Betreff
Verkehrsmanagement Fürth: Teil Dauerzählstellen und Verkehrsrechner
Vorlage
SpA/577/2018
Art
Beschlussvorlage - AB

Der Vortrag der Baureferentin diente zur Kenntnis.

 

Das SpA wird beauftragt, ein geeignetes Ingenieurbüro mit einer Studie für Dauerzählstellen im Stadtgebiet für verkehrsplanerische und verkehrstechnische Zwecke sowie zum Ausbau oder Austausch des Verkehrsrechnersystems einschließlich einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zu beauftragen und über die Ergebnisse zu berichten.


Die stufenweise Modernisierung und Optimierung der Verkehrssteuerung mittels Lichtsignalanlagen (LSA) wurde vom Bau- und Werkausschuss der Stadt Fürth im Juni 2016 (Beschluss SpA/430/2016) beschlossen. Aufbauend darauf ergibt sich weiterer Handlungsbedarf. #

Eine modernisierte und optimierte Verkehrssteuerung muss in der Lage sein, selbsttätig auf Nachfrageschwankungen reagieren zu können. Dies kann z. B. durch die kurzfristige Erhöhung der Umlaufzeiten in einem staugefährdeten Streckenabschnitt (z. B. Kapellenstraße), aber auch die Rückgabe nicht genutzter Kapazitäten einer Richtung an andere Verkehrsteilnehmer und Richtungen bedeuten, so dass Wartezeiten insgesamt reduziert werden können.

Gesamtwartezeit-reduzierend kann sich nicht nur die sukzessive Umstellung der Signalsteuerungen auf Verkehrsabhängigkeit, sondern auch die Einrichtung einer Netzsteuerung auswirken. In letzterem Fall wird die Verkehrszustandslage permanent mit Strategie­detektoren gemessen und mit hinterlegten Ereignis-Schwellwerten und Szenarien abgeglichen werden. Hierfür werden im Rahmen einer Netzsteuerung auf einer ersten Ebene die verkehrsabhängige Auswahl hinterlegter Signalzeiten- und Rahmenpläne eingesetzt, auf einer möglichen zweiten Ebene auch die Steuerungsparameter der lokalen Steuerung zentral beeinflusst.

Durch eine automatische Auswahl und Anpassung der Signalprogramme kann z. B. nicht nur die derzeitige manuelle Einschaltung der Fußballprogramme ersetzt werden, sondern auch auf Sondersituationen reagiert werden, deren Zeitpunkt, Dauer oder Auswirkungen zeitlich nicht exakt vorhersehbar und damit auch die tatsächliche Verkehrsbelastung im Netz nicht an jedem Punkt exakt planbar sind (z. B. bei großräumigem Umleitungen zur Kirchweih oder anderen Veranstaltungen wie bei Demonstrationen, Baustellen, verkaufsoffenen Sonntagen, Einkaufs­verkehre am Samstag in der Vorweihnachtszeit, Niedrigverkehr zu Ferienzeiten).

All diese Ereignisse können Signalprogramme, die über eine Wochenschaltuhr starr ausgewählt werden, nur sehr begrenzt abbilden. Dies führt dann häufig zu überhöht angesetzten Kapazitäten in einer Richtung zu Lasten der Verkehrsteilnehmer der anderen Richtungen und damit zu unnötigen Wartezeiten und auch zu fehlenden Reaktionsmöglichkeiten auf Über­lastungen.

 

Verkehrsdatenerfassung mittels Dauerzählstellen

 

Der Aufbau eines Systems, bestehend zum einen aus Dauerzählstellen für verkehrsplanerische Zwecke (Bereitstellung von Verkehrsnachfragedaten; Gewinnung von Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresganglinien) und zum anderen aus Messquerschnitten für eine netzweite Strategiesteuerung ist deswegen ein erster wichtiger Baustein der Modernisierung und Optimierung der Verkehrssteuerung. Derzeit gibt es auch noch keine systematische Aufbereitung und Archivierung von Messwerten der Verkehrsnachfrage über die vorhandenen Induktionsschleifen oder Videokameras der Lichtsignalanlagen.

Neben der Auswertung vorhandener, schon für die LSA-Steuerung genutzter Detektoren liegt ein Teil derartiger Zählstellen auch außerhalb von LSA und kann daher so ausgelegt werden, dass verlässlich Daten für die oben skizzierte netzweite Verkehrssteuerung zur Verfügung gestellt und von dieser automatisiert ausgewertet werden können.

Diese Dauerzählstellen sollen zumindest die Menge und Zusammensetzung des Verkehrs, ggf. auch die Geschwindigkeiten zur Detektion von einer Staugefahr erfassen können.

Für erforderlich werden solche Detektoren im Hauptverkehrsstraßennetz sowie zusätzlich an Kordonpunkten wie Brücken und Unterführungen an den Bahnlinien, dem Main-Donau-Kanal und den Flüssen gehalten. Darüber hinaus sind für den Radverkehr zusätzliche Zählstellen an wichtigen Radrouten (z. B. Pegnitz- und Regnitztalradweg) sinnvoll.

Anzahl, Lage und Art der Detektoren sowie die zu erfassenden Daten sollen in einer Studie untersucht werden, um eine möglichst wirksame und wirtschaftliche Lösung zu erreichen.

 

Verkehrsrechner

 

Auch ohne diese vorgenannten Formen der netzweiten Steuerung (nicht zu verwechseln mit der in den 70er/80er Jahren üblichen und auch in Fürth eingesetzten Signalgruppenfernschaltung durch einen Zentralrechner) sind im Zusammenhang mit der Einführung der ÖV-Beschleu-nigung und Feuerwehrbevorrechtigung weit mehr Funktionen am Verkehrsrechner als der derzeit vorhandene Umfang notwendig, z. B. Online-Mitschriebe der Signalprogramme, Datenerfassung für die manuelle und automatisierte Qualitätskontrolle, Nachoptimierungen von Steuerungen, Schnittstellen zum künftigen Parkleitsystem sowie verkehrsabhängige Signalprogrammauswahl und netzweite Strategie-Steuerung. Die Kommunikation zwischen LSA und Bussen bzw. Feuerwehrfahrzeugen soll aber dezentral, d. h. direkt zwischen Fahrzeug und Anlage und ohne Umweg über den Verkehrsrechner erfolgen, da dies gewährleistet, dass auch bei gestörter Kommunikation zum Verkehrsrechner ein Eingriff möglich ist und auch Erweiterungen und Umprogrammierungen unabhängig vom Verkehrsrechner und dessen Lieferanten vorgenommen werden können.

Um die Signalprogrammabläufe aus verkehrsplanerischer Sicht zu Prüf- und Optimierungszwecken überwachen zu können, ist in einem ersten Schritt kurzfristig mindestens die Online-Visualisierung der laufenden Programme verkehrsabhängig gesteuerter Anlagen notwendig (Live-Mitschnitt). Bei Lichtsignalanlagen neueren Datums ist dies mit dem vorhandenen Verkehrsrechner prinzipiell auch schon möglich. Diese ist jedoch noch analog zu dem Arbeitsplatz beim TfA auf entsprechende Arbeitsplätze bei SpA/Vpl sowie beim SVA, wenn gewünscht auch bei der Polizei, dem ABK und infra/vb aufzuschalten.

Es ist derzeit nicht möglich, einfache Programmänderungen (z. B. wegen der Kirchweih oder baustellenbedingten Umleitungen) durchzuführen, um so den Verkehrsablauf auch kurzfristig optimieren zu können. Insbesondere sind auch die Möglichkeiten der Fehlersuche sowie der Optimierung und Feinjustierung nach Inbetriebnahme einer neuen Lichtsignalsteuerung mit dem derzeitigen System nicht gegeben, wäre aber spätestens mit der Einführung der Feuerwehr– und Busbeschleunigung dringend erforderlich.

In Fürth gibt es 118 Lichtsignalanlagen (LSA, Stand Ende 2015). Das Alter der Steuergeräte verteilt sich dabei wie folgt:

Anzahl

 

 

Seit der Liberalisierung des Signalanlagenhersteller-Wettbewerbs in der Stadt Fürth vor etwa 5 Jahren sind außer dem früheren Lieferanten drei weitere Signalbaufirmen zum Zuge gekommen.

Insgesamt 30 LSA wurden im Zeitraum zwischen 2011 und 2015 aufgerüstet oder neu geliefert:

Firma / Jahr

2011

2012

2013

2014

2015

Gesamt

A

0

9

2

3

6

20

B

0

1

1

0

4

6

C

0

1

2

0

0

3

D

0

0

0

0

1

1

Gesamt

0

11

5

3

11

30

 

Um den Forderungen des Zuwendungsgebers zur herstelleroffenen Ausschreibung entsprechen zu können und zur Einsparung von Betriebskosten in Höhe von ca. 50.000 €/Jahr wurde das Verkehrsrechnersystem in 2011/2012 teilweise verändert. Neben der Beschaffung des Kommunikationsservers wurde die erforderliche OCIT-Schnittstelle (OCIT – Open Communication Interface for Road Traffic Control Systems – offene Schnittstelle für Verkehrssteuerungssysteme) nachgerüstet. Diese Schnittstelle wurde von einem Gremium unter Beteiligung verschiedener Signalanlagenhersteller entwickelt.

An diesem Anfang 2011 so aufgerüsteten Verkehrsrechner des Typs Siemens SCALA sind 80 % der seit 2011 neu beschafften Lichtsignalanlagen (insgesamt 24 LSA) mit einer modernen OCIT-Schnittstelle angeschlossen, d. h. damit aber nur etwa 20 % des Gesamtbestandes an LSA. 78 weitere Lichtsignalanlagen sind zwar ebenfalls an den neuen Verkehrsrechner angeschlossen, besitzen aber nur die ältere proprietäre BEFA-Schnittstelle der Fa. Siemens. Etwa 16 Lichtsignalanlagen, zumeist Fußgänger­schutz­anlagen, sind gar nicht an den Verkehrsrechner angeschlossen.

Sukzessive müssen in den Folgejahren auch noch alle übrigen LSA erneuert werden, vor allem sollten die Signalprogramme bei Bedarf unkompliziert durch die Stadt Fürth selbst optimiert werden können, was während der Lebensdauer einer Anlage von etwa 20 Jahren mehrfach geschehen müsste (erfahrungsgemäß durchschnittlich etwa alle zwei Jahre einschließlich aller, auch kleiner verkehrstechnischer Optimierungen wie Parameteranpassungen).

Da es in Deutschland auch noch weitere Hersteller von Verkehrsrechnersystemen gibt, kann eine im Wettbewerb (durch Ausschreibung) erfolgende Neubeschaffung eines auf rd. 120 Lichtsignalanlagen ausgelegten Verkehrsrechnersystems mit den benötigten Funktionen langfristig gesehen die bessere und wirtschaftlichere Alternative sein, als jede notwendige Erweiterung, bis hin zur einer verkehrsabhängigen Signalprogrammauswahl, immer wieder freihändig an die Fa. Siemens als Lieferanten des derzeitigen Verkehrsrechnersystems vergeben zu müssen. Dies erscheint zunächst auch aus vergaberechtlichen Gründen erforderlich.

Die aus vergaberechtlichen Gründen notwendige und aus finanziellen Gründen gewünschte Öffnung gegenüber allen Anbietern erfordert aber auch konsequente und einheitliche Vorgaben durch die Stadt Fürth, um auch bei verschiedenen Herstellern dem Verkehrsteilnehmer einheitliche, funktionsfähige und für alle beteiligten Dienststellen nachvollziehbare Abläufe anbieten zu können. An diesen einheitlichen Vorgaben fehlte es bislang in Fürth. Stattdessen existiert bislang noch eine Vielzahl unterschiedlicher Planungs- und Versorgungsumgebungen, bei denen die Stadt Fürth derzeit nur schwer zur autarken verkehrstechnischen Pflege und Optimierung in der Lage ist. Es  wird daher für erforderlich erachtet, ein sog. „Pflichtenheft für die verkehrstechnische Detailplanung von Lichtsignalanlagen in der Stadt Fürth“ zu erarbeiten.

Verbindliche stadtinterne Zuständigkeiten sind wie der eigentliche Planungs- und Abstimmungsprozess ebenfalls notwendiger Bestandteil dieses Pflichtenheftes (siehe Anlage). Der Ablauf ist hier in Stichpunkten dargestellt und für den Fall der Neuplanung wie für die Anpassung bestehender Anlagen möglichst einheitlich gehalten. Zur Aufstellung des Pflichtenheftes werden darüber hinaus weitere Bestandteile und Angaben von TfA, SVA, infra/vb, ABK, Polizei, Behindertenrat und Signalbaufirmen zugearbeitet.

Um eine Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit der (weiteren) Aufrüstung oder der eventuellen Erneuerung des derzeitigen – nur teilmodernisierten – Verkehrsrechnersystems fundiert treffen zu können, ist die Erstellung eines mit allen Dienststellen abgestimmten „Pflichtenheftes zum Verkehrsrechner“ einschließlich einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung erforderlich. Hierzu soll zeitnah ein externes Ingenieurbüro mit entsprechenden Marktkenntnissen und Erfahrungen mit einer Studie beauftragt werden.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

X

ja

Gesamtkosten

ca. 12.000,- € (geschätzte Kosten für Studie)

X

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

X

ja

Hst. 6100.6555.0000

Budget-Nr.      

im

X

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Pflichtenheft VT Kurzfassung Abschnitt 1 Stichpunkte_0916.pdf