Die Sitzungsvorlage des Baureferats wird zur Kenntnis genommen.

 

Der Bauausschuss beschließt die winterdienstliche Betreuung der Pilotstrecken mit auftauenden Mitteln.


Ausgangslage:

 

Das Tiefbauamt/Bauhof streut bisher alle Gehwege, gemeinsame Geh- und Radwege sowie von der Fahrbahn getrennt verlaufende Radwege mit abstumpfenden Mitteln (Blähton) ab. Für Radwege und gemeinsame Geh- und Radwege ist dies aus Sicht der Dienststelle nicht zielführend und muss zwingend geändert werden. Eine Betreuung ist nach aktueller Fachmeinung des VKU mit abstumpfenden Mitteln wie z.B. Blähton oder Splitt sei nicht wirksam.

 

Im Gegenteil, dies bringe eher eine Verschlechterung des Kraftschlusses mit sich. Im Zuge von Ökobilanzen für den Straßenwinterdienst weiß man heute überdies, dass abstumpfende Stoffe keineswegs umweltfreundlicher sind als auftauende Stoffe, wenn letztere mit modernen Streutechniken in geringer Menge verwendet werden. Blähton und Splitt müssen des Weiteren während warmer Witterungsverhältnisse und zum Ende des Winterdienstes durch die Straßenreinigung aufgenommen und teuer entsorgt werden. 

 

Weiterhin hat der Fachausschuss Winterdienst des VKU die Information 99 „Winterdienst für den Radverkehr“ herausgegeben. Im Kapitel 07 „Anwendung von Streustoffen für den Radverkehr“ wird auf die Streumittelwahl eingegangen. Auszugsweise ein Teilabschnitt der Information:

 

„Doch abstumpfende Stoffe sind gerade auf Radwegen die schlechteste aller Lösungen. Bei den schmalen Radreifen können diese Stoffe kaum so dicht gestreut werden, dass sie überhaupt eine Verbesserung des Kraftschlusses zwischen Radreifen und Schneeauflage erbringen können. Bei Reifglätte, Glatteis und Eisglätte sind sie ohnehin wirkungslos und bringen eher eine Verschlechterung des Kraftschlusses. Unabhängig von dieser kaum gegebenen Wirksamkeit bei Glätte bringen sie auf der anderen Seite sogar Gefahren durch den Rollsplitteffekt, insbesondere durch liegengebliebene Splitt- oder Sandreste nach Abtauen der Winterglätte, was bei Kurvenfahrten besonders kritisch ist.“

 

Grundsätzlich sind die gesetzlichen Grundlagen für den Winterdienst im BGB und im BayStrWG geregelt. Innerhalb geschlossener Ortslage besteht eine Räum- und Streupflicht für alle wichtigen Gehwege und Fußgängerquerungen. Wichtig bedeutet, alle Gehwege, für die ein echtes, jederzeit zu befriedigendes, Verkehrsbedürfnis besteht. Im Urteil vom OLG Brandenburg vom 03.06.2008 -2 U 8/07, DAR 2/2009, IV wird dies bestätigt. „Die winterliche Streupflicht entfällt nur bei vollkommen unbedeutenden Wegen, für die ein berechtigtes Verkehrsbedürfnis nicht besteht.“

Für Straßen besteht innerhalb geschlossener Ortslage eine Räum- und Streupflicht an gefährlichen Stellen und diese müssen gleichzeitig verkehrswichtig sein.

 

Für reine Radwege gelten die gleichen Voraussetzungen wie für Straßen, d.h. eine Streupflicht besteht auf verkehrswichtigen und gefährlichen Radwegen. Das städtische Hauptradwegenetz, das überörtliche Alltagsradwege und vor allem Radschnellverbindungen können als verkehrswichtig auch im Winter gelten.

Kombinierte Fuß- und Radwege sind von der Streupflicht wie reine Gehwege zu behandeln.

 

Zukünftige Vorgehensweise:

 

Da eine Betreuung der Radverkehrsstrecken mit abstumpfenden Materialien aus v. g. Gründen für den Radverkehr als nicht effektiv wirksam angesehen wird und sich mit unseren Erfahrungen deckt, beabsichtigt der Bauhof mittel- bis langfristig eine komplette Umstellung der Streumittelwahl bei Strecken mit Radverkehr.

 

Eine kurzfristige Umstellung ist wegen der notwendigen Geräte- und Personalressourcen nicht möglich. Dies kann nur im Rahmen der Ersatzbeschaffungen für den Winterdienst nach und nach erfolgen. Derzeit ist im Bauhof ein reiner Solestreuer vorhanden. Dieser kann aufgrund seiner Abmessungen auf einigen Radwegen und gemeinsamen Fuß- und Radwegen eingesetzt werden. Der Flüssigstreuer kann nur reine Sole (ca. 22% Salzlösung) ausbringen. Sogenannte Kombistreuer (Salzfeststoffbehälter mit Solelagertank) stehen dem Bauhof für die Betreuung der gemeinsamen Fuß- und Radwege und reinen Radwege im Gegensatz zu den Fahrbahnen (dort ist dies der Standard) noch nicht zur Verfügung.

 

Im Bauhof wurden in diesem Jahr die zu betreuenden Radwege und gemeinsamen Fuß- und Radwege im Stadtgebiet hinsichtlich deren Verkehrsführung beurteilt (Gefällestrecken, Kurven, enge Verhältnisse etc.). Gleichzeitig wurde das Thema am 09.07.2024 beim runden Tisch Radverkehr behandelt. Von SpA/Vpl und den Radfahrverbänden (z.B. ADFC) sollten gemeinsam Strecken festgelegt werden, welche verkehrswichtig sind und für die im ersten Schritt eine Umstellung der Streutechnik sinnvoll wäre.

 

Im Rahmen des runden Tisches Radverkehr vom 22.10.2024 wurden daher die in der Anlage beigelegten Winterdienststrecken als Pilotstrecken festgelegt. Es handelt sich um

 

  1. die Verbindung Erlangen-Nürnberg,
  2. die Verbindung Atzenhof-Ritzmannshof,
  3. den gemeinsamen Fuß- und Radweg entlang der Mainstraße/Stadelnder Straße und
  4. den getrennten Radweg entlang der Würzburger Straße zwischen Hansastr. und Hafenstraße.

 

Ob letzterer in diesem Zuge betreut werden kann, muss zunächst im Einsatzfall getestet werden (begrenzte Kapazität). Alle genannten Strecken weißen gefährliche Bereiche (z.B. Steigungen, enge Wegführung, Kurvenbereiche oder Mischverkehr) im Streckenverlauf auf.

 

 

Der Bauhof wird bei diesen Pilotstrecken ab sofort wie folgt verfahren:

 

  • Bei Reifglätte, überfrierender Feuchte und bei Vorstreuung vor erwartenden Eisregen bis ca. – 5 Grad:

Betreuung der Strecken überwiegend mit Sole.

Die Solestreuung belastet die Umwelt weniger, da sie zu ca. 78% aus Wasser besteht, wodurch allerdings der Einsatz bei tieferen Temperaturen nicht möglich ist.

  • Bei überfrierender Nässe und Schneefall:

Betreuung mit einem Salz-Granulat-Gemisch (Salz wird in der benötigten Menge dem Blähton untergemischt)

 

Die Wahl des Streumittels muss aus logistischen Gründen einheitlich für die ausgewählten Strecken erfolgen. Die Einsatzleitung des Winterdienstes wird den Erfolg der einzelnen Maßnahmen dokumentieren und am Saisonende die Erfahrungen auswerten.

 

 

Das Thema „Winterdienst für den Radverkehr“ wurde u.a. auch beim runden Tisch der Tiefbauämter der Städteachse Erlangen-Nürnberg-Schwabach-Fürth am 11.10.2024 auf die Tagesordnung gesetzt. Die Nachbarstädte verfahren zum Vergleich folgendermaßen:

 

Nürnberg:

SÖR betreut die vom Radverkehr genutzten Flächen (Radwege, gemeinsame Geh- und Radwege) überwiegend mit Sole. Wenn dies aufgrund der Witterung nicht möglich ist, wird mit Feuchtsalz (Sole+Salz als Feststoff) gearbeitet. Seit 2022 werden an ausgewählten Stellen Bodenproben zur Erhebung des Chloridgehaltes entnommen. Es haben sich keine nennenswerten negativen Veränderungen ergeben.

 

Erlangen:

EB Stadtgrün verwendet seit 3 Jahren ein Gemisch aus Salz und Granulat. Seit 2 Jahren sind zudem 2 reine Solefahrzeuge vorhanden.

 

Schwabach:

Der Bauhof betreut die entsprechenden Flächen derzeit noch mit Splitt. Die Umstellung auf auftauende Mittel ist im Gespräch und soll zeitnah durchgeführt werden.

 

 

Im Stadtgebiet Fürth kam zuletzt der überwiegende Teil der Beschwerden hinsichtlich eines unzureichenden Winterdienstes aus dem Bereich der Radverkehrsteilnehmer. Eine Vielzahl betraf den gemeinsamen Rad- und Fußweg zwischen Erlangen und Nürnberg, da aufgrund des Einsatzes von auftauenden Mitteln der Weg auf Nürnberger Stadtgebiet aus Sicht der Nutzer „gut befahrbar“ war und der Weg auf Fürther Stadtgebiet, der lediglich mit abstumpfenden Mitteln betreut wurde, vermeintlich nicht.

 

Eine Verbesserung des Ist-Zustandes lässt sich nur über eine Umstellung in der Streumittelwahl erzielen. Nach derzeitiger Einschätzung dürfte die Umstellung auf den Pilotstrecken kostenneutral sein.

 

Das Tiefbauamt/Bauhof möchte mit der Umstellung der Streumittelwahl - zunächst auf den genannten Pilotstrecken - den Radverkehr durch einen guten und effektiven Winterdienst fördern, um das Radfahren auch im Winter attraktiv zu machen. Hierbei soll analog der Vorgehensweise in Nürnberg eine Erhebung des Chloridgehalts im Boden vorgenommen werden, um etwaige Auswirkungen auf die Umwelt zu prüfen.

 

Das oben genannte Vorgehen wurde am 24.10.2024 instruiert. Die Stellungnahmen sind in beiliegender Zusammenstellung der Instruktionsergebnisse aufgeführt. Grundsätzlich stimmen alle beteiligten Fachdienststellen der Umstellung des Streumittels auf den genannten Pilotstrecken zu. Die ergänzenden Hinweise werden berücksichtigt.

 

Gem. Stellungnahme von OA vom 21.11.2024 wurde von OA der Zweckverband zur Wasserversorgung der Eltersdorfer Gruppe an der Instruktion beteiligt. Die Stellungnahme von ZVE wird als Anlage beigefügt.

In dieser wird gebeten, einen größeren Teilabschnitt des gemeinsamen Fuß- und Radweges im Bereich Mannhof aus der Pilotstrecke zu nehmen. Eine Herausnahme dieses Teilabschnittes ist logistisch schwierig umzusetzen (zusätzliches Fahrzeug) und u.E. nach auch nicht sinnvoll.

Die Stadt Erlangen und das Staatliche Bauamt streuen im Anschluss an unseren Bereich ebenfalls mit Salz.

Weiterhin wird auch die Fahrbahn entsprechend betreut. Die Auswirkungen durch die zusätzliche Betreuung des gemeinsamen Fuß- und Radweges mit auftauenden Mitteln auf Fürther Stadtgebiet werden als äußerst gering betrachtet. Der Einsatz von Salz wird zudem auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt.

Westlich der Stadelner Hauptstraße liegt von Erlangen kommend bis zum Beginn der Bebauung in Mannhof die weitere Schutzzone B, anschließend ist auf der Westseite kein Wasserschutzgebiet vorhanden. Östlich der Stadelner Hauptstraße endet die weitere Schutzzone A kurz vor der Zufahrt zum Sportplatz, südlich der Zufahrt befindet sich kein Wasserschutzgebiet.

 

Das Tiefbauamt wird zur Klärung des Sachverhaltes mit dem Ordnungsamt und dem Zweckverband zur Wasserversorgung der Eltersdorfer Gruppe nochmal in den Diskurs gehen. Die Umstellung des Streumittels in diesem Bereich der Stadelner Hauptstraße erfolgt daher vorbehaltlich des Ergebnisses der gemeinsamen Absprache.

 

Nach Klärung wird wieder im BWA berichtet.

 


Finanzierung:

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

x

nein

 

ja

Gesamtkosten

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr. 66200

im

x

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Lagepläne Streustrecke Nord Mitte_Verbindung Erlangen-Nürnberg

Lageplan Streustrecke Geh- u. Radweg Mainstr._Stadelner Str._Atzenhofer Str.

Lageplan Streustrecke Radweg Würzburger Str._stadtauswärts

Zusammenstellung der Instruktionsergebnisse

Stellungnahme Zweckverband zur Wasserversorgung der Eltersdorfer Gruppe