Entfällt, da Kenntnisnahme
Zu
den Fragestellungen wird wie folgt Stellung genommen:
I.
Rechtlicher Rahmen
Die überragende Bedeutung der erneuerbaren Energien ist
gesetzlich verankert. Mit Wirkung zum 29. Juli 2022 trat die neue Fassung von §
2 des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG 2023) in Kraft):
1Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den
dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und
dienen der öffentlichen Sicherheit. 2Bis die Stromerzeugung im
Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien
als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen
eingebracht werden. 3Satz 2 ist nicht gegenüber Belangen der Landes-
und Bündnisverteidigung anzuwenden.
Zum 1. Januar 2023 trat
flankierend eine neue Fassung des Bayerischen Klimaschutzgesetzes (BayKlimaG)
in Kraft. Art. 2 Abs. 5 Satz 2 BayKlimaG stärkt die Bedeutung der erneuerbaren
Energien nun auch im Landesrecht:
Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von
erneuerbaren Energien sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im
überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.
Auch die Europäische Union hat zusätzliche gezielte
Dringlichkeitsmaßnahmen verfügt. Mit Wirkung zum 30. Dezember 2022 hat der Rat
der Europäischen Union eine Dringlichkeitsverordnung zur schnelleren
Genehmigung erneuerbarer Energien erlassen (Verordnung (EU) 2022/2577 des Rates
vom 22. Dezember 2022 zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten
Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien). Deren Art. 3 Abs. 1 schreibt nun
ebenfalls das überwiegende öffentliche Interesse an der Planung, dem Bau und
dem Betrieb von Anlagen und Einrichtungen zur Erzeugung von Energie aus
erneuerbaren Quellen, sowie an ihrem Netzanschluss, am betreffenden Netz selbst
und an Speicheranlagen fest.
Sowohl der bundesgesetzliche als auch der landesgesetzliche
Rahmen verpflichten somit die bayerischen Behörden, der besonderen Bedeutung
des Klimaschutzes – wann immer und soweit wie möglich – Rechnung zu tragen.
Dementsprechend ist in § 13 Abs. 1 Satz 1
Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) das sogenannte Berücksichtigungsgebot verankert:
Die Träger öffentlicher Aufgaben haben bei ihren Planungen
und Entscheidungen den Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung
festgelegten Ziele zu berücksichtigen.
II. Konsequenzen hinsichtlich erneuerbarer Energien
Die besondere Bedeutung der erneuerbaren Energien und des
Klimaschutzes sind bei allem behördlichen Handeln zu berücksichtigen, soweit im
Rahmen der gesetzlichen Vorgaben Entscheidungsspielräume bestehen. Das kann in
Form einer Abwägung, Beurteilung oder Ermessensausübung erfolgen.
Darüber hinaus ist der Bedeutung von Energiewende und
Klimaschutz auch bei unbestimmten und auslegungsbedürftigen Rechtsbegriffen
sowie Verhältnismäßigkeitserwägungen Rechnung zu tragen.
Daneben ist dem überragenden öffentlichen Interesse an
erneuerbaren Energien und der Berücksichtigung des Klimaschutzes auch im nicht
rechtlich normierten Bereich Rechnung zu tragen, z.B. bei der Priorisierung der
Bearbeitung in Genehmigungsverfahren, der Arbeitsorganisation oder im Rahmen
des Personaleinsatzes.
Erneuerbare Energien liegen nach § 2 Satz 1 EEG 2023 bzw.
nach Art. 2 Abs. 5 Satz 2 BayKlimaG im überragenden öffentlichen Interesse und
dienen der öffentlichen Sicherheit. Damit sind Belange der erneuerbaren
Energien bei Entscheidungsspielräumen mit einem deutlich höheren Gewicht als
andere Belange zu berücksichtigen.
Art. 20a GG verleiht auch dem Klimaschutz Verfassungsrang.
Öffentliche Interessen können somit den erneuerbaren Energien nur dann
entgegenstehen, wenn sie, wie etwa der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen,
mit einem vergleichbaren verfassungsrechtlichen Rang gesetzlich verankert bzw.
gesetzlich geschützt sind oder einen gleichwertigen Rang besitzen.
Für die Stromerzeugung sollen die
erneuerbaren Energien durch § 2 Satz 2 EEG 2023 zudem als vorrangiger Belang in
die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden, bis die
Stromerzeugung nahezu treibhausgasneutral ist.
Zwar folgt hieraus nicht, dass sich die Belange der
erneuerbaren Energien stets und automatisch gegenüber anderen durchsetzen,
jedoch kann das besondere Gewicht der erneuerbaren Energien bei Abwägung mit
anderen relevanten Belangen wie u.a. Wasserschutzgebieten, dem Landschaftsbild,
Denkmalschutz oder im Forst-, Immissionsschutz-, Naturschutz-, Bau- oder Straßenrecht
nach der Gesetzesbegründung nur in Ausnahmefällen überwunden werden (vgl.
BT-Drs. 20/1630, S. 159).
Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, muss die Behörde dies
gesondert begründen und dokumentieren. In der Begründung muss deutlich werden,
warum z.B. die ebenfalls verfassungsrechtlich durch Art. 20a GG geschützten
natürlichen Lebensgrundlagen das überragende öffentliche Interesse an den
erneuerbaren Energien und deren Beitrag zur öffentlichen Sicherheit überwiegen.
Umgekehrt kann die zuständige Behörde für den Vorrang der
erneuerbaren Energien in Abwägungs- und Ermessensentscheidungen auf die
gesetzgeberischen Wertungen in § 2 EEG und Art. 2 Abs. 5 Satz 2 BayKlimaG
verweisen. Der Hinweis auf diese gesetzgeberischen Wertungen entbindet
allerdings nicht von der Pflicht, unterlegene Belange zu ermitteln, zu bewerten
und Gründe für ihr Unterlegen mitzuteilen.
Auszunutzen sind jegliche Entscheidungsspielräume im Rahmen
der gesetzlichen Möglichkeiten, um Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien
zulassen zu können. Beispielsweise ist zu prüfen, ob und wie den mit diesen
Anlagen in Konflikt stehenden Belangen (Natur-, Arten-, Wasserschutz etc.)
durch geeignete Nebenbestimmungen in der behördlichen Entscheidung Rechnung getragen
werden kann.
a)
Photovoltaik und Baumschutzverordnung
Für den Vollzug der Baumschutzverordnung bedeutet dies
konkret, dass sich die bisherige, an der ständigen Rechtsprechung orientierte
Vollzugspraxis ändern wird. Bislang wurde -obwohl bereits in der Vergangenheit
vor den genannten Gesetzesänderungen anerkannt war, dass der Ausbau der
erneuerbaren Energien im öffentlichen Interesse liegt- dem Baumschutz
überwiegend der Vorrang eingeräumt.
Diese Tendenz ist nun umgekehrt. Dies bedeutet jedoch
nicht, dass für Photovoltaik-Vorhaben in allen Fällen Baumfällungen oder
-rückschnitte genehmigt werden.
Baumschutz dient ebenfalls dem Klimaschutz und im
innerstädtischen Bereich vor allem auch der Klimawandelanpassung. Damit die
Bürgerinnen und Bürger auch künftig weiterhin in Innenstädten unter
gesundheitsverträglichen Bedingungen leben können, ist eine Durchgrünung von
besonderer Bedeutung (Mikroklima, Verschattung, Abkühlung durch Verdunstung,
Sauerstoffproduktion, etc.).
Daher wird im Einzelfall geprüft und der Verlust der
Wohlfahrtswirkungen der zur Fällung oder zum Rückschnitt beantragten Bäume der
geplanten Photovoltaik-Anlage gegenübergestellt. U.a. der Standort, die Art und
Größe des Baumes, sein Erhaltungszustand und auch die Leistung der Photovoltaikanlage
sowie der Umfang evtl. Leistungseinbußen durch Verschattung sind Gegenstand der
Abwägung.
b)
Photovoltaik und Artenschutz
Zur Beschleunigung des Windkraftausbaus sind
artenschutzrechtliche Sonderregelungen und unter bestimmten Voraussetzungen
Erleichterungen zu artenschutzrechtlichen Ausgleichspflichten erlassen worden.
In Bezug auf die Errichtung von Photovoltaikanlagen gibt es entsprechende
Erleichterungen (bisher) nicht.
Die untere Naturschutzbehörde trifft beim Vollzug des
Artenschutzrechts keine Ermessensentscheidungen. Wenn der gesetzliche
Tatbestand erfüllt ist und ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand
vorliegt, kann dieser über vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen)
vermieden werden. Hier handelt es sich um gesetzlich formulierte und durch
detaillierte Verwaltungsvorschriften definierte Sachverhalte. Im Rahmen der zur
Verfügung stehenden Spielräume in Detailfragen fließt zwar die überragende
öffentliche Bedeutung der erneuerbaren Energien ein, jedoch kann nicht z.B. auf
die gesetzlich geforderten CEF-Maßnahmen verzichtet oder von den Vorgaben
abgewichen werden.
Kann ein Verbotstatbestand nicht vermieden werden, ist eine
Ausnahmegenehmigung oder Befreiung bei der höheren Naturschutzbehörde
(Regierung von Mittelfranken) zu beantragen. Zum Rechtsvollzug der staatlichen
Mittelbehörde können bislang keine Aussagen getroffen werden.
Da der rechtliche Vollzug durch die Rechtsvorschriften,
Gesetzesbegründungen, Rechtsprechung und Kommentare sowie die individuellen
Gegebenheiten des Einzelfalls bedingt ist, erachtet die Verwaltung ergänzende
politische Beschlüsse als nicht erforderlich.
Finanzierung:
Finanzielle Auswirkungen |
jährliche Folgelasten |
|||||||||||||||||
|
x |
nein |
|
ja |
Gesamtkosten |
€ |
x |
nein |
|
ja |
€ |
|||||||
Veranschlagung im Haushalt
|
||||||||||||||||||
|
|
nein |
|
ja |
Hst. |
Budget-Nr. |
im |
|
Vwhh |
|
Vmhh |
|||||||
wenn nein,
Deckungsvorschlag: |
||||||||||||||||||