Betreff
Lärmschutz in der Vacher Straße - Geschwindigkeitsbeschränkung südlich der Obermichelbacher Straße
Vorlage
SVA/148/2018
Art
Beschlussvorlage - AL

Von den Ausführungen der Verwaltung wird Kenntnis genommen.

Der Empfehlung zu einer Geschwindigkeitsbeschränkung in den Nachtstunden zwischen Schillengraben und Vacher Straße wird beigetreten..


Die Straßenverkehrsbehörde wurde mit der Prüfung beauftragt, ob aus Gründen des Lärmschutzes in der Vacher Straße zwischen Obermichelbacher Straße und Altengraben aus Gründen des Lärmschutzes die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt werden kann. Als Rechtsgrundlage kommt nur § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO in Frage. Bei der Einschätzung, ob die Tatbestandsvoraussetzung „Schutz vor Lärm“ erfüllt ist, ist nicht nur auf die Höhe des Lärmpegels, sondern auf alle Umstände des Einzelfalls abzustellen. Die Lärmschutz-Richtlinien-Straßenverkehr 2007 bieten hierfür eine Orientierungshilfe. Straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen kommen insbesondere dann in Betracht, wenn der vom Straßenverkehr herrührende Beurteilungspegel am Immissionsort einen der folgenden Richtwerte überschreitet (Berechnungsverfahren RLS-90):

 

70 dB(A) zwischen 6:00 und 22:00 Uhr (tags)

60 dB(A) zwischen 22.00 und 6:00 Uhr (nachts)

 

Die Lärmbelastung durch den Straßenverkehr wird u. a. durch die Anzahl der Kraftfahrzeuge, den LKW-Anteil und die gefahrene Geschwindigkeit bestimmt. Weitere Einflussgrößen sind die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche und der Abstand des Immissionsortes zur Mitte des Fahrstreifens.

 

In der durchzuführenden Ermessensabwägung ist unter anderem die Verkehrsbedeutung/Klassifizierung der Straße, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und das Vorliegen eines Lärmaktionsplans zu gewichten. Die o. g. Werte beschreiben die Grenze, ab deren überschreiten sich das Ermessen der Straßenverkehrsbehörde zur Pflicht zum Einschreiten verdichten kann; es ist jedoch auf alle Umstände des Einzelfalls abzustellen, weshalb z. B. bei eine nur geringe Überschreitung der Werte nicht automatisch zur Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung führt.

 

Die Reduzierung der Geschwindigkeit in der Vacher Straße ist als Maßnahmenansatz zur Lärmminderung im vom Stadtrat beschlossenen Lärmaktionsplan nach der EU-Umgebungslärmrichtlinie enthalten (Lärmschwerpunkt, Berechnung nach VBUS).

 

Bei der Vacher Straße handelt es sich um eine Kreisstraße, welche auch vom Linienverkehr (171 und 175) befahren wird. Der im Lärmaktionsplan genannte  Abschnitt ist ca. 825 m lang. Die Verkehrsbelastung der Spitzenstunde beträgt außerhalb der Ferienzeit am Tag 725 Fahrzeuge, in der Nacht 130.

Der Großteil der Verkehrsteilnehmer hält sich an die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h (V85 50 km/h; Vd ≙ 43 km/h, 24-Stunden).  Bezogen auf Nacht- und Tagstunden ergeben sich die in folgender Tabelle dargestellten Geschwindigkeitswerte:

 

22 – 6 Uhr

V85 (km/h)

Vd (km/h)

Tabelle 1: Geschwindigkeitsmessung Vacher Straße stadteinwärts in Höhe HNr. 433/427, Ferienzeit, außerhalb der Ferienzeit wird erfahrungsgemäß aufgrund des höheren Verkehrsaufkommens nicht das gleiche Geschwindigkeitsniveau erreicht.

29.03.-30.03.

53

46

30.03.-31.03.

52

44

31.03.-01.04.

53

47

6 – 22 Uhr

V85 (km/h)

Vd (km/h)

29.03.

49

43

30.03.

50

43

31.03.

50

43

01.04.

51

45

 

Der Gebäudeabstand variiert zwischen ca. 6 m und 22 m. Mit einem Gebäudeabstand von lediglich 6-10 m zur Fahrbahnmitte ist der Streckenabschnitt zwischen Obermichelbacher Straße und Schillengraben besonders gering (ca. 200m). Zwischen Schillengraben und HNr. 411 (Schönblick südl. Einmündung) beträgt der Gebäudeabstand zwischen ca. 10 und 15 m, zwischen HNr. 399 und 385 etwa 10 m (lediglich bei einem Anwesen etwa 9 m). Beim südlichsten Abschnitt zwischen HNr. 375 und Am Altengraben beträgt der Gebäudeabstand über 20 m.

 

Die östliche Straßenseite ist zwischen Am Altengraben und Schönblick unbebaut.

 

Die nach dem Verfahren RLS-90 errechneten Lärmwerte sind in der folgenden Tabelle dargestellt:

 

Mittelungspegel für einen langen, geraden Fahrstreifen nach RLS-90 (Tabelle 2)

 

Vacher Straße

 

 

 

Tag*

Nacht**

Tag*

Nacht**

Tag*

Nacht**

Tag*

Nacht**

 

Maßgebliche stündliche Verkehrsmenge (Spitzenstunde)

725

125

725

125

725

125

725

125

 

Lkw-Anteil (zul. Gesamtgewicht > 2,8t)

4%

4%

4%

4%

4%

4%

4%

4%

 

Straßenoberfläche

 

eben

eben

eben

eben

eben

eben

eben

eben

 

Steigung

 

0%

0%

0%

0%

0%

0%

0%

0%

 

Abstand zur Mitte des Fahrstreifens (m)

5

5

7,5

7,5

10

10

15

15

 

Höhe des Immissionsortes über Fahrstreifen

2,5m

2,5m

2,5m

2,5m

2,5m

2,5m

2,5m

2,5m

 

Grenzwert gem. Nr. 2.1 (dB (A))

70

60

70

60

70

60

70

60

 

Mittelungspegel 50 km/h (dB (A))

70,5

62,8

69,1

61,5

67,4

59,7

64,6

57

 

 

 

0,5

2,8

-0,9

1,5

-2,6

-0,3

-5,4

-3

 

Mittelungspegel 30 km/h (dB (A))

68

60,4

66,7

59

64,9

57,3

62,2

54,5

 

 

 

-2

0,4

-3,3

-1

-5,1

-2,7

-7,8

-5,5

 

Reduzierung (dB (A))

 

2,5

2,4

2,4

2,5

2,5

2,4

2,4

2,5

 

aufgerundet gem. Nr. 2.3 (dB (A))

3

3

3

3

3

3

3

3

 

 

Anzahl Fahrzeuge

 

Verkehrsmenge 24h (werktags)

7770

 

Spitzenstunde Tag*

725

 

Spitzenstunde Nacht**

125

 

 

 

* 6-22 Uhr

 

** 22-6 Uhr

 

 

Aus der Tabelle kann entnommen werden, dass es in der Nacht zu einer Überschreitung der Lärmgrenzwerte in den Bereichen kommt, in denen der Abstand zur Fahrbahnmitte lediglich bis zu 10 m beträgt. Eine Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h wird auch eine Reduzierung der Lärmwerte um mind. 2,4 dB (A) zur Folge haben und erreicht damit aufgerundet auf 3 dB (A) die geforderte Mindestpegelminderung.

 

Beim Fahren mit kontinuierlicher Geschwindigkeit 30 km/h dauert bei der Gesamtstrecke von 800m die Fahrzeit 38,4 Sekunden länger als mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit 50 km/h. Bei den Teilstrecken sind es 28,8 bzw. 12 Sekunden (600m, 250m).

 

Vor Erlass einer verkehrsrechtlichen Anordnung sind als Träger öffentlicher Belange die zuständige Polizeidienststelle, der Straßenbaulastträger sowie die Verkehrsbetriebe anzuhören. Diese Stellungnahmen wurden bereits eingeholt. Von Gewicht für die Abwägung ist die Stellungnahme der Verkehrsbetriebe.

 

Im Stadtverkehr Fürth gibt es auf allen Linien bereits –teilweise gravierende- Verspätungen, was durch eine 30 km/h Zone in der Vacher Straße noch weiter verschärft würde. Zum Thema Verspätungen liegt bereits auch ein Schreiben vom 31.08.2017 des Betriebsrates der VAG vor (Kollektive Überlastungsanzeige für das Fahrpersonal der SBG), das direkt an  Hr. Oberbürgermeister Dr. Jung gerichtet wurde. Die angestrebten Busbeschleunigungsmaßnahmen würden durch solch eine Maßnahme auch konterkariert werden. Die aus einer 30er Zone resultierende Fahrzeitverlängerung würde mögliche (noch längst nicht umgesetzte) Beschleunigungserfolge mehr als aufwiegen, das Problem knapper Umläufe verschärfen und die Attraktivität des Nahverkehrs insgesamt schwächen – mit der Folge, dass dann wieder mehr Leute Auto fahren und damit mehr Lärm produzieren. Insofern wird der Vorschlag auch im Sinne des Lärmschutzes für kontraproduktiv gesehen.

 

Das Tiefbauamt als Straßenbaulastträger verweist darauf, dass das Tempolimit bei einem anstehenden Straßenausbau unter Umständen nicht dem Zweck der Förderrichtlinien entspricht. Das Tempolimit wäre im Anschluss wieder aufzuheben. Diese Maßnahme widerspricht aber nicht der Einführung eines Tempolimits. Denn auch gem. den Angaben aus dem Lärmaktionsplan wird die Ausweitung des Streckenverbots 30 lediglich bis zu dem Zeitpunkt als notwendig erachtet, bis mit dem Einbau eines lärmarmen Asphaltes eine deutliche Pegelreduzierung um etwa 3 dB(A) auch bei 50 km/h erreicht werden kann.

 

Die Polizeiinspektion sieht aus Sicherheitsgründen keine Notwendigkeit zur Geschwindigkeitsbeschränkung. Es wird davon ausgegangen, dass aufgrund der baulichen Gegebenheiten ein solches Streckenverbot vom Kraftfahrer nicht akzeptiert wird. Weiterhin wird nochmals darauf verwiesen, dass die südlichsten Gebäude weiter als 15 m von der Fahrbahnmitte entfernt sind und auf der Ostseite keine Bebauung vorhanden ist.

 

Dem gegenüber steht das Grundrecht der betroffenen Anlieger auf körperliche Unversehrtheit. Der Staat unternimmt das Mögliche, um das verfassungsgemäß garantierte Rechtsgut zu schützen. Durch die Aufstellung eines Lärmaktionsplanes mit der Beschreibung der Vacher Straße als Lärmschwerpunkt hat die Stadt Fürth das Vorliegen von Überschreitungen der Lärmwerte bestätigt und mögliche Maßnahmen zur Lärmminderung aufgezeigt. Die Prüfung des Tempolimits wurde als kurzfristig geeignetes Mittel beschrieben, die Lärmbelastung um etwa 3 dB(A) und somit spürbar zu reduzieren.

 

Aufgrund der unterschiedlichen Parameter erfolgt Beurteilung Abschnitts- und Uhrzeitbezogen.

 

Überschreitungen der Lärmwerte nach Lärmschutz-Richtlinien-StV werden lediglich im Abschnitt mit Bebauung näher als 10 m zur Fahrbahnmitte und in der Nacht erreicht. Dies entspricht der Vacher Straße zwischen Obermichelbacher Straße und der Einmündung Schillengraben (250m).

 

Zwar sind verbindliche  Grenzwerte gesetzlich nicht festgelegt, die als billigerweise zumutbar gelten. Unter Berücksichtigung aller Belange, insbesondere des Linienverkehrs, erscheint nach Abwägung lediglich eine Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung im Streckenabschnitt zwischen Obermichelbacher Straße und Schillengraben in der Zeit von 22 bis 6 Uhr gerechtfertigt.

 

Die Straßenverkehrsbehörde ordnet die entsprechende Beschilderung noch in den nächsten Tagen an.