Betreff
Beitragserhebung weiterhin nach tatsächlicher Geschossfläche
Vorlage
StEF/0195/2022
Art
Beschlussvorlage - STEF

Der Bau- und Werkausschuss beschließt, dass auf die unmittelbare Erhebung von fiktiven Geschossflächenbeiträgen für unbebaute Grundstücke, für die ein Beitragstatbestand gem. § 5 Abs. 3 Beitrags-, Gebühren und Kostensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Fürth (BGKS-EWS) vorliegt, bei sogenannten „Altfällen“ bis zur Bebauung des Grundstückes weiterhin verzichtet wird.

 


Seit Einführung des Kommunalabgabengesetzes 1974 und dem Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Fürth rückwirkend zum 02.01.1977 (Amtsblatt Nr. 12 vom 30.03.1979) wurden die unbebauten Grundstücke nur mit der Grundstücksfläche gemäß der jeweils gültigen BGS-EWS berechnet.

Zwischen 1979 und 1981 hat das zuständige Amt die Grundstücksflächen für alle unbebauten bebaubaren Grundstücke verbeschieden. Wurde ein unbebautes Grundstück später bebaut, wurden die Geschossflächenbeiträge gemäß gültiger Satzung nacherhoben.

 

Zum 01.01.2018 wurde die Beitrags-, Gebühren und Kostensatzung zur Entwässerungssatzung (BGKS-EWS) der Stadt Fürth neu erlassen und die Vorgehensweise für Grundstücke, für die eine gewerbliche Nutzung ohne Bebauung zulässig ist, sowie für unbebaute Grundstücke analog zur Mustersatzung neu geregelt. Ab diesem Zeitpunkt wurde in § 5 ein fiktiver Geschossflächenbeitrag für unbebaute bebaubare und gewerblich genutzte Grundstücke mit aufgenommen.

 

Text § 5 Abs. 1 BGS-EWS bis 31.12.2017

Der Beitrag wird nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude berechnet. Bei unbebauten Grundstücken sowie bei Grundstücken, für die eine gewerbliche Nutzung ohne Bebauung zulässig ist, wird der Beitrag nach der Grundstücksfläche berechnet.

 

Text § 5 Abs. 5 BGS-EWS bis 31.12.2017

Wird ein unbebautes Grundstück, für das ein Beitrag nach Abs. 1 Satz 2 festgesetzt worden ist, später bebaut, so wird der Beitrag für die Geschossfläche nach Abs. 3 berechnet und mit gesondertem Beitragsbescheid nachgefordert.

 

 

Text § 5 Abs. 1 BGKS-EWS ab 01.01.2018

Der Beitrag wird nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Bebauung berechnet.

 

Text § 5 Abs. 3 BGKS-EWS ab 01.01.2018

Bei Grundstücken, für die eine gewerbliche Nutzung ohne Bebauung zulässig ist, sowie bei sonstigen unbebauten Grundstücken wird als Geschossfläche ein Viertel der Grundstücksfläche in Ansatz gebracht. Grundstücke, bei denen die zulässige oder für die Beitragsbemessung maßgebliche vorhandene Bebauung im Verhältnis zur gewerblichen Nutzung nur untergeordnete Bedeutung hat, gelten als gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke im Sinne des Satzes 1.

 

Dies hat zur Folge, dass für Eigentümer unbebauter, bebaubarer Grundstücke nunmehr zu dem womöglich bereits gezahlten Beitrag anhand der Grundstücksfläche eine neue Beitragspflicht anhand der fiktiven Geschossfläche i. H. v. einem Viertel der Fläche ihres Grundstücks entstanden ist und diese Beiträge bis zum 31.12.2022 festgesetzt werden müssen.

 

Die bayerische Verwaltungsrechtsprechung ist sich auch über die anliegenden Urteile (VG Regensburg, VG München, BayVGH) hinaus diesbezüglich einig, dass die Veranlagung anhand der Grundstücksfläche lediglich einen Teiltatbestand darstellt. Denn sobald eine Bebauung stattfinde, ist ein weiterer Beitrag für die Geschossfläche zu zahlen.

 

Insgesamt problematisch betrachtet werden sollte das schützenswerte Vertrauen der Betroffenen.

Die Rechtsprechung des BayVGH und des VG Regensburg ist zwar juristisch in sich schlüssig und verständlich. Für den Laien ist dies aber vermutlich erschwert nachvollziehbar.

Gerade hinsichtlich des schützenswerten Vertrauens, also dem Punkt, der für die Betroffenen am schwersten wiegt und daher hohe Hürden zu überwinden hat, ist die Argumentation der Rechtsprechung am wenigsten fundiert.

 

Es ist aber zu überlegen, ob eine zulässige unechte Rückwirkung mit den grundrechtlichen und rechtstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes vereinbar ist. Das Vertrauen des Betroffenen darf nur dann enttäuscht werden, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse dem Individualinteresse entgegensteht.

 

Obgleich die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen eine Einzelfallbetrachtung erfordert, ist grundsätzlich anzunehmen, dass die Bürger in den bis zu 40 Jahren seit Erlass der Beitragsbescheide für Grundstücksflächen ein Vertrauen darauf aufgebaut haben, dass eine Berechnung der Geschossflächen erst mit der Bebauung erfolgt.

Sollten jetzt neuerdings Beiträge für die fiktiven Geschossflächen dieser Grundstücke festgesetzt werden, würde dieser Umstand den Unmut beitragspflichtiger Bürger provozieren und sich womöglich in einer Vielzahl von Widersprüchen und Klagen niederschlagen.

 

Auf der anderen Seite kann das öffentliche Interesse in fiskalischer Hinsicht als Bewertungsgesichtspunkt zu berücksichtigen sein. Hier ist zu bedenken, dass der Kostenfaktor der Umsetzung (Überprüfung aller in der Vergangenheit erteilten Beitragsbescheide, kostenpflichtige Ermittlung der Eigentümer, Ermittlung der Berechnungsgrundlagen, Verbescheidung, Bearbeitung der zahlreichen Anrufe, Anfragen, Widersprüche, Klagen) höher ist, als wahrscheinlich Einnahmen durch die Kanalbeiträge generiert werden können.

 

Ebenso ist die Überprüfung der in der Vergangenheit erteilten Beitragsbescheide bis zum 31.12.2022, daher vor Eintritt der Verjährung, und somit in weniger als zwei Monaten vorzunehmen und in Anbetracht dieses Umstandes als weiteres Hemmnis zu bewerten.

 

Durch den im Beschluss vorgesehenen Verzicht auf die jetzige Erhebung des fiktiven Geschossflächen-beitrages für die „sog. Altfälle“ bis zur Bebauung, findet aber kein dauerhafter Verzicht statt.

Die Geschossflächenbeiträge werden vollumfänglich erhoben, sobald die Grundstücke bebaut werden.

Die Stadt Fürth hat in § 9 BGKS-EWS n.F. Übergangsregelungen getroffen für die Nacherhebung von Beiträgen.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

x

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

x

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


keine