Der Bau-und Werksausschuss sowie der Stadtrat stimmt dem Entwurf einer Satzung über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe – Abstandsflächensatzung – (AFS) zu.


 

1.            Ausgangslage:

 

Hintergrund des Erlasses der Abstandsflächensatzung ist die Beschlussfassung des Bayerischen Landtages zur Novelle der Bayerischen Bauordnung (BayBO) vom 02.12.2020. Die Gesetzesänderung soll zum 01. Februar 2021 in Kraft treten. Eine Übergangsfrist für die Anwendung der neuen Gesetzeslage besteht trotz mehrfacher Bitte des Bay. Städtetags an das zuständige Bay. Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr nicht.

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Die Neufassung der BayBO sieht vor, dass die Tiefe der Abstandsfläche gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO mit dem Faktor 0,4 der Wandhöhe (H), in Gewerbe- und Industriegebieten mit 0,2 H mindestens jedoch 3 m zu bemessen ist. In der bisherigen Fassung ist die Abstandsfläche außerhalb von Kern- und festgesetzten urbanen Gebieten sowie von Industrie- und Gewerbegebieten mit dem Faktor 1,0 zu bemessen.

 

Durch die Gesetzesänderung werden daher die Bauherren zunehmend versuchen ihre Grundstücke weiterzuentwickeln und die maximal zulässige Bebauung in Anspruch zu nehmen. Dies führt zu einem Zusammenrücken der Baukörper (Nachverdichtung) in der zukünftigen Stadtentwicklung. Der hohe Siedlungsdruck und die immer weiter steigenden Grundstückspreise werden daher dazu führen, dass die Mindestmaße der gesetzlich festgelegten Abstandsflächen weitestgehend ausgenutzt werden. Damit wird sich die Wohnqualität im Stadtgebiet Fürth nachteilig ändern.

 

Aus bauordnungsrechtlicher Sicht erscheint daher die neu einzuführende gesetzliche Regelung nach der Novelle der Bayerischen Bauordnung in bestimmten Bereichen als zu weitreichend. Das Wohnen ist ebenfalls geprägt durch Abstand zum Nachbarn. Der Zweck des Abstandsflächen rechts besteht auch darin, dass eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung der Gebäude zu gewährleisten ist. Dies ist besonders in den heißen Sommermonaten wichtig, um ein gesundes Klima im Stadtgebiet zu erhalten. Freibereiche um die Gebäude stellen insoweit einen wesentlichen Bestandteil der Wohnqualität dar, insbesondere auch für Kinder. Darüber hinaus ist auch der sog. Wohnfrieden (Sozialabstand) als Zweck des Abstandsflächenrechts zu berücksichtigen. Hierzu gehört auch der Schutz der Privatsphäre vor unerwünschten Einblickmöglichkeiten und vor dem unerwünschten Mithören sozialer Lebensäußerungen in der Nachbarschaft.

Die Stadt Fürth möchte mit dieser Satzung die Wohnqualität, die durch größeren Abstand zwischen den Gebäuden geprägt ist, erhalten.

 

Die Satzung wird im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage maßgeblich zur Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität erlassen.

 

Durch die neuen Berechnungsregeln und den Abstandsflächenfaktor (Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO n.F.) wird eine dichtere Bebauung ermöglicht, die den Wohnfrieden beeinflusst. Zudem entfällt bei der Nutzungsänderung in Wohnen gemäß Art. 46 Abs. 5 BayBO n.F. sowie bei Ersatzbauten zu Wohnzwecken in gleicher Abmessung und Gestalt nach Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO n.F., die Anwendung des Art. 6 BayBO.

 

Da sich ausdrücklich an die Musterbauordnung angeglichen werden soll, wird auf die seit 2018 entschärfte grundstücksbezogene Atypik verwiesen. In den restlichen Bundesländern –außer in Berlin- gilt diese nach wie vor in vollem Umfang. Demnach wird der Wohnfrieden durch die zusätzliche Überschreitung des bisherigen Faktors H nochmals eingeschränkt.

 

Des Weiteren erfüllt das Abstandsflächenrecht auch die Sicherung der erforderlichen Freiflächen für notwendige Nebenanlagen. Der Bedarf an Flächen zu Unterbringung von Kfz und Fahrrädern ist im Stadtgebiet Fürth erheblich.

 

Seitens der Stadt Fürth wird in die Überlegungen einbezogen, dass der Gesetzgeber mit der Abstandsflächenverkürzung eine Nachverdichtung und eine Verringerung der neuen Inanspruchnahme von Flächen beabsichtigt und so die Innenentwicklung fördern will. Wenngleich die Stadt Fürth diese Ziele ebenfalls teilt und in den vergangenen Jahrzehnten durch zahlreiche Entwicklungen im Innenbereich und auf Konversionsflächen diese Priorität auch in der Stadtentwicklung hat niederschlagen lassen, hält die Stadt Fürth die Erhaltung und Verbesserung der Wohnqualität in bestimmten Bereichen der Stadt aufgrund unterschiedlicher Siedlungsstrukturen, Bauweisen und überbauten Grundstückflächenanteilen ebenso für erforderlich.

 

Ziel der Festsetzung abweichender Abstandsflächentiefen auf dem Gebiet der Stadt Fürth ist insofern die Erhaltung der Wohnqualität in denjenigen Bereichen der Stadt, die durch eine besonders aufgelockerte Bebauung geprägt sind und in denen bereits heute eine durch diese aufgelockerte Bebauung hohe Wohnqualität einerseits und eine Wohnruhe andererseits gegeben ist. Gerade in diesen Bereichen ist die Gefährdung der genannten Eigenschaften durch eine angesichts der durch die Novelle der Bayerischen Bauordnung zum 01.02.2021 aufgrund verkürzter Abstandsflächen von 0,4 H zu erwartenden Nachverdichtung besonders groß. Gleichwohl ist das Bestreben, diese Bereiche so eng, wie es die Strukturen ermöglichen, zu umgrenzen, um dennoch in möglichst vielen Bereichen der Stadt die vom Gesetzgeber intendierte Nachverdichtung zu ermöglichen, ebenfalls Grundlage der festgesetzten Bereiche.

 

Das Bedürfnis, über Nachverdichtung einem Mangel an Wohnraum in der Stadt Fürth zu begegnen, soll in diesen Bereichen nicht über eine grundsätzliche Verkürzung der Abstandsflächen geschehen, sondern ist in jedem Einzelfall so zu gestalten, dass die Wohnqualität erhalten bleibt.

 

So umfassen die zukünftig mit erhöhten Abstandsflächentiefen festgesetzten Teilbereiche des Stadtgebiets folgende Kategorien von Gebieten, die jeweils auf ihre eigene Art durch ein großzügiges Verhältnis zwischen bebauten Grundstücksteilen einerseits und Freiflächen andererseits gekennzeichnet sind:

 

1.            Dörflich geprägte Orts(-teil)lagen:

1.1 Teile von Ronhof (Teilplan I.1)

1.2 Westliche Teile von Burgfarrnbach (Teilplan I.2)

1.3 Der überwiegende Teil von Oberfürberg (Teilplan I.3)

1.4 Unterfürberg (Teilplan I.4)

1.5 Teile von Eschenau (Teilplan I.5)

1.6 Teile von Dambach (Teilplan I.6)

1.7 Teile von Kalbsiedlung (Teilplan I.7)

1.8 Teile von Weikershof (Teilplan I.8)

 

 

 

 

2.            Durch villenartige Bebauung gekennzeichnete Orts(-teil)lagen

2.1 Teile von Dambach (Teilplan I.6)

2.2 Teile des Espan (Teilplan I.9)

 

3.            (Geschoss-)wohnungssiedlungen der 1920er, 1930er, 1950er und 1960er Jahre

3.1 Kalbsiedlung (Teilplan I.7)

3.2 Siedlung Hardhöhe (Teilplan I.10)

3.3 Siedlung Eigenes Heim (Schwand) (Teilplan I.11)

3.4 Teile der Schwand (Teilplan I.11)

3.5 Offizierssiedlung (Dambach) (Teilplan I.6)

 

Die genaue Abgrenzung ist den Anlagen zu entnehmen

 

Aus verschiedenen Gründen sind in den jeweiligen Gebieten (teilweise sehr) hohe Wohnqualitäten entstanden, die die Stadt Fürth auch weiterhin zu schützen beabsichtigt. Dies umfasst sowohl die dörflichen Bereiche, die aufgrund der historisch gewachsenen großzügigen privaten Freiflächen um die Wohngebäude geprägt sind, die villenartigen Bebauungsstrukturen, die aus dem Wohlstand der Bewohner und dem Bedürfnis nach einer repräsentativen Bau- und Gartengestaltung entstanden sind, als auch die (Geschoss-)wohnungssiedlungen aus verschiedenen Jahrzehnten, die durch die jeweils herrschende Auffassung von städtebaulicher Gestaltung, teils zur Selbstversorgung der Bewohner, teils aufgrund der Abkehr von (damals) tradierten städtebaulichen Mustern großzügige private (1920er, 1930er) und öffentliche (1950er, 1960er) Freiflächen als Gestaltungselement aufnahmen.

 

In jeder dieser Kategorien bilden die Abstände zwischen den Gebäudekörpern bis heute den ursächlichen Grund für die hohe Wohnqualität. Zu dessen Bewahrung wird in diesen Bereichen eine erhöhte Abstandsflächentiefe von 1,0 H (s.2.) festgesetzt.

 

Die Stadt Fürth ist sich bewusst, dass die Verlängerung der Abstandsflächen gegenüber der gleichzeitig in Kraft tretenden gesetzlichen Verkürzung dieser, Auswirkungen auf die bauliche Ausnutzbarkeit von Grundstücken haben kann und damit auch Eigentümerinteressen nachhaltig betroffen sein können. Die Stadt Fürth ist jedoch der Auffassung, dass die Aufrechterhaltung der vorhandenen Wohnqualität in den bestimmten Gebieten mögliche Eigentumsbeschränkungen rechtfertigt.

 

 

2.            Geplante Maßnahme

 

Um eine wirkungsvolle und schonende Bebauung unter Berücksichtigung nachbarschützender Belange zu gewährleisten, soll daher die den Gemeinden vom Landesgesetzgeber eröffnete Möglichkeit gemäß Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a) BayBO (neue Fassung) genutzt werden, ein modifiziertes Abstandsflächensystem mittels einer Abstandsflächensatzung einzuführen, indem über die Abstandsflächensatzung gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO (neue Fassung) geregelt wird, dass:

 

in den Geltungsbereichen der Anlage die Tiefe der Abstandsfläche abweichend von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO mit dem Faktor 1,0 der Wandhöhe (H) außerhalb von Gewerbe-, Kern- und Industriegebieten, festgesetzten urbanen Gebieten, mindestens jedoch 3 m zu bemessen ist.

Vor bis zu zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge genügen in diesen Fällen 0,5 H, mindestens jedoch 3 m, wenn das Gebäude an mindestens zwei Außenwänden Satz 1 beachtet.

 

 

Die Verwaltung ist letztendlich der Auffassung, dass die Vorteile der Wohnqualität in den entsprechenden Geltungsbereichen deutlich überwiegen. Es wird daher empfohlen dem Entwurf der Abstandstandflächensatzung zuzustimmen.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

x

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

x

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Entwurf der Abstandsflächensatzung (Anlage 1)

Übersichtskarte und Teilpläne I.1 bis I.11 (Anlage 2)