Von den Ausführungen der Verwaltung wird Kenntnis genommen.
Der Empfehlung zu einer Geschwindigkeitsbeschränkung in den Nachtstunden zwischen Schillengraben und Vacher Straße wird beigetreten..
Die
Straßenverkehrsbehörde wurde mit der Prüfung beauftragt, ob aus Gründen des
Lärmschutzes in der Vacher Straße zwischen Obermichelbacher Straße und
Altengraben aus Gründen des Lärmschutzes die zulässige Höchstgeschwindigkeit
auf 30 km/h begrenzt werden kann. Als Rechtsgrundlage kommt nur § 45 Abs. 1
Satz 2 Nr. 3 StVO in Frage. Bei der Einschätzung, ob die
Tatbestandsvoraussetzung „Schutz vor Lärm“ erfüllt ist, ist nicht nur auf die
Höhe des Lärmpegels, sondern auf alle Umstände des Einzelfalls abzustellen. Die
Lärmschutz-Richtlinien-Straßenverkehr 2007 bieten hierfür eine
Orientierungshilfe. Straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen kommen
insbesondere dann in Betracht, wenn der vom Straßenverkehr herrührende
Beurteilungspegel am Immissionsort einen der folgenden Richtwerte überschreitet
(Berechnungsverfahren RLS-90):
70 dB(A) zwischen
6:00 und 22:00 Uhr (tags)
60 dB(A) zwischen
22.00 und 6:00 Uhr (nachts)
Die Lärmbelastung
durch den Straßenverkehr wird u. a. durch die Anzahl der Kraftfahrzeuge, den
LKW-Anteil und die gefahrene Geschwindigkeit bestimmt. Weitere Einflussgrößen
sind die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche und der Abstand des
Immissionsortes zur Mitte des Fahrstreifens.
In der
durchzuführenden Ermessensabwägung ist unter anderem die Verkehrsbedeutung/Klassifizierung
der Straße, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und das Vorliegen
eines Lärmaktionsplans zu gewichten. Die o. g. Werte beschreiben die Grenze, ab
deren überschreiten sich das Ermessen der Straßenverkehrsbehörde zur Pflicht
zum Einschreiten verdichten kann; es ist jedoch auf alle Umstände des
Einzelfalls abzustellen, weshalb z. B. bei eine nur geringe Überschreitung der
Werte nicht automatisch zur Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung führt.
Die Reduzierung der
Geschwindigkeit in der Vacher Straße ist als Maßnahmenansatz zur Lärmminderung
im vom Stadtrat beschlossenen Lärmaktionsplan nach der
EU-Umgebungslärmrichtlinie enthalten (Lärmschwerpunkt, Berechnung nach VBUS).
Bei der Vacher
Straße handelt es sich um eine Kreisstraße, welche auch vom Linienverkehr (171
und 175) befahren wird. Der im Lärmaktionsplan genannte Abschnitt ist ca. 825 m lang. Die
Verkehrsbelastung der Spitzenstunde beträgt außerhalb der Ferienzeit am Tag 725
Fahrzeuge, in der Nacht 130.
Der Großteil der
Verkehrsteilnehmer hält sich an die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h
(V85 ≙ 50 km/h; Vd ≙ 43 km/h, 24-Stunden). Bezogen auf Nacht- und Tagstunden ergeben
sich die in folgender Tabelle dargestellten Geschwindigkeitswerte:
22 – 6 Uhr |
V85 (km/h) |
Vd (km/h) |
Tabelle 1: Geschwindigkeitsmessung Vacher
Straße stadteinwärts in Höhe HNr. 433/427, Ferienzeit, außerhalb der
Ferienzeit wird erfahrungsgemäß aufgrund des höheren Verkehrsaufkommens nicht
das gleiche Geschwindigkeitsniveau erreicht. |
29.03.-30.03. |
53 |
46 |
|
30.03.-31.03. |
52 |
44 |
|
31.03.-01.04. |
53 |
47 |
|
6 – 22 Uhr |
V85 (km/h) |
Vd (km/h) |
|
29.03. |
49 |
43 |
|
30.03. |
50 |
43 |
|
31.03. |
50 |
43 |
|
01.04. |
51 |
45 |
Der Gebäudeabstand
variiert zwischen ca. 6 m und 22 m. Mit einem Gebäudeabstand von lediglich 6-10
m zur Fahrbahnmitte ist der Streckenabschnitt zwischen Obermichelbacher Straße
und Schillengraben besonders gering (ca. 200m). Zwischen Schillengraben und HNr.
411 (Schönblick südl. Einmündung) beträgt der Gebäudeabstand zwischen ca. 10
und 15 m, zwischen HNr. 399 und 385 etwa 10 m (lediglich bei einem Anwesen etwa
9 m). Beim südlichsten Abschnitt zwischen HNr. 375 und Am Altengraben beträgt
der Gebäudeabstand über 20 m.
Die östliche
Straßenseite ist zwischen Am Altengraben und Schönblick unbebaut.
Die nach dem
Verfahren RLS-90 errechneten Lärmwerte sind in der folgenden Tabelle
dargestellt:
Mittelungspegel für einen langen,
geraden Fahrstreifen nach RLS-90 (Tabelle 2) |
||||||||||
|
||||||||||
Vacher Straße |
|
|||||||||
|
|
Tag* |
Nacht** |
Tag* |
Nacht** |
Tag* |
Nacht** |
Tag* |
Nacht** |
|
Maßgebliche stündliche
Verkehrsmenge (Spitzenstunde) |
725 |
125 |
725 |
125 |
725 |
125 |
725 |
125 |
|
|
Lkw-Anteil (zul. Gesamtgewicht >
2,8t) |
4% |
4% |
4% |
4% |
4% |
4% |
4% |
4% |
|
|
Straßenoberfläche |
|
eben |
eben |
eben |
eben |
eben |
eben |
eben |
eben |
|
Steigung |
|
0% |
0% |
0% |
0% |
0% |
0% |
0% |
0% |
|
Abstand zur Mitte des Fahrstreifens
(m) |
5 |
5 |
7,5 |
7,5 |
10 |
10 |
15 |
15 |
|
|
Höhe des Immissionsortes über
Fahrstreifen |
2,5m |
2,5m |
2,5m |
2,5m |
2,5m |
2,5m |
2,5m |
2,5m |
|
|
Grenzwert gem. Nr. 2.1 (dB (A)) |
70 |
60 |
70 |
60 |
70 |
60 |
70 |
60 |
|
|
Mittelungspegel 50 km/h (dB (A)) |
70,5 |
62,8 |
69,1 |
61,5 |
67,4 |
59,7 |
64,6 |
57 |
|
|
|
|
0,5 |
2,8 |
-0,9 |
1,5 |
-2,6 |
-0,3 |
-5,4 |
-3 |
|
Mittelungspegel 30 km/h (dB (A)) |
68 |
60,4 |
66,7 |
59 |
64,9 |
57,3 |
62,2 |
54,5 |
|
|
|
|
-2 |
0,4 |
-3,3 |
-1 |
-5,1 |
-2,7 |
-7,8 |
-5,5 |
|
Reduzierung (dB (A)) |
|
2,5 |
2,4 |
2,4 |
2,5 |
2,5 |
2,4 |
2,4 |
2,5 |
|
aufgerundet gem. Nr. 2.3 (dB (A)) |
3 |
3 |
3 |
3 |
3 |
3 |
3 |
3 |
|
|
|
||||||||||
Anzahl
Fahrzeuge |
|
|||||||||
Verkehrsmenge 24h (werktags) |
7770 |
|
||||||||
Spitzenstunde Tag* |
725 |
|
||||||||
Spitzenstunde Nacht** |
125 |
|
||||||||
|
||||||||||
|
||||||||||
* 6-22 Uhr |
|
|||||||||
** 22-6 Uhr |
|
Aus der Tabelle
kann entnommen werden, dass es in der Nacht zu einer Überschreitung der
Lärmgrenzwerte in den Bereichen kommt, in denen der Abstand zur Fahrbahnmitte
lediglich bis zu 10 m beträgt. Eine Absenkung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h wird auch eine Reduzierung der Lärmwerte um
mind. 2,4 dB (A) zur Folge haben und erreicht damit aufgerundet auf 3 dB (A)
die geforderte Mindestpegelminderung.
Beim Fahren mit
kontinuierlicher Geschwindigkeit 30 km/h dauert bei der Gesamtstrecke von 800m
die Fahrzeit 38,4 Sekunden länger als mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
50 km/h. Bei den Teilstrecken sind es 28,8 bzw. 12 Sekunden (600m, 250m).
Vor Erlass einer
verkehrsrechtlichen Anordnung sind als Träger öffentlicher Belange die
zuständige Polizeidienststelle, der Straßenbaulastträger sowie die
Verkehrsbetriebe anzuhören. Diese Stellungnahmen wurden bereits eingeholt. Von
Gewicht für die Abwägung ist die Stellungnahme der Verkehrsbetriebe.
Im Stadtverkehr Fürth gibt es auf allen Linien bereits –teilweise
gravierende- Verspätungen, was durch eine 30 km/h Zone in der Vacher Straße
noch weiter verschärft würde. Zum Thema Verspätungen liegt bereits auch ein
Schreiben vom 31.08.2017 des Betriebsrates der VAG vor (Kollektive
Überlastungsanzeige für das Fahrpersonal der SBG), das direkt an Hr.
Oberbürgermeister Dr. Jung gerichtet wurde. Die angestrebten
Busbeschleunigungsmaßnahmen würden durch solch eine Maßnahme auch konterkariert
werden. Die aus einer 30er Zone resultierende Fahrzeitverlängerung würde
mögliche (noch längst nicht umgesetzte) Beschleunigungserfolge mehr als
aufwiegen, das Problem knapper Umläufe verschärfen und die Attraktivität des
Nahverkehrs insgesamt schwächen – mit der Folge, dass dann wieder mehr Leute
Auto fahren und damit mehr Lärm produzieren. Insofern wird der Vorschlag auch
im Sinne des Lärmschutzes für kontraproduktiv gesehen.
Das Tiefbauamt als
Straßenbaulastträger verweist darauf, dass das Tempolimit bei einem anstehenden
Straßenausbau unter Umständen nicht dem Zweck der Förderrichtlinien entspricht.
Das Tempolimit wäre im Anschluss wieder aufzuheben. Diese Maßnahme widerspricht
aber nicht der Einführung eines Tempolimits. Denn auch gem. den Angaben aus dem
Lärmaktionsplan wird die Ausweitung des Streckenverbots 30 lediglich bis zu dem
Zeitpunkt als notwendig erachtet, bis mit dem Einbau eines lärmarmen Asphaltes
eine deutliche Pegelreduzierung um etwa 3 dB(A) auch bei 50 km/h erreicht
werden kann.
Die
Polizeiinspektion sieht aus Sicherheitsgründen keine Notwendigkeit zur
Geschwindigkeitsbeschränkung. Es wird davon ausgegangen, dass aufgrund der
baulichen Gegebenheiten ein solches Streckenverbot vom Kraftfahrer nicht
akzeptiert wird. Weiterhin wird nochmals darauf verwiesen, dass die südlichsten
Gebäude weiter als 15 m von der Fahrbahnmitte entfernt sind und auf der
Ostseite keine Bebauung vorhanden ist.
Dem gegenüber steht
das Grundrecht der betroffenen Anlieger auf körperliche Unversehrtheit. Der
Staat unternimmt das Mögliche, um das verfassungsgemäß garantierte Rechtsgut zu
schützen. Durch die Aufstellung eines Lärmaktionsplanes mit der Beschreibung
der Vacher Straße als Lärmschwerpunkt hat die Stadt Fürth das Vorliegen von
Überschreitungen der Lärmwerte bestätigt und mögliche Maßnahmen zur
Lärmminderung aufgezeigt. Die Prüfung des Tempolimits wurde als kurzfristig
geeignetes Mittel beschrieben, die Lärmbelastung um etwa 3 dB(A) und somit
spürbar zu reduzieren.
Aufgrund der
unterschiedlichen Parameter erfolgt Beurteilung Abschnitts- und Uhrzeitbezogen.
Überschreitungen
der Lärmwerte nach Lärmschutz-Richtlinien-StV werden lediglich im Abschnitt mit
Bebauung näher als 10 m zur Fahrbahnmitte und in der Nacht erreicht. Dies
entspricht der Vacher Straße zwischen Obermichelbacher Straße und der
Einmündung Schillengraben (250m).
Zwar sind
verbindliche Grenzwerte gesetzlich nicht
festgelegt, die als billigerweise zumutbar gelten. Unter Berücksichtigung aller
Belange, insbesondere des Linienverkehrs, erscheint nach Abwägung lediglich
eine Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung im Streckenabschnitt zwischen
Obermichelbacher Straße und Schillengraben in der Zeit von 22 bis 6 Uhr
gerechtfertigt.
Die
Straßenverkehrsbehörde ordnet die entsprechende Beschilderung noch in den
nächsten Tagen an.