Betreff
Festsetzungen in Bebauungsplänen zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit
Vorlage
SpA/0877/2020
Art
Beschlussvorlage - AB

1. Bei der zukünftigen Aufstellung von Bebauungsplänen wird durch das Stadtplanungsamt die Anwendung der aufgeführten Festsetzungsmöglichkeiten in den jeweiligen Verfahren geprüft und, soweit möglich, in den Bebauungsplan übernommen.

2. Bei laufenden Verfahren erfolgen ebenso eine Prüfung und entsprechende Festsetzungen, sofern sich hierdurch nicht wesentliche Umplanungen ergeben, die zu erheblichen Verzögerungen im Bebauungsplanverfahren und somit bei der Baulandschaffung führen.

 

3. Bei der Änderung von Bebauungsplänen ist des Weiteren zu prüfen, ob Festsetzungen zur ökologischen Nachhaltigkeit, zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung aus Gründen der Werterhaltung unter Berücksichtigung des Art.14 Grundgesetz möglich sind bzw. welche Entschädigungszahlungen ausgelöst werden.

4. Sofern zu einem Bebauungsplan oder einem Vorhaben- und Erschließungsplan ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen wird, sind die genannten Vereinbarungsmöglichkeiten jeweils zu prüfen und, soweit möglich, im Vertrag zu vereinbaren.


Mit einstimmigem Beschluss des Bau- und Werkausschuss vom 5. Februar 2020 wurde die Verwaltung beauftragt, einen praktikablen Vorschlag zur Regelung von verbindlichen Festsetzungen von ökologischen Aspekten in Bebauungsplänen zur Beschlussfassung vorzulegen:

 

„Der Bau- und Werkausschuss beschließt, dass die Stadt Fürth künftig bei neuen Bebauungsplänen die verbindliche Nutzung von Sonnenenergie in Form von Photovoltaik, Solarthermie und/oder Dachbegrünung festlegt.

Dies soll auch gelten bei

  • der Überarbeitung von Bebauungsplänen
  • städtebaulichen Verträgen und Erbpachtverträgen
  • eigenen(kommunalen) Bauprojekten und Bauprojekten von Tochtergesellschaften oder Beteiligungen

Zu den Einzelheiten der Regelung (u.a. Mindestanteil der Solarnutzung an der gesamten Dachfläche, Beratung der Bauherren, rechtssichere Umsetzung) erarbeitet die Verwaltung einen praktikablen Vorschlag und legt ihn dem Stadtrat zur Beschlussfassung vor.“

 

Diesem Beschluss kommt die Verwaltung mit dieser Vorlage nach.

Zunächst ist jedoch zu konstatieren, dass die Umsetzung von Nachhaltigkeit in Bebauungsplänen grundsätzlich ein weites Feld ist, das nicht allein über den hier vorgestellten Baukasten an Festsetzungsmöglichkeiten vollumfänglich umgesetzt werden kann. Der Beitrag zur Erhöhung der (ökologischen) Nachhaltigkeit, zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung ist auch von weiteren Faktoren abhängig, die durch ein Bauleitplanverfahren nicht beeinflusst werden können.

 

So ist zunächst die Standortwahl von Stadtentwicklungsprojekten für die Nachhaltigkeit besonders prägend; eine Passivhaussiedlung in nichtintegrierter Lage, mit unterdurchschnittlicher ÖPNV-Anbindung und ohne fußläufige Nahversorgung, fernab von den Arbeitsplätzen der Bewohner kann per se nicht nachhaltig sein – zu bedeutsam ist der durch die hohen Pendelbewegungen und vor allem weiten Wege negativ beeinflusste ökologische Fußabdruck der Bewohner.

 

Auch ist eine zwar Heizenergie sparende Bauweise mit handelsüblichen Wärmedämmverbundsystemen in zentraler und integrierter Lage nicht nachhaltig, obwohl diese u.U. Wärmedämmstandards einhält: allein die Herstellung des Dämmmaterials aus Erdöl beeinträchtigt die Nachhaltigkeit, aber auch die am Ende des Lebenszyklus des Gebäudes auftretende Entsorgung dieser Baustoffe ist ein Problem, auch wenn Ansätze zum Recycling existieren.

 

Vor diesem Hintergrund bestehen dennoch sinnvolle Ansätze zur nachhaltigen Ausgestaltung von Bebauungsplänen, auf die im Folgenden eingegangen wird. Ihre volle Wirkung werden diese jedoch nur entfalten können, wenn sie in Kombination mit einer ganzheitlichen städtebaulichen Konzeption eines Bebauungsplanes einhergehen.

 

Zu möglichen Festsetzungen in Bebauungsplänen ist grundsätzlich festzustellen, dass diese abschließend im § 9 Baugesetzbuch (BauGB) geregelt sind; darüberhinausgehende Festsetzungen sind unzulässig. Dies gilt auch für Festsetzungen bezüglich der Nachhaltigkeit, des Klimaschutzes und der Klimaanpassung in der Bauleitplanung.

Seitens des Baureferates kann nun eine Liste mit möglichen Festsetzungen vorgelegt werden, die den Vorgaben des § 9 BauGB entsprechen und auf deren Grundlage die ökologische Nachhaltigkeit von Bebauungsplänen rechtssicher gesteuert werden kann. Eine Sonderstellung nehmen die Festsetzungsmöglichkeiten ein, die nicht der Bundesgesetzgeber direkt, sondern über eine Länderöffnungsklausel in §9 Abs. 4 BauGB das Landesrecht bestimmt. So werden über Art. 81 Bayerische Bauordnung (BayBO) sog. „örtliche Bauvorschriften“ ermöglicht, die unter anderem ortsgestaltende Funktion haben, aber auch Stellplatzfragen und E-Mobilität umfassen können. Von der Rechtsstellung unterscheiden sich die beiden Möglichkeiten nicht.


Eine thematisch gegliederte Checkliste für mögliche Festsetzungen zur Abwägung innerhalb des jeweiligen Bebauungsplanes ist dieser Beschlussvorlage als Anlage beigefügt. Eine Berücksichtigung aller Punkte der anhängenden Liste in einem einzigen Bebauungsplan wird jedoch nicht möglich sein, da jeweils auf die örtliche Situation zu reagieren ist. So ist zum Beispiel die Festsetzung begrünter Flachdächer in einem dörflichen Bereich, der durch steile Satteldächer geprägt ist, aus städtebaulicher Sicht schwer zu begründen ist. Auch stehen sich manche Festsetzungsmöglichkeiten diametral entgegen - so zum Beispiel eine hohe Baudichte zur Reduzierung des Flächenverbrauchs und eine niedrige Verdichtung zur Vermeidung von Hitzeinseln.

 

Die Anwendung einzelner Festsetzungen kann jeweils nur im Einzelfall geprüft werden. Bei der Abwägung und Begründung sind jeweils der Gebietsbezug, die Erforderlichkeit und Zielkonflikte untereinander und mit anderen Planungsanforderungen zu berücksichtigen. Mit allen genannten Festsetzungen können unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden, die jedoch in jedem Fall positive Auswirkungen bezüglich der ökologischen Nachhaltigkeit, des Klimaschutzes oder der Klimaanpassung entfalten.

Zu den in der Anlage genannten Festsetzungsmöglichkeiten ist festzustellen, dass eine Vielzahl der möglichen Festsetzungen bereits in Bebauungsplänen der jüngeren Zeit getroffen wurden. Bei der zukünftigen Aufstellung von Bebauungsplänen wird durch das Stadtplanungsamt die Anwendung der aufgeführten Festsetzungsmöglichkeiten in den jeweiligen Verfahren geprüft und, soweit möglich, in den Bebauungsplan übernommen. Die Prüfung erfolgt anhand der Checkliste und wird entsprechend dokumentiert. Die Dokumentation wird in der Gremienberatung transparent gemacht.

Bei laufenden Verfahren erfolgen ebenso eine Prüfung und entsprechende Festsetzungen, sofern sich hierdurch nicht wesentliche Umplanungen ergeben, die zu erheblichen Verzögerungen im Bebauungsplanverfahren und somit bei der Baulandschaffung führen.

 

Bei der Änderung von Bebauungsplänen ist des Weiteren zu prüfen, ob Festsetzungen zur ökologischen Nachhaltigkeit, zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung aus Gründen der Werterhaltung unter Berücksichtigung des Art.14 Grundgesetz möglich sind bzw. welche Entschädigungszahlungen ausgelöst werden.

Sofern zu einem Bebauungsplan oder einem Vorhaben- und Erschließungsplan ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen wird, sind die genannten Vereinbarungsmöglichkeiten jeweils zu prüfen und, soweit möglich, im Vertrag zu vereinbaren. Auch in Kaufverträgen können nachhaltige Gesichtspunkte vereinbart werden, wenn die Stadt Flächen veräußert. Mögliche vertragliche Vereinbarungen können der Anlage entnommen werden, hier geht es insbesondere um diejenigen Aspekte, die in Bebauungsplänen nicht festgesetzt werden können. Hierzu zählen energetische Baustandards und die tatsächliche Verpflichtung zur Nutzung von erneuerbaren Energien.

 

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

X

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Anlage:
Checkliste für mögliche Festsetzungen zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit in Bebauungsplänen und zur vertraglichen Vereinbarung in städtebaulichen Verträgen und Kaufverträgen.