1.
Der
Jahresbericht 2017 der Fachstelle TANDEM wird zur Kenntnis genommen.
2.
Der
Stadtrat befürwortet die Fortführung der Fachstelle TANDEM im Amt für Kinder,
Jugendliche und Familien.
Über die notwendigen Stellen wird in der Sitzung des Sonder-Personalausschusses
am 16.11.2018 entschieden; über Sachmittel im Rahmen der Haushaltberatungen.
Aktuelle Arbeitsmarkt-Programme sind zur Finanzierung der Fachstelle stets dann
zu berücksichtigen, wenn diese zielführend sind, die Zielgruppe von TANDEM
umfassen und eine Refinanzierung der notwendigen Personalkosten möglich ist.
Das Projekt TANDEM wurde bei den Haushaltsberatungen 2017 dem Amt für Kinder, Jugendliche und Familien zugeordnet, in eine Fachstelle umgewandelt und auf zwei Jahre befristet bis zum 31.12.2018 verlängert. Aufgrund der nachhaltigen Wirkungen soll die Fachstelle TANDEM dauerhaft als Teil der Fachdienste der Sozialen Dienste etabliert werden (siehe auch Beschlussvorlage zum Ausschuss für Jugendhilfe und Jugendangelegenheiten vom 04.07.2018 – Anlage 1.)
Die Fachstelle TANDEM richtet sich an Fürther Familien im Leistungsbezug nach dem SGB II mit einem oder mehreren Kindern (unter besonderer Berücksichtigung Alleinerziehender). Sie ist als präventives Jugendhilfeangebot konzipiert und zeichnet sich durch ihren ganzheitlichen und niederschwelligen Beratungsansatz aus, der alle Familienmitglieder umfasst. Ziele sind die berufliche Eingliederung und die gesellschaftliche Integration der betroffenen Familien unter besonderer Berücksichtigung der Kinder und Jugendlichen. Informationen zu Inhalten, Zielen, Zielgruppen und Erfolgen der Fachstelle TANDEM sind in ausführlicher Form im Jahresbericht 2017 nachzulesen (Anlage 2).
Arbeitsmarktorientierte Erfolge
im Jahr 2017
Im Jahr 2017 erzielte die Fachstelle TANDEM – wie in den Jahren zuvor – gute Erfolge bei der beruflichen Integration: Von 69 erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wurden insgesamt 27 in Beschäftigung oder Qualifizierung vermittelt – dies entspricht einer Eingliederungsquote von 39,1 %. 15 Teilnehmende nahmen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf, die weiteren Personen wurden in eine Qualifizierungsmaßnahme (neun Personen), in eine geförderte Stelle (zwei Personen) oder in eine Berufsausbildung (eine Person) vermittelt.
35 Personen haben das
Beratungsangebot der Fachstelle TANDEM
im Jahr 2017 beendet. Zum 31.12.2017
waren 14 Absolventen nicht mehr im Leistungsbezug nach SGB II (40 %), zehn
bekamen nur noch ergänzende Leistungen (28,6 %). Unter den elf Personen, die
weiterhin die volle Leistung erhielten, befanden sich sechs in einer Arbeitsgelegenheit
oder einer Qualifikationsmaßnahme. Damit
ermöglichte die Fachstelle TANDEM 68,6 % der Bedarfsgemeinschaften wieder ein
geregeltes Leben mit eigenem Arbeitseinkommen.
Jugendhilfeorientierte Erfolge im
Jahr 2017
Die Mitarbeiterinnen der Fachstelle TANDEM unterstützen die
einzelnen Familienmitglieder dabei, sich psychosozial zu stabilisieren, ihre
elterlichen Erziehungskompetenzen zu stärken, den Kindern und Jugendlichen ein
gelingendes Aufwachsen zu ermöglichen und sie in ihrer persönlichen und
schulischen Entwicklung zu fördern. Sie befähigen die Eltern damit zur
Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgaben und lassen die Inanspruchnahme von Hilfen
zur Erziehung (HzE) unnötig werden. (Hinweis: Der Fachleistungsstundensatz für
ambulante Hilfen liegt derzeit bei 59,20 €.) Laut einer Studie der
Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik werden Hilfen zur Erziehung pro
Fall durchschnittlich zehn Monate in Anspruch genommen. Die durchschnittliche
wöchentliche Betreuungszeit umfasst fünf Stunden pro Kind (vgl. Arbeitsstelle
Kinder- und Jugendhilfestatistik: Monitor Hilfen zur Erziehung 2016). Legt man
diese Werte zugrunde, ergeben sich für die Stadt durchschnittliche Fallkosten
in Höhe von 59,20 € * 5 Stunden * 43,3 Wochen = 12.816,80 €. Jede HzE, die nicht (mehr) in Anspruch
genommen wird, entlastet die Stadt durchschnittlich um 12.817 €. Im Jahr
2017 wurden Familien mit insgesamt 123 Kindern durch die Fachstelle TANDEM betreut.
Beispielgebendes Referenzprojekt
In der Evaluation des DJI werden
die Erfolge von TANDEM eindrucksvoll beschrieben. Bereits 2014 wies Frau
Meier-Gräwe in ihrer Kosten-Nutzen-Analyse darauf hin, TANDEM sei ein
„ausbaufähiges Erfolgsmodell“, das auch anderen Standorten zu empfehlen ist
(siehe Anlage 3). Seither wird das Fürther Modell von TANDEM auf einschlägigen Fachveranstaltungen als
„Best-Practice-Beispiel“ vorgestellt und die Mitarbeitenden als Experten
herangezogen. Deutschlandweit greifen Kommunen das Konzept auf. So stieg z.B.
das Land Brandenburg 2015 flächendeckend in die Umsetzung von TANDEM ein. In
einer Fachveranstaltung der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg am 30.11.2018
werden erste Ergebnisse und neu mitwirkende Kommunen und Landkreise
präsentiert. TANDEM-Leiter Horst Ohlsen wird dort ein Impuls-Referat zum Thema Kommunale Vernetzung zur Stärkung der
Familien halten und einer Podiumsdiskussion mit Vertreter/-innen u.a. des
BMAS und diverser Wirtschafts- und Sozialministerien verschiedener Länder
beiwohnen (siehe auch Anlage 1).
Berücksichtigung von aktuellen
Förderprogrammen
Der Ausschuss für Jugendhilfe und
Jugendangelegenheiten hat die Verwaltung in seiner Sitzung am 04.07.2018
beauftragt, aktuelle Förderprogramme zur Refinanzierung der Personalkosten zu
prüfen. Geprüft wurden das Programm „CURA – Coaching von Bedarfsgemeinschaften
zur Bekämpfung urbaner Arbeitslosigkeit“ sowie zwei neue Förderinstrumente des
SGB II „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (§ 16i SGB II) und „Eingliederung von
Arbeitslosen“ (Neufassung des § 16e SGB II). (Details siehe Anlage 4).
Prüfergebnisse:
1.
Eine
Antragstellung im Förderprogramm CURA wird nicht erfolgen.
Begründung: Die Antragstellung kann nur gemeinsam durch Jobcenter und
Kommune erfolgen. Das Jobcenter sieht unter Abwägung von finanziellen und
fachlichen Aspekten von einer Antragstellung ab. Zum einen sind die
administrativen Anforderungen eines ESF Bayern-geförderten Projektes so hoch,
dass die finanzielle Entlastung durch die zusätzlich benötigten
Personalressourcen fast vollständig aufgehoben wird. Zum anderen kann das Konzept
des Projektes „CURA“ im Vergleich zu dem von TANDEM qualitativ nicht
überzeugen, da der ganzheitliche, Rechtskreis übergreifende Ansatz aufgegeben
werden müsste (siehe Anlage 4.1).
2.
Eine
Antragstellung im Rahmen der neuen Förderinstrumente „Teilhabe am Arbeitsmarkt“
und „Eingliederung von Arbeitslosen“ kann nicht erfolgen.
Begründung: In beiden Fällen handelt es sich um Lohnkostenzuschüsse
an Langzeitarbeitslose, über deren Bewilligung das Jobcenter entscheidet.
Kommunen sind nicht antragsberechtigt, eine
Finanzierung des eigenen Personals ist nicht möglich. Dies bestätigt auch
eine Anfrage des Oberbürgermeisters beim Bundesministerium für Arbeit und
Soziales (siehe Anlage 4.2).
Gleichwohl kann und wird die Fachstelle TANDEM diese Förderinstrumente zur Integration der an TANDEM teilnehmenden Personen (in Kooperation mit dem Jobcenter) nutzen.
Bilanz der Fachstelle TANDEM 2017
Berufliche Integration:
27 von 69 erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wurden beruflich integriert:
- Eingliederungsquote: 39,1 %
Wegfall des Leistungsbezugs nach dem SGB II:
24 von 35 Personen (68,8 %), die das Beratungsangebot der Fachstelle TANDEM im Jahr 2017 beendet haben, bezogen zum 31.12.2017 wieder eigenes Arbeitseinkommen:
-
Personen ohne Leistungsbezug nach SGB II: 14 (40 %)
-
Personen mit ergänzenden Leistungen nach SGB II: 10 (28,6 %)
Kosten der Fachstelle
Personalkosten (Tabelle
Personalkosten 2018)
Stelle 40051 Sozialwissenschaftlerin (20 Std./Wo): EGr 10 38.100 €
Stelle 40055 Sozialpädagogin (30 Std./Wo): EGr S12 52.600 €
Stelle 40057 Psychologin (25 Std./Wo): EGr 13 58.800 €
ZWISCHENSUMME: 149.500 €
zzgl. 3% Lohnkostensteigerung
2019 4.500 €
SUMME Personalkosten 154.000
€
Sozialintegrative Förderung der
Kinder und Erwachsenen: 30.000 €
Sachkosten 14.000 €
Fortbildungs- und Reisekosten 2.000 €
Mietkosten inkl. NK 18.800 €
innere Verrechnung ITK 7.200 €
GESAMTKOSTEN: 226.000
€
Die Stelle der zweiten
Sozialpädagogin mit 39 Std./Wo. wird seit Januar 2017 durch das Jobcenter
finanziert. Auf der 24.
Trägerversammlung vom 23.04.2018 wurde diese Stelle entfristet und dauerhaft
für TANDEM zur Verfügung gestellt.
Teil-Refinanzierung
Bei vorsichtiger Einschätzung der Situation werden durch die Betreuung der Fachstelle TANDEM pro Jahr bei acht Kindern Hilfen zur Erziehung vermieden. Hieraus ergibt sich ein jährlicher Refinanzierungsbeitrag für die Stadt Fürth in Höhe von:
12.817 € * 8 = 102.536
€
Rechnet man die verbleibenden Kosten auf die übrigen Kinder um, die über die Fachstelle TANDEM betreut werden, ergeben sich pro Kind und Monat Kosten in Höhe von:
(226.000 € - 102.536) / 115 =
1.073,60 € pro Kind und Jahr
1.073,60 € / 12 = 89,47 € pro Kind und Monat
In Abwägung, dass die betreuten
Kinder mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer stabilen Familiensituation mit
eigenem (Teil-)Einkommen aufwachsen werden und so der „Teufelskreis Hartz IV“
durchbrochen wird, erscheinen die monatlichen Kosten pro Kind in Höhe von 90 € als gute
Investition in die Zukunft. Es eröffnen sich nicht nur neue individuelle
Perspektiven für jedes einzelne Kind, auch unsere Gesellschaft wird in
vielfacher Hinsicht profitieren.
Fazit Referat IV
Insgesamt zeigt sich die hohe Wirksamkeit der Fachstelle TANDEM bei geringem Kostenaufwand für die Stadt Fürth. Bezieht man darüber hinaus die beruflichen Integrationserfolge in die Betrachtung ein, werden auch die volkswirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen positiven Auswirkungen deutlich.
Stellungnahme OrgA
Für die Weiterführung der Projektarbeit in Form der „Tandem-Konzeption“ sind keine staatlichen Fördertöpfe mehr erkennbar, der städtische Haushalt hat demzufolge die Gesamtkosten von ca. 124.000 EUR (226.000€ - 102.000 €; Stand 2018) dauerhaft zu tragen.
Eine
Teil-Refinanzierung, wie durch das beantragende Amt hervorgebracht, ist nach
Einschätzung OrgA nicht direkt messbar, da durch den Wegfall des
Leistungsbezuges (durch „In-Arbeit-bringen“ von Langzeitarbeitslosen) zwar
Kosten der Unterkunft (KdU) im Leistungsbezug entfallen, aber einhergehend
Schlüsselzuweisungen für die jeweiligen Personen wegfallen würden und das
Vermeiden einer Hilfe zur Erziehung (HzE) auf einer Annahme beruht, die nicht
evaluiert ist.
Dem
städtischen Haushalt werden damit die Kosten dafür, dass sie Familien aus der
KdU bringt, alleine aufgebürdet und seit 2017 sogar noch finanziell bestraft,
da es keinerlei Förderung mehr gibt und zusätzlich weniger
Schlüsselzuweisungen.
Im Gegenzug entlastet
sich der Bund vollständig, da dieser zum einen keine KdU-Erstattung und zum
anderen kein ALG-II-Leistungen zahlen muss.
Die
Verwaltungsspitze (Referentenrunde vom 02.10.2018) einigte sich auf die
Weiterführung des Projekts „TANDEM“ – dies führt zu folgender Beschlussempfehlung:
Die kw-Vermerke der Stellen 40051, 40055 und 40057 werden
bis 31.12.2020 verlängert.
Finanzierung:
Finanzielle
Auswirkungen |
jährliche
Folgelasten |
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|
|
nein |
x |
ja |
Gesamtkosten |
siehe
Sachverhalt |
|
nein |
x |
ja |
226.000
€ |
|||||||
Veranschlagung
im Haushalt |
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|
|
nein |
x |
ja |
Hst.
|
Budget-Nr. |
im |
x |
Vwhh |
|
Vmhh |
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wenn
nein, Deckungsvorschlag: Dauerhafte
Einsparung HzE-Kosten: 102.536 € Einmalige
Spende: 40.000 € |
||||||||||||||||||
Anlage 1:
Beschlussvorlage zum Ausschuss für Jugendhilfe und Jugendangelegenheiten
vom 04.07.2018
Anlage 2: Jahresbericht 2017 der Fachstelle TANDEM
Anlage 3: Auszüge aus der Evaluation und der Kosten-Nutzen-Analyse des DJI
Anlage 4: Informationen zu geprüften Förderprogrammen
Anlage 4.1: Stellungnahme des Jobcenters zum Programm CURA
Anlage 4.2: Schreiben des BMAS wegen Förderung von TANDEM
sowie
Stellungnahme von OrgA zu TANDEM für den Sonder-Personalausschuss am 16.11.2018