Betreff
Mobilfunk, zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen vom 06.03.2012
Vorlage
OA/019/2012
Aktenzeichen
III/OA/U-T-1-Ko
Art
Beschlussvorlage - SB

Der Umweltausschuss nimmt den Bericht des Ordnungsamtes zur Kenntnis.

 

 

 


Seit 1926 gab es einen Vorläufer des öffentlichen Mobilfunks in Deutschland, den Zugfunk in Form einer handvermittelten öffentlichen Sprechzelle im F-Zug Berlin – Hamburg.

 

Ab 1950 gibt es in der Bundesrepublik Deutschland öffentliche Mobilfunknetze, sie waren jedoch nicht auf eine breite Vermarktung ausgelegt. Das analoge handvermittelte A-Netz wurde 1958 unter der Bezeichnung „Öffentlich beweglicher Landfunk“ (ÖbL) eingeführt und existierte bis 1977. Das analoge Selbstwählnetz B-Netz wurde 1972 eingeführt und war bis 2. Januar 1995 in Betrieb. Das analoge C-Netz war ein zellulares Mobilfunknetz der deutschen DeTeMobil (früher Deutsche Bundespost). Es war die dritte und gleichzeitig letzte analoge Generation des Mobilfunks in Deutschland mit ca. 850.000 Teilnehmern und vom 1. Mai 1986 bis zum 31. Dezember 2000 in Betrieb.

 

Das erste digitale GSM-Netz (D-Netz) in Deutschland wurde im Juli 1992 eingeführt. Die Emissionen, die durch die elektromagnetischen Wellen dieser Anlagen verursacht werden, begrenzt seit 1996 die 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – 26. BImSchV

 

 

 

 

 

 

Im Jahr 2004 wurden in Deutschland die UMTS - Netze in den größeren Städten und Ballungszentren von allen Mobilfunkunternehmen in Betrieb genommen. Dies hat auch in Fürth zu zahlreichen neuen Mobilfunksendeanlagen geführt. Rege Bautätigkeit herrschte vor allem in den Jahren 2004, 2005 und 2006.

 

 

1.     Runder Tisch Mobilfunk Fürth

 

Die Mitsprachemöglichkeiten der Gemeinden sind aufgrund der gesetzlichen Gegebenheiten gering. Mit Stadtratsbeschluss vom 20.11.2002 wurde daher die Verwaltung beauftragt, einen „Runden Tisch“ mit den Mobilfunkbetreibern einzurichten, welcher den weiteren Ausbau des Mobilfunknetzes in der Stadt Fürth begleiten soll. Mit teilnehmen sollten auch Vertreter der politischen Parteien sowie des Bundes Naturschutz.

 

In seiner Sitzung am 26.03.2003 verabschiedete der Stadtrat Leitlinien zur Arbeitsweise des Runden Tisches Mobilfunk:

 

1.     Der „Runde Tisch“ tagt auf einer politischen Ebene und auf einer Arbeitsebene.

2.     Auf der Arbeitsebene legen die Mobilfunknetzbetreiber der Verwaltung vertrauliche Planungsdaten dar. Politik und Bund Naturschutz wirken auf der Arbeitsebene nicht mit.

3.     In der Arbeitsebene werden kritische von unkritischen Standorten getrennt. Kritische Standorte in diesem Sinne sind Standorte in der Nähe, das heißt z.B. unmittelbare Nachbarschaft ohne dazwischenliegende Gebäude sensibler Einrichtungen (das sind Kindergärten, Kindertagesstätten, Grund- und Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Sonderschulen und Fachoberschulen).

Unkritische Standorte werden in der politischen Ebene bekannt gegeben und nicht mehr diskutiert.

Kritische Standorte werden in der politischen Ebene diskutiert und alternative Standorte angeboten, sofern möglich.

Kommt keine Einigung zustande bzw. sind alternative Standorte nicht denkbar, steht zu erwarten, dass die Mobilfunknetzbetreiber die Standorte entsprechend den Vorschriften der 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung verwirklichen.

4.     Beide Ebenen tagen nicht öffentlich, also auch die politische Ebene. Im Einzelfall kann nach ausführlicher Begründung die politische Ebene auch einen externen Sachverständigen hinzuziehen.

Vom Ergebnis der politischen Ebene wird die Öffentlichkeit unterrichtet.

5.    Im Umweltausschuss wird zweimal pro Jahr von den Ergebnissen des „Runden Tisches“ öffentlich berichtet.

6.     Der „Runde Tisch“ diskutiert nicht über Grenzwerte im Sinne der Festlegung „Eigener Fürther Grenzwerte“.

Der „Runde Tisch“ diskutiert nicht über bereits bestehende Standorte. „Bestehender Standort“ ist ein Standort, der entweder bereits im Betrieb ist oder im Bau sich befindet bzw. die Bauphase eingeleitet ist.

Die Mobilfunkbetreiber übergeben auf der Arbeitsebene präzise Aufstellungen über den derzeitigen Ausbaustand ihres Netzes.

Die Mobilfunkbetreiber erklären allerdings ihre Bereitschaft, auch hinsichtlich bestehender, umstrittener Standorte durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zur Versachlichung der Diskussion beizutragen.

 

Der Runde Tisch Mobilfunk besteht nun seit gut 9 Jahren. Mit der konstituierenden Sitzung am 13.03.2003 fanden insgesamt 5 Sitzungen der politischen Ebene statt. Zwischen den Sitzungen wurden die Mitglieder der politischen Ebene, sofern keine kritischen Standorte zu diskutieren waren, mit mehreren Schreiben über unkritische Standorte informiert. Darüber hinaus fand dreimal eine Entscheidungsfindung im schriftlichen Umlaufverfahren statt.

 

 

Die von den Betreibern genannten Standorte wurden geprüft. Von diesen Standorten wurden bisher 87 Standorte als unkritisch eingestuft und der politischen Ebene bekannt gegeben. 14 kritische Standorte wurden diskutiert.

 

 

Jahr

Unkritische Standorte

Kritische Standorte

2003

8

0

2004

20

7

2005

19

1

2006

11

2

2007

3

0

2008

2

2

2009

3

0

2010

2

0

2011

5

0

2012

14

2

Summe

87

14

 

Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass die Zahl der behandelten neuen Standorte in den Jahren 2007 - 2011, bedingt durch den Abschluss des Ausbaus der UMTS-Netze, stark zurückgegangen ist.

 

 

 

2. Aufbau der LTE - Netze

 

In den letzten Monaten haben verschiedene Betreiber mitgeteilt, dass sie an diversen bereits bestehenden Standorten zusätzlich zu den vorhandenen Systemen (GSM und UMTS) LTE errichten wollen. 3GPP Long Term Evolution (LTE), auch als 3.9G bezeichnet (andere Namen sind High Speed OFDM Packet Access (HSOPA), E-UTRAN (Evolved UTRAN) und Super 3G), ist ein Mobilfunkstandard, der als UMTS - Nachfolger spezifiziert wird. Die Frequenz-Lizenzen wurden 2010 durch die Bundesnetzagentur mit der Verpflichtung, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes eine flächendeckende Versorgung zu ermöglichen, versteigert. Standorte, die mit LTE ausgerüstet werden, werden analog zu UMTS wie neue Standorte behandelt.

 

Durch die Einführung von LTE kommt es derzeit verstärkt zu Erweiterungen bereits bestehender Standorte. Allerdings konnten die meisten dieser 2011 und 2012 geprüften Standorte als unkritisch im Sinne der Leitlinien eingestuft werden. Lediglich 2 wurden als kritisch beurteilt.

 

Statt eine Sitzung der politischen Ebene einzuberufen, hat die Verwaltung sich für die Durchführung eines schriftlichen Umlaufverfahrens entschieden. Aus den bereits vorliegenden Äußerungen zu diesen beiden Standorten lässt sich erkennen, dass keine Einigung zu Stande kommen wird. Insbesondere wenden sich der Bund Naturschutz und die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen diese Standorte.

 

Beanstandet wird, bei der Bewertung von Standorten nur eine Mobilfunkantenne berücksichtigt zu haben. Andere Antennen in der Umgebung sowie andere sensible Einrichtungen seien nicht berücksichtigt worden. Gerade wegen der großen Dichte von Antennen im Stadtgebiet sei jedoch die Gesamtsituation unter Berücksichtigung anderer Antennen und anderer sensibler Einrichtungen zu betrachten. Hierzu ist anzumerken, dass bei der Beurteilung von neuen Mobilfunkstandorten im Sinne der o.g. Leitlinien stets die der neuen Antenne nächstgelegene sensible Einrichtung herangezogen wird. Eine Beurteilung der durch die neue Antenne verursachten Zusatzbelastung einschließlich der Vorbelastung durch andere Antennen ist durch die Verwaltung nicht zu leisten. Daher wurde 2003 die in den Leitlinien enthaltene Formulierung zur Definition „kritischer Standorte“ gewählt. Bei Anwendung der Leitlinien müssen die angeführten Standorte Schirmstraße 8, Kolpingstraße 14, Stiftungsstraße 40, Fronmüllerstraße 65, Hans-Vogel-Straße 113, Herrnstraße 22, Rosenstraße 50 und Zum Vogelsang 20 zwangsläufig als unkritisch eingestuft werden. Die Standortbescheinigungen der Bundesnetzagentur über die Einhaltung der Grenzwerte sind jedoch noch vorzulegen.

 

Zu den folgenden Standorten wird im Einzelnen Stellung genommen, soweit über das oben Gesagte hinaus zusätzliche Fragen gestellt wurden:

 

Herrnstaße 9:

Dieser bereits seit Jahren bestehende, mit GSM und UMTS ausgerüstete Standort wird als „neuer“ Standort behandelt, da zusätzlich LTE aufgebaut wird. Es sind sicher Abschirmmaßnahmen am Kindergartengebäude denkbar; ob die Betreiber diese Kosten übernehmen werden, müsste geklärt werden. Zusätzliche Antennen können jedoch nur verhindert werden, wenn es zu einer Grenzwertüberschreitung kommt.

 

Steinacher Straße 63:

Auch hier handelt es sich um einen neuen Standort mit zusätzlichen LTE - Antennen. Für die Einstufung ist es nicht relevant, welcher der beiden vorhandenen Antennenträger zusätzlich mit LTE bestückt werden soll. Auch spielt die Hauptabstrahlrichtung zunächst keine Rolle. Für die zu prüfenden Abschirmmaßnahmen gilt das oben Gesagte.

 

Friedrich-Ebert-Straße 162:

Die Arbeiterwohlfahrt Fürth plant in den Räumen des ehemaligen Supermarktes eine Kinderkrippe einzurichten. Das Vorhaben wurde bereits bauaufsichtlich genehmigt, aber noch nicht umgesetzt. Der Einbau der Kinderkrippe kann durch die Stadt Fürth im Hinblick auf die Antennenanlage auf Grund gesetzlicher Gegebenheiten nicht verhindert werden. Unter Berücksichtigung der Abstrahlverhältnisse von Mobilfunkantennen ist die geringste Strahlung unterhalb der Antenne zu erwarten. Wie sich hier der Bunker (befürchtete Reflexionen) auswirkt, kann nicht beurteilt werden. Die Entscheidung, hier eine Kinderkrippe einzurichten, muss der Arbeiterwohlfahrt als Träger überlassen werden.

 

Kolpingstraße 14:

Dieser Standort ist nicht unmittelbar benachbart zu dem Kindergarten Kolpingstraße 17. Hier liegt ein Sportplatz dazwischen.

 

Lagerstraße 14:

Die Grundschule Lehenstraße 15/Zehentweg 5 sowie der Hort des Internationalen Bundes Zehentweg 5 bestehen seit September 2011 nicht mehr. Die benachbarte Wohnbebauung wird im Rahmen der Leitlinien nicht betrachtet.

 

Rosenstraße 50:

Die Kinderkrippe im Anwesen Löwenplatz 2 befindet sich etwas zurückgesetzt, somit liegen andere Gebäude zwischen der Krippe und dem Antennenstandort.

 

Stiftungsstraße 40:

Altersheime zählen nicht zu den sensiblen Einrichtungen im Sinne der Leitlinien. Bei Gründung des Runden Tisches wurde seinerzeit nur über den Schutz von Kindern und Jugendlichen diskutiert.

 

 

 

 

3.    Resümee

 

In Deutschland werden ca. 109 Millionen Mobilfunkgeräte betrieben. Damit dies überhaupt möglich ist, muss die entsprechende Infrastruktur geschaffen werden. Die 4 Mobilfunk-Unternehmen erfüllen hier einen Versorgungsauftrag, für den der Gesetzgeber die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen hat.

 

In einer Großstadt wie Fürth ist es auf Grund der großen Ausdehnung nicht möglich, zu Schulen und Kindertagesstätten, zu Wohngebieten und Altersheimen Abstände einzuhalten, die im Hinblick auf die Belastung das Maß Null ermöglichen. Daher wurde eine Grenzwertdiskussion im Rahmen des Runden Tisches ausgeschlossen. Da DECT - Telefone und WLAN kein Mobilfunk darstellen, sind sie kein Thema des Runden Tisches Mobilfunk.

 

Entsprechend den Leitlinien findet keine weitere Diskussion der als unkritisch eingestuften Standorte statt. Allerdings ist im Umweltausschuss von den Ergebnissen des „Runden Tisches“ öffentlich zu berichten. Dieser Bericht erfolgte letztmals in der Sitzung des Umweltausschusses am 07.03.2012.

 

Letztendlich steht zu erwarten, sofern „keine Einigung zustande kommt bzw. alternative Standorte nicht denkbar sind, dass die Mobilfunknetzbetreiber die Standorte entsprechend den Vorschriften der 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung verwirklichen.“ In der Vergangenheit haben sie davon immer (rechtmäßig) Gebrauch gemacht, wobei in der Regel die Entscheidung des Runden Tisches abgewartet wurde.

 

 

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

X

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

X

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 

 

 

 


Schreiben des Bund Naturschutz vom 26.03.2012

Schreiben der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 30.03.2012