Betreff
Vorlage zum Antrag Stadtratsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 28.02.2018 - Mulitresistente Keime u.a.
Vorlage
OA/289/2018
Art
Beschlussvorlage - SL

Der Umweltausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, nach Vorliegen weiterer Erkenntnisse dem Umweltausschuss erneut zu berichten.


Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat beantragt, Untersuchungen der Fürther Gewässer auf Belastungen mit multiresistenten Keimen, Antibiotika- und sonstigen Medikamentenrückständen anzustellen und auf Basis der Ergebnisse Handlungsoptionen zu prüfen sowie Maßnahmen einzuleiten, mit dem Ziel, die Belastungen zu reduzieren.

 

 In Fürth gibt es eine Vielzahl von Gewässern: oberer und unterer Grundwasserleiter, vier Gewässer I. Ordnung (Pegnitz, Rednitz, Regnitz, Main-Donau-Kanal), drei Gewässer II. Ordnung (Farrnbach, Zenn, Gründlach) und diverse Gewässer III. Ordnung (Bäche, Gräben und stehende Gewässer).

 

Multiresistente Keime, Antibiotika- und sonstige Medikamentenrückstände stellen ein sehr umfangreiches Spektrum an unterschiedlichsten Stoffen und Parametern dar. So wird z.B. von den in Deutschland in der Humanmedizin verwendeten ca. 2.300 Arzneimittelwirkstoffen etwa die Hälfte als potenziell umweltrelevant (d.h. toxisch und nicht leicht abbaubar) eingestuft. Hinzukommen deren Metabolite und Transformationsprodukte. Für viele dieser Stoffe gibt es keine eigenen Grenzwerte, allenfalls abgeleitete Beurteilungskriterien.

 

Nicht angesprochen, aber dennoch z.T. umwelt- und gesundheitsrelevant sind dabei weitere Schadstoffe wie Mikroplastik oder Haushalts- und Industriechemikalien (Wasch- und Reinigungsmittel, Kosmetika, Hormone, Lebensmittelzusatzstoffe, Desinfektionsmittel, Konservierungsmittel).

 

Für keines der Gewässer in Fürth gibt es nach Kenntnis der Verwaltung und gemäß Rückfragen beim Wasserwirtschaftsamt Nürnberg (WWA), dem Landesamt für Umwelt (LfU), dem Landratsamt Fürth/Gesundheitsamt (GsA), dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und der Stadtentwässerung Fürth (StEF) entsprechende Untersuchungen.

 

Vorhanden sind lediglich Untersuchungen zu ausgewählten Arzneimittelkonzentrationen, nicht jedoch zu multiresistenten Keimen und Antibiotikarückstände (siehe Beilage). Diese Untersuchungen ergeben zunächst keine Anhaltspunkte auf eine besonders hohe Fracht.

 

Die Kosten für eine einmalige Untersuchung der drei großen Flüsse Pegnitz, Rednitz und Regnitz (jeweils am Beginn und Ende im Fürther Stadtgebiet) auf multiresistenten Keime, Antibiotika- und sonstigen Medikamentenrückständen, allerdings mit einer eingegrenzten, repräsentativen Stoffpalette, können derzeit noch nicht beziffert werden (ein exemplarisch angefordertes Angebot liegt leider noch nicht vor).

 

Abgesehen vom Erkenntnisgewinn dürften derartige Untersuchungen kaum greifbaren Nutzen zeigen, da die Reaktions- und Handlungsmöglichkeiten auf die Untersuchungsergebnisse auf der Ebene der Stadtverwaltung äußerst begrenzt sind.

 

Die Haupteintragswege derartiger Belastungen (durch u.a. menschliche Ausscheidungen, Human- und Tierarzneimittel und Biozide) sind:

-       Abwasserpfad (v.a. durch die kommunalen Kläranlagen, aber auch Regenüberläufe und ggf. undichte Kanäle)

-       Industrieanlagen

-       landwirtschaftliche Nutzflächen (durch Ausbringung von Gülle, Jauche und Gärresten)

-       Wasservögel

 

Gegen Zustrom-Belastungen, die das Gros der in den Fürther Gewässern vorkommenden entsprechenden Belastungen verursachen dürften, sind der Verwaltung grundsätzlich die Hände gebunden.

Die industriellen Direkt- und Indirekteinleitungen sowie die kommunalen Abwassereinleitungen im Fürther Stadtgebiet wurden/werden durch die Verwaltung unter Beteiligung der zuständigen Fachstellen (insb. WWA, ggf. GsA) entsprechend den geltenden gesetzlichen Bestimmungen wasserrechtlich behandelt und deren Einhaltung regelmäßig durch die technische Gewässeraufsicht des WWA überprüft. Für ein evtl. „Mehr“ an Auflagen oder Vorgaben aufgrund möglicher Ergebnisse aus diesen eigenen Gewässeruntersuchungen gäbe es jedoch, auch in den derzeit noch nicht abgeschlossenen wasserrechtlichen Verfahren, keine rechtliche Grundlage.

Mit der konventionellen Verfahrenstechnik der kommunalen Kläranlagen können verschiedene, grundsätzlich problematische Spurenstoffe nur unzureichend entfernt werden. Dieses Problem ist auch in Bayern erkannt worden, weshalb derzeit in Weißenburg ein Pilotprojekt zur Erprobung einer 4. Reinigungsstufe in Kläranlagen stattfindet. Auf Grundlage der dortigen Ergebnisse sind nach Abschluss und Auswertung der Pilotphase Vorgaben des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz zur Erforderlichkeit sowie zu fachlichen und technischen Anforderungen an eine solche neue Reinigungsstufe zu erwarten. Erst wenn diese Vorgaben bekannt sind, sind Überlegungen und Maßnahmen zur Ertüchtigung der Fürther Abwasserbehandlung sinnvoll. Derzeit entsprechen die Einleitungen aus den Fürther Kläranlagen dem fachlich und rechtlich geforderten Zustand.

 

Eine denkbare Handlungsoption, um zumindest die vermeidbaren Einträge zu minimieren, wäre aus Sicht der Verwaltung die Durchführung einer Informations- und Aufklärungskampagne (z.B. in der Stadtzeitung), dass Medikamentenreste nicht über die Toilette zu entsorgen sind. Weiterer Untersuchungen bedarf es hierzu allerdings wohl nicht.

 

Zudem ist die „Arbeitsgemeinschaft Gewässerschutz obere Regnitz der Städte Erlangen, Fürth Nürnberg und Schwabach (Arge Gewässerschutz)“, in welcher für die Stadt Fürth die StEF bzw. Ref. V teilnimmt, hinsichtlich der Gewässerbelastung durch Mikroschadstoffe (u.a. Arzneimittel) sehr aktiv. So prüft die Arge Gewässerschutz auf Grundlage von Untersuchungen an den Kläranlagenabläufen und in Gewässern interkommunal und unter Beteiligung des WWA mögliche Handlungsoptionen.

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass eine Gesundheitsgefährdung der Fürther Bürgerinnen und Bürger nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht zu besorgen ist. Durch das u.a. in Pegnitz, Regnitz, Rednitz, Farrnbach und Zenn geltende Badeverbot wird verhindert, dass Personen mit dem Wasser dieser Gewässer in Verbindung kommen und dies ggf. sogar aufnehmen. Im Fokus stehen dabei jedoch vielmehr mögliche Keimbelastungen des Wassers (E-Coli und Enterokokken). Auch in Bezug auf den Grundwasserkörper kann eine Gefährdung ausgeschlossen werden: Das in Fürth geförderte Trinkwasser wird durch die infra fürth gmbh laufend auf die Einhaltung der Anforderungen der Trinkwasserverordnung überwacht.

 

Die Verwaltung regt an, vor einer Entscheidung über die Durchführung einer möglichen Untersuchungskampagne zunächst die Erkenntnisse der Arge Gewässerschutz abzuwarten. Zudem sollte die Thematik übergreifend betrachtet und dazu auch in der Umweltkonferenz der Städteachse abgestimmt werden. Anschließend soll dem Umweltausschuss erneut berichtet werden. Als „Sofortmaßnahme“ wird empfohlen, ggf. aufsetzend auf bereits bestehende Initiativen, eine Informations- und Aufklärungskampagne zu starten.


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

nein

 

ja

Gesamtkosten

???

x

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

x

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag: ---

 


Untersuchungen infra, Arge Gewässerschutz