Betreff
Ergebnis der Mediation in Sachen Gustavstraße - Vollzug Gaststättenrecht
Vorlage
OA/131/2015
Art
Beschlussvorlage - AL

1. Der Stadtrat stimmt der Mediationsvereinbarung gemäß Anlage - vorbehaltlich der Zustimmung des Klägers und der weiteren Kläger - zu.

 

2. Der Stadtrat beauftragt die Verwaltung, alle zur Umsetzung der Mediationsvereinbarung notwendigen Schritte zu unternehmen, namentlich: erforderliche Verwaltungsakte zu erlassen, zu ändern oder zurückzunehmen, prozessbeendende Erklärungen abzugeben und die in Ziffer III. der Mediationsvereinbarung genannten Maßnahmen für die Zukunft (Runder Tisch) zu organisieren.

 


 

A)     gerichtliche Ausgangslage:

 

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof München sind derzeit zwei Verfahren anhängig:

Es handelt sich zum einen um das Verfahren „Außensperrzeit Gustavstraße – 22.00/23.00 Uhr“ in dem die Stadt gegen den Kläger vor der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Ansbach unterlag. Hiergegen hat die Stadt Berufung eingelegt.

 

Es handelt sich weiterhin um das Verfahren „Veranstaltungskonzept“, in dem die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Ansbach aus prozessualen Gründen zugunsten der Stadt Fürth entschied. Hiergegen legten der Kläger und Weitere Rechtsmittel ein.

 

Beide Verfahren wurden unter dem Az. 90ME14.90006 und 90ME14.90007 zur gemeinsamen Mediation verbunden; es fanden 2 Mediationssitzungen in München statt.

Teilnehmer waren Herr Oberbürgermeister, Herr Kürzdörfer als Leiter des Ordnungsamtes,  eine Fachkraft für Immissionsschutz sowie der Kläger Schwalme mit Anwältin.

 

Seitens des Gerichtes leiteten die Mediation ein Vorsitzender Richter am VGH als Güterichter und eine weitere Güterichterin.

 

Die Sitzungen fanden statt am 30.09.2014 und am 18.Dezember 2014.

Das Verfahren schloss mit der in Anlage beiliegenden Mediationsvereinbarung ab.

Insgesamt sind 10 Verfahren bei verschiedenen Gerichten in Sachen Gustavstraße anhängig. Unter Ziffer IV Nr. 3 ist vereinbart, dass mit Wirksamwerden der Mediationsvereinbarung die Parteien „prozessbeendende Erklärungen“ auch insoweit abgeben würden.

 

 

B)      rechtliche Problematiken:

 

a)      Das „Sperrzeitverfahren“ schloss mit einer Niederlage der Stadt Fürth ab. Das Gericht verurteilte die Stadt dazu „die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu verbescheiden.“

Die Rechtsauffassung des Gerichtes bestand darin, dass es die TA Lärm kompromisslos anwendete, was zu einer Außensperrzeit von 22.00 Uhr führen würde.

Des Weiteren müsste die Stadt dafür sorgen, dass ab 22.00 Uhr in der Gustavstraße ein Lärmrichtwert von 45 dB eingehalten werden müsste.

Aller Voraussicht nach wäre dieser Wert mit herkömmlichen Gaststättenbetrieben auch im Inneren nicht zu schaffen, da die Innensperrzeit um 02.00 Uhr beginnt und das Kommen und Gehen der Gäste, ebenso wie Raucherlärm, nach ständiger Rechtsprechung den Gaststätten zuzurechnen ist.

Die Gefahr würde also durchaus drohen, dass die Innensperrzeit in den Gaststätten der Gustavstraße ebenfalls drastisch verlängert werden müsste, im Extremfall ebenfalls bis 22.00 Uhr.

 

b)      In der Streitsache „Veranstaltungskonzept“ obsiegte die Stadt aus nur prozessualen Gründen. Das VG Ansbach war der Meinung, der Kläger müsse gegen jede Veranstaltung gesondert vorgehen, was eine größere Zahl an Eil- und Fortsetzungsfeststellungsverfahren zur Folge hatte.

c)       Im Prozess um das Fürth Festival 2013 wandte das Gericht die 18. BImSchV (SportanlagenlärmschutzVO) an und konzedierte der Stadt, dass das Fürth Festival ein „sehr seltenes Ereignis“ sei, bei dem die Richtwerte der 18. BImSchV (insoweit sehr ähnlich zur TA Lärm) auch einmal sehr deutlich überschritten werden dürften. Es waren damals für die Ruhezeit 65 bis 87 dB, in der Nachtzeit (auch ohne Musik) von 63 bis 73 dB gemessen worden. Musikdarbietungen mussten allerdings bereits um 22 Uhr eingestellt werden.

 

Aufgrund der Einstufung des Fürth Festivals als „sehr seltenes Ereignis“ äußerte das Gericht aber damals in der mündlichen Verhandlung schon erhebliche Zweifel, ob daneben noch ein Grafflmarkt oder ein Weinfest in der bisherigen Form zu halten wären.

 

d)      Zugunsten der Klagepartei ergingen des Weiteren Entscheidungen in Sachen Weinfest, deren Sperrzeit unter Anwendung der einschlägigen Lärmschutzverordnung auf 22.00 Uhr festgesetzt wurde, was zur Absage des Weinfestes 2014 führte. Für den Herbstgrafflmarkt wurden die - den beklagten Gaststätten - ausgesprochenen Ausnahmegenehmigungen ab 22.00 für ungültig erklärt mit der  - für Dritte absurd wirkenden -  Folge, dass bis 22.00 Uhr verdichteter Außenausschank möglich war, von 22.00 Uhr bis 23.00 Uhr unverdichteter Außenausschank und ab 23.00 Uhr gar kein Ausschank mehr.

 

e)      Mittlerweile liegt auch eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in Sachen „Regensburg“ vor (Az. 22 B 14.267).

Die Konstellation war ähnlich wie in Fürth, auch hier hatte ein Kläger die Stadt wegen Sperrzeiterleichterungen verklagt.

Die Stadt hatte zunächst vor dem Verwaltungsgericht Regensburg ein hoffnungsfroh stimmendes Urteil erwirkt, gegen das die Klägerin Berufung eingelegt hatte.

Aufgrund richterlicher Hinweise scheute der Gaststättenbetreiber dann letztendlich eine streitige Berufungsverhandlung und einigte sich mit dem Kläger. 

Das Gericht entschied, dass die Stadt Regensburg die Kosten des Verfahrens zu tragen hätte, da sie aller Wahrscheinlichkeit nach den Prozess insgesamt verloren hätte.

Der entscheidende Satz lautet „Fehlen technische Regelwerke mit bindender Wirkung, wie sie die TA Lärm innerhalb ihres Anwendungsbereiches entfaltet, so erfordert die Prüfung der Frage, ob eine Anlage schädliche Umwelteinwirkungen … hervorruft, eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, in deren Rahmen die zu verzeichnenden Schallpegel und die Eigenart der Schallereignisse zu beurteilen sind…insbesondere aber die spezielle Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebietes zu bestimmen ist.

In diesem Zusammenhang können auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Geräuschbelastung im konkreten Fall brauchbare Anhaltspunkte liefern.“

(…) „…gleiches gilt für die Frage, ob im Rahmen der gebotenen Einzelfallbeurteilung hier eine Modifizierung des für ein Mischgebiet in entsprechender Anwendung der Nr. 6.1 Satz 1 TA Lärm für die Nachtzeit grundsätzlich anzusetzender Immissionsrichtwertes von 45 dB(A) veranlasst ist…“.

 

Festzustellen ist demzufolge, dass egal, ob man die TA Lärm unmittelbar zur Anwendung bringt oder nach Abwägung sämtlicher einzelner Umstände erst hilfsweise heranzieht, es im Endeffekt dabei bleibt, dass die Richtwerte der TA Lärm, ebenso wie der Beginn der Nachtzeit sich immer am Gebietstypus orientieren, der eben bei der Gustavstraße als Mischgebiet zu klassifizieren ist. Tendenziell wird die Lärmgrenze der Nachtzeit immer bei ca. 45 dB(A) liegen. Eine Umwidmung des Gebietscharakters würde rechtlich nicht haltbar sein, da die Umgebung offenkundig der eines Mischgebiets entspricht.

 

 

C)      zur Würdigung des Ergebnisses der Mediation:

 

Die Klageseite ist angetreten, der TA Lärm in strikter Anwendung zum Durchbruch zu verhelfen, sie hat für den „Regelbetrieb“ ihr Ziel in erster Instanz erreicht. Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, da sie zumindest tendenziell auch in 2. oder 3. Instanz dieses Ziel erreichen könnte.

 

Hinsichtlich der Veranstaltungen hätten nach dem Willen der Klagepartei Fürth Festival, Grafflmarkt und Weinfest sowie alle sonstigen Veranstaltungen massiv beschnitten werden sollen, der Außenausschank hätte beim Grafflmarkt um 22.00 Uhr beendet werden sollen, das Weinfest ganz entfallen.

 

Im Regelbetrieb wäre es bei der Sperrzeit 22.00 Uhr verblieben.

Für die Stadt Fürth stellt sich das Mediationsergebnis aus Sicht des Referates als hinnehmbar dar. Es konnten das Weinfest, der Grafflmarkt bis 01.00 Uhr sowie die Außensperrzeit 23.00 Uhr gerettet werden.

 

Der Preis ist ein weitgehender Entfall aller sonstigen Veranstaltungen in der Gustavstraße sowie die Reduzierung der aktuell vorhandenen Sitzplätze auf den öffentlichen  Freischankflächen der Gaststätten in der Gustavstraße um 25%, was - neben einer deutlichen Verringerung der mit dem Freischankflächenbetrieb zusammenhängenden allgemeinen Belastungen der Anwohner - eine Lärmreduktion von 1-1,5 dB(A) ausmachen dürfte.

 

Unter III 4) verpflichtet sich die Stadt im Falle des Wirksamwerdens dieser Vereinbarung, dass „kein Bedarf für eine Änderung des aktuell gültigen Bebauungsplanes mehr gesehen wird“.

 

Dies heißt kein Verzicht der Stadt auf ihre Planungshoheit, die Stadt sagt lediglich zu, dass sie während der Laufzeit der Mediationsvereinbarung keinen Bedarf für eine Neuplanung sieht.

 

Fazit:

Unter Abwägung der Folgen im Falle des Scheiterns der Mediation für die Gaststätten und Feierkultur in der Gustavstraße einerseits und dem, was durch die Mediation an Rechtssicherheit gewonnen wird andererseits, empfiehlt die Verwaltung dem Stadtrat, vom Ergebnis der Mediation zustimmend Kenntnis zu nehmen.

 

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Mediationsvereinbarung