Betreff
Änderung der Baumschutzverordnung
Vorlage
OA/003/2012
Art
Beschlussvorlage - SB
Untergeordnete Vorlage(n)

1.    Der Umweltausschuss beauftragt die Verwaltung, ein Verfahren zur Änderung der Baumschutzverordnung mit dem Ziel einzuleiten, eine Harmonisierung der Baumschutzverordnungen im Ballungsraum zu erreichen und dabei den relevanten Stammumfang auf 80 cm (bzw. 60 cm bei mehrstämmigen Bäumen) anzuheben sowie Kleingartenanlagen vom Geltungsbereich der Baumschutzverordnung auszunehmen.

 

2.    Der Umweltausschuss beschließt, dass die Verwaltung bei Interessenkonflikten zwischen Baumschutz und Solaranlagen zukünftig einen Entscheidungsspielraum hat; ein genereller Vorrang des Baumschutzes gegenüber geplanten und bestehenden Solaranlagen soll nicht bestehen, aber auch kein Vorrang der Solaranlagen. Beide Belange sind gleichwertig abzuwägen.

 


Die Verwaltung hat zu diesem Thema bereits in der Umweltausschussvorlage zur Sitzung am 24.11.2011 Stellung genommen. Aufgrund der vom Umweltausschuss gewünschten Ergänzungen wurde diese Vorlage überarbeitet.

 

Die Baumschutzverordnung gehört nun seit über 20 Jahren zum bewährten und in der Bevölkerung - überwiegend - anerkannten ökologischen Handwerkszeug der Umweltverwaltung. Gleichwohl birgt der Vollzug der Baumschutzverordnung, an sich eine klare und überschaubare Rechtsverordnung, ein gewisses Konfliktpotential.

 

Das Ordnungsamt ist sich dessen bewusst, dass die Baumschutzverordnung wiederholte Haushaltskonsolidierungsrunden und Vereinfachungsbestrebungen unbeschadet überstanden hat und die Verwaltung durch die Politik zum restriktiven Vollzug der Verordnung aufgefordert wurde. Zudem hat die Stadt Fürth, bezogen auf den Schutzumfang der Baumschutzverordnung, die weitestgehende Regelung im Ballungsraum. In den Städten Nürnberg, Erlangen und Schwabach werden Bäume ab einem Stammumfang von 80 cm durch die jeweiligen Baumschutzverordnungen geschützt, während in Fürth bereits Bäume ab einem Stammumfang von 60 cm erfasst werden. Diese in der Sache wohl nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung im Ballungsraum sollte h.E. aufgegeben und die Regelung entsprechend harmonisiert werden.

 

Zunehmend mehren sich auch Fälle, in welchen ältere Personen Baumfällungsanträge damit begründen, den anfallenden Laubmengen körperlich nicht mehr gewachsen zu sein; diesen älteren Personen muss auf Grund des politisch gewollten restriktiven Vollzugs (sofern keine objektiven Befreiungsgründe gegeben sind) selbst in persönlich extremen Ausnahmefällen die begehrte Erlaubnis versagt werden. In anderen Fällen steht die Baumschutzverordnung dem Wunsch nach einer Umgestaltung des Gartens entgegen. In der Regel nur schwer zu vermitteln ist hierbei, dass zunächst ein objektiver Befreiungsgrund im Sinne der Baumschutzverordnung vorliegen muss und erst anschließend über durchzuführende Ersatzpflanzungen gesprochen werden kann. Einen aus welchen Gründen auch immer nicht mehr gut gelittenen, jedoch vitalen Baum nicht fällen zu dürfen, obgleich man an selber Stelle Ersatz pflanzen möchte, stößt normalerweise auf wenig Verständnis. Um nicht missverstanden zu werden: Das Referat III/Ordnungsamt scheut weder einen aufwändigen Vollzug der Baumschutzverordnung, noch die damit verbundenen Konflikte. Schwierig wird es im Einzelfall dann, wenn die Verwaltung die subjektive Sicht der Antragsteller ohne Einschränkungen nachvollziehen kann, jedoch wegen eines konsequent und restriktiv durchzuführenden Vollzugs ablehnende Entscheidungen zu vertreten sind.

 

Auf Grund zunehmender Bürgerbeschwerden wegen Ablehnungen von Baumfällungen und zur Harmonisierung der Baumschutzverordnungen im Ballungsraum sollen nun erneut verschiedene Möglichkeiten der Änderung der Baumschutzverordnung (BSchV) aufgezeigt werden.

 

 

 

 

1.    Herausnahme der Nadelbäume aus dem Schutzbereich der Baumschutzverordnung

 

Die immer wieder geforderte Herausnahme von Nadelbäumen ist aus ökologischer Sicht nicht von vornherein abwegig. Nadelbäume tragen im Gegensatz zu den meisten Laubbäumen durch die Zersetzungsprozesse der abgeworfenen Nadeln eher zu einer Versauerung des Bodens bei und sind oft weniger resistent gegen Schädlingsbefall (z.B. Sitkalaus) und weniger stadtklimaverträglich als Laubbäume. Durch den Laubfall der Laubbäume werden dem Boden dagegen immer wieder Nährstoffen hinzugefügt (Nährstoffkreislauf). Für die Tiere des Gartens sind Nadelbäume von geringerer Bedeutung als die Laubbäume, jedoch bieten sie Moosen und Flechten einen wichtigen Lebensraum. Die im Vergleich zu Blättern robusteren Nadeln sind vergleichsweise unempfindlich gegen Austrocknung, Frost und Kälte und sorgen damit für einen recht geringen Pflegeaufwand. Hervorzuheben ist auch die besondere Bedeutung der Nadelbäume für das Ortsbild, die - in der Regel - auch im Winter ein grünes Erscheinungsbild bieten.

 

Eine Folge der möglichen Herausnahme von Nadelbäumen aus dem Geltungsbereich der Baumschutzverordnung könnte sein, dass zukünftig vermehrt Nadelbäume gepflanzt werden, weil diese ohne spätere Genehmigung wieder entfernt werden können. Diese Entwicklung wäre ökologisch sicherlich unerwünscht und liefe dem Ziel, den Laubbaumanteil zu erhöhen, zuwider. Ein regelrechter „Kahlschlag“ dürfte nach der Lockerung der Verordnung wohl nicht zu erwarten sein, da die Grundstückseigentümer in die Entwicklung des Baumes normalerweise viel Zeit und Geld investieren und Bäume, das haben die bisherigen Erfahrungen gezeigt, nicht ohne triftigen Grund beseitigen möchten.

 

Im Jahr 2010 waren ca. 50 % der Bäume, für die - außerhalb von Bauvorhaben - eine Befreiung von den Verboten der BSchV beantragt wurde, Nadelbäume. Im Vergleich mit den Vorjahren ist festzustellen, dass der Anteil an beantragten Nadelbäumen in etwa gleich bzw. nur geringfügig höher ist als der Anteil an Laubbäumen. Die Anzahl an erteilten Befreiungen für Nadelbäume ist gegenüber Laubbäumen jedoch immer fast doppelt so hoch. Die Herausnahme der Nadelbäume würde somit auch zu einem merklichen Einschnitt bei den Gebühreneinnahmen führen, jedoch, da meistens mehrere Nadelbäume gemeinsamen beantragt werden, im Gegenzug keine erhebliche Aufwandserleichterung für die Verwaltung bewirken.

 

Die Städte Nürnberg, Erlangen und Schwabach haben bisher Nadelbäume im Geltungsbereich ihrer Baumschutzverordnung belassen. Auf Grund der beschriebenen Wohlfahrtswirkungen von Nadelbäumen wird eine Belassung von Nadelbäumen im Schutzbereich der Baumschutzverordnung befürwortet. Der Umweltausschuss hat in seiner Sitzung am 15.07.2004 bereits die Herausnahme der Nadelbäume abgelehnt.

 

2.    Rückschnitte freistellen

 

Die Baumschutzverordnung verbietet, geschützte Bäume zu fällen oder wesentliche Teile von ihnen zu beseitigen, sie zu beschädigen, sie zu verpflanzen, das charakteristische Aussehen zu verändern oder sie in ihrem Weiterbestand zu beeinträchtigen. Die fachgerechte Pflege und notwendige Maßnahmen zur Abwendung einer unmittelbaren gegenwärtigen Gefahr für die Allgemeinheit oder einzelne Personen sind ausgenommen. Eine Anzeigepflicht besteht hierfür nicht.

 

Grundsätzlich ist es nicht erforderlich, Bäume zurückzuschneiden. Ein Rückschnitt stellt immer einen unnatürlichen Eingriff dar, der die Lebenszeit des Baumes durch Verlust von Nährstoffen und Ausbreitungsfläche verringert. Nach den zusätzlich technischen Vertragsbedingung und Richtlinien für Baumpflege („ZTV-Baumpflege“) sollten Schnittmaßnahmen bei älteren Bäumen nur in begründeten Fällen (z.B. zur Verkehrssicherung) und möglichst nicht im Starkastbereich, d.h. bei Ästen > 10 cm Durchmesser, durchgeführt werden. Bei jedem Baum besteht ein Gleichgewicht zwischen Wurzel, Stamm und Krone. Bei einer Kappung (= Absetzen oder Einkürzen der Krone ohne Rücksicht auf den Habitus oder physiologische Erfordernisse) wird dieses Gleichgewicht zerstört. Fälschlicherweise wird häufig angenommen, durch eine Kappung würde ein Baum verkehrssicher werden und weniger Blätter abwerfen. Nimmt man dem Baum die Krone, so kann er sich nicht mehr mit Nährstoffen versorgen (es entsteht ein sogenannter Versorgungsschatten), dabei werden dem Baum große Wunden zugefügt, in welche Pilze eindringen und das Holz zerstören. Ein gekappter Baum versucht das Gleichgewicht zwischen Wurzeln und Krone wieder herzustellen, er bildet sogenannte Ständer aus (senkrecht nach oben wachsende Triebe). Diese immer größer werdenden Ständer werden immer schwerer und drücken mit ihrem Gewicht auf die gleichzeitig immer tiefer werdende Fäulnis an der Kappungsstelle. Der Baum wird somit zur Gefahr. Mithin entsteht hierdurch ein erhöhter Pflegeaufwand. Auf Grund des verstärkten Wachstums der neuen Triebe bildet sich im Vergleich zu dem Zustand vor dem Rückschnitt zudem eine höhere Blattmasse, da der Baum bestrebt ist, sich weiterhin ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen.

 

Aus ökologischer Sicht erscheint es daher sinnvoll zu sein, Rückschnitte von Bäumen weiterhin zu reglementieren. Es kann so vermieden werden, dass Bäume durch unnötige Rückschnittmaßnahmen ihren natürlichen Habitus verlieren und mittelfristig einen verkehrsgefährdenden Zustand erlangen.

 

Im Vergleich mit den Nachbarstädten ist festzustellen, dass über Pflegeschnitte und Gefahrenabwehr hinausgehende Rückschnitte immer genehmigungspflichtig sind. Während in den Städten Nürnberg, Erlangen und Schwabach sogar die Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren anzeigepflichtig sind, bietet insoweit die Baumschutzverordnung der Stadt Fürth mit der Genehmigungsfreistellung derartiger Maßnahmen im Interesse der Bürgerschaft die großzügigste Regelung.

 

3.    Solar kontra Baumschutz

 

In der Sitzung des Umweltausschusses vom 24.04.2008 wurde beschlossen, dass bei Interessenskonflikten zwischen Baumschutz und bestehenden Solaranlagen dem Baumschutz in der Regel Vorrang gebühren solle. Weiter gilt, dass Solaranlagen nur dort errichtet werden sollen, wo dies aus fachlicher Sicht dauerhaft sinnvoll ist, also z.B. absehbar keine Beeinträchtigungen durch Bäume erfolgen können.

 

Immer häufiger werden Anträge auf Befreiung von den Verboten der BSchV damit begründet, dass durch Bäume eine Verschattung bestehender Solaranlagen eintrete bzw. wegen vorhandener Bäume eine geplante Solaranlage nicht wirtschaftlich betrieben werden könne. Jüngst wurde in der Boxdorfer Straße beabsichtigt, drei gewerblich genutzte Hallen mit Solarmodulen zu bestücken. Südlich zweier Hallen stehen jedoch 7 vitale Nadelbäume sowie ein Laubbaum. Die Errichtung der Solaranlage ist nach Aussagen des Antragstellers bei einem Erhalt der Bäume nicht rentabel. In einem anderen Fall wurde vorgebracht, dass eine bestehende Solaranlage auf einem Wohnhaus Am Stadtwald durch eine vitale Fichte verschattet werde. Die Befreiungen wurde in beiden Fällen auf Grund des Ausschussbeschlusses versagt.

 

Als eine Folge der Nuklearkatastrophe von Fukushima gewinnt die Nutzung regenerativer Energien (Schlagwort „Energiewende“) zunehmend an Bedeutung. Eine radikale Abkehr von bisherigen Positionen hat hier auch die Bayerische Staatsregierung vollzogen. Nach dem in diesem Jahr verabschiedeten Bayerischen Energiekonzept „Energie innovativ“ sind nun beispielsweise auch Windkraftanlagen in Landschaftsschutzgebieten, Naturpark-Schutzzonen und Pflegezonen der Biosphärenreservate grundsätzlich zulässig, ein bislang nahezu undenkbares Szenario. Entsprechende Vollzugshinweise wurden inzwischen veröffentlicht. Zur Förderung regenerativer Energien sollte nun auch die Stadt Fürth von der restriktiven Handhabung beim Thema Solar kontra Baumschutz abgehen und der Verwaltung einen Entscheidungsspielraum einräumen. Es erscheint nicht mehr vermittelbar zu sein, dem Baumschutz in solchen Konfliktlagen per se den Vorzug einzuräumen. Die Verwaltung sollte vielmehr in die Lage versetzt werden, auf den jeweiligen Einzelfall eingehen zu können.

 

Ursprünglich war beabsichtigt, bei der Abwägung zwischen Baum und Solaranlage dem jeweiligen CO2-Minderungspotential entscheidende Bedeutung zukommen zu lassen. Diese Überlegung kann jedoch auf Grund der nur geringen Kohlenstoffbindung von Bäumen nicht alleiniges Entscheidungskriterium sein. Wie viel CO2 ein Baum bindet und wie schnell er das tut, hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören Baumart, das Alter des Baumes, dessen Holzdichte oder Zuwachsrate. Aber auch äußere Faktoren wie das Klima, die Bodenqualität oder die Wasserversorgung spielen eine Rolle. Allgemeingültige Aussagen auf diese Frage sind deswegen schwierig.

 

Eine grobe Vorstellung über die CO2-Bindungskapazität von Bäumen soll mit folgendem Beispiel vermittelt werden. Eine 23 m hohe, normal gewachsene Buche, Stammdurchmesser in 1,3 m Höhe etwa 30 cm, kann ca. 550 kg Trockenmasse in ihren Blättern, Ästen und ihrem Stamm speichern. Die Wurzelbiomasse ist mit geschätzt weiteren 50 kg zu berücksichtigen. Diese Menge Trockenmasse kann eine Tonne CO2 binden. Um diese Tonne CO2 aufnehmen zu können, müsste die Buche etwa 80 Jahre wachsen. Das heißt: Pro Jahr bindet eine Buche 12,5 kg des Treibhausgases.

 

Würde man die Entscheidung alleine auf das Kriterium CO2-Ersparnis reduzieren, so wären Solarthermie und Fotovoltaik ein genereller Vorzug vor den Belangen des Baumschutzes einzuräumen. Eine Fotovoltaikanlage mit polykristallinen Zellen und einer Leistung von beispielsweise 10 kWpeak führt unter Berücksichtigung der bei konventioneller Stromerzeugung entstehenden Durchschnittsemissionen zu einer CO2-Ersparnis von bis zu 6 t/a. Bringt man dabei noch die bei der Produktion der Fotovoltaikmodule entstehenden Emissionen in Abzug (ca. 2,5 t je kWpeak Anlagenleistung) so ist die Fotovoltaikanlage bereits nach kurzer Laufzeit deutlich „im Plus“ (für die Entsorgung konnten insoweit keine Informationen recherchiert werden) . Etwas geringer fällt die CO2-Ersparnis bei solarthermischen Anlagen aus. 1 m2 Kollektorfläche einer thermische Solaranlage erspart etwa 150 kg CO2/a, so dass eine durchschnittliche Anlage mit etwa 7 m2 Kollektorfläche die Emission von ca 1 t CO2/a verhindert (die CO2-Bilanz der Herstellung und Entsorgung der Kollektoren konnte leider nicht recherchiert werden).

 

Damit wird deutlich, dass die CO2-Bindungswirkung von Bäumen nicht das alleinige Entscheidungskriterium sein kann. Weiterhin sind die Wohlfahrtswirkungen von Bäumen in ihrer Gesamtheit zu bewerten. Insbesondere sind hervorzuheben:

·         Verbesserung des Kleinklimas (Feuchtigkeitsspende und Sauerstoffanreicherung)

·         Sonnenschutz

·         Lebensraum für weitere Pflanzen und Tiere

·         Bereicherung des Ortsbildes

 

Im Weiteren wurde auch das Vefahren bei den Nachbarstädten Erlangen, Nürnberg und Schwabach abgefragt. Eine beschlussmäßige Festlegung des Verfahrens im Sinne eines Vorrangs von Baumschutz bzw. Solar gibt es in den genannten Städten nicht, entschieden wird jeweils nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. In der Stadt Schwabach werden der konkrete Zustand des Baumes, dessen ökologische Wertigkeit und der umgebende Baumbestand ebenso berücksichtigt, wie die vermutete weitere Lebenserwartung des Baumes. In der Abwägungsentscheidung spielt dort auch eine Rolle, ob der Baum wegen der Errichtung einer solarthermischen Anlage oder einer Fotovoltaikanlage entfernt werden soll. Da bei der Verschattung von Fotovoltaikanlagen sich der Wirkungsgrad deutlicher verschlechtere, als bei solarthermischen Anlagen, wird bei einer geplanten Fotovoltaikanlage dem Baumschutz eher geringere Bedeutung zugemessen, als bei einer entgegenstehenden solarthermischen Anlage. Generell gilt, dass im Falle einer Befreiung Ersatzpflanzungen gefordert werden. Zudem werden Befreiungen mit der Bedingung verbunden, die Solaranlagen spätestens zwei Jahre nach der Entfernung des Baumes zu errichten; anderenfalls würde die Entfernung als widerrechtlich betrachtet. In der Stadt Erlangen wird im Wesentlichen ebenso verfahren, berücksichtigt wird dort insbesondere auch, ob der zu entfernende Baum das Ortsbild prägt und der verbleibende Bestand eine ausreichende Durchgrünung sicherstellen kann. Auch in der Stadt Nürnberg gibt es keine generellen Verfahrensregelungen. Vitalität und Wertigkeit des zu entfernenden Baumes werden dort ebenso berücksichtigt wie in den Städten Schwabach und Erlangen. In Nürnberg werden jedoch Nadelbäume im Vergleich zu Laubbäumen aus naturschutzfachlicher Sicht tendenziell als nicht so hochwertig angesehen, so dass dort im Falle von Nadelbäumen eine Befreiung leichter zu erreichen ist. Auch in Nürnberg werden Ersatzpflanzungen gefordert.

 

Die Handhabung in den Nachbarstädten zeigt, dass die konkrete Abwägung zwischen Baumschutz und Solar somit nur im jeweiligen Einzelfall erfolgen sollte. Dabei sind

·         der konkrete Zustand des Baumes (Alter, Standortverhältnisse, vermutete weitere Lebenserwartung am Standort, Vitalität und Wuchsform) sowie

·         dessen konkrete Wirkung auf die Solaranlage (Grad der Verschattung)

 

zu berücksichtigen. Die Praxis der Stadt Schwabach, Befreiungen mit einer auflösenden Bedingung zu versehen, erscheint durchaus tauglich, um einen möglichen Missbrauch durch vorgeschobene Antragsgründe zu verhindern.

 

4.    Anhebung des Stammumfanges auf 80 cm

 

In den Städten Nürnberg, Erlangen und Schwabach sind Bäume erst ab einem Stammumfang von 80 cm durch die jeweiligen Baumschutzverordnungen geschützt, in Fürth werden Bäume bereits ab 60 cm Stammumfang durch die Baumschutzverordnung erfasst. Die Auswirkungen einer Angleichung der Rechtslage an die Regelungen der Nachbarstädte soll anhand der Statistik für das Jahr 2010 (ohne Bauvorhaben) dargestellt werden:

 

Stammumfang
in cm

Laubbäume

Nadelbäume

Anzahl

in %

Anzahl

in %

< 60

19

6

14

4

< 80

30

10

47

14

< 100

43

14

102

30

> 100

215

70

179

52

gesamt

307

100

342

100

 

In dieser Zusammenstellung sind auch Bäume enthalten, die wegen ihres geringen Stammumfanges (< 60 cm) nicht dem Geltungsbereich der Baumschutzverordnung unterliegen, jedoch bei Sammelanträgen ebenfalls oft mit beantragt und somit auch in den Bescheiden berücksichtigt werden müssen.

Bei der Anhebung des Stammumfanges auf 80 cm würden demnach etwa 10 - 15 % der Bäume nicht mehr dem Schutz der Baumschutzverordnung unterliegen. Auch hier ist aber davon auszugehen, dass in Sammelanträgen weiterhin Bäume mit einem geringeren Umfang beantragt werden und somit keine nennenswerte Arbeitserleichterung für das Ordnungsamt eintreten wird.

 

Möglicherweise kann eine solche Neuregelungen dazu führen, dass vermehrt - freiwillige - Neuanpflanzungen vorgenommen werden, da dann selbst größere Bäume ohne Genehmigung wieder entfernt werden können (häufig gebrauchtes Argument, dass freiwillige Pflanzungen auf Grund der Baumschutzverordnung unterbleiben). Großsträucher (z.B. Thuja oder Blutpflaume) fallen nicht mehr so schnell unter die Verbote der Verordnung. Eine Beeinträchtigung der ökologischen Gesamtbilanz wäre auf Grund dieser Änderung nach Überzeugung der Verwaltung nicht zu befürchten.

 

Festzustellen ist gleichwohl, dass langsam wachsende Pflanzen, wie z.B. Eichen, erst nach mehreren Jahrzehnten den relevanten Umfang und somit den Schutz durch die Baumschutzverordnung erreichen können.

 

Die Erhöhung des Stammumfanges auf 80 cm wurde im Umweltausschuss im Rahmen des Neuerlass der Baumschutzverordnung 1998 abgelehnt. In seiner Sitzung am 14.05.2009 sprach sich der Umweltausschuss dafür aus, dass das bestehende Schutzniveau beibehalten werden soll.

 

In diesem Zusammenhang ebenfalls angepasst werden sollte die Regelung bezüglich mehrstämmiger Bäume, welche derzeit ab einem Umfang von 50 cm eines Stammes durch die Baumschutzverordnung geschützt sind. Sinnvoll erschiene, den Stammumfang, wie in Schwabach, auf 60 cm zu erhöhen; denkbar wäre auch, den Zusatz für mehrstämmige Bäume, wie in Nürnberg, ganz entfallen zu lassen.

 

Die Verwaltung empfiehlt, den relevanten Stammumfang auf 80 cm zu erhöhen, für mehrstämmige Bäume auf 60 cm für den Umfang eines Stammes.

 

5.    Kleingartenanlagen herausnehmen

 

Kleingartenanlagen liegen bislang – zumindest teilweise – im Geltungsbereich der Baumschutzverordnung. Regelmäßig gehen beim Ordnungsamt Anträge auf Entfernung von Bäumen in Kleingärten ein, da die Bäume der durch Satzung oder das Bundeskleingartengesetz (BKleinG) vorgesehenen kleingärtnerischen Nutzung (Obst- und Gemüseanbau für den Eigenbedarf) entgegenstehen. Entsprechende Anträge wurden auf Grund der bundesgesetzlichen Vorgaben (BKleinG) durch das Ordnungsamt daher stets großzügig behandelt. Kleingärten sind in der Regel gut durchgrünt, so dass der Schutzzweck der Baumschutzverordnung durch die Entfernung einzelner Bäume nicht in Frage gestellt wird. Durch die Herausnahme aller Kleingartenanlagen aus dem sachlichen Geltungsbereich der Baumschutzverordnung würde eine klare Linie geschaffen werden, da einerseits derzeit nicht alle Kleingartenanlagen innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der Baumschutzverordnung liegen und andererseits sich viele Kleingartenanlagen in dessen Grenzbereich befinden. Eine einheitliche Anwendung der Baumschutzverordnung in Form der Herausnahme von Kleingartenanlagen kann hier zur Vermeidung von Irritationen beitragen.

 

Die Stadt Nürnberg hat Kleingärten bereits aus dem Geltungsbereich herausgenommen; die Verwaltung empfiehlt, dies ebenso zu tun.

 

Eine ökologische Beeinträchtigung durch die Herausnahme wird nicht angenommen.

 

6.    Verfahrensänderung

 

In der Stadt Nürnberg wird ein sog. „Anzeigeverfahren“ im Vollzug der Baumschutzverordnung praktiziert. Dabei erhält die Verwaltung neben einem umfassenden Antrag meist auch ein Foto des betreffenden Baumes. Der Eingang der Anzeige wird von der Stadt Nürnberg mit einem Bestätigungsschreiben beantwortet. Einen Monat nach dem dort angegebenen Eingangsdatum darf die Maßnahme (Entfernung / Rückschnitt eines Baumes) ohne gesonderte Genehmigung ausgeführt werden. Ein früherer Beginn ist nur nach vorheriger Mitteilung, dass die Maßnahme nicht untersagt wird, möglich. Eine Inaugenscheinnahme der Bäume vor Ort durch eine Fachkraft für Naturschutz der Stadt Nürnberg erfolgt nicht in jedem Fall, sondern lediglich stichprobenartig.

 

Von dem in Nürnberg praktizierten Anzeigeverfahren mit Genehmigungsfiktion wird abgeraten, da, auch im Sinne der Bevölkerung, eine wesentliche Erleichterung des Vollzugs nicht erkennbar ist. Im Interesse der Antragstellenden wäre auch der Eintritt einer Fiktion schriftlich zu bestätigen, damit diese z.B. gegenüber der herbeigerufenen Polizei, die Rechtmäßigkeit der Baumfällung belegen können. Ggf. würde zudem, wenn die Antragstellenden bereits vor Ablauf der Fiktionsfrist von der Befreiung Gebrauch machen möchten (und das wird sehr oft der Fall sein, weil es meistens eilt), – wie bisher – eine schriftliche Befreiung zu erteilen sein. Wenn Nebenbestimmungen, wie z.B. eine Ersatzpflanzung, notwendig sind, muss ebenfalls eine schriftliche Befreiung erteilt werden. Eine Genehmigungsfiktion wurde durch den Umweltausschuss bereits mehrfach abgelehnt. Eine stichprobenartige Kontrolle der Anträge hält die Verwaltung für äußert schwierig, da die meisten Anträge nur allgemein begründet sind (z.B. Gefahr bei Sturm etc.) und durchaus die Gefahr gesehen wird, dass grundsätzlich erhaltenswerte Bäume wegen fehlender Überprüfung der Anzeigen entfernt werden. In der Sitzung des Umweltausschusses am 14. Mai 2009 sprach sich der Umweltausschuss ausdrücklich dafür aus, auch zukünftig jeden beantragten Baum in Augenschein zu nehmen.

 

Zusammenfassung:

 

Die Verwaltung empfiehlt dem Umweltausschuss, Nadelbäume im Geltungsbereich der Baumschutzverordnung zu belassen. Eine Erhöhung des relevanten Stammumfanges auf 80 cm (bei mehrstämmigen Bäumen auf 60 cm), um mit den Nachbarstädten gleichzuziehen und die Herausnahme der Kleingartenanlagen soll angestrebt werden.

 

Weiter wird vorgeschlagen, der Verwaltung bei Interessenkonflikten zwischen Baumschutz und Solaranlagen zukünftig einen Entscheidungsspielraum einzuräumen; ein genereller Vorrang des Baumschutzes gegenüber geplanten und bestehenden Solaranlagen soll nicht bestehen.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag: