Der Beirat für Sozialhilfe, Sozial- und Seniorenangelegenheiten nimmt
die Darstellung der aktuellen Pflegesituation und die erwartete
Pflegebedarfsentwicklung im Stadtgebiet Fürth zur Kenntnis und befürwortet die
von der Stadtverwaltung vorgesehenen Vorsorgemaßnahmen.
Die Verwaltung wird gebeten zu prüfen, ob die Errichtung einer Senioren- bzw. Pflegeeinrichtung auf dem Faurecia-Gelände möglich ist.
Die Verwaltung wird um Sachstandsbericht und um Abstimmung in einem der nächsten Bau- und Werkausschüsse sowie Wirtschafts- und Grundstücksauschüsse gebeten.
Das Sozialreferat betrachtet es als eine seiner zentralen Aufgaben, Herausforderungen in der kommunalen Daseinsvorsorge rechtzeitig zu erkennen, zu beobachten und im Rahmen seiner Zuständigkeit und seiner Möglichkeiten Lösungen und wirksame Maßnahmen zu entwickeln. Daher bearbeitet die Sozialverwaltung das Thema Pflege schon seit Längerem und hat in diesem Zusammenhang Initiativen in Gremien eingebracht (vgl. SzA/0276/2023 vom 08.03.24 in der Anlage).
Aufgrund dringlicher akuter
Herausforderungen (Unterbringung Geflüchteter, Reorganisation des Sozialamtes
u.a.) in Kombination mit Personalmangel konnten die vorgesehenen Maßnahmen
jedoch nicht nach Zeitplan durchgeführt bzw. in Angriff genommen werden. Das
Sozialreferat ist sich jedoch der möglichen Auswirkungen der Verzögerungen
bewusst und will daher noch in 2024 nächste Schritte einleiten. Siehe dazu
Abschnitt 3/Vorsorgemaßnahmen im Bereich Pflege.
1. Aktuelle Versorgungslage im Bereich Pflege im Stadtgebiet Fürth
Hinsichtlich des gegenwärtigen
Angebots an vollstationären Pflegeplätzen, Tagespflegeplätzen, anderen
Wohnformen (Betreutes Wohnen, Wohnprojekte usw.) sowie eingestreute
Kurzzeitpflegeplätze mit Stand vom Januar 2024 wird auf die anliegende
Übersicht verwiesen.
Ohne tagesaktuell mit den Betreibern
der Einrichtungen abgeglichen zu haben, stehen im Stadtgebiet Fürth nachfolgend
genannte Kapazitäten in Seniorenheimen, Tagespflegeeinrichtungen, Wohnangeboten
etc. zur Verfügung:
·
Vollstationäre
Pflege: 1.426 Plätze
·
Tagespflege: 118
Plätze
·
Kurzzeitpflege:
Anzahl der Plätze kann nicht genau beziffert werden. Einrichtungen geben zwar
an, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, Plätze „einzustreuen“, wie
häufig das gelingt, kann kurzfristig nicht eruiert werden.
·
Zusatz:
Betreutes Wohnen (Zimmer/Wohnungen): 476 (Wohnungsgröße nicht bekannt: es
kann sich um Wohnungen für eine Person, zwei Personen oder ggf. um Wohngruppen
handeln)
Bei den dargestellten Angaben handelt
es sich um die maximal in den Einrichtungen zur Verfügung stehenden Plätze. In
Anbetracht des Mangels an qualifiziertem Personal, Vorgaben hinsichtlich der
Zimmergrößen oder aktuelle Instandsetzungs-/Sanierungsmaßnahmen ist mit
Gewissheit davon auszugehen, dass die tatsächlich für eine Belegung zur
Verfügung stehende Anzahl an Plätzen, insbesondere betreffend die
vollstationäre Pflege, niedriger liegt.
Im Bereich der Innenstadt und der
Südstadt ist eine gewisse Ballung von Einrichtungen erkennbar, die z.T. mit den
langjährigen Standorten der Träger bzw. jüngeren städtebaulichen Entwicklungen
in Verbindung steht. Ebenfalls ist festzustellen, dass – mit der Ausnahme
Burgfarrnbach – in den Außenorten so gut wie keine Angebote zur Verfügung
stehen.
2. Zukünftiger Pflegebedarf (Pflegebedarfsermittlung)
Kreisfreie Städte und Landkreise sind
nach Art. 71 (ambulante Dienste), Art. 72 (teilstationäre
Einrichtungen) und Art. 73 (vollstationäre Einrichtungen) des AGSGB des
Freistaats Bayern zuständige Aufgabenträger nach Art. 69 AGSGB und damit
verpflichtet, den längerfristigen Bedarf an Pflegeinrichtungen festzustellen.
Die Stadt Fürth kam dieser Aufgabe durch eine Auftragsvergabe an das Institut Modus (Bamberg) zu einer Pflegebedarfsermittlung zum Stand
31.12.2016 und einer Pflegebedarfsprognose
bis 2035 nach.
Die vom Institut Modus erstellte Pflegebedarfsprognose beruhte auf einer
Bevölkerungs-prognose des Statistischen Amtes für Nürnberg und Fürth bis
zum Jahr 2035, nach der die örtliche Bevölkerung
●
in
der für den ambulanten Pflegebereich relevanten Altersgruppe der über
65-Jährigen von 23.417 Personen im Jahr 2016 auf 27.737 Personen im Jahr 2025
(+18,45 %) und auf 32.240 Personen im Jahr 2035 (+37,64 %) steigen,
●
in
der für den teilstationären Pflegebereich (Kurzzeit- und Tagespflege)
relevanten Altersgruppe der über 75-Jährigen von 11.966 Personen im Jahr 2016
auf 13.683 Personen im Jahr 2025 (+14,35 %) und auf 15.807 Personen im Jahr
2035 (+32,10 %) zunehmen
●
und
in der für den vollstationären Pflegebereich relevanten Altersgruppe der
über 80-Jährigen von 6.347 Personen im Jahr 2016 auf 8.958 Personen im Jahr
2025 (+41,58 %) und auf 9.465 Personen im Jahr 2035 (+49,60 %) wachsen wird.
Dass der Pflegebedarf im
ambulanten Bereich in den Jahren 2025 bis 2035 besonders stark ansteigen
wird, hängt vor allem damit zusammen, dass alle Angehörigen der in der
Bundesrepublik Deutschland geburtenstarken Jahrgänge 1958 bis 1967
(„Baby-Boomer“ mit jeweils über 900.000 bzw. in den Jahren 1963 und 1964 sogar
über 1 Million Lebendgeborenen) bis zum Jahr 2035 zur Altersgruppe der über
65-Jährigen gehören werden, die der Pflegebedarfsberechnung für den ambulanten
Bereich zugrunde gelegt wurde.
Ähnliches gilt für den starken
Anstieg des Pflegebedarfs im vollstationären Bereich in den Jahren bis 2025
und den weiteren abgeflachten Anstieg bis 2035, weil die noch geburtenstärkeren
Jahrgänge 1934 bis 1942 und damit ein Großteil der auf einer noch
geburtenstärkeren Elterngeneration (Geburtenjahrgänge vor 1914) beruhenden
Elterngeneration der „Baby-Boomer“ ab 2022 komplett zur Altersgruppe der über
80-Jährigen gehören werden, die der Pflegebedarfsberechnung für den
vollstationären Bereich zugrunde gelegt wurde.
Vollstationäre Pflegeplätze:
Tatsächlich hat sich der Bestand an
vollstationären Pflegeplätzen zum 31.12.2016 zum Stand Januar 2024 nur
unwesentlich auf 1.426 Plätze (+80 Plätze) erhöht. Unter Einbezug der Tatsache,
dass unter den gegenwärtigen Voraussetzungen nicht davon ausgegangen werden
kann, dass die ermittelte Anzahl an vollstationären Pflegeplätzen überhaupt zur
Verfügung steht sowie der Erkenntnis, dass gegenwärtig im Stadtgebiet – bis auf
das ehemalige Stiftungsaltenheim – keine Erweiterungen bzw. Neubauten im
Bereich der vollstationären Pflege in Aussicht stehen, wird der für das Jahr
2025 prognostizierte, minimale Pflegebedarf von 1.563 nicht gewährleistet sein.
Rückmeldungen aus den Einrichtungen sowie durch den Pflegestützpunkt
bestätigen, dass schon gegenwärtig die Nachfrage nach vollstationärer Pflege
weit höher ist als das zur Verfügung stehende Angebot.
Tagespflege:
Bei den zur Verfügung stehenden
Plätzen zur Tagespflege besteht ein über dem prognostiziertem Pflegebedarf
liegendes Platzangebot. Auch hierzu liegen dem Referat IV bestätigende
Meldungen aus Einrichtungen und dem Pflegestützpunkt vor.
Kurzzeitpflege:
Auch hier ist die Nachfrage weit
höher als das Angebot. Kurzzeitpflege ist unter den aktuellen
Finanzierungsbedingungen der Einrichtungen nicht hinreichend
betriebswirtschaftlich abzubilden und organisatorisch mit Herausforderungen
verbunden. Wie sich der Bestand an Kurzzeitpflegeplätzen seit 2016 entwickelte,
ist nicht konkret feststellbar, da zwischenzeitlich nur noch „eingestreut“
wird. Infolge von Personalproblemen ist davon auszugehen, dass gegenwärtig
weniger als 41 Kurzzeitpflegeplätze im Stadtgebiet zur Verfügung stehen.
Zusatz: Betreutes Wohnen (Wohnungen/Zimmer):
Weder war mit den zur Verfügung
stehenden Ressourcen die Wohnungsgröße und damit die Anzahl der Plätze im
Betreuten Wohnen zu ermitteln noch die an den unterschiedlichen Standorten zur
Verfügung stehenden Leistungen. Es sei darauf hingewiesen, dass es sich bei Betreutem Wohnen nicht um eine im
Kontext von Pflegebedarfsprognosen einzubeziehende Größe handelt. Für
Fragestellungen im Kontext der Schaffung von Kapazitäten entlang von
Pflegebedarf spielen Erkenntnisse zum betreuten Wohnen nur eine geringe bis
keine Rolle, da es sich rechtlich lediglich um einen eigenen Haushalt handelt,
in der ein älterer Mensch lebt, der nicht bzw. nur in geringem Umfang
pflegebedürftig ist und der ein vertraglich geregeltes Leistungsangebot in
Anspruch nimmt.
3. Vorsorgemaßnahmen des Sozialreferats im Bereich Pflege
Nach der Übergabe des ehemaligen
städtischen Altenpflegeheims an den Paritätischen Wohlfahrtsverband im Jahr
2022 ist die Stadt Fürth im Bereich Pflege
operativ nur noch in zwei Bereichen aktiv: Gewährung einer begrenzenten Anzahl
an jährlichen Zuschüssen (z.B. in der ambulanten Pflege) sowie durch den
Betrieb des Pflegestützpunktes, der kompetente Fachberatung in allen Fragen
rund um die Pflege von Betroffenen
sowie An- und Zugehörigen leistet.
Um den Anforderungen und der
Verantwortung für das Thema Pflege
und die kommunale Daseinsvorsorge trotz weiterhin eng bemessener finanzieller
und personeller Ressourcen gerecht zu werden, hat Referat IV entschieden,
zunächst zwei Maßnahmen zu
priorisieren und umzusetzen:
a)
Pflegestrukturplanung
Daseinsvorsorge braucht Daten. Daher
gilt es zunächst, eine solide Pflegestrukturplanung
zu etablieren, die Aufschluss gibt über die aktuelle Pflegesituation und den
zukünftigem Pflegebedarf – aufgeschlüsselt nach Pflegesektoren bzw.
Pflegeformen (vollstationär, Tagespflege, Kurzeitpflege, Betreutes Wohnen
u.a.).
Eine zentrale Rolle bei der
Pflegestrukturplanung kommt der neu zu besetzenden Sozialplanungsstelle im
Referat IV zu. Die Stelle wird unter Anwendung moderner sozialempirischer
Instrumente und unter Einbezug verfügbarer Datenbanken (z.B. pflegebedarf2050.bayern.de) eine valide Datengrundlage schaffen, die zweierlei
ermöglicht: Erstens, eine granulare Pflegebedarfsprognose, die über die Aussagekraft
des Modus-Gutachtens weit hinausgeht. Und zweitens, eine Grundlage zur
Entscheidung über Maßnahmen zur Förderung bedarfsgerechter Pflegestrukturen in
Fürth einschließlich der Grundlage für Entscheidungen über die Beantragung von
Fördermitteln des Landes oder des Bundes.
b)
Bündnis
für Pflege
Angesichts des eingeschränkten
Handlungsspielraums der Stadtverwaltung setzt Referat IV auf die enge
Zusammenarbeit mit den Akteuren der Pflegelandschaft, um gemeinsam im Verbund
Verbesserungen in der Pflegeversorgung voranzubringen.
Der Beirat für Sozialhilfe, Sozial- und Seniorenangelegenheiten hat in
seiner Sitzung am 22.03.2023 bereits die Einrichtung eines Fürther Bündnisses für Pflege
beschlossen. Ziel ist dabei, die gute Versorgung von Menschen mit Pflegebedarf
in Fürth zu unterstützen: Das neue Bündnis soll die Vernetzung der
Pflegeakteure fördern, Ressourcen bündeln und Pflegeinnovationen fördern, um
die Pflegelandschaft in Fürth insgesamt quantitativ und qualitativ
weiterzuentwickeln. Zur Einrichtung einer Geschäftsstelle plant Referat IV
Fördermittel über die Förderrichtlinie Gute Pflege in Bayern
(Landesamt für Pflege) zu beantragen.
Offizieller Kick-off des neuen
Bündnisses ist gelegentlich einer Fachveranstaltung des Pflegestützpunktes am
13.11.2024, die sich an professionelle Akteure der Fürther Pflege-landschaft
wendet.
Finanzierung:
Finanzielle Auswirkungen |
jährliche Folgelasten |
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nein |
x |
ja |
Gesamtkosten |
€ |
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nein |
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ja |
€ |
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Veranschlagung im Haushalt
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nein |
|
ja |
Hst. |
Budget-Nr. |
im |
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Vwhh |
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Vmhh |
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wenn nein,
Deckungsvorschlag: |
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Vorlage SzA-0276-2023 vom 08.03.23
Pflegeeinrichtungen im Stadtgebiet Fürth 2024 - Januar 2024