Betreff
Integriertes Klimaschutzkonzept: Klimaschutzziele für die Stadt Fürth
Vorlage
OA/0460/2021
Aktenzeichen
III/OA/U-ZUF
Art
Beschlussvorlage - SB
Untergeordnete Vorlage(n)

Der Umweltausschuss empfiehlt/der Stadtrat beschließt:

 

-      den politischen Willen für eine Ausweitung der Klimaschutzaktivitäten bei der Stadt Fürth zu vertreten. Der politische Wille drückt sich auch in der Bereitstellung von finanziellen und personellen Ressourcen für die Stadtverwaltung zur Wahrnehmung der künftigen (Zusatz-) Aufgaben aus.

-      die voranschreitende Klimakrise ernst zu nehmen und daraus ambitionierte, langfristig angelegte Klimaschutzziele für die Stadtverwaltung und Gesamtstadt abzuleiten.

-          die Klimaschutzziele für die Stadt Fürth auf Basis des Restbudgetansatzes unter Festlegung einer 50 %-igen Wahrscheinlichkeit zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu formulieren. Das der Stadt Fürth unter dieser Annahme zur Verfügung stehende Restbudget wurde mit insgesamt 6,5 Mio. Tonnen THG bzw. 50,9 Tonnen THG pro Einwohner*in ermittelt.

-          folgende Klimaschutzziele:

·         Var. 1: Klimaneutrale Stadtverwaltung Fürth bis 2030 oder alternativ

·         Var. 2: Klimaneutrale Stadtverwaltung Fürth bis spätestens 2035

sowie

·         Var. 1: Klimaneutralität der Stadt Fürth bis 2035 oder alternativ

·         Var. 2: Klimaneutralität der Stadt Fürth bis spätestens 2040

-          als Zwischenziel bis zum Jahr 2030 die THG-Emissionen, im Vergleich zum Bezugsjahr 2018, um mindestens 70 % auf 1,7 t pro Einwohner*in (0,23 Mio. t absolut) zu reduzieren. Somit verbleibt absolut betrachtet ab dem Jahr 2030 ein Restbudget für die Stadt Fürth von insgesamt 1,26 Mio. t THG.

 


0.      Vorbemerkung

 

Bezugnehmend auf die die weitreichenden Beschlüsse des Stadtrates vom 24.07.2019 und die Berichterstattung in der Sitzung des Umweltausschusses vom 17.09.2020 wird folgender weiterführender Bericht zum Bearbeitungsstand bzw. zu den Meilensteinen des Integrierten Klimaschutzkonzeptes vorgelegt. Auf Grundlage der Beratung der Verwaltungsvorlage im Umweltausschuss am 29.04.2021 wurden die rot markierten Passagen ergänzt bzw. überarbeitet.

 

1.    Hintergrund

Die Klimakrise schreitet voran und stellt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor große Herausforderungen. Dabei liefert die Wissenschaft fundierte Erkenntnisse, um Aktivitäten zielorientiert ausgestalten zu können. Sie betont aber auch die absolute Dringlichkeit zu eben diesem Handeln, um klimaschädliche Trendentwicklungen umzukehren und Auswirkungen auf Mensch und Natur abzumildern. Aktuelle Umstände verdeutlichen, wie wichtig ein schnelles und entschlossenes Agieren gegen diese unsere Lebensgrundlagen bedrohende Lage ist. Auch und gerade die Kommunalpolitik kann einen maßgeblichen Beitrag zur Weichenstellung für ein solches Agieren und damit zur Erreichung global gesteckter Klimaziele leisten.

Fürth hat sich dieser Verantwortung angenommen. Daher beauftragte der Stadtrat die Verwaltung in seiner Sitzung vom 24.07.2019 mit der Erstellung eines integrierten Klimaschutzkonzepts für den Zeitraum von 2020 – 2030. Hierfür wurden zwei Klimaschutzmanager*innen-Stellen geschaffen, die für zwei Jahre durch die Nationale Klimaschutzinitiative des Umweltministeriums mit 90 % gefördert werden. Der Dienstantritt der beiden Klimaschutzmanager*innen erfolgte am 01.07. bzw. 01.08.2020. Im Mai 2021 sollen nun im Stadtrat maßgebliche Klimaschutzziele festgelegt werden.

Diese Klimaschutzziele bilden den grundlegenden Handlungsrahmen für die anstehenden Maßnahmenformulierungen und die weitere Arbeit des Klimaschutzmanagements bei der Stadt Fürth. Die Maßnahmenbeschreibungen beinhalten dabei - sofern abbildbar - u.a. die zeitliche Wirkung (kurz-, mittel-, langfristig), Zuständigkeiten und Betroffene, THG-Einsparpotenziale aber auch Aussagen zum finanziellen Aufwand. Daraus ergeben sich Maßnahmenpriorisierungen, die ebenfalls im Konzept abgebildet werden. Folgende Handlungsfelder werden abgedeckt: Erneuerbare Energien, Wärme- und Kältenutzung, Mobilität, Stadtbegrünung, Flächenmanagement, Abwasser und Abfall, Klimaanpassung sowie kommunale Bereiche, wie eigene Liegenschaften, Beschaffungswesen, IT-Infrastruktur und Straßenbeleuchtung. Das Konzept inklusive beschriebener Bausteine wird Ende 2021 fertiggestellt sein.

 

2.    Überblick über die bisherigen Schritte

2.1. Bestandsanalyse

Zunächst erfolgte ab Juli 2020 eine breit gefasste Bestandsaufnahme zu den Handlungsfeldern des Klimaschutzkonzepts:

       Erneuerbare Energien

       Wärme- und Kältenutzung

       Straßenbeleuchtung

       Mobilität

       Gewerbe, Dienstleistung, Handel und Industrie

       Stadtbegrünung

       Flächenmanagement

       Städtische Liegenschaften

       Beschaffungswesen

       IT-Infrastruktur

       Abwasser und Abfall

       Private Haushalte

       Klimaanpassung

 

2.2. Lenkungskreis Klimaschutz (verwaltungsintern)

Ein Lenkungskreis Klimaschutz wurde zur Koordination der Aktivitäten innerhalb der Stadtverwaltung ins Leben gerufen. Hierzu fand im Oktober 2020 das erste und im März 2021 bereits das zweite Treffen statt. Der Lenkungskreis soll den Dienststellen der Stadtverwaltung, deren Aufgabenbereich die Themenfelder Klimaschutz und Klimawandelanpassung berührt, als Plattform zum Austausch dienen und die Thematik auch langfristig in der Stadtverwaltung verankern.

 

2.3. Durchgeführte Analysen

Das Vergabeverfahren zur Energie- und Treibhausgasbilanz sowie der Szenarienentwicklung und Potenzialanalyse wurde im Winter 2020/2021 durchgeführt. Parallel wurden die Daten für diese Analyse beschafft.

Die Ergebnisse aus der Energie- und Treibhausgasbilanz sowie der Szenarienentwicklung und Potenzialanalyse liegen seit März 2021 vor (vgl. Anlage 1 und Punkt 4). Die Bilanz wurde für die Jahre 2015 - 2018 erstellt. Für 2019 bzw. 2020 sind die Daten noch nicht vollständig verfügbar, weshalb diese Jahre nicht berücksichtigt werden konnten. Sie werden bei der Fortschreibung voraussichtlich im Jahr 2022 enthalten sein.

Ausgehend von dieser Bilanz wurden mögliche Klimaschutzszenarien erarbeitet. Hierbei wurden folgende Szenarien betrachtet:

·        Referenzszenario (Fortschreibung der bisherigen Entwicklungen)

·        Klimaschutzszenario (angelehnt an die Klimaschutzziele auf Bundesebene)

·        CO2-Restbudgetansatz (abgeleitet vom Sachverständigenrat für Umweltfragen)

 

Die darauf aufbauende Potenzialanalyse gibt Aufschluss darüber, in welchen Bereichen die größten bzw. wichtigsten Hebel zur Energieeinsparung, Effizienzsteigerung und Energieerzeugung durch Erneuerbare Energien vorhanden sind. Dementsprechend wurden die Bereiche identifiziert, die etwa aufgrund ihrer vergleichsweise leichten Umsetzbarkeit eines hohen Potenzials mit entsprechender Priorität anzugehen sind. Diese Ergebnisse werden schließlich in die Maßnahmenentwicklung des Klimaschutzkonzepts einfließen.

 

2.4. Beteiligung der Öffentlichkeit

Anfang Dezember 2020 erfolgte die Online-Auftaktveranstaltung zum Klimaschutzkonzept für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Fürth. Im Nachgang zu dieser Veranstaltung konnten alle Bürger*innen bis Ende Januar im Online-Diskussionsforum weitere Ideen und Rückmeldungen geben. Die Beiträge reichten von einer Photovoltaikpflicht und Förderung hierfür, über bessere Verkehrsinfrastrukturen abseits vom Auto bis hin zu mehr Stadtbäumen und Grünflächen. Diese Beiträge fließen in die Erstellung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes ein.

Im März 2021 wurden im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung mehrere Online-Dialog-Veranstaltungen für verschiedene Zielgruppen durchgeführt.
Auch auf der Internetseite der Stadt Fürth konnten bis Mitte April Kommentare zu den Ergebnissen hinterlassen werden.

Ziel dieser Veranstaltungen war es, mit den unterschiedlichen Akteuren der Fürther Stadtgesellschaft in Austausch zu treten und die Expertise der verschiedenen Zielgruppen frühzeitig in die Konzepterstellung einfließen zu lassen. Insbesondere die sich aus den Analysen ergebenden Potenziale bzw. die möglichen Wege zur Klimaschutzstadt (Szenarien) wurden hier diskutiert.

 

Unter Punkt 5 sowie in der Anlage 2 wird näher auf den Beteiligungsprozess eingegangen.

 


2.5. Vorberatungen und Beschlussfassung für die Klimaziele der Stadt Fürth

 

Auf Basis dieser Analysen sowie der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung wurden seitens der Verwaltung Empfehlungen zur Beschlussfassung für die Klimaschutzziele der Stadt Fürth durch den Stadtrat erarbeitet. Insoweit wurden zunächst im April 2021 die Stadtratsfraktionen, -gruppen und Einzelstadträte über die Ergebnisse der Analysen informiert, um dadurch eine Erstinformation vor der eigentlichen Gremienbehandlung zu gewährleisten.

Im Umweltausschuss am 29.04.2021 werden die Analyseergebnisse zur Energie- und THG-Bilanz sowie die Ergebnisse der Szenarienentwicklung und der Potenzialanalyse einschließlich der daraus abzuleitenden Ziele vorberaten. In der Stadtratssitzung am 20.05.2021 soll dann die finale Beschlussfassung erfolgen.

 

3.    Analyseergebnisse

Die Analysen (vgl. auch Anlage 1) umfassen drei Bereiche, die im Folgenden näher dargestellt werden:

 

  • Endenergie- und Treibhausgasbilanz,
  • Szenarienentwicklung sowie
  • Potenzialanalysen .

Die Analysen wurden mit Hilfe der Firma seecon Ingenieure GmbH erstellt.

 

Vorbemerkung: Unterschiede zu bisherigen Bilanzierungen bei der Stadt Fürth & Hintergründe zur Berechnung

 

In den Ergebnissen der aktuellen Berechnungen ergeben sich Unterschiede zu den Analysen aus dem Klimaschutzfahrplan von 2008 und dem Energienutzungsplan von 2018. Dies ist einerseits in der zwischenzeitlich bundesweit angewendeten Bilanzierungs-Systematik-Kommunal, kurz BISKO, begründet, welche sowohl im Klimaschutzfahrplan also auch im Energienutzungsplan noch nicht zur Anwendung kam. Diese Systematik erfasst bspw. explizit auch weitere Treibhausgase in CO2-Äquivalenten und soll die Vergleichbarkeit zwischen Kommunen bestmöglich gewährleisten. Andererseits hat sich auch die Datenlage zur jetzigen Bilanzierung verändert: Aussagekräftige Energiedaten zu Feuerstätten konnten nun beispielsweise durch neu erhobene Statistiken der Schornsteinfegerinnung in die Betrachtungen einbezogen werden. Mit der infra bestand ebenfalls ein reger und produktiver Austausch zur Energiedatenlage in Fürth. Zudem wurde bei der jetzigen Bilanz der Sektor Verkehr detaillierter untersucht, als in den vorangegangenen Bilanzen, bei denen dieser Bereich nicht im Fokus stand. Daher ergeben sich auch Verschiebungen der Endenergieverbräuche und Treibhausgasemissionen zwischen den verschiedenen Sektoren (Verkehr; private Haushalte; kommunale Einrichtungen; Industrie; Gewerbe, Handel, Dienstleistung).

 

Generell gilt es noch zu berücksichtigen, dass eine Vergleichbarkeit von Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) zwischen Bund-, Länder- und der kommunalen Ebene nur bedingt möglich ist, da bei der beschriebenen Systematik das sog. Territorial-Prinzip gilt, d.h. nur die Emissionen in die Bilanz einbezogen werden, welche innerhalb des Stadtgebiets verursacht werden. Beispielsweise große Emittenten wie Kohlekraftwerke oder Flughäfen schlagen in den THG-Emissionen deutlich ins Gewicht; diese hat Fürth strukturell nicht zu verzeichnen, sie sind aber in den Bundeszahlen enthalten.

 

 

3.1. Endenergie- und Treibhausgasbilanz

Die Endenergie- und Treibhausgasbilanz gibt Aufschluss über den Status Quo bzw. die Entwicklung der Emissionen in Fürth. Für eine detailliertere Darstellung werden die Verbräuche und Emissionen in Sektoren (Verkehr, private Haushalte, Industrie, Gewerbe/Handel/Dienstleistung, kommunale Einrichtungen) sowie Energieträger aufgeschlüsselt.

Der Vergleich zeigt auf, dass die Industrie mit 32,1 % den größten Treibhausgasemittenten in Fürth darstellt, gefolgt von privaten Haushalten (28,4 %), dem Verkehr (25,8 %) und dem Sektor Gewerbe/Handel/Dienstleistungen (12,4 %). Die kommunalen Einrichtungen tragen mit 1,3 % zu den Gesamtemissionen der Stadt bei.

Die Analysen geben ebenfalls Aufschluss darüber, dass Fürth im Strom- und Wärmebereich noch stark von fossilen Energieträgern abhängig ist: Der Anteil erneuerbarer Energien im Strombereich beläuft sich konkret auf 12,5 %, im Wärmebereich auf 6,1 %. Fürth liegt hier unter dem deutschen Durchschnitt. Der Verkehrsbereich wies im Zeitraum 2005 – 2018 nur geringfügige Veränderungen im Modal Split auf, also der Verteilung des Verkehrsaufkommens zwischen motorisiertem Individualverkehr (MIV), Rad-, Fußverkehr und dem ÖPNV. Hier liegt Fürth bei einem nahezu konstanten MIV-Anteil von rund 50 %.

 

Der Rückblick verdeutlicht, dass die Pro-Kopf-Emissionen im Betrachtungszeitraum 2015 – 2018 zunächst zwar leicht angestiegen sind, sich jedoch von 2017 auf 20181 von 6,82 Tonnen auf 6,38 Tonnen pro Einwohner*in reduzierten. Im Zeitraum 2015 bis 2018 entspricht dies einer Abnahme von 5,2 % t/EW an Treibhausgasemissionen. Bezogen auf das Basisjahr 1990 konnten die Pro-Kopf-Emissionen um 24 bis 25 % reduziert werden2. Die Zielmarke aus dem Klimaschutzfahrplan 2010 - 2020 (-23 %) wurde somit bereits im Jahr 2018 erreicht. Trotz fortwährendem Wachstum der Einwohnerzahlen (über 23 % im Zeitraum 1990 – 2018) konnten die Energieverbräuche insgesamt (stationär, ohne Verkehr) zudem annähernd konstant gehalten werden.

 

3.2. Szenarienberechnung

 

Vorbemerkung: Restbudgetansatz und Klimaneutralität

 

Die folgenden Szenarienberechnungen basieren auf dem sog. Restbudgetansatz. Dieser formuliert Zielstellungen mit Blick in die Zukunft und nicht wie bisher anhand des Basisjahres 1990 mit Blick in die Vergangenheit. Der Ansatz wird vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) empfohlen - einem offiziellen Gremium, welches die Bundesregierung in Umweltfragen berät. Der SRU leitet in seinem Umweltgutachten 2020 ein CO2-Budget für Deutschland her, welches den Anforderungen des Pariser Klimaabkommens gerecht wird. Grundlage für den Ansatz ist das globale Budget an Treibhausgasemissionen, das bis zum Erreichen der Klimaneutralität und der Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf ein bestimmtes Niveau noch emittiert werden kann. Die Werte dieses globalen Restbudgets sind dem Sonderbericht „1,5 C globale Erwärmung“ des Weltklimarats (IPCC) entnommen. Den Vorgaben des SRU folgend, wird dieses globale Restbudget auf die nationale Ebene heruntergebrochen und dabei das Prinzip einer weltweit fairen Restbudget-Verteilung angewandt. Für jede Bewohnerin und jeden Bewohner der Erde wird somit ein gleiches Pro-Kopf-Emissionsrecht angenommen. Zur Ermittlung des Fürther Budgets wurde das nationale Budget wiederum auf die Einwohnerzahlen Fürths heruntergerechnet. Mit dem Restbudgetansatz wird gewährleistet, dass das Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015, nämlich die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts zu begrenzen, eingehalten werden kann.

 

Klimaneutralität bedeutet dabei, „ein Gleichgewicht zwischen Kohlenstoffemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre in Kohlenstoffsenken herzustellen. Um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, müssen alle Treibhausgasemissionen weltweit durch Kohlenstoffbindung ausgeglichen werden“ (Quelle: Website Europäisches Parlament). Dabei wird ein Korridor von 0,0 bis 0,5 Tonnen Treibhausgasemissionen pro Einwohner*in generell als klimaneutral angenommen. Für die Berechnungen der Fürther Szenarien wird daher ein Zielwert von 0,25 Tonnen pro Einwohner*in und Jahr angesetzt.

 

Für die Szenario-Berechnungen wurde beim Restbudgetansatz eine 50 %-ige Wahrscheinlichkeit der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zugrunde gelegt.

 

Die nachfolgend dargestellten Werte und Zielformulierungen basieren auf anerkannten Methoden und statistischen Berechnungsmodellen, diese beinhalten unter anderem auch Prognosen in der Bevölkerungsentwicklung.

Das ermittelte Restbudget, das Fürth ab 2020 noch zur Verfügung steht, beträgt insgesamt 6,5 Mio. Tonnen CO2 (bzw. CO2-Äquivalenten bzw. THG-Emissionen), respektive 50,9 Tonnen je Einwohner*in, bei 127.748 Einwohner*innen Ende 2019 in Fürth.

Dieses gilt es nun sinnvoll auf die nächsten Jahre zu verteilen. Bei aktueller Trendfortschreibung wäre das restliche Budget allerdings bereits im Jahr 2028 aufgebraucht. Bei einem angepassten Reduktionspfad ist eine Verteilung des Budgets bis zu einem Zielkorridor zwischen 2035 und 2040 möglich.

Beim nichtlinearen Reduktionspfad beispielsweise, d. h. größere Einsparungspotenziale werden zu Anfang angenommen und dann über den Zeitverlauf geringer, müsste eine Klimaneutralität spätestens 2040 angestrebt werden, da zu diesem Zeitpunkt das Budget aufgebraucht wäre und die 1,5 Grad Celsius Zielmarke mit 50 %-iger Wahrscheinlichkeit erreicht würde. Der nichtlineare Reduktionspfad gilt auch in der Praxis als am realistischsten umsetzbar.

Als Zwischenziel für 2030 müsste unter diesen Annahmen eine Pro-Kopf-Emission von 1,7 t erreicht werden – dies würde einer ca. 70 %-igen Senkung der Treibhausgase gegenüber 2018 entsprechen.

 

Für die Stadt Fürth verbleiben ab 2020 für maximal 20 Jahre noch insgesamt 6,5 Mio. Tonnen THG-Budget und somit 50,9 t THG/ EW. Jede*r Einwohner*in der Stadt Fürth stößt, Stand 2018, 6,36 t THG im Jahr aus. Um gemäß dem zugrunde gelegten nichtlinearen Ansatz mit dem vorhandenen Budget zu haushalten, müssen die Emissionen bis 2030 auf 1,7 t THG je Einwohner*in (entspricht 0,23 Mio. t absolut) reduziert werden, zwischen 2035 und 2040 dann auf 0,25 t THG/ EW. Damit bleibt absolut betrachtet ab dem Jahr 2030 ein Restbudget von 1,26 Mio. Tonnen THG für die Gesamtstadt.

 

3.3. Potenziale

 

Wichtig ist darzustellen, welche Möglichkeiten zur Erreichung der Klimaschutzziele in der Stadt Fürth potenziell bestehen, d. h., welche wirksamen Stellschrauben vorhanden sind.

Dabei sollte zum einen die Stadtverwaltung selbst ihre Vorbildwirkung ernstnehmen und Möglichkeiten zur THG-Reduzierung wahrnehmen. Dies beinhaltet beispielsweise eine Sanierungsoffensive für die eigenen Liegenschaften, den Ausbau erneuerbarer Energien auf öffentlichen Gebäuden und den Fuhrpark der Stadt zu reduzieren bzw. weitestgehend auf emissionsfreie Fahrzeuge umzurüsten.

Zum anderen liegt erhebliches Potenzial bei den Akteuren der Stadtgesellschaft, so etwa bei der Reduzierung des Wärmeverbrauchs, z.B. in der Industrie oder bei Gebäuden bzw. in der Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Wärmebereitstellung. Im Bereich Strom sollte sowohl auf Einsparung, Effizienz und den Ausbau von erneuerbaren Energien gesetzt werden, vor allem von PV-Anlagen. Auch im Verkehrsbereich liegen große Potenziale: So sollte die Stärkung des Umweltverbundes, also der Anteil von ÖPNV, Fuß- und Radverkehr, in den Blick genommen und der Anteil alternativer Antriebe gesteigert werden.

 

4.    Beteiligung der Öffentlichkeit

Im März 2021 wurden verschiedene Akteursgruppen zu insgesamt drei Dialog-Veranstaltungen eingeladen. Dabei informierte die Stadtverwaltung mit Unterstützung des beauftragten Dienstleisters seecon über die Ergebnisse der Analysen. Die Teilnehmenden konnten Fragen stellen und ihre Rückmeldungen zu den Ergebnissen geben und damit dazu beitragen, die Analysen noch besser in den lokalen Kontext einzuordnen. Um ein möglichst breites Meinungsbild einzuholen wurden dabei spezielle Zielgruppen berücksichtigt. Insgesamt wurden ca. 100 Fürtherinnen und Fürther erreicht.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine Ausweitung der Klimaschutzaktivitäten in der Stadt Fürth begrüßt und auch erwartet wird. Die Akteure sind motiviert eigene Ideen einzubringen und sich weiterhin an der Ausarbeitung und Umsetzung der Klimaschutzaktivitäten zu beteiligen. Einblicke in innovative Ideen, die an den lokalen Gegebenheiten ausgerichtet sind, wurden vielzählig in den Veranstaltungen vorgebracht. In Fürth ist ein breites Portfolio an Fachwissen vorhanden, das für eine nachhaltige Transformation genutzt werden kann - und auch sollte.

 

Einblick in die Dialog-Veranstaltungen

 

Organisierte Interessensvertretungen, 23.03.2021: Eingeladen wurden Akteur*innen aus Wirtschaft, Verbänden, Vereinen, Religionsgemeinschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Die vorgestellten konkreten Zahlen und Fakten wurde überwiegend als positiver und wichtiger Ausgangspunkt für nun notwendige Schritte gewertet. Klimaneutralität bis 2035 wurde in den Raum gestellt; dabei sei es aber wichtig, kurzfristigere Ziele ebenfalls im Blick zu behalten.

 

Zufallsbürger*innen, 26.03.2021: Auf Basis statistischer Kriterien wurden 300 Fürtherinnen und Fürther zur Dialogveranstaltung eingeladen. Ziel war es, ein Abbild der Stadtgesellschaft und damit auch ein vielschichtiges Meinungsbild zu erhalten.

Trotz auch gegensätzlicher Positionen bei den Bürger*innen in bestimmten Themenfeldern war tendenziell für die meisten Teilnehmenden Klimaschutz ein bzw. das wichtigste Zukunftsthema. Es wurde die Bereitschaft signalisiert, den Wandel mitzugehen und mitzugestalten.

 

Junge Menschen, 31.03.2021: Die Zielgruppe der jungen Menschen wurde durch Multiplikator*innen angesprochen und versucht Reichweite über Social-Media-Kanäle zu generieren. Dennoch konnte nur eine geringe Anzahl an jungen Menschen erreicht werden, die jedoch interessiert und engagiert diskutierten.

Auch diese Zielgruppe unterstützt generell die Ausweitung von Klimaschutz in Fürth. Sie regten grundsätzlich an, Strukturen auf klimafreundliches Handeln auszulegen, so dass diese Optionen generell vorteilhafter bzw. günstiger gegenüber klimaschädlicheren Alternativen sind.

 

 

 

5.    Rahmenbedingungen

 

Kommunales Handeln wird teilweise beeinflusst durch (äußere) Rahmenbedingungen. Daraus können sich diverse Herausforderungen auf dem Weg zur Erreichung der gesteckten Klimaschutzziele ergeben. Es ist wichtig, diese zu benennen, um damit umzugehen und möglichst adäquate Voraussetzungen zu schaffen, die zur Zielerreichung notwendig sind. Durch ambitionierte Klimaschutzziele wird die Notwendigkeit zum Handeln signalisiert. Dadurch sollen übergeordnete Ebenen animiert werden, Strukturen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die außerhalb des kommunalen Wirkungskreises liegen. Auch innerhalb der Metropolregion können sich die Nachbarkommunen gegenseitig unterstützen und somit eine Notwendigkeit zur Anpassung der Rahmenbedingungen forcieren.

 

Beispiele für derartige Herausforderungen können sein:

  • Begrenzte Handlungsspielräume: Föderales System begrenzt Einflussbereich der Kommunen, Abhängigkeit von klimagerechten Weichenstellungen auf EU-/ Bund-/ Landesebene.
  • Eingeschränkter Einfluss: Kommune kann teilweise nur indirekt auf (wirtschaftliche) Akteure und Bevölkerung wirken.
  • Zielkonflikte: Maßnahmen im Klimaschutz können unerwünschte Effekte auf andere Bereiche auslösen, die gelöst werden müssen (z. B. Einflüsse der energetischen Sanierung auf den Denkmalschutz).
  • Begrenzte Potenziale: Räumliche Limitierungen im Stadtgebiet, z.B. in Verbindung mit dem Ausbau erneuerbarer Energien.
  • Heben der Potenziale benötigt Zeit: Zeitliche Limitierungen durch äußere Faktoren, wie z.B. Fachbetriebe, aber auch langfristige Planungshorizonte in der Verwaltung. 
  • Grenzübergreifend: Themen können teils nur über Stadtgrenzen hinweg gedacht werden, z. B. ÖPNV
  • Technischer Fortschritt:  Entwicklungen sind teilweise noch nicht wirtschaftlich (beispielsweise Power-to-X), im großen Maßstab schwer umsetzbar (beispielsweise E-Autos als flexible Batteriespeicher) oder mit regulatorischen Hürden behaftet.

 

Mit den bisherigen Anstrengungen können Ziele, die einen substanziellen Beitrag zum Klimaschutz liefern, nicht erreicht werden. Die beschriebenen Herausforderungen müssen daher zielgerichtet angegangen werden.

Maßgeblich dafür sind folgende grundlegende Faktoren: In der Politik muss das Bewusstsein für einen konsequenten und deutlich forcierten Klimaschutz etabliert sein, um entsprechende Weichenstellungen unter Ausschöpfung der Handlungsspielräume vorzunehmen. Auch die Verwaltung sollte Klimaschutz als inhärentes Ziel verinnerlichen. Dieser Wandel benötigt Ressourcen: Sie beinhalten ein finanzielles Engagement, das die Ernsthaftigkeit der Klimaschutzziele unterstreicht und ihre Erreichbarkeit ermöglicht. Außerdem sind fachlich-personelle Ressourcen in der Verwaltung ein entscheidendes Erfolgskriterium für den Wandel. Eine umfassende Wirkung der Klimaschutzbestrebungen kann außerdem nur erfolgen, wenn alle Bereiche der Stadt Berücksichtigung finden. So müssen gezielte Maßnahmen aber auch indirekte Lenkungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand auf Wirtschaft und Privatpersonen wirken. Dies kann beispielsweise durch Anreizstrukturen, wie Fördergelder oder auch Aufklärung und Information erfolgen.

 

6.    Empfehlungen zu den Klimaschutzzielen für die Stadt Fürth

Auf Basis der Ergebnisse aus den Analysen sowie des Beteiligungsprozesses empfiehlt die Verwaltung die folgenden Korridore für die Festsetzung der Klimaschutzziele. Die Ziele fußen auf dem bereits beschriebenen 1,5 Grad Celsius-Restbudgetszenario, das mit einer 50%-igen Wahrscheinlichkeit eintritt.

 

-      Klimaneutralität in der Fürther Stadtverwaltung zwischen 2030 – 2035

Die Stadt Fürth sollte als Vorbild für Klimaschutz vorangehen und in ihrer Verwaltung Klimaneutralität noch vor den gesamtstädtischen Zielen erreichen. Im Bayerischen Klimaschutzgesetz wird für Kommunen als Ziel das Jahr 2030 empfohlen.

 

-      Klimaneutralität der Stadt Fürth zwischen 2035 – 2040

Um internationale Klimaschutzziele ernst zu nehmen und sich am aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis auch in Fürth auszurichten, ist die Klimaneutralität im Zeitraum zwischen 2035 und 2040 anzustreben. Eine frühzeitigere Zielerreichung ist unter Berücksichtigung des derzeitigen Stands als sehr schwer erreichbar einzustufen. Bei einer Klimaneutralität nach 2040 wiederum kann die Erreichung der 1,5-Grad-Zielmarke nach heutigem Erkenntnisstand nicht mehr als realistisch betrachtet werden.

 

Auf dem Weg zur Erreichung dieser langfristigen Zielmarken ist das Setzen von Zwischenzielen dringend angeraten. Insoweit ist für das Jahr 2030 ein Pro-Kopf-Ausstoß von 1,7 Tonnen CO2-Äquivalenten für Fürth anzustreben. Dies bedeutet eine Reduzierung der THG-Emissionen um durchschnittlich mindestens 7 % pro Jahr (derzeit unter 1 %). Die nachfolgend beschriebenen ausdifferenzierten Zielmarken sind wesentliche Bausteine für das Erreichen dieses Zwischenziels. Sie sind für eine bessere Vergleichsmöglichkeit teilweise ins Verhältnis zu Einschätzungen im Energienutzungsplan (ENP) gesetzt:

 

-      Gebäudesanierungsquote von durchschnittlich 5,0 % pro Jahr (anstatt 3,0 % gemäß ENP) bei durchschnittlich 50 % Einsparung beim Wärmeverbrauch.

-      Der Anteil der Erneuerbaren Energien im Wärmebereich und der Nah-/Fernwärme steigt bis 2030 auf 70 % (anstatt 53 % ENP). Dies erfordert einen Austausch von jährlich ca. 7 % (anstatt 5,0 % gemäß ENP) der Heizungen, wobei 75 % der erneuerten Anlagen auf regenerative Energien oder Fernwärme umgestellt werden.

-      Verkehr: Modal Split mit 20 % MIV, wobei 35 % der Pkw Elektrofahrzeuge sind.

-      Strom: jährlich um durchschnittlich 5 % reduzierter Verbrauch (ohne Verkehr und Wärme), Reduzierung Emissionen Bundesstrommix, Anteil PV-Strom am Gesamtverbrauch von min. 15,5 %.

 

Die Erreichung der im Klimaschutzfahrplan 2010 - 2020 definierten Fürther Klimaschutzziele ist ein Schritt in die richtige Richtung auf dem Weg zur Klimaschutzstadt; dennoch machen die ermittelten Zahlen klar: Zukünftige Klimaschutzbestrebungen müssen an Ambitionsniveau deutlich gewinnen, um das restliche Budget nicht zu überschreiten. Konkrete Maßnahmenvorschläge, wie dies im Detail ausgestaltet werden kann, wird das Klimaschutzmanagement nach den Beschlüssen der „wesentlichen Leitplanken“ – also der Klimaschutzziele für die nächsten Jahre – ausarbeiten.

 

 



1Die Bilanzierung umfasste die Jahre 2015 – 2018 und wurde mit der Methodik BISKO (Bilanzierungssystematik kommunal) berechnet, die vom ifeu Institut im Auftrag des BMU (Bundesumweltministeriums) entwickelt wurde.

 

2Durch einen methodischen Bruch der im Energienutzungsplan angewendeten Berechnungssystematik auf die nun verwendete BISKO-Methode können hier keine kommascharfen Aussagen getroffen werden. Die Tendenzen sind jedoch gleichbleibend, so dass die Grundaussage verlässlich ist.


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


1_Analyseergebnisse Klimaschutzkonzept_mit Ergänzungen Fraktionstreffen

2_Dokumentation Beteiligungsprozess

3_Verbrauchsdaten Unternehmen sowie Darstellung des Bezugs von Ökostrom und
–gas in Fürth der infra (nö)