Betreff
ÖPNV - Tariffortschreibung ab 2021 und Entwicklungen im VGN
Vorlage
Rf. II/0247/2021
Art
Beschlussvorlage - AL

Der Stadtrat befürwortet die Aussetzung der Tariferhöhung für das gesamte Jahr 2021, die Tariferhöhung zum 01.01.2022 um 5,5%, außer in den Tarifstufen A/K, sowie den Abschluss einer vertraglich festgeschriebenen indexbasierten Tariffortbildung ab dem 01.01.2023 für mindestens 4 Jahre und ermächtigt die Vertreter der Stadt Fürth im Grundvertrag und der infra fürth verkehr gmbh in der Gesellschafterversammlung der VGN GmbH diesem Vorschlag zuzustimmen. Der noch neu festzulegende Index ab 2023 wird dem Stadtrat zur Zustimmung vorgelegt.

 

Es wird daran festgehalten, dass bei einer 2/3-Förderung durch Bund und Land das verbundweite (indexbasiert fortzuschreibende) 365 €-Ticket eingeführt wird.

 

Der Stadtrat begrüßt es, dass die VGN-Partner gemeinsam an neuen, attraktiven Tarifen für alle Bürger arbeiten. Die Verwaltung wird den Stadtrat über die weiteren Entwicklungen im VGN insb. auch im Zusammenhang mit den Tarifinnovationen informieren.


Die VGN GmbH hatte gemäß dem Richtungsbeschluss der VGN-Gesellschafterversammlung vom 02.04.2020 und auf der Grundlage des VGN-Warenkorbindex zum 01.01.2021 eine Tariferhöhung um 2,61% vorgeschlagen. Nachdem die Mehrwertsteuersenkung zum zweiten Halbjahr 2020 hohen Aufwand (insb. Umstellung der Ticketautomaten) verursacht hätte, wurde die Mehrwertsteuersenkung zeitgezögert weitergegeben, indem zum 01.01.2021 keine Erhöhung stattfand. Für die Kunden stellte dies einen finanziellen Nutzen dar, da die Mehrwertsteuersenkung 1,78% Erleichterung gebracht hätte und nach der VGN-Lösung eine Erhöhung von 2,61% vermieden wurde. Die Verkehrsunternehmen schenkten damit ihren Kunden die Differenz von 0,83%-Punkten. Für die Zeit ab dem 01.07.2021 war vorgesehen, dass die Tariffortschreibung mit 2,61% vorgenommen wird. Der preisbedingte Kostensteigerungssatz 2022 beträgt gemäß VGN-Warenkorbindex 2,82%. Zum 01.01.2022 müsste daher eine Tariferhöhung um 2,82% erfolgen, um den Verkehrsunternehmen die Preissteigerungen auszugleichen.

 

Nach den Nürnberger Stadtratsbeschlüssen, die u.a. das Aussetzen von Tariferhöhungen bis inkl. 2022 vorsehen und somit dem Richtungsbeschluss der VGN-Gesellschafterversammlung sowie den bislang in Anwendung befindlichen Atzelsberger Beschlüssen widersprechen, wurde ein Lenkungskreis aus Vertretern der Aufgabenträger (2 Städte, 2 Landkreise), Verkehrsunternehmen, der Regierung als Genehmigungsbehörde und der VGN GmbH gegründet. Die Städte wurden von OB König (Nürnberg) und OB Starke (Bamberg) vertreten. Ziel des Lenkungskreises war es, eine gemeinsame Linie zu erarbeiten, wie man zukünftig im VGN mit dem Tarif umgehen wird.

Im Lenkungskreis bestand Einigkeit, auch aufgrund der Einlassungen der Landkreise und Verkehrsunternehmen, dass Planungssicherheit und Einheitlichkeit für das Funktionieren des VGN unabdingbar ist. Sprich: Einheitliche Tariferhöhung im gesamten VGN-Gebiet nach klaren Regeln, also einem indexbasierten Verfahren. Der VGN-Warenkorbindex wird insb. von den Landkreisen und Verkehrsunternehmen, aber auch von etlichen Städten als zielführend angesehen. Er wird aber kritisch geprüft und überarbeitet werden.

 

Für das weitere Vorgehen einigte sich der Lenkungskreis auf folgende Punkte, die in der Folge von der Gesellschafterversammlung als Grundsatzbeschluss gefasst wurden:

 

Tariferhöhung zum 01.01.2022 um 5,5%

Räumlich differenzierte und damit ggf. auch niedrigere Tariferhöhungen sind möglich, vorausgesetzt es erfolgt ein Ausgleich der Grundvertragspartner

Ab 01.01.2023 erfolgt für mindestens vier Jahre eine vertraglich festgeschriebene und nicht aufkündbare Regelung zu einer indexbasierten Tariffortbildung

 

Dies wurde im Grundvertragsausschuss am 10.12.2020 einstimmig von allen Aufgabenträgern befürwortet und beschlossen, dies den jeweiligen Stadträten bzw. Entscheidungsträgern so zur Beschlussfassung vorzulegen.

 

Dies bedeutet, dass in 2021 wie schon 2020 keine Tariferhöhung erfolgt. Die sich aus der fehlenden Tariffortschreibung 2021 ergebenden Mindereinnahmen tragen die Verkehrsunternehmen. Um zumindest verspätet noch auf das für die Verkehrsunternehmen nötige Tarifniveau zu gelangen, wird die Tariferhöhung, die normal in 2021 bereits angefallen wäre, zusätzlich zur Tariferhöhung 2022 zum 01.01.2022 umgesetzt. Die Erhöhung 2021 und die Erhöhung 2022 zusammen führen zu dem Satz von 5,5%. Nürnberg wird von der Möglichkeit der räumlich differenzierten Tariferhöhung Gebrauch machen und A/K gemäß ihrem Stadtratsbeschluss nicht erhöhen. Die Stadt Nürnberg wird hierfür wie im VGN-Grundvertrag vorgesehen Ausgleichszahlungen über die VGN GmbH an die Verkehrsunternehmen leisten.

 

Der ausgeführte Grundsatzbeschluss soll in der kommenden VGN-Gesellschafterversammlung als Richtungsbeschluss gefasst werden. Hierfür bedarf es eines Stadtratsbeschlusses.

 

Sollte die Stadt Fürth keine Tariffortschreibung in Tarifstufe B befürworten, werden die Partner im VGN dies für 2022 nur respektieren, wenn die Stadt Fürth die Mindereinnahmen der Verkehrsunternehmen auf der Basis des Grundvertrags ausgleicht und sich verpflichtet ab 2023 bis 2026 wieder indexbasiert die Tarife zu erhöhen. Ein direkter Ausgleich zwischen Stadt und infra ist daher unmöglich. Die Kosten für die Tarifstabilität in der Tarifstufe B würden schätzungsweise im Bereich von 255 Tsd. € im Jahr 2022 betragen und müssten der infra, der DB und dem Landkreis Fürth ausgeglichen werden. Aufgrund des Aussetzens ergibt sich in den Folgejahren jeweils ein niedrigerer Ausgangswert, der, wird die Fortbildung nicht nachgeholt, in den folgenden Jahren jeweils inkl. Zinseszins zum Tragen kommt. So käme, selbst wenn die Stadt Fürth ab 2023 bei der einheitlichen Verbunderhöhung mitzieht, bis 2026 ein Ausgleichsbetrag von über 1,3 Mio. € zustande, alleine für die Tarifstufe B. Jegliche Tarifstabilität wirkt sich zudem stark auf den Anteil der Nutzerfinanzierung an der Finanzierung des Verkehrsangebots aus. 2018 lag der Anteil der Nutzerfinanzierung im VGN bei 43,5%. Durch die Tarifstabilität 2020 und die nun geplante Tarifstabilität 2021 sinkt dieser Prozentsatz, da die Fahrpreise konstant bleiben während die Kosten steigen. Selbst bei jährlicher Atzelsberg-Erhöhung steigen die von den Aufgabenträgern auszugleichenden Verkehrsdefizite in ihrer absoluten Höhe immer weiter an.

 

Um den Verkehrsunternehmen, und damit natürlich auch der infra, für die kommenden Jahre Planungssicherheit zu geben, zumindest den relativen Anteil der Nutzerfinanzierung konstant zu halten, den Zusammenhalt des Verkehrsverbundes nicht noch stärker unter Druck zu setzen und den gerade auch durch die Folgen der Corona-Pandemie bereits zusätzlich stark belasteten Fürther Haushalt durch Mindereinnahmenausgleiche nicht noch stärker zu belasten, empfiehlt die Verwaltung, den von den Partnern im VGN – Aufgabenträgern wie auch Verkehrsunternehmen – ausgearbeiteten Weg mitzugehen. Dies beinhaltet die Erhöhung der Fahrpreise zum 01.01.2022 um 5,5% sowie die Festlegung auf eine verbindliche Tariffortbildung nach einem noch auszuarbeitenden indexbasierten Verfahren bis mind. 2026.

 

Ein ganz wichtiger Punkt dabei ist auch, dass die Stadt schon sehr viel Geld für die Verbesserung des ÖPNV (mehr Linien, Taktverkürzung, Busbeschleunigung u.v.m.) zur Verfügung stellt. Dies sind entscheidendere Punkte für das große Ziel, nämlich den Umstieg vom Auto auf den ÖPNV. Der städtische Haushalt überweist überdies für das 365 €-Schülerticket, die Preisstabilität (inkl. Innovationspaket) im kommenden Jahr schon zusätzlich über eine Million Euro zusätzlich an den VGN. Überdies bezahlt der Konzern Stadt Fürth schon jetzt ein sehr hohes ÖPNV-Defizit, d.h. jede Fahrkarte wird durchschnittlich zu 56,5 % von der Allgemeinheit bezahlt. 

 

Mittelfristig strebt der VGN neue, attraktive Tarife für alle Bürger an. Für die Vielnutzer des ÖPNV soll ein verbundweit geltendes neues Tarifsystem für Abo-Kunden im Kontext eines 365-Euro-Tickets entwickelt werden. Die Beauftragung eines Gutachters steht hierfür bevor. Der E-Tarif als attraktive Alternative für Selten- und Gelegenheitsnutzer wird als verbundweiter Pilot 2022 an den Start gehen. Die Vorstellung des Piloten wie er von Gutachtern und dem E-Tarif-Arbeitskreis erarbeitet wurde, findet im März statt. Die Ausschreibung folgt im Frühjahr des Jahres, so dass 20.000 Nutzer ab 2022 die Möglichkeiten eines streckenabhängigen Tarifs testen können. Außerdem treiben die Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger die Steigerung der Qualität des ÖPNV-Angebots weiter voran. Weitere Informationen zu Entwicklungen und Problemstellungen im ÖPNV können der Anlage 1 entnommen werden.

 

Fazit: Die Partner im VGN arbeiten an innovativen und attraktiven Tarifen für die Bürger im gesamten VGN-Gebiet. Allerdings haben Tarifmaßnahmen nur einen untergeordneten Einfluss auf das Nutzerverhalten. Wichtiger ist die Qualität des ÖPNV-Angebots, an der infra und Stadt Fürth auch weiterhin arbeiten. Die Finanzierung des ÖPNV sieht eine Beteiligung der Nutzer an den Kosten, der von ihnen in Anspruch genommenen ÖPNV-Leistungen, vor. Dies ist auch notwendig, da die städtischen Finanzen eine höhere Subventionierung nur durch Verzicht ihres Engagements in anderen für die Bürgerinnen und Bürger vorteilhaften Bereichen finanzieren kann. Um bedürftige Fürtherinnen und Fürther bei der Nutzung des ÖPNV direkt zu unterstützen, bezuschusst die Stadt Fürth deren Ticketkäufe. So kommt die Unterstützung direkt bei denjenigen an, die sie benötigen.

Solange die Finanzierung des ÖPNV in Deutschland nicht grundlegend überarbeitet wird, Land und Bund sich nicht dauerhaft und spürbar an den Betriebskosten beteiligen oder eine alternative Finanzierung wie z.B. eine Nahverkehrsabgabe eingeführt wird, sind die Tariffortschreibungen im VGN nötig, damit die Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger ihre Aufgaben im ÖPNV weiterhin leisten können.


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

x

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

x

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Ausführungen zu Entwicklungen und Problemstellungen im ÖPNV