Betreff
Vorlage zum Antrag der SPD-Fraktion vom 10.06.2015 - Verbot von Wildtieren in Zirkussen
Vorlage
OA/145/2015
Art
Beschlussvorlage - AB

Der Umweltausschuss nimmt die Vorlage der Verwaltung zur Kenntnis.


Das Zurschaustellen von Tieren im Zirkus bedarf einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. d TierSchG, die nur unter bestimmten Voraussetzungen (Sachkunde, Anforderungen des Tierschutzes, Räumlichkeiten u.a.) erteilt werden darf. Ein generelles Wildtierverbot gibt es insoweit aber nicht. Die Erlaubnis beinhaltet die jeweiligen Tierarten und deren zulässige Höchstzahlen und ist in der Regel mit Auflagen verbunden. Zuständig ist die Behörde des Betriebssitzes (häufig die Behörde in deren Zuständigkeitsbereich sich ein Winterquartier befindet). Auch wenn nach hiesiger Einschätzung kaum noch entsprechende Erlaubnisse für Zirkusbetriebe mit exotischen Wildtieren neu ausgestellt werden, weil die Vorgaben an die Tierhaltung von Wanderzirkussen kaum erfüllt werden können, so gibt es doch noch Zirkusbetriebe, die rechtmäßig über eine entsprechende Erlaubnis verfügen.

 

Sofern Zirkusse in Fürth gastieren und Tiere zur Schau stellen wollen, müssen sie natürlich eine entsprechende Erlaubnis nachweisen. Dies wird bei den obligatorischen Überprüfungen durch die Amtstierärzte genauso überwacht, wie das Tierbestandsbuch und die jeweiligen Haltungsbedingungen. Vorinformationen von anderen Veterinärbehörden, sofern der nächste Gastspielort bekannt ist, sind hier hilfreich. In den letzten Jahren ist zu beobachten, dass kaum noch Voranmeldungen durch die Zirkusunternehmen, die Tiere zur Schau stellen, erfolgen. Manches Gastspiel wurde auch erst durch Werbeaktionen oder Mitteilungen aus der Nachbarschaft bekannt. Auch Zirkusse mit Wildtieren (z.B. mit einem Bären und einem Flusspferd), gastierten jeweils auf privaten Grundstücken im Stadtgebiet. Obwohl eine Erlaubnis nach dem Tierschutzgesetz vorgelegt werden konnte, waren die Haltungsbedingungen der Tiere aus veterinärrechtlicher Sicht jeweils gerade noch akzeptabel, bzw. Nachbesserungen erforderlich. Auch aus sicherheitsrechtlichen Gründen bestanden Bedenken und es wurden entsprechende Auflagen getroffen.

 

Im Tierschutzgesetz ist ausdrücklich festgelegt, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Insbesondere sind Tiere artgerecht unterzubringen, weshalb für exotische Wildtiere unter Umständen geräumige Auslauf- und Bademöglichkeiten oder sogar eine Klimatisierung erforderlich sind. Außerdem müssen Ernährung und Gruppenzusammensetzung arttypisch gestaltet und ein artgemäßes Verhalten möglich sein.

 

Diese Vorgaben sind laut Gesetz auch auf Reisen sicherzustellen. Wanderzirkusse sind jedoch meist nicht in der Lage, den an sie gestellten hohen Anforderungen hinsichtlich einer adäquaten Umgebung für Wildtiere wirklich gerecht zu werden. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz sind daher fast zwangsläufig vorprogrammiert, auch wenn Zirkustiere heute i. d. R. nicht mehr aus der freien Wildbahn stammen, sondern in menschlicher Obhut geboren wurden.

 

Die Haltung von Wildtieren in reisenden Zirkussen ist deshalb in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik geraten: einer repräsentativen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen zufolge finden aktuell rund zwei Drittel der befragten Bundesbürger Wildtiere im Zirkus nicht mehr zeitgemäß.

 

Während es in vielen Zoos im Verlauf der letzten Jahrzehnte durchaus gelungen ist, Verbesserungen bei Standards wie z. B. Gehegegröße und Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, ist dies in Zirkussen nicht erfolgt und praktisch auch nicht realisierbar. So können die Tiere wegen der häufigen Standortwechsel normalerweise nicht ihren Instinkten folgen und z. B. weder individuelle Reviere anlegen, noch soziale Kontakte im üblichen Sinn pflegen.

 

Die „Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen“ formulieren lediglich Mindestanforderungen, doch selbst diese werden oft noch unterschritten. Denn die für die Tiere Verantwortlichen besitzen häufig weder genügend finanzielle Mittel, noch das nötige fachspezifische Wissen. Wildtieren im Zirkus mangelt es deshalb nicht selten sowohl an angemessener und ausreichender Ernährung, als auch an der Möglichkeit, ihre angeborenen Bedürfnisse artgerecht ausleben zu können.

Dressur und Zurschaustellen von Wildtieren dienen stattdessen letztlich nur als Mittel zum Zweck, um die Zuschauerzahlen und damit die gefährdete Existenz zahlreicher Wanderzirkusse zu sichern.

 

Der Bundesrat forderte daher schon 2003 und 2011 ein Wildtierverbot in Zirkussen, wie es in 18 anderen europäischen Ländern – u. a. in Österreich, Polen, England, Schweden, Dänemark, Belgien und den Niederlanden – bereits gilt und stimmte darüber hinaus für ein grundsätzliches Haltungsverbot für Wildtiere, insbesondere Affen, Bären und Elefanten. 

 

Auch die Bundestierärztekammer unterstützt angesichts umfangreicher neuer Erkenntnisse über die Bedürfnisse von Wildtieren seit geraumer Zeit gemeinsam mit diversen Tierschutz- und Umweltschutzverbänden aus fachlicher Sicht eine bundesweit einheitliche Untersagung von Wildtieren im Zirkus. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass in einem reisenden Zirkus insbesondere bei Affen (nicht menschliche Primaten), Bären, Elefanten, Giraffen, Nilpferden, Flusspferden und Nashörnern deren Verhaltensansprüche schon im Grundsatz nicht erfüllt werden können. Ferner seien vermehrte Zwischenfälle mit den genannten Tierarten und Ausbrüche von Zirkustieren auffällig, die auch die Bevölkerung immer wieder gefährden.

 

Wie aus den Leitlinien des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen zu entnehmen ist, werden die Tierarten Menschenaffen, Tümmler, Delfine, Greifvögel. Flamingos, Pinguine, Nashörner, Wölfe, Giraffen für die Haltung in Zirkussen als ungeeignet, Elefantenbullen als zu gefährlich angesehen.

 

Bereits im Jahr 2008 hat die Stadt Fürth Überlegungen angestellt,  wie Zirkusgastspiele mit Wildtieren im Stadtgebiet verhindert werden können. In der Referentensitzung am 16.07.2008 wurde beschlossen, eine verwaltungsinterne Lösung zu suchen. Es sollte eine innerdienstliche Weisung erteilt werden, wonach Zirkusunternehmen oder ähnlichen Veranstaltern städtische Grundstücke künftig nicht mehr überlassen werden, wenn sie bestimmte exotische „Wildtiere“ (Menschenaffen, Tümmler, Delfine, Greifvögel, Flamingos, Pinguine, Nashörner, Wölfe, Giraffen, Elefanten und Affen) mitführen oder zurschaustellen. Dies sollte künftig vertraglich ausgeschlossen werden. Seither wird stadtintern entsprechend verfahren und Zirkusse mit den genannten Tierarten nicht mehr auf städtischen Flächen zugelassen.

 

Auch wenn die Regelung der Stadt Fürth keinen Einfluss auf die Gepflogenheiten von Privateigentümern (z.B. Landwirten) nehmen kann, so hat sie sich h. E. dennoch bewährt. Evtl. könnten weitere exotische oder gar sämtliche Wildtiere einbezogen werden.

 

Im Zusammenhang mit der Verweigerung von Platzvergaben an Wanderzirkusse mit exotischen Wildtieren sind zwei unterschiedliche Urteile zu erwähnen:

 

Das VG Chemnitz (Beschluss vom 30.07.2008, Az. 1 L 206/08) verneint eine Verweigerung der Platzvergabe – gehandelt hat es sich um einen entsprechend öffentlich gewidmeten (Volksfest-)platz - an einen Zirkusbetrieb mit exotischen Wildtieren, da dies ein so schwerwiegender Eingriff in die Berufsausübung wäre, dass dafür eine bundesgesetzliche Vorgabe Voraussetzung wäre.

 

Das VG München (Urteil vom 06.08.2014, Az. M 7 K 13.2449) hat hingegen in einem Eilbeschluss erklärt, dass eine Platzvergabe sehr wohl abgelehnt werden dürfe.

 

Gehandelt hat es um einen Volksfestplatz der zwar nicht entsprechend gewidmet war, bei dem das Gericht jedoch davon ausgegangen ist, dass der Platz eine aufgrund langjähriger Übung konkludent gewidmete öffentliche Einrichtung im Sinne des Art. 21 GO darstellt, bei deren Benutzung zwischen dem Anspruch auf Zugang zu unterscheiden ist, der sich regelmäßig nach öffentlichem Recht beurteilt, und den Modalitäten der Benutzung, die auch privatrechtlich ausgestaltet sein können und über die gem. § 13 GVG vor den ordentlichen Gerichten gestritten werden müsste.

 

Nach der Entscheidung des VG München ist es für die Kommunen zulässig, die Nutzung ihrer Liegenschaften in personeller und sachlicher Hinsicht zu regeln.

 

Ein auf dem Festplatz zugelassener Zirkus, auf den sich der Kläger im Sinne der Gleichbehandlung berief, führte keine Großtiere mit sich.

 

Das Gericht stellte fest, dass der Ausschluss des Zirkusses nicht gegen höherrangiges Recht verstoße. Bei der Ausgestaltung einer öffentlichen Einrichtung komme der Gemeinde eine Gestaltungsprärogative zu. Es unterliege der Ausgestaltungsbefugnis der Gemeinde den räumlichen und inhaltlichen Umfang der Nutzung des Volksfestplatzes sowie das Gesamtbild der dort stattfindenden Veranstaltungen zu bestimmen. Da keine Willkür vorliege, sei mit der Einschränkung der Widmung auch kein Verstoß gegen die verfassungsmäßig geschützten Rechte der Berufs- und Kunstfreiheit oder des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs verbunden.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag: