Betreff
Vorlage zum Antrag AG-Ö/2301/2024 - Barrierefreiheit bei Brückenbauten
Vorlage
Rf. V/1634/2024
Art
Beschlussvorlage - AL

Der Bau- und Werkausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.


Antrag Bündnis 90 Die Grünen: Barrierefreiheit beim Neubau von Brücken

 

Generell: Bei der Entscheidungsfindung zur Lage der Hafenbrücke war die notwendige Barrierefreiheit nur eine von vielen Gründen. Folgende Gründe waren unter anderen weiterhin maßgebend (ausführlich in der Vorlage SpA/1148/2024 behandelt):

-          fehlende Flächenverfügbarkeit bei den Alternativstandorten

-          Zerschneidung vorhandener privater Gewerbeflächen

-          Erhöhung der Umwege für Fuß, Rad und ÖPNV

-          Erhöhung der Kosten durch den kompletten Neubau der Rampen der Knotenpunkte und der im Westen anschließenden Straßenverbindung.

 

Zu 1. In welchen Richtlinien oder Vorschriften sind die Kriterien für das Erreichen der Barrierefreiheit einer Brücke für Rollstuhlfahrer*innen (Beschaffenheit, maximale Steigung etc) definiert?

 

-          DIN 18040-3 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum (überarbeitet aufgrund der europäischen Norm EN 17210)

Hierin werden u.a. Flächenbedarfe (für Rollstuhlnutzer, Rangiervorgänge etc.) und Neigungen (einschl. Podestanordnung) beschrieben.

Weiterhin das sog. Zwei-Sinne-Prinzip (mindestens zwei der drei Sinne Sehen, Hören und Fühlen/Tasten sind anzusprechen) beschrieben. Konkreter werden bspw. Gehwegabmessungen zur barrierefreien Nutzung (einschl. Trennungen, Einbauten etc.) benannt. Darüber hinaus werden bspw. Straßenbereiche (Fußgängerbereiche, verkehrsberuhigte Bereiche etc.), Überquerungsstellen (einschl. Ampeln und Mittelinseln) sowie Rampen, Treppen u.ä. definiert. Es werden Parkplätze, Haltestellen u.ä. erläutert.

-          RASt 06: Richtlinie zur Anlage von Stadtstraßen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V.

Diese Richtlinie stellt gemäß dem bayerischen Straßen- und Wegegesetz den aktuellen Stand der Technik dar und ist folglich unbedingt für alle Planung maßgebend zu berücksichtigen.

 

-          Bei allen Richtlinien und Gesetzen liegt die maximale zulässige Steigung bei 6 %. Alle 6 m muss es ein Zwischenpodest von mindestens 1,5m Länge geben. Damit ergibt sich eine durchschnittlich maximale Steigung von ca. 5%.

 

-          DIN 32984 Bodenindikatoren im öffentlichen Raum

In der DIN 18040-3 wird auf eine Reihe von weiteren Normen verwiesen. Im Straßen- und Brückenbau u.a. wichtig ist hier DIN 32984 Bodenindikatoren im öffentlichen Raum. Diese legt die Anforderungen an Bodenindikatoren ("Blindenplatten") sowie deren Struktur und jeweilige Funktion fest.

Sie definiert Leitsysteme und erläutert, wie Blinden- und Sehbehinderten Überquerungsstellen etc. anzuzeigen sind. Die Norm definiert barrierefreie Haltestellen/Bahnanlagen sowie barrierefreie Niveauwechsel (Treppen, Stufen, Rampen). Die Anzeige von Hindernissen, Kanten etc. wird festgelegt und weitere Leitelemente werden erläutert.

In Bezug auf Brücken schränkt die ZTV-ING (Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten) bzw. die zugehörigen Richtzeichnungen die Wahl möglicher Ausführungen zur Barrierefreiheit aus technischen Gründen ein:

Ein Bordanschlag von 3 cm (Überquerungsstellen mit einheitlicher Bordhöhe) ergibt zusammen mit einem Fahrbahnaufbau auf der Brücke von ca. 8 cm insgesamt 11 cm Kappendicke. Technisch ist das als Mindestmaß möglich (Betondeckung plus Mindestmaß Bewehrung), jedoch geben o.g. Vertragsbedingungen 14,5 cm Mindestkappendicke vor, welche damit bereits unterschritten wird. Nullabsenkungen sind technisch deshalb nicht herstellbar (jedoch zur Barrierefreiheit gem. DIN 32984 auch nicht zwingend notwendig). Auf Brücken (bzw. Betonbauteilen) können Blindenplatten praktikabel aufgeklebt werden, Pflasterbelag oder Asphalt auf dem Gehweg ist nicht zwingend notwendig.

 

 

Zu 2. Unterscheiden sich diese Kriterien je nach Standort der Brücke (z.B. Bundesstraße, Innenstadt, Gewerbegebiete)?

 

Die genannten Normen/Richtlinien gelten allgemein. Im Einzelfall kann es ggf. Bereiche geben, in welchen nicht mit Personenverkehr zu rechnen ist oder dieser gesichert und barrierefrei verhindert wird - entsprechend wäre dort eine Barrierefreiheit entbehrlich. Grundsätzlich ist Barrierefreiheit jedoch überall da herzustellen, wo mit Menschen zu rechnen ist.

 

Zu 3. Welchen Spielraum lassen diese Vorschriften/Richtlinien/Normen für Ermessensentscheidungen und Abwägungen von Kosten und Nutzen bzgl. der Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer*innen?

 

Hinsichtlich der Herstellung der Barrierefreiheit besteht grundsätzlich kein Spielraum. Heruntergebrochen von der UN-Behindertenrechtskonvention (Zugänglichkeit in Art. 9) und dem Behindertengleichstellungsgesetz (Verkehrsanlagen in § 8 Abs. 5 BGG) zum Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetz (maßgebend hier Art. 10 Abs. 4 BayBGG) sind "Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten.".

Barrierefreiheit selbst ist in § 4 BGG definiert: "Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel [...], wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig."

"zu gestalten" in Art.10 Abs. 4 BayBGG begründet eine Pflicht bei Baumaßnahmen u.ä., eine Anpassung des Bestandes ist daraus nicht abzuleiten (Bestandsschutz).

 

 

Zu 4. Welche zukünftigen Brückenbaumaßnahmen sind von diesem Themenbereich in welcher Art

und Weise betroffen?

Generell ist bei allen weiteren Brückenbaumaßnahmen eine Barrierefreiheit sicherzustellen.

 

Zu 5. 1. Wie wird die Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer*innen beim geplanten Ersatzneubau der Hafenbrücke gewährleistet?

Wie oben ausgeführt wird sich möglichst an alle Vorgaben für Barrierefreiheit gehalten. Weitere detailliertere Angaben können im momentanen Planungsstand noch nicht getroffen werden. Es ist noch keine Höhenplanung vorhanden.  

 

Zu 5.2. Vorlage der genauen Höhenangaben über NN:

                Höhenangaben

Höhe über NN

Kreuzung Hafenstr./Rezatstr.

303,81 m

Kreuzung Hafenstr. / Hintere Str.

309,24 m

Hafenstr. ca. 200m südl. der Hafenbrücke

302,58 m

Hafenstr. ca. 450m südl. der Hafenbrücke

306,75 m

Hafenbrücke

312,12 m

Farrnbacher Brücke

312,22 m

 

Zu 5.3. Höhenunterschiede und rechnerische Durchschnittsneigungen:

 

Höhenunterschied

Durchschnittsneigung

Höhenunterschied Hafenstr./Rezatstr. - Hafenbrücke

8,31 m

5,5 %

Höhenunterschied Hafenstr. 200 m südl. - Hafenbrücke

9,54 m

6,8 %

Höhenunterschied Hafenstr. 450 m südl. - Hafenbrücke

5,37 m

5,1 %

Höhenunterschied Hafenstr. / Hintere Str. - Farrnbacher Brücke

2,98 m

3,3 %

 

Es handelt sich bei den Durchschnittsneigungen um rechnerische Werte. Bedingt durch die Trassierung mit Kuppen und Wannen sind die tatsächlichen Neigungen steiler. Auch muss berücksichtigt werden, dass die neue Hafenbrücke etwas angehoben wird. (Verlangen der Rhein-Main-Donau GmbH)

 

 


Finanzierung:

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

 

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


Antrag AG-Ö/2301/2024