Betreff
Lärmschutz in der Altstadt; hier Waagplatz - Konsequenzen aus dem Berufungsurteil des VGH 22 BV 13.1686
Vorlage
Rf. III/077/2016
Art
Beschlussvorlage - R

 

  1. Der Stadtrat schließt sich der Abwägung der Verwaltung an und beschließt:

    Auf dem Waagplatz und in der Waagstraße zwischen der Einmündung in die Gustavstraße und dem Waagplatz wird der Beginn der Nachtzeit gemäß Ziff. 6.4. Abs. 2 TA Lärm auf 23 Uhr hinausgeschoben. Dies gilt für die Nächte, die einem Samstag oder einem Sonntag oder gesetzlichen Feiertag vorangehen. Betroffen sind die Gaststätten in der Waagstraße und Gaststätten, deren Freischankflächen sich auf dem Waagplatz / in der Waagstraße befinden (auch auf Privatgrund mit Zugang von der Waagstraße aus).

  2. Im Falle von Veranstaltungen, für die gemäß den Hinweisen des Länderausschusses Immissionsschutz (LAI-Hinweise) eine Sonderfallprüfung durchzuführen ist, einschließlich des damit zusammenhängenden Gaststättenbetriebs, gilt das Veranstaltungskonzept gemäß Beschluss des Stadtrats vom 29.07.2015, geändert durch Stadtratsbeschluss vom 16.03.2016 Ziffer VI. (Ende der Innen- und Außensperrzeit bei den Grafflmärkten jeweils um 24 Uhr, siehe jedoch Sachverhalt Ziff. II).

 

 

 

 

  1. Aufträge an die Verwaltung

1. Die Verwaltung wird beauftragt, zur Umsetzung der „Wochentags-Regelung“ einen Auflagenbescheid für die Freischankflächen im unter I. genannten Bereich zu erlassen, wonach die Nutzung der Freischankflächen in den Nächten von Sonntag bis Donnerstag um 22 Uhr, in den Nächten von Freitag und Samstag und vor gesetzlichen Feiertagen um 23 Uhr beendet sein muss.


2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Wirte im Bereich gemäß Ziffer I mittels Verwaltungsakt zu verpflichten, dergestalt auf die Raucher  unter den Gästen einzuwirken, dass der Raucherlärm soweit wie möglich minimiert wird, sowie deren Verhalten zu kontrollieren. Ferner soll klargestellt werden,

- dass  das  Verabreichen von Speisen und Getränken so rechtzeitig einzustellen ist, dass der Betrieb der Freischankfläche mit Eintritt der festgesetzten Sperrzeit vollständig beendet und der zurechenbare Straßenverkehr abgewickelt sind

-        sowie nach Eintritt der Sperrzeit Arbeiten, die geeignet sind, die Nachtruhe der Anwohner zu stören (z. B. Aufräumen, Zusammenstellen von Tischen und Stühlen), nicht mehr durchgeführt werden dürfen

 - und Lieferungen, einschließlich des Wartens der Lieferfahrzeuge, vor 7 Uhr zu unterlassen         sind.

-        Die Verwaltung wird weiter beauftragt, die Einhaltung dieser Verpflichtung im Rahmen des personell Möglichen stichprobenartig unangekündigt zu kontrollieren.

 

3. Die Verwaltung wird weiter beauftragt, den Gaststätten im Bereich gemäß Ziffer I im Wege eines Auflagenbescheids Folgendes aufzuerlegen:

1.     Die Abgabe von Flaschenbier, alkoholfreien Getränken und sonstigen Getränken, die in der Gaststätte verabreicht werden, über die Straße bzw. an Stehgäste und Passanten ist täglich in der Zeit von 15:00 Uhr bis 22:00 Uhr nicht gestattet. Ausnahmen kann die Stadt Fürth im Zusammenhang mit genehmigten Veranstaltungen zulassen.

 

2.      Die Bewirtung von Stehgästen und Passanten auf der Freischankfläche oder außerhalb der Freischankfläche ist nicht gestattet. Ausnahmen kann die Stadt Fürth im Zusammenhang mit genehmigten Veranstaltungen zulassen.

 

3.      Raucherinnen und Raucher, die den Innenraum der Gaststätte verlassen, dürfen auf den Freischankflächen weder innerhalb noch außerhalb der für diese geltenden Sperrzeit bewirtet werden. Sie dürfen auch keine Getränke mit nach außen nehmen. Gleiches gilt für Raucherinnen und Raucher, die sich außerhalb der Freischankflächen aufhalten. Von dieser Regelung unberührt bleibt die rechtmäßige Nutzung der in der Gaststättenerlaubnis festgelegten Sitzplätze der Freischankflächen. Ausnahmen kann die Stadt Fürth im Zusammenhang mit genehmigten Veranstaltungen zulassen.


Dies entspricht den Auflagen, die bereits im November 2013 den Wirten in der Gustavstraße auferlegt wurden.

4. Die Verwaltung wird beauftragt, sobald als technisch möglich und sobald ein Messpunkt gefunden werden konnte, auch im Bereich Waagstraße/Waagplatz eine Messkampagne einschließlich Audioaufzeichnung durchzuführen und die Ergebnisse auszuwerten. Dem Stadtrat soll spätestens in der Sitzung vom Januar 2017 ein detaillierter Bericht mit Evaluation der unter Ziffer I beschlossenen Nachtzeitverschiebung vorgelegt werden.

 


  1. Hinausschieben der Nachtzeit

a)    Ein Anwohner des Waagplatzes hat mit E-Mail vom 13. März 2016 beantragt, dass die Regelungen, die gemäß VGH-Urteil vom 25.11.2016 für die Gustavstraße gelten, auf den Waagplatz übertragen werden sollen.

 

Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Darstellung der Anforderungen des Verwaltungsgerichtshofs in der Beschlussvorlage Rf. III/072/2016 zum Stadtrat am 16.03.2016 verwiesen.

 

In Kürze zusammengefasst:

Nahezu alle gängigen Regelwerke zur Lärmbeurteilung lassen die Nachtzeit im Regelfall um 22.00 Uhr beginnen. Ausnahmen sieht insbesondere Nr. 6.4 Abs. 2 der TA Lärm vor. Für die Entscheidung hierüber ist der Stadtrat zuständig. In seinem Beschluss müssen ausweislich von Rz. 83 des Urteils die Tatbestandsvoraussetzungen der Nummer 6.4 Abs. 2 TA Lärm dargelegt, ihre Erfüllung nachgewiesen und die anzustellenden Ermessenserwägungen aufgezeigt werden.

 

b) Tatbestandsvoraussetzungen der Ziff. 6.4. Abs. 2 TA Lärm

 

Die Vorschrift lautet:

Die Nachtzeit kann bis zu einer Stunde hinausgeschoben oder vorverlegt werden, soweit dies wegen der besonderen örtlichen oder wegen zwingender betrieblicher Verhältnisse unter Berücksichtigung des Schutzes vor schädlichen Umwelteinwirkungen erforderlich ist. Eine achtstündige Nachtruhe der Nachbarschaft im Einwirkungsbereich der Anlage ist sicherzustellen.

(1) Sicherstellung einer 8 stündigen Nachtruhe

Dem Urteil sind zu diesem Tatbestandsmerkmal folgende wesentliche Punkte zu entnehmen: 

·         Zum Ausschluss der Gesundheitsgefährdung gilt die „absolute Grenze“  von 60 dB(A) in der Nachtzeit (Rz. 90).

·         Die Bewohner müssen das Maß an Ruhe finden, das sie nach Maßgabe des Bebauungsplans und/oder der Eigenart der Umgebung „schutzwürdig erwarten dürfen“. (Rz. 91)

·         Geräusche aus getrennten Quellen (also Gastronomie/Verkehr/nicht Gaststätten zuzurechnende Personen) dürfen getrennt betrachtet werden, außer ihre Summe überschreitet die gesundheitsschädlichen 60 dB(A). (Rz. 92/93)

·         Nachtruhe ist also dann gegeben, wenn an allen maßgeblichen Immissionsorten in dem Gebiet, für das das Hinausschieben gelten soll, die Richtwerte der TA Lärm als auch der Sonderregelwerke gilt.  (Rz. 94)

Hierzu kann schon einmal festgehalten werden, dass die absolute Grenze von 60 dB(A) Gesamtbelastung ausweislich der Messkampagne 2013 in der Gustavstraße in Nächten außerhalb von seltenen bzw. sehr seltenen Ereignissen immer gewahrt gewesen ist.  Aus schalltechnischer Sicht kann davon ausgegangen werden, dass am Waagplatz ähnliche Lärmverhältnisse herrschen und daher auch dort die Gesamtlärmgrenze von 60 dB(A) nicht überschritten wird.

 

Der Nachweis der Einhaltung der Nachtruhe von 45 dB (A) von 23 Uhr bis 7 Uhr ist komplex.

 

Es bestehen im Bereich Waagstraße/Waagplatz genauso wie in der Gustavstraße im Wesentlichen fünf Arten von Lärmquellen, bei denen aber  nur für zwei Arten Regelwerke existieren:

 

·         Gaststättenbetrieb, in der Nachtzeit der Innenbetrieb einschließlich des Zu- und Abverkehrs – Richtwert 45 dB(A) (ohne Raucherlärm, der laut VGH nur minimiert werden muss)

·         Verkehrslärm, wobei zu differenzieren ist nach

o   Straßenlärm–Grenzwert  54 dB(A) (16. BImSchV)

o   Fluglärm –Nachtschutzzone ≥ 55 dB(A) (FluLärmG)

o   Hintergrundverkehrslärm lt. EU-Umgebungslärmkartierung – kein Richt- oder Grenzwert

Passanten, darunter verstehen wir durch die Straße gehende und sich unterhaltende Menschen, die nicht einer Gaststätte zuzurechnen sind. Sie lassen sich wiederum in drei Gruppen unterteilen:

o   heimkehrende Anwohner

o   Durchgangspassanten auf dem Weg zwischen Königstraße und Gustavstraße und umgekehrt

o   Personen, die über den Waagplatz spazieren, weil es sich um einen attraktiven historischen Platz im Herzen der Stadt („gute Stube der Stadt“) handelt.

 

Für diese Emittenten gibt es keinen Richtwert. Auch die dritte Untergruppe ist nicht  den Gaststätten zuzurechnen, solange sie sich nicht in den direkten Eingangsbereich der Gaststätte begeben und damit ihre Zuordnung zur Gaststätte kundtun. Wenn ihr Verhalten eine Lärmbelästigung darstellt (z. B durch Grölen), stellt dies eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 117 OWIG dar. Sie können aber nicht mit einem bestimmten Wert in die Beurteilung eingestellt werden.

Hierzu hat der VGH ausgesagt:

Soweit Schall inmitten steht, der von keinem der vorgenannten Regelwerke erfasst wird, ist er in entsprechender Anwendung derjenigen Normen zu ermitteln und zu bewerten, die unter Berücksichtigung der physikalischen Charakteristik der jeweiligen Geräusche, ihrer typischerweise empfundenen Lästigkeit und der sozialen Wertigkeit der Verhaltensweisen, auf die sie zurückzuführen sind, hierfür am besten geeignet sind. (Rz. 92)

Für Passanten fällt es schwer, einen Richtwert im Wege der Analogie anzunehmen. Menschliche Stimmen liegen zwischen Flüstern (ca. 30 dB(A)) und lautem Schreien (ca. 115 dB(A)). Dazwischen ist alles möglich, je nach Lust und Laune der Einzelnen bzw. der Gruppe. Mehr oder weniger zufällig durchlaufende Passantengruppen müssen als „ortsüblich“, wie in jedem Mischgebiet oder sogar in Wohngebieten, eingestuft werden. Die Stadt kann allenfalls in regelmäßigen Abständen öffentlich zu Rücksichtnahme aufrufen, z.B. in der Stadtzeitung, vergleichbar den ebenfalls regelmäßigen Bitten um Sauberkeit, Wahrnehmung des Winterdienstes o.ä.


Auf Grund der Messungen aus dem Jahr 2013 in der Gustavstraße kann aus schalltechnischer Sicht davon ausgegangen werden, dass auch am Waagplatz ähnliche Lärmverhältnisse herrschen und daher auch dort die Gesamtlärmgrenze von 60 dB(A) nicht überschritten wird. Dies sollte jedoch durch entsprechende Lärmmessungen überprüft werden.

·         Naturgeräusche, hier insbesondere Vogelgesang. Die Vögel erreichen Halbstundenpegel von ca. 50 dB(A) und sind naturgemäß nicht beeinflussbar.
Rechtsprechung hierzu gibt es nur zu Fällen, in denen  es um vom Menschen einigermaßen beherrschbare Tiergeräusche geht (Hundegebell) oder um Naturgeräusche, die durch menschliche Maßnahmen provoziert werden (Gartenteich, der Frösche anlockt). Die Stadt darf h.E. mit Recht davon ausgehen, dass diese Emission nicht in die Beurteilung der zu wahrenden Nachtruhe einfließen muss.

·         Die Kirchenglocken von St. Michael trugen bei der Messung 2013 ebenfalls zur Lärmlandschaft bei, aber nicht in der Nachtzeit. Liturgisches Läuten,  das Spitzenpegel um die 75-80 dB(A) erreicht, findet in der Zeit vor 7 Uhr nicht statt. Das nichtliturgische Läuten, also die Stundenglocken, findet ab 6 Uhr statt und erreicht extrem kurze Spitzenpegel um die 62 dB(A). Auch hier muss man davon ausgehen, dass Stundenglocken auch in allgemeinen und reinen Wohngebieten zu hören wären und daher in einer Weise sozialadäquat sind, dass man sie nicht in die Nachtruheanalyse einstellen muss.

 

Die Umweltingenieurin des Amtes für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz hat zur Wahrung der Richtwerte in der verschobenen Nachtzeit zwischen 23 und 7 Uhr die Schalltechnische Stellungnahme vom 13.06.2016 gefertigt. (Anlage 2)


Aus der Schalltechnischen Stellungnahme geht über zwei verschiedene Nachweiswege hervor, dass die Nachtwerte  zwischen 23 Uhr und 7 Uhr eingehalten werden.  Der Stadtrat stellt damit fest, dass bei Verschiebung des Beginns der Nachtzeit das Tatbestandsmerkmal der ausreichenden Nachtruhe erfüllt ist.

 

(2) besondere örtliche Verhältnisse

Laut VGH geht es dabei um die Üblichkeit bestimmter Schlafenszeiten, nämlich wann die im Gebiet wohnende Bevölkerung nach den Wertungen der Rechtsordnung schutzwürdig erwarten darf, ab 22 Uhr Schlaf zu finden (Rz. 96/97). Das ist bei Wohngebieten immer der Fall. Eine Person dagegen, die in einem faktischen Mischgebiet Wohnnutzung aufnimmt, das „seit langem durch hohen Anteil an Gaststätten gekennzeichnet ist“, müsse damit rechnen, dass die Behörden die Nachtzeit um 23 Uhr beginnen lassen. Bei der Gustavstraße stehe der anwohnerschützende Bebauungsplan in einem Spannungsverhältnis zu der Vielzahl an Gaststätten, die in dieser Menge und Ausprägung bereits vor Erlass des Bebauungsplans 001 gegeben waren, darunter auch lärmtechnisch problematische Lokale. (Rz. 101)

Die Gustavstraße stellt für den Verwaltungsgerichtshof sozusagen eine Mischung zwischen Wohn –und Mischgebiet dar bzw. genauer ein Mischgebiet, das durch den Bebauungsplan 001 in Richtung Wohngebiet verlagert wurde. Daraus folgert er, dass eine Zusammenschau der bauplanungsrechtlichen Festsetzungen mit den prägenden Wirkungen der tatsächlichen Gegebenheiten erforderlich sei, was sich praktisch in der unterschiedlichen Regelung für Wochentage niederschlägt. (Rz. 99)

 

Für den Waagplatz gilt Entsprechendes. Im Anwesen Waagplatz 1 befindet sich eine Gaststätte seit mindestens 01.04.1921. Die Gaststätte im Gebäude Waagplatz 2 besteht seit 15.06.1983, mithin existieren beide Gaststätten seit vor Inkrafttreten des Bebauungsplans 001.

 

Der Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs schließt der Stadtrat sich vollumfänglich an und stellt hiermit fest, dass in der Waagstraße zwischen der Einmündung in die Gustavstraße und auf dem Waagplatz besondere örtliche Verhältnisse im Sinne der Ziffer 6.4 Absatz 2 Satz 1 TA Lärm bestehen. Sachlich betroffen sind die Gaststätten in der Waagstraße und Gaststätten, deren Freischankflächen sich auf dem Waagplatz / in der Waagstraße befinden. Eine der Gaststätten hat ihren Wirtsgarten auf dem Privatgrund; auch für diesen gilt die Regelung.

c) Ermessensbetätigung

Sind die Tatbestandsmerkmale der Ziffer 6.4. TA Lärm erfüllt, muss die Stadt nicht automatisch eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit anordnen. Sie muss vielmehr alle für und gegen diese Maßnahme sprechenden Gesichtspunkte in ihre Entscheidung mit einbeziehen und gewichten.

Dabei sind als relevante Belange in die Ermessensbetätigung einzustellen:

·         das Interesse der Anwohner, dass die Nachtruhe, die ihnen das Gesetz und der Bebauungsplan  während der ganzen Woche zusprechen würde, eingehalten wird;

·         das Interesse der Gastwirte, dass sie wenigstens an den beiden Wochentagen, an denen in Deutschland typischerweise ausgegangen wird, ihre Freischankflächen bis 23 Uhr nutzen und Einnahmen erzielen können;

·         das Interesse der Bevölkerung, an eben diesen Abenden in der „guten Stube“ der Stadt bis 23 Uhr draußen sitzen zu können;

·         das Interesse der Stadt an einem lebendigen Stadtbild und Einkehrmöglichkeiten für Touristen;

·         das öffentliche Interesse an wohnungsnahen und damit ohne Auto erreichbaren Möglichkeiten zum Alkoholgenuss zur Vermeidung von Trunkenheitsfahrten;

·         das öffentliche Interesse an Städten mit einer urbanen Nutzungsmischung von Wohnen, Arbeiten, Bildung, Versorgung und Freizeitgestaltung in den Stadtquartieren“, einer „funktionsgemischte Stadt der kurzen Wege“.

Schon diese bloße Aufzählung zeigt ein gewisses Überwiegen der für die Nachtzeitverschiebung an Wochenenden sprechenden Belange.

Der notwendige Ausgleich für die Belange der ruhesuchenden Anwohner erfolgt erstens durch die überwiegende Zahl der Nächte, an denen die Nachtzeit gesetzeskonform um 22 Uhr beginnt.

Zweitens wird – dazu erfolgt unten eine weitere Beschlussfassung  - in diesem Jahr eine weitere Messkampagne durchgeführt werden, mit der die Einhaltung der Nachtruhe überprüft werden soll. Durch gleichzeitiges Mitlaufen eines Audiobandes können die verschiedenen Lärmquellen zwar nicht hundertprozentig, aber annähernd identifiziert werden. Dem Stadtrat soll dann im Winter berichtet und die Ergebnisse einer kritischen Evaluation zugeführt werden. Kann die Nachtruhe wider Erwarten nicht gewahrt werden, kann die getroffene Regelung nach wenigen Monaten wieder geändert werden.

Dabei spielt die Regelung zum Raucherlärm eine wichtige Rolle. Der Verwaltungsgerichtshof versucht den Widerspruch zwischen Gesundheitsschutzgesetz (Raucher nach draußen) und Lärmschutz dahingehend aufzulösen, dass er für den Raucherlärm nur eine Minimierungspflicht der Wirte annimmt:

Die Konkordanz zwischen den Vorgaben des bundesrechtlichen Verordnungsgebers,

denen zufolge Schank- und Speisewirtschaften in Dorf-, Misch- und Kerngebieten,

sofern durch Bebauungsplan nichts Gegenteiliges bestimmt wird, allgemein zulässig

sind, und der Tatsache, dass der Raucherlärm dazu führen kann, dass die in solchen

Gebieten liegenden Gaststätten die dort geltenden Immissionsrichtwerte (namentlich

zur Nachtzeit) u. U. fortlaufend nicht einzuhalten vermögen, ist vielmehr in der Weise

herzustellen, dass die zuständigen Behörden als befugt anzusehen sind, in Wahr-

nehmung des durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG eröffneten Ermessensspielraums – mit

den nachfolgend darzustellenden Einschränkungen – in (faktischen oder bauplanungsrechtlich festgesetzten) Dorf-, Misch- und Kerngebieten von einem Einschreiten gegen den Gastwirt abzusehen, soweit es zu Überschreitungen des einzuhaltenden Beurteilungspegels aufgrund des Raucherlärms kommt.(…) (Rz. 70)

(Daher) erscheint es vielmehr geboten, dass die Beklagte die Gastwirte in der Gustavstraße zusätzlich verpflichtet, entweder in eigener Person oder durch verantwortliche Beauftragte dann auf vor dem Lokal verweilende Gäste mündlich mit dem Ziel der Lärmminderung einzuwirken, wenn diese – sei es wegen der Länge ihres Aufenthalts dort, sei es wegen der Art oder der Lautstärke des hierbei praktizierten Verhaltens – die gebotene Rücksichtnahme auf die Wohnbevölkerung in der Nachbarschaft vermissen lassen, sie insbesondere den Ordnungswidrigkeitentatbestand nach § 117 Abs. 1 OWiG verwirklichen, und ihnen im Nichtbeachtungsfall Lokalverbot zu erteilen
.(Rz. 73)

Da dies eine Neuerung darstellt, erscheint es sinnvoll, deren Erfolg zu analysieren und dann erneut einen Beschluss zu fassen. Der Verwaltungsgerichtshof sagt selbst, dass die Rechtmäßigkeit der Nachtzeitverschiebung mit davon abhängt, ob die Minimierung des Raucherlärms gelingt. (Rz. 102)

Nach alledem kann die Nachtzeitverschiebung für den genannten Bereich hiermit beschlossen werden.

  1. Betreffend die Veranstaltungen bleibt es bei dem Veranstaltungskonzept gem. Beschluss vom 29.07.2015 mit der Maßgabe, dass bei beiden Grafflmärkten die Innen- und Außensperrzeit auf 24.00 Uhr festgesetzt wird (für den Waagplatz aufgrund eines aktuell anhängigen Gerichtsverfahrens AN 4 S 16.00950, 00952, 00954, VG Ansbach, noch offen).

 

  1. Aufträge an die Verwaltung

Die oben dargestellten Regelungen müssen den Gastwirten im Wege von Auflagenbescheiden auferlegt werden. Zusätzlich sollen den Gaststätten am Waagplatz die Auflagen gegeben werden, die den Wirten in der Gustavstraße bereits im November 2013 zugestellt wurden. Dabei handelt es sich insbesondere um folgende Verbote: Stehgäste auf den Freischankflächen dürfen nicht bewirtet werden und Raucher dürfen keine Gläser mit nach draußen nehmen. Diese Regelungen haben sich bereits bewährt und haben zur Reduzierung des Pegels in der Gustavstraße beigetragen. Entsprechendes ist beim Waagplatz zu erwarten.

Die Verwaltung wird ferner beauftragt, auch am Waagplatz noch im Jahr 2016 eine Messkampagne einschließlich Audioaufzeichnung durchzuführen und die Ergebnisse auszuwerten. Die Messungen sollen sobald wie technisch möglich beginnen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass sie davon abhängig sind, dass ein Anwohner ein geeignetes Fenster zur Messung zur Verfügung stellt. Dem Stadtrat soll spätestens in der Sitzung im Januar 2017 ein detaillierter Bericht mit Evaluation der unter Ziffer I beschlossenen Nachtzeitverschiebung vorgelegt werden.
Hinweis: Da das Messgerät bis Anfang Oktober in der Gustavstraße eingesetzt wird, kann eine Messung am Waagplatz erst danach erfolgen. Die Freischankflächen sind dann zwar nicht mehr in dem Maße pegelerzeugend wie im Sommer, die Minimierung des Raucherlärms und die Immissionen der Zu –und Abgänge aus dem Innenbetrieb werden aber auch im Herbst gut abbildbar sein.

Soweit sich im Zuge der Evaluation der Gustavstraßen-Messungen verwertbare Rückschlüsse auf den Waagplatz ergeben, können Anpassungsmaßnahmen auch vorher angegangen werden.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Stellungnahme Immissionsschutz

Mittlere Liste