Betreff
Grünpflegepatenschaften
Vorlage
GrfA/0105/2019
Art
Beschlussvorlage - AL

Bau- und Werkausschuss 06.11.2019

Der Bau- und Werkausschuss hat Kenntnis vom Sachverhalt und empfiehlt dem Stadtrat, dass ab 01.01.2020 wieder Grünpflegepatenschaftsvereinbarungen zwischen der Stadt Fürth und privaten Personen, Organisationen, Firmen u. ä. abgeschlossen werden können.

 

Die Verwaltung wird beauftragt unter Berücksichtigung insbesondere der haftungs- und arbeitsschutzrechtlichen Belange eine entsprechende rechtlich vertretbare Pflegevereinbarung bis Jahresende zu erarbeiten und auf dieser Basis die Vereinbarungen mit Dritten abzuschließen.

 

Stadtrat 20.11.2019

Der Stadtrat hat Kenntnis vom empfehlenden Beschluss des Bau- und Werkausschusses und beschließt, dass ab 01.01.2020 wieder Grünpflegepatenschaftsvereinbarungen zwischen der Stadt Fürth und privaten Personen, Organisationen, Firmen u. ä abgeschlossen werden können.

 

Die Verwaltung wird beauftragt unter Berücksichtigung insbesondere der haftungs- und arbeitsschutzrechtlichen Belange eine entsprechende rechtlich vertretbare Pflegevereinbarung bis Jahresende zu erarbeiten und auf dieser Basis die Vereinbarungen mit Dritten abzuschließen.

 


Ausgangslage

Seit 1997 werden zwischen der Stadt Fürth - vertreten durch das Grünflächenamt - und privaten Personen, Organisationen oder Firmen Pflegepatenschaften für in der Regel Baumscheiben bzw. Pflanztröge im öffentlichen Straßenraum abgeschlossen. Die Tätigkeiten umfassen dabei die gärtnerische Pflege wie Wässern, Bodenlockerung, Wildkrautentfernung aber auch die Nachpflanzung von bodendeckenden Gehölzen, Stauden oder ein-jährigen Pflanzen in der Entscheidung der Paten.

 

2006 erfolgte eine Kündigung aller bestehenden Patenschaftsvereinbarungen, 2007 die Wiederaufnahme der bis 2006 bestehenden Vereinbarungen unter neu formulierter schriftlicher Vereinbarung, die erstmals haftungsrechtliche Belange berücksichtigte. Ca. zwei Drittel der Paten wollten die neue Patenschaftsvereinbarung nicht mehr abschließen, so dass damals die Zahl von 31 auf 9 Vereinbarungen sank.

 

Die letzte Patenschaftsvereinbarung wurde im April 2016 abgeschlossen, aktuell bestehen noch 22 Patenschaftsvereinbarungen für insgesamt 32 Einzelflächen mit 883 m². 18 Paten haben die Kenntnis und Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften durch Unterschrift bestätigt. Eine Zusammenstellung aller bestehenden Patenschaftsvereinbarung ist als Anlage 02 beigefügt.

 

In den Jahren 2016/2017 wurden seitens des Grünflächenamts und bestätigt durch das Rechtsamt haftungs- und arbeitsschutzrechtliche Problematiken festgestellt, die letztlich dazu führten, dass ab 2017 keine Pflegepatenschaftsvereinbarung mehr abgeschlossen, die bestehenden aber nicht gekündigt wurden. In den Jahren 2017 bis 2019 hat es insgesamt sechs Anfragen beim Grünflächenamt mit dem Wunsch nach Abschluss einer neuen Pflegevereinbarung gegeben, auf die in allen Fällen eine Absage erfolgte.

 

Die Referentenrunde hat Anfang 2019 die Referate III und V beauftragt, eine neue, rechtlich vertretbare Pflegevereinbarung zu entwickeln mit dem Ziel, dass Pflegepatenschaften wieder seitens der Stadt Fürth angeboten werden können.

 

Problematik

Eine Zusammenfassung der Stellungnahmen des Rechtsamts zur rechtlichen Problematik beim Abschluss und der Durchführung von Pflegepatenschaften ist als Anlage 01 beigefügt.

 

Zusammenfassend:

 

·         Mit dem Abschluss einer Pflegepatenschaftsvereinbarung gelten für die Paten die Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz ebenso wie für die städtischen Mitarbeiter.

·         Durch die Paten verursachte Haftpflichtschäden sind durch die Kommunale Haftpflichtversicherung abgedeckt, wenn die Paten unentgeltlich und weisungsgebunden in einem klar definierten Aufgabenbereich tätig werden.

·         Unfallschäden, die die Paten selbst erleiden, sind – wie auch bei den Mitarbeiter/innen im Grünflächenamt – durch die Berufsgenossenschaft abgesichert.

·         Die Paten sind als ehrenamtliche Helfer der Stadt Fürth weisungsgebunden gegenüber den Revier-, Sach-, Amts- und Referatsleitungen.

·         Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht für die Pflegeflächen verbleibt beim Grünflächenamt.

·         Seitens der Stadt Fürth – vertreten durch die die Patenschaftsvereinbarung unterzeichnende Dienststelle – besteht eine Kontrollpflicht insbesondere bezogen auf die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften und der Baustellenabsicherung im Straßenraum ebenso wie sie gegenüber den eigenen Mitarbeitern oder Fremdfirmen im Auftrag des Grünflächenamtes besteht. Bei einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung dieser Kontrollpflicht kann die Berufsgenossenschaft im Falle eines Unfallschadens der Paten einen Regressanspruch geltend machen.

 

Die im letzten Punkt aufgeführte Kontrollpflicht zur Einhaltung der einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften führte letztlich zur Entscheidung, keine neuen Patenschaftsvereinbarungen mehr abzuschließen. Eine permanente Kontrolle der Tätigkeiten der Paten ist nicht leistbar, insbesondere da von den Pflegepaten nicht verlangt werden kann, dass die Tätigkeiten vorab zeitlich angekündigt werden und die Grünpflegemaßnahmen durch die Paten in der Regel außerhalb der Dienstzeiten des Grünflächenamts (abends, Wochenende) durchgeführt werden. Darüber hinaus ist eine permanente Kontrolle der Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften d. h. bei jedem durchgeführten Arbeitsgang im gesamten Stadtgebiet bei aktuell 22 Pflegevereinbarungen und künftig bei geschätzt 50 solcher Vereinbarungen personell nicht leistbar.

 

Neue Vorgehensweise ab 01.01.2020

Die beteiligten Referate und Dienststellen (Rechtsreferat mit Rechtsamt und Baureferat mit Grünflächenamt) haben einen nach eigener Einschätzung rechtlich vertretbaren Kompromiss ausgearbeitet, der sowohl praktikabel und voraussichtlich personell leistbar als auch rechtsicher bezogen auf Haftung und Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften ist. Demnach ist künftig vorgesehen:

 

1.      Die Pflegepaten erhalten mit der Pflegevereinbarung eine Zusammenstellung der geltenden Unfallverhütungsvorschriften, deren Kenntnis und Einhaltung sie durch Unterschrift bestätigen. Jährlich werden die Paten gegen Unterschrift an diese Unfallverhütungsvorschriften erinnert.

2.      Das Grünflächenamt wählt auf Grund von individuellen Gefährdungsbeurteilungen auf Basis von standardisierten Verfahren für Paten geeignete Pflegeflächen und Tätigkeiten aus und stellt die Pflegeflächen den Paten zur Verfügung.“

3.      Das Grünflächenamt erstellt künftig je nach Pflegefläche eine individuelle Gefährdungsbeurteilung auf der Basis von standardisierten Verfahren und stellt diese dem Paten zur Verfügung.

4.      Die Pflegepaten erhalten zum Abschluss der Pflegevereinbarung eine Einweisung durch die Revierverantwortlichen des Sachgebiets Unterhalt im Grünflächenamt in die konkrete Situation, in die gärtnerischen Tätigkeiten und die sich hieraus ergebenden notwendigen Unfallverhütungsvorschriften und verkehrsrechtlich zu fordernden Sicherungsmaßnahmen. Die Einweisung wird im Grünflächenamt dokumentiert.

5.      Die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften wird jährlich einmal durch die Revierverantwortlichen des Sachgebiets Unterhalt im Grünflächenamt kontrolliert, auf eventuelle Mängel wird hingewiesen. Diese jährliche Kontrolle erfolgt entweder unangekündigt z.B. durch „zufällige Feststellung“ bei anderen Tätigkeiten im Revier oder nach Absprache durch Terminvereinbarung. Die jährliche Kontrolle einschl. der Feststellungen wird im Grünflächenamt dokumentiert.

6.      Alle bestehenden Pflegepatenschaften werden gekündigt und sofern von den Paten gewünscht neu abgeschlossen.

 

Nach Ansicht des Rechtsamts, wäre durch diese dokumentierte Kontrolle der Aufsichtspflicht der Stadt Fürth zumindest insoweit Rechnung getragen, dass „grobe Fahrlässigkeit“ seitens der Stadt Fürth auszuschließen ist. Gegebenenfalls z.B. bei Verstößen gegen die Unfallverhütungsvorschriften müssten die Kontrollintervalle gekürzt oder bei wiederholten Verstößen auch eine Kündigung der Pflegevereinbarung in Erwägung gezogen werden.

 

Sonstiges

Die Pflegepaten bei der Stadt Nürnberg erhalten für Ihre Tätigkeit durch einen zweckgebundenen Pflanzgutschein im Wert von einmalig 50 €, die ausschließlich beim Gartenbaubetrieb der noris inklusion eingelöst werden können. Ein vergleichbares Angebot besteht derzeit bei der Stadt Fürth nicht.

 

Die Versicherungskammer Bayern hat als Voraussetzung für den Versicherungsschutz in der Kommunalen Haftpflichtversicherung unter anderem genannt, dass die Paten unentgeltlich tätig sein müssen. Ob ein Pflanzgutschein mit einem bestimmten Geldwert die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit bereits aufhebt, wird im Rahmen der Neufassung der Pflegevereinbarung von Rechts- und Grünflächenamt geklärt.

Seitens Baureferat/Grünflächenamt wären aber auch andere Formen der Würdigung des ehrenamtlichen Engagements denkbar (jährlicher Empfang, Danke-Schön-Abend, Dankschreiben mit kleinem Präsent o.ä.). Auch diese Alternativen werden im Rahmen der Neufassung der Pflegevereinbarung geklärt. Gegebenenfalls sind hierfür zu gegebener Zeit Mittel im Amtsbudget des Grünflächenamts einzustellen.

 

Dem Grünflächenamt wird weiterhin die Möglichkeit eingeräumt, Anfragen für Pflegepatenschaften abzulehnen, wenn die Flächen hierfür beispielsweise aus Gründen der Sicherheit nicht geeignet sind (z.B. bei Mittelstreifen stark befahrener Straßen).

 

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der (zusätzliche) personelle Aufwand der Dienststelle nach Einschätzung des Grünflächenamts mindestens ebenso hoch (wenn nicht höher) liegen wird als der eingesparte Aufwand der Pflege der Fläche durch das Grünflächenamt selbst. Der personelle Aufwand für Abschluss der Pflegevereinbarung mit individueller Gefährdungsbeurteilung und Einweisung der Paten in die konkrete Situation und für die dauerhafte Begleitung durch Kontrolle und ggf. Beratung bindet das Personal des Grünflächenamts trotz Standardisierung der Vorgänge und Abläufe mit geschätzt einmalig 2,0 Stunden bei Abschluss und 2,0 Stunden für die jährliche Begleitung. Die dem gegenüber entfallenen Kosten für die Pflege und den Unterhalt liegen pro Jahr bei einer Standardbaumscheibe mit 12,50 m² je nach Pflegeintensität zwischen 6 und 10 €/m², in Summe bei 75 € - 125 € pro Pflegefläche. Dem steht ein personeller Aufwand von jährlich ca. 100 € gegenüber (Verrechnungslohn Meister/Techniker derzeit 43,22 €/h).

 

Bei insgesamt derzeit 2,83 Mio. Quadratmeter durch das Grünflächenamt betreute Flächen fallen zudem die derzeit knapp 1.000 m² (und sich vielleicht auf 2.000 m² steigernden) Pflegeflächen nicht ins Gewicht.

 

Das Angebot von Grünpflegepatenschaften für das öffentliche Grün ist somit unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit und Arbeitsentlastung bedeutungslos und ggf. sogar kontraproduktiv. Vielmehr geht es um eine „symbolisch Geste“, die Förderung des ehrenamtlichen Engagements und die Förderung des Einsatzes von Bürgerinnen und Bürger für das städtische Grün. Unter diesem Aspekt ist die Wiederaufnahme und Förderung von Grünpflegepatenschaften auch aus Sicht des Baureferats/Grünflächenamts begrüßenswert.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

X

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

X

nein

 

ja

 

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Anlage 01 Zusammengefasste Stellungnahme des Rechtsamts

Anlage 02 Liste der bestehenden Patenschaftsvereinbarungen