informationen zur Überflutungsausdehnung, Überflutungstiefe und zu Fließwegen und -geschwindigkeiten bei Starkregenereignissen. Sie soll die Lokalisierung von Bereichen des Stadtgebietes ermöglichen, in denen starkregenbedingte Überflutungen mit höherer Wahrscheinlichkeit auftreten werden. Durch ein Starkregenmanagement kann städtisches Handeln entsprechend ausgerichtet werden, z. B. für eine konkrete hochwasserangepasste Bauleitplanung, den Schutz vulnerabler Infrastrukturen (Krankenhäuser, Kindergärten, etc.), aber auch eine Sensibilisierung der Bürgerschaft kann gezielt stattfinden. Aus der Gefahrenkarte bzw. mit Hilfe des Starkregenrisikomanagements werden konkrete Maßnahmen erarbeitet, die auf eine wassersensible Stadtentwicklung Fürths zur Schwammstadt abzielen und dadurch präventiv wirken.
Ziel und Nutzen eines Starkregenrisikomanagements (u.a.):
·
Anpassung
von Aktionen und Planungen
o
Bauliche
Eingriffe und Anpassungen von Infrastrukturen
§
individueller
Objektschutz
§
direkte
Information Betroffener
o
Berücksichtigung
ggf. über Hinweise/ Beratung bei Planungs-/ Genehmigungsverfahren
(Bauleitplanung, Bauanträge)
o
und
Einsatzpläne für Katastrophenschutz entwickeln und vorbereiten
3.
Bisherige
Tätigkeiten der Verwaltung im Bereich der blau-grünen Stadtentwicklung
Auch ohne die Bezeichnung „Schwammstadt“ oder die Verwendung
anderer Begriffe aus dieser Vorlage sind einzelne Aspekte der blau-grünen
Stadtentwicklung bereits in vielen Fällen im Verwaltungshandeln verankert. Die
Planung und Herstellung von Straßenbäumen, die Beratung von Bauherrn zu
Gründächern, die Festsetzung von Dachbegrünung oder freizuhaltenden Flächen in
Bebauungsplänen – zahlreiche Beispiele verdeutlichen, dass die Stadt Fürth
bereits fachlich Lösungen berücksichtigt und umsetzt. Nichts desto trotz ist
angesichts der sich zuspitzenden Klimasituation eine strategisch ausgerichtete
Vorgehensweise in allen Bereichen der Stadtverwaltung notwendig, um den
Belangen der Klimaanpassung Rechnung zu tragen. Das bedeutet für die Ämter des
Baureferats (sowie auch Ämter anderer Referate) konkret die regelmäßige und
grundsätzliche Berücksichtigung entsprechender technischer Konzepte sowie
qualitativer Aspekte in Planungs- und Vergabeverfahren. Geeignete Maßnahmen
sind im Folgenden zusammengestellt und sollen über den Beschluss durch den
Stadtrat in die Umsetzung gelangen.
4.
Maßnahmen
der blau-grünen Stadtentwicklung
Aufbauend auf den unter 1. dargestellten Aspekten der
Schwammstadt werden im folgenden verschiedene Maßnahmen vorgestellt, die im
Sinne der blau-grünen Stadtentwicklung einen Mehrwert für die Stadt Fürth
bieten und vor dem Hintergrund der Klimaanpassung eine Notwendigkeit erhalten.
a.
Entsiegelungsmaßnahmen
bei derzeit versiegelten Flächen
i. Entsiegelung öffentlicher und
städtischer Flächen
1.
Straßenraum,
städtische Plätze, Gehwege - z.B. über
das Stockholmer Modell (Stadtplanungsamt und Tiefbauamt)
2.
Schulhöfe
(GWF und Grünflächenamt)
ii. Entsiegelung privater Flächen
1.
Private
Umbauten im Bestand (Förderprogramm, Amt für Umwelt, Ordnung und
Verbraucherschutz)
2.
Forcierung
niedriger Versiegelung bei privaten Bauvorhaben im Baugenehmigungsverfahren,
auch mittels Satzungen (Bebauungspläne, Freiflächengestaltungssatzung, etc.);
(Beratung Stadtplanungsamt, Genehmigung Bauaufsicht Fürth, Aufstellung der
Satzungen im Baureferat)
b.
Versiegelungsarme
Neuplanungen
i. Straßen, Wege, Plätze - z.B. über das
Stockholmer Modell (Stadtplanungsamt, Tiefbauamt) – Entwicklung eines Standards
ii. Neubaugebiete, neu erschlossene
Stadtbereiche (z.B. über Bebauungsplanung) (Stadtplanungsamt)
iii. Screening laufender Bebauungspläne in
Aufstellung (Stadtplanungsamt mit Amt für Umwelt, Ordnung und
Verbraucherschutz, Stadtentwässerung Fürth, Tiefbauamt) Untersuchung von in Aufstellung befindliche Bebauungspläne hinsichtlich
den Festsetzungsmöglichkeiten bezüglich der Thematik Schwammstadt i.V.m.
Starkregengefahren- /Regenwasserbewirtschaftungskarte
1.
Regenwassernutzung
(Ableitung in Baumscheiben o.ä., Trennsystem mit Vorteilen)
c.
Wasserwirtschaft
i. Änderung der Kanalnetzregelung (von
statisch zu dynamisch) (SteF)
ii. Nutzung von Kanälen
1.
Entwässerungskanäle
der SteF
2.
Einsatz
von Oberflächenwasserkanälen als Speicher für Pflanzenbewässerung
3.
Dezentrale
Versickerung (Rigolen o.ä.)
d.
Dach-
und Fassadenbegrünung
i. Öffentliche Gebäude (Regelung über
Freiflächengestaltungssatzung, Gebäudewirtschaft Fürth)
ii. Private Gebäude - Regelung über
Freiflächengestaltungssatzung (Stadtplanungsamt und Bauaufsicht) ggf.
ergänzendes Förderprogramm (Amt für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz)
e.
Vergabeverfahren,
Wettbewerbe o.ä.
i. Städtische Baumaßnahmen (Hoch- oder
Tiefbau) inkl. der entsprechenden Vergabe- und Wettbewerbsverfahren
(Gebäudewirtschaft Fürth, Tiefbauamt)
ii. Städtebauliche und freiraumplanerische
Wettbewerbe (Stadtplanungsamt, Grünflächenamt)
iii. Verkauf von Grundstücken über
Konzeptvergabe (Liegenschaftsamt)
Einen Schwerpunkt bilden aus Sicht der Verwaltung die
versiegelungsarmen städtischen Neuplanungen, die Regelung versiegelungsarmer
privater Bauvorhaben sowie die wassersensible Bauleitplanung. Vor diesem
Hintergrund wird vorgeschlagen, sämtliche laufenden Bebauungsplanverfahren mit
Ausnahme vordringlicher Schulbaumaßnahmen einem Screening durch eine
interdisziplinäre Projektgruppe innerhalb der Verwaltung zu unterziehen. Dieser
sollen Vertreter aus Stadtplanungsamt, Klimaschutz, Tiefbauamt, Grünflächenamt,
GWF und SteF angehören.
Finanzierung:
Finanzielle
Auswirkungen |
jährliche
Folgelasten |
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nein |
X |
ja |
Gesamtkosten |
Projektabhängig € |
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nein |
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ja |
€ |
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Veranschlagung
im Haushalt |
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X |
nein |
|
ja |
Hst.
|
Budget-Nr. |
im |
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Vwhh |
|
Vmhh |
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wenn
nein, Deckungsvorschlag: |
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