Betreff
Beteiligung der Stadt Fürth am Betrieb einer Einrichtung zur Inobhutnahme unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA) - als Projekt interkommunaler Zusammenarbeit in Mittelfranken
Vorlage
JgA/0613/2022
Art
Beschlussvorlage - SB

1.    Das Amt für Kinder, Jugendliche und Familien wird beauftragt, sich in interkommunaler Zusammenarbeit mit den SENF Städten -und ggfs. weiteren mittelfränkischen Gebietskörperschaften- am gemeinsamen Betrieb einer Jugendhilfeeinrichtung zur Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA) zu beteiligen.

 

2.    Die Verwaltung wird ermächtigt, die entsprechenden Verträge bzw. Vereinbarungen abzuschließen.

 

3.    Die erforderlichen zusätzlichen Haushaltsmittel zur Deckung eines anteiligen Defizits beim Betrieb einer Einrichtung zur Inobhutnahme unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA) werden bereitgestellt.

 


Aktuell sind mehr Menschen auf der Flucht als im und nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Anzahl der von Kriegen, Bürgerkriegen und Naturkatastrophen betroffenen Menschen nimmt alljährlich weltweit dramatisch zu. Die erwartete Einreise unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge aus der Ukraine ist bislang ausgeblieben. Die Zahl junger Menschen aus Ländern wie Afghanistan, Somalia oder Syrien steigt jedoch kontinuierlich an.

 

Schon seit vielen Wochen und Monaten ist die Situation im gesamten Bundesgebiet, so auch in Mittelfranken, rund um die Unterbringung von UMAs eine große Herausforderung.

Es stehen keine Inobhutnahme Plätze für UMAs -aber auch für andere junge Menschen- mehr zur Verfügung.

Die Kindernotwohnung in Nürnberg ist seit Anfang des Jahres regelmäßig nicht mehr aufnahmefähig und (durch UMAs) durchgehend überlastet.

 

Eine jugendhilferechtliche Verantwortung ergibt sich durch die Pflicht zur Inobhutnahme (ION) eines unbegleiteten, minderjährigen Ausländers nach § 42 und 42a SGB VIII (vorläufige ION) auf dem Stadtgebiet Fürth durch das Jugendamt. Im Falle eines Aufgriffs von minderjährigen, unbegleiteten Ausländern (UMA) durch die Polizei ist ebenfalls das örtlich zuständige Jugendamt verantwortlich.

 

Mehrfach haben sich die mittelfränkischen Jugendamtsleitungen mit der Regierung von Mittelfranken sowie Vertretern freier Träger darüber ausgetauscht. Die Situation ist sehr ernst, denn es „drohen“ weitere Zuweisungen Die Heimaufsicht bekräftigte am 15.11.2022 erneut, dass Bayern weiterhin Aufnahmeland bleibt (derzeit -770 UMA unter Quotenerfüllung, davon -113 in Mittelfranken).

 

Eine Lösung wäre die gemeinsame Anmietung einer Immobilie (Appartementhaus) am Neutorgraben 1, Nürnberg mit einer Kapazität von ca. 50 bis max. 60 Plätzen (vorläufige Inobhutnahme, ggf. danach reguläre Wohngruppenplätze bei Fehlen anderweitiger Anschlussplätze). Die Heimaufsicht der Regierung von Mittelfranken legt dabei den Bedarf an Betreuungspersonal fest.

 

Anmietung und Betrieb der Einrichtung könnten über einen Freien Träger erfolgen.

Vorgespräche und Verhandlungen des Jugendamt Nürnberg mit der Geschäftsführung des Schlupfwinkel e.V. diesbezüglich laufen bereits.

 

Aktueller Planungsstand:

Die Städte Erlangen und Schwabach werden in ihren Stadtratssitzungen Mitte Dezember das Kooperationsprojekt zum Beschluss (einschließlich Übernahme eines Defizitausgleiches bei Bedarf) vorschlagen.

Das Jugendamt der Stadt Nürnberg wird voraussichtlich in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 15. Dezember das Projekt vorstellen und zum Beschluss vorschlagen.

 

Der Schlupfwinkel wird in seiner Vorstandssitzung Anfang Dezember beraten, ob die Trägerschaft der Einrichtung einschließlich der Anmietung erfolgt. Dies bedarf im Anschluss dann einer entsprechenden Kostenzusicherung (für die anfallenden Personal- und Mietkosten) durch die belegenden Jugendämter bzw. Kommunen.

 

Kosten:

Ein Kostenrisiko besteht nicht, solange die Einrichtung ausgelastet ist. Ein Defizit kann allerdings zum Ende der Mietzeit entstehen, da der Vermieter (Fa. Kochinvest, Nürnberg) auf eine Vertragslaufzeit von 1 ½ Jahren besteht. Eine Vereinbarung zwischen den Kommunen über die Verteilung der möglichen Defizite soll entsprechend eines an das Verteilverfahren der Flüchtenden angelehnten Modus (entsprechend des Königsteiner Schlüssels) erfolgen.

Die Höhe der Umbaukosten, Mietkosten und Betreuungskosten werden derzeit vom Träger und Vermieter ermittelt und sollen kurzfristig zur Verfügung stehen.

 

Nach bisherigem Stand der Vorverhandlungen beteiligen sich alle SENF Kommunen sowie voraussichtlich zwei Landkreise am Betrieb der geplanten Einrichtung. Die ca. 50 zur Verfügung stehenden Plätze sollen unter den Kommunen analog der mittelfrankenweiten „SOLL-Zuweisungen für UMA“ aufgeteilt werden. Für die Stadt Fürth stehen demnach bis zu 6 Plätze zur Verfügung.

 

 

 

 

 

 

 

Beispielhafte Verteilung:

Gebietskörperschaft

Landes- Quote

Finanzielle Umlage

Plätze

Landkreis ERH

1,0%

13%

7

Landkreis Fürth

0,9%

11%

6

Stadt Erlangen

0,8%

10%

5

Stadt Fürth

1,0%

12%

6

Stadt Nürnberg

3,9%

49%

25

Stadt Schwabach

0,3%

4%

2

Gesamt

8,0%

100%

50

 

Modellrechnung/Beispiel:

 

Annahme 1:

Der -bei Belegung voll vom Land zu erstattende- Tagessatz der Einrichtung liegt bei 300,- €.

 

Annahme 2:

In den letzten drei Betriebsmonaten vor Ablauf des Mietverhältnisses sind durchschnittlich 20 Plätze unbelegt, für die aber -aus betrieblichen Gründen- das dieser Zahl entsprechende Personal weiter vor Ort vorgehalten werden muss – und auch die anderweitigen Sachkosten für die 20 leeren Plätze laufen weiter.

 

Annahme 3:

Dem Verteilerschlüssel entsprechend wäre das Amt für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Fürth rechnerisch für 2 dieser leeren Plätze zuständig.

Dann summiert sich die „Ausfallzahlung“ auf 90 Tage x 300,- € x 2 Plätze = 54.000,- €.

Dies ist zwar „nur ein angenommenes Szenario“ - es beruht aber auf einer realistischen Größenordnung bezüglich des Tagessatzes sowie den in 2015-2017 konkret gemachten Erfahrungen beim „Abebben“ des damaligen Zustroms von Flüchtenden.

 

 

Rechtliche Situation:

In den § 79 und § 80 des SGB VIII verlangt der Gesetzgeber, dass „erforderliche und geeignete Einrichtungen und Dienste der Jugendhilfe rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.“

Um auf die beschriebenen dynamischen Entwicklungen angemessen reagieren zu können und die Erfüllung der gesetzlichen Pflichtaufgabe sicherzustellen, ist der Ausbau von Bereitschaftskapazitäten -auch in Fürth bzw. ganz Mittelfranken-  daher unerlässlich.

Die Unterbringung von UMA wird grundsätzlich in voller Höhe vom Land erstattet. Dies gilt allerdings nicht für Kosten die entstehen, wenn Plätze nicht belegt oder sogenannte Vorhaltekosten entstehen.

 

 

Ausblick:

Der Betrieb der Einrichtung ist vorerst auf 18 Monate befristet und soll nur bei einem anhaltend hohem Jugendhilfebedarf im UMA Bereich befristet fortgesetzt werden.

 

Selbstverständlich wird versucht, auch in der letzten Betriebsphase der Einrichtung so zu steuern, dass die Zahl der leeren Plätze auf ein absolutes Minimum reduziert wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Finanzierung von 6 Wohngruppenplätzen

Bei Vollbelegung:

Die Kosten der Unterbringung können als Tagessatz über den Bezirk Mittelfranken zu 100 % refinanziert werden. Kein zusätzlicher Finanzbedarf notwendig.

Bei Minderbelegung:

Es entsteht ein Defizit, denn nicht belegte Plätze dürfen nicht refinanziert werden. Es besteht insoweit ein Kostenrisiko entsprechend der vorgestellten Modellrechnung (siehe oben) in Höhe von ca. 54.000,- Euro.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

x

ja

Gesamtkosten

Defizit bei Nichtbelegung von ca. 300 € pro Platz/Tag

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

x

nein

 

ja

Hst.      

SB 51500

 

Nr. 51500

im

x

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 

 


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