Betreff
Städtischer Veranstaltungskalender für die Jahre 2015 ff
Vorlage
RA/016/2015
Art
Beschlussvorlage - AL

Der Stadtrat stimmt dem Verwaltungsvorschlag für die Eckpunkte zum Thema „Sonderveranstaltungen und Feste“ für die Jahre 2015 ff. zu.


Zum Thema „Sonderveranstaltungen und Feste“ ergingen bislang fünf richtungsweisende Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtes Ansbach sowie des VGH München:

 

1.         „Fürth-Festival 2013“, Urteil Az. 10 K 13.01200

 

In diesem Verfahren obsiegte die Stadt Fürth gegen vier Kläger, die festgestellt wissen wollten, dass „der Erlaubnisbescheid der Stadt Fürth rechtswidrig sei“.

In diesem Erlaubnisbescheid hatte die Stadt Fürth der Vision die Durchführung des 16. „Fürth-Festivals“ auf öffentlichem Verkehrsgrund im Juli 2013 gestattet.

 

Inhalt waren u. a. Musikdarbietungen bis 23.00 Uhr am Freitag und Samstag sowie am Sonntag um 20.00 Uhr. Livemusik auf den Spielstätten Gustavstraße und Waagplatz mussten am Freitag und am Samstag bereits um 22.00 Uhr beendet sein.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen, das Urteil ist rechtskräftig.

 

2.         In Sachen Weinfest 2014, Az. AN 10 S 14.011 76 unterlag die Stadt teilweise.

 

Auf Antrag von Anwohnern ordnete das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Genehmigungsbescheid der Stadt soweit an, als eine Erlaubnis über 22.00 Uhr hinaus erteilt wurde.

Nach dieser Entscheidung musste also das Weinfest um 22.00 Uhr beendet sein, nicht, wie geplant, um 23.00 Uhr.

Wegen Unwirtschaftlichkeit sagte die Wirtegemeinschaft daher für 2014 das Weinfest ab, für 2015 wurde ebenfalls abgesagt.

 

3.         Hinsichtlich Grafflmarkt im Herbst 2014 erließen VG Ansbach und nach Beschwerde auch der VGH München, Az. 22 CS 14.2013 Beschlüsse dahingehend, dass die gaststättenrechtlichen Gestattungen, mit denen die Außensperrzeit auf 01.00 Uhr verkürzt wurde, aufgehoben wurden und bereits um 22.00 Uhr die verdichtete Außengastronomie zu Ende sein musste.

 

Die tragenden Gründe insbesondere im Beschluss des VGH München lauteten sinngemäß:

„Angesichts der Geräuschbelastung, der sich die Anlieger der Gustavstraße aufgrund der dort vorhandenen Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen fortwährend ausgesetzt sehen, vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Gestattung vom 01.09.2014 lärmträchtige Betätigungen nur während einer einzigen Nacht zulässt.“

 

„Nach der Aufstellung, die der Antragsteller … vorgelegt hat, finden in der Gustavstraße bzw. in einem näheren Umfeld Veranstaltungen, die mit einer ähnlich hohen Lärmbelastung der Anwohner einhergehen, vielmehr in großer Zahl und in engem zeitlichen Abstand statt.“

 

4. Grafflmarkt Sommer 2015, VG Ansbach Az. AN 4 K 15.00929-AN 4 S 15.00953: Hier ordnete das VG Ansbach, der VGH-Entscheidung vom Herbst 2014 folgend, das Ende der Gastronomie um 22 Uhr an. Im Beschwerdeverfahren vor dem VGH kam es auf Anraten des Gerichts zu einer Einigung auf Gastronomieende 24 Uhr.

 

5. Bühne am Waagplatz beim Grafflmarkt Sommer 2015, Az. AN 10 S 17.00977: Das von der Stadt festgesetzte Musikende, verstärkt 21 Uhr, vollständig 22 Uhr, bei Einpegelung auf 80 dB(A), wurde vom VG Ansbach bestätigt.

 

Bei den Entscheidungen Ziff. 4 und 5 aus dem Jahr 2015 spielten gesetzgeberische bzw. ministerielle Aktivitäten eine Rolle.

 

So hat die Bayerische Staatsregierung, Wirtschaftsministerium, am 23.12.2014 Handreichungen erlassen als Hilfestellung für die Kommunen, wie im „Regelbetrieb“ die Nachtzeit von 22.00 Uhr gemäß TA-Lärm auf 23.00 Uhr hinausgeschoben werden kann.

 

Des Weiteren erklärte die Bayerische Staatsregierung aufgrund eines Beschlusses des Landtags die „Freizeitlärmrichtlinie LAI“ mit Schreiben vom Mai 2015 für anwendbar.

 

Nach dieser Richtlinie, die u. a. für Volksfeste und andere Aktivitäten im öffentlichen Raum, so auch die Sonderveranstaltungen der Stadt Fürth gilt, soll bei seltenen Ereignissen gelten:

a)         Sofern bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dBA tags- und/oder 55 dBA nachts zu erwarten sind, ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen

b)         Überschreitungen eines Beurteilungspegels von nachts 55 dBA nach 24.00 Uhr sollten vermieden werden

c)         In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein.

 

Einzelfragen zu dieser Richtlinie sind aber noch strittig, insbesondere ist deren Abwendung auf Gastronomie fraglich. Sie kann jedenfalls nicht alle gewünschten bzw. früher stattgefundenen Veranstaltungen absegnen, so das VG Ansbach im jüngsten Beschluss (oben Ziff. 5):

 

„Das Gericht weist jedoch vorsorglich darauf hin, dass die Anwendbarkeit von Ziffer 4.4. der Richtlinie maßgeblich davon abhängt, dass eine derartige Sonderfallbeurteilung nur in zahlenmäßig eng begrenzten Fällen zulässig ist (vgl. Ziff. 4.4.1).

Ferner ist die in Ziffer 4.4.2. genannte Anzahl von 18 Tagen pro Kalenderjahr zum einen wohl zwar keine absolute Obergrenze, vor allem aber keine unbedingte, pauschale und „garantierte“ Mindestzahl von möglichen Sonderbeurteilungsfällen/Tagen pro Kalenderjahr.

Wenn auch das Gericht in seiner Entscheidung vom 23. Juni 2014 (AN 10 K 13.01200) das „Fürth-Festival“ als – der Sache nach – grundsätzlich (heute) unter Ziffer 4.4. der Richtlinie fallend angesehen hat, ist es jedoch offen, ob etwa alle Veranstaltungen, welche die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 22. Juni 2015 genannt hat, bei aufsummierender Betrachtung einer Sonderbeurteilung unterfallen werden können.“

 

Angesichts der Freizeitlärmrichtlinie sowie der Begründung der ergangenen Urteile, die eine drastische Senkung der „Gesamtlärmfracht in der Gustavstraße und am Waagplatz“ fordern, schlagen wir folgenden Veranstaltungskalender vor:

 

1.         Stadtfest:

 

Wird in Gustavstraße und am Waagplatz nicht mehr veranstaltet. (war bereits 2014 und 2015 so).

 

 

2.         Weinfest

 

Wurde und wird 2014/2015 nicht veranstaltet, die Stadt möchte sich die Option auf Durchführung eines weiteren Festes, möglicherweise eines Weinfestes, jedoch offenhalten. Die Stadt könnte sich vorstellen, diese Option an das in München angepeilte Mediationsergebnis anzulehnen, ein Fest über vier Tage mit folgenden Sperrzeiten der Gastronomie:

Donnerstag                                                    23.00 Uhr

Freitag und Samstag jeweils                         23.30 Uhr

Sonntag                                                         22.00 Uhr

 

Musik nur unverstärkt, Ende 22 Uhr.

 

3.Fürth-Festival

 

a) In der Gustavstraße wird keine Bühne aufgestellt, bezüglich Gastronomie gilt Regelbetrieb (keine Verdichtung)

 

b) Am Waagplatz Beibehaltung einer Bühne, Musikende

Freitag/Samstag                                            22.00 Uhr

Sonntag                                                         20.00 Uhr

Ausschankwägen oder –stände auf den konzessionierten Freischankflächen während der Musikzeiten zulässig, aber keine verdichtete Bestuhlung.

 

c) Andere Spielstätten in der Altstadt (Grüner Markt, Kirchenplatz) bleiben unverändert.

 

d) An allen Altstadtbühnen Begrenzung des Schalldruckpegels  je nach Platzgröße (Waagplatz z.B. auf 80 dB(A), siehe oben Beschluss Ziffer 5. des VG Ansbach zur Bühne Waagplatz).

 

e) Eine Verlagerung der Rockveranstaltungen zum Kufo wäre sinnvoll, ebenso die Zuweisung „leiserer“ Musikarten in die Innenstadt.

 

 

4.         Klezmer-Festival:

Es sind Musikdarbietungen von 19.00 Uhr bis 22.00 Uhr in den Gaststätten zulässig (bei Gaststätten bereits bestehende Einschränkungen bleiben unverändert), im Übrigen gilt Regelbetrieb.

Höfefest, Stadtverführungen, Tag des offenen Denkmals und verkaufsoffene Sonntage bleiben selbstverständlich zulässig. In den Gaststätten findet jedoch Regelbetrieb statt.

Diese Veranstaltungen sind immissionsschutzrechtlich ohne Bedeutung.

 

 

5.         Grafflmärkte:

 

Sowohl bei Frühjahrs- als auch Herbstgrafflmarkt am Freitag Außensperrzeit 24.00 Uhr, Innensperrzeit 02.00 Uhr.

 

Am Samstagmorgen ab 07.00 Uhr gilt Regelbetrieb (also Rückführung der Verdichtung). Marktende am Freitag ist ebenfalls 24.00 Uhr, Verkaufstätigkeiten enden um 22.00 Uhr.

Am Samstag endet der Markt um 16.00 Uhr. Aufbau, Markt und verdichtete Bewirtungsflächen Freitag ab 07.00 Uhr, Abbau Samstag bis 17.00 Uhr. Lärmintensive Aufräumarbeiten sind nach Beginn der Sperrzeit nicht gestattet (also Freitagnacht nicht, erst wieder am Morgen).

 

Bühne am Waagplatz: verstärkt bis 21 Uhr, unverstärkt bis 22 Uhr, Einpegelung auf 80 dB(A).

 

6.         Fußballfeiern:

 

In der Gustavstraße werden in Zusammenhang mit Fußballspielen der Spielvereinigung keine Verdichtung der Freischankflächen, keine Ausschankstellen und keine Sperrzeitverkürzung zugelassen.

           

Hinweis:

Es kann aber nicht in jedem Fall verhindert werden, dass sich Fußballfans vor und nach dem Spiel in der Gustavstraße aufhalten (spontane Zusammenkünfte).

 

 

7.         Fürthlauf und Metropolmarathon:

 

Diese werden weiterhin durch die Gustavstraße geführt.

Auch hier ergab eine Lärmprognose,  dass beide Läufe immissionsmäßig ohne Bedeutung sind.

 

 

8.         Am Waagplatz finden noch statt

 

a) Deutsch-Griechisches Freundschaftsfest Xylokastro: Samstag, 17.00 – 23.00 Uhr, Livemusik, Musikende 22.00 Uhr

b) Weihnachtsmarkt : 10 Tage, 2 Wochenende, Montag bis Freitag 16.00 Uhr-20.00 Uhr, Samstag/Sonntag 13.00 – 20.00 Uhr

 

 

9. Verbotsklausel:

 

Ein absolutes Verbot neuer Feste für die Zukunft kann es nicht geben.

 

Die Stadt sagt zu, dass Erweiterungen der genannten Feste sowie die Zulassung neuer Feste in der Gustavstraße und am Waagplatz nur im Rahmen der aktuell geltenden Außensperrzeit (also derzeit mit maximal 23.00 Uhr) zugelassen werden.

 

Zusammenfassung:

 

In der Gustavstraße wird es damit an „sehr seltenen Ereignissen“ – also bis 24 Uhr -  während des gesamten Jahres nur noch zwei Tage, nämlich die beiden Grafflmarkt-Freitage, geben.

 

Am Waagplatz gibt es im Regelfall vier seltene Ereignisse, nämlich zweimal Grafflmarkt, einmal „Fürth-Festival“, sowie Freundschaftsfest Xylokastro (Ende 23.00 Uhr).

 

Im Jahr 2015 kommt als fünftes Ereignis am Waagplatz noch das 40-jährige Fest des Altstadtvereins hinzu, bei dem allerdings um 22.00 Uhr Ausschankende ist, Musikende bereits 20.00 Uhr.

 

In begründeten Ausnahmefällen muss sich die Stadt vorbehalten, die Altstadt unter bestmöglicher Wahrung des Nachbarschutzes in andere Ereignisse mit einzubeziehen – absehbar ist z.B. bereits jetzt 2018 das Stadtjubiläum „200 Jahre Stadterhebung“.  Inhaltlich wird dabei der kulturhistorische Aspekt eindeutig im Vordergrund stehen und nicht der Krawall.

 

 

Zur Abrundung des Bildes muss auch die Situation in Gustavstraße und am Waagplatz außerhalb von Sonderveranstaltungen gesehen werden, zum sog. Alltags- oder Regelbetrieb.

 

Dieser wird wie folgt aussehen:

 

1.         Die Sperrzeit in der Gustavstraße und am Waagplatz beginnt für die Freischankflächen einheitlich um 23.00 Uhr, bezüglich der Innensperrzeit bleibt es im gesamten Altstadtbereich bei 02.00 Uhr.

 

2.         Eine pauschale Kürzung der Freischankflächen (wie in der Mediation angedacht) findet nicht statt, da es bei der derzeitigen Bestuhlung während der Tagzeit keine Grenzwertüberschreitungen gibt.

 

3.         Hinweis: Nach Auffassung der Stadt Fürth endet die Tagzeit um 23.00 Uhr, wobei die Stadt zulässigerweise den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde gemäß TA-Lärm hinausschieben durfte (strittig; bejahend die Handreichung des Staatsministeriums; diese zentrale Frage wird im Berufungsverfahren vor dem VGH einer Klärung zugeführt).

 

4.         Die Sperrzeit für die „Löwenbar“ wird durchgängig auf 02.00 Uhr festgesetzt, die Sperrzeitverkürzung für Freitag und Samstag bis 04.00 Uhr entfällt ab August 2015.

 

5.         Während Grafflmarkt und gegebenenfalls anderer Feste wird die Sperrzeit für die Betriebe wie „Michaelis“, „Tiekings“, „Wein und Meer“ wie bei den Gaststätten in der Gustavstraße festgesetzt.

 

 

Damit ist die Verwaltung den Aufträgen aus der Rechtsprechung nachgekommen, nämlich die „Gesamtlärmfracht“ in der Gustavstraße deutlich zu reduzieren.

 

Die Verwaltung plant, diesen Veranstaltungskalender in die laufenden Verfahren einzuführen.

 

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag: