Betreff
Sachstandsbericht Übergangshäuser der Stadt Fürth
Vorlage
SzA/0346/2025
Art
Beschlussvorlage - AL

1.    Der Beirat für Soziales, Sozial- und Seniorenangelegenheiten/ der Finanz- und Verwaltungsausschuss nimmt von den Ausführungen der Verwaltung Kenntnis.

 

2.    Der Beirat für Soziales, Sozial- und Seniorenangelegenheiten empfiehlt/ der Finanz- und Verwaltungsausschuss beauftragt die Verwaltung Ressourcen und Bedarfe für den künftigen Betrieb der Übergangshäuser der Stadt Fürth an zwei Standorten zu ermitteln und entsprechende Maßnahmebeschlüsse herbeizuführen.

 

3.    Der Beirat für Soziales, Sozial- und Seniorenangelegenheiten empfiehlt/ der Finanz- und Verwaltungsausschuss beauftragt die Verwaltung eine Unterbringungsstrategie zur bedarfsgerechten Unterbringung für alle von Wohnungslosigkeit bedrohten oder betroffenen Personen zu entwickeln.

 


Rechtliche Grundlagen der Obdachlosenunterbringung

 

Unfreiwillige Obdachlosigkeit gilt als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Unterbringung obdachloser Menschen wird daher durch die rechtlichen Bestimmungen des Ordnungs- und Polizeirechts geregelt. Ziel ist die Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben gem. Art. 6 und Art. 7 des bayerischen Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG). Die Zuweisung von Wohnungslosen in dafür vorgesehene Unterbringungsmöglichkeiten stellt also eine sicherheits- bzw. ordnungsrechtliche Aufgabe dar.

 

Die Unterbringung von Obdachlosen ist eine von der Gemeinde im eigenen Wirkungskreis zu vollziehenden Pflichtaufgabe. Für die Unterbringung von Wohnungslosen sind demnach die Kommunen zuständig. Die Aufgabe der ordnungsrechtlichen Unterbringung im Stadtgebiet Fürth wird von der Abteilung Wohnen im Amt für Soziales, Wohnen und Seniorenangelegenheiten übernommen.

 

Die gesetzliche Grundlage für das Verwaltungshandeln stellen neben Art. 7 LStVG auch die Benutzungs- und Gebührensatzungen der Stadt Fürth dar.

 

Weitere gesetzliche Grundlagen der Wohnungslosenhilfe umfassen §§ 67 und 68 SGB XII. Die Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft ist als Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten zu verstehen. Die Unterstützung nach § 67 SGB XII ist dabei unabdingbar an die Leistungsberechtigung des Betroffenen nach den Sozialgesetzbüchern geknüpft.

Für die Finanzierung der nach §§ 67 und 68 SGB XII erbrachten Leistung in Fällen der stationären Unterbringung ist grundsätzlich der Bezirk zuständig. Grundlage dabei ist, dass per Definition der Einrichtungsbegriff nach § 13 Abs. 2 SGB XII erfüllt ist. Obdachlosenunterkünfte werden von der genannten Rechtsvorschrift nicht abgedeckt. Die Finanzierung von Unterbringungsmöglichkeiten obliegt deshalb der jeweils zuständigen Kommune.

 

 

Ausgangssituation der Obdachlosenunterbringung im Stadtgebiet Fürth

 

Aktuell erstrecken sich die Möglichkeiten der ordnungsrechtlichen Unterbringung von Obdachlosen auf zwei Gebäude an einem Standort in der Oststraße, wovon eines der beiden Gebäude abgewohnt ist und perspektivisch aufgegeben wird (vgl. Anlage „Überblick über die Übergangshäuser der Stadt Fürth“ sowie Anlage „Grundrisse der Übergangshäuser der Stadt Fürth“).

 

-       Übergangshaus Oststraße 108 a und b: für Einzelpersonen mit Sicherheitsdienst

-       Übergangshaus Oststraße 112 a und b: für Familien und Einzelpersonen mit Sicherheitsdienst

 

Zusätzlich betreibt die Stadt Fürth aktuell eine Frauen-/ Familiennotschlafstelle in der Oststraße 112 a.

 

In den Übergangshäusern in der Oststraße 108 a und b sowie 112 a und b können bei absoluter Vollauslastung 98 Personen (plus Unterbringung von Familienverbänden in drei Familienzimmern) untergebracht werden. Inkludiert sind dabei die Sanktions-, Zugangs- und Notschlafzimmer.

 

In der Praxis sind die Übergangshäuser jedoch fast nie in ihrer Maximalkapazität von 100 % belegbar, da z. B. Zimmer nach Auszug/ Wechsel usw. renoviert/ gereinigt/ ertüchtigt und soziale Aspekte in der gemeinschaftlichen Belegung (Notwendigkeit der Differenzierung von Zielgruppen) beachtet werden müssen. Im strategischen Unterkunftsmanagement hat sich eine Auslastung von 80 % (+/-) als realistischer Richtwert hinsichtlich Maximalkapazität von Unterbringungsmöglichkeiten erwiesen.

 

Statistische Auswertungen zu den Auslastungskapazitäten wurden in der Vergangenheit nicht bzw. nicht regelmäßig durchgeführt. Aus dem vorhandenen Datenmaterial waren die Übergangshäuser wie folgt belegt:

 

Gesamt

Männer

Frauen

Kinder

2014

114

56

36

22

2015

141

62

41

38

2016

168

70

52

46

2017

130

64

42

24

2018

137

66

40

31

2019

113

62

33

18

2020

90

52

26

12

2021

67

49

14

4

2022

89

62

21

6

2023

98

64

26

8

2024

115

74

29

12

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mit der anvisierten Fertigstellung des Neubaus in der Leyherstr. im Mai 2025 werden zukünftig nunmehr zwei Übergangshäuser an zwei Standorten betrieben.

 

Der Stadt Fürth werden voraussichtlich Mitte 2025 zwei Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen:

 

-       Übergangshaus Oststraße 112 a und b: für Familien und Einzelpersonen ohne Sicherheitsdienst

-       Übergangshaus Leyherstraße 70: für Einzelpersonen mit Sicherheitsdienst

 

In den Übergangshäusern in der Oststraße 112 a und b sowie in der Leyherstraße 70 können bei absoluter Vollauslastung künftig 114 Personen plus 8 Familien (Unterbringung von Familienverbänden in acht Familienzimmern nach Umbau) untergebracht werden. Inkludiert sind dabei die Sanktions-, Zugangs- und Notschlafzimmer.

 

Mit der anvisierten Inbetriebnahme im Mai 2025 wird der Sicherheitsdienst in die Leyherstraße „wechseln“. Im Übergangshaus in der Oststraße 112 a und b wird der Sicherheitsdienst voraussichtlich aufgegeben.

 

 

Relevanz der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe

 

Von wirtschaftlichen Problemen und Verschuldung, darunter v. a. Mietschulden, über Arbeitslosigkeit, Beziehungsabbrüchen, Sucht bis hin zu psychischen Erkrankungen und Gewalterfahrungen – Obdachlosigkeit ist in den meisten Fällen nur die letztendliche Konsequenz einer Reihe an individuellen Problemen. Oftmals bringen obdachlose Menschen multiple Problemlagen mit.

 

Zielgerichtete Präventionsarbeit ist ein essenzieller Faktor, um Wohnungslosigkeit mit ihren sozialen und wirtschaftlichen Folgekosten im Vorfeld zu vermeiden und bestehende Wohnverhältnisse zu sichern. Für die Präventionsarbeit ist die Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit in der Abteilung Wohnen im Amt für Soziales, Wohnen und Seniorenangelegenheiten zuständig.

 

In Fällen, in denen der Wohnungsverlust nicht vermieden werden kann, steht die schnellstmögliche Wiedererlangung von Wohnraum im Mittelpunkt der Arbeit der Obdachlosenhilfe.

 

Die Obdachlosenhilfe der Stadt Fürth ist nicht nur für die Unterbringung der obdachlosen Personen verantwortlich, sondern auch für die Beratung und Begleitung der Obdachlosen. Übergeordnetes Arbeitsziel des Sozialdienstes in den Übergangshäusern ist es, die Obdachlosigkeit wieder zu beenden und obdachlose Personen nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ langfristig dazu zu befähigen sich in den regulären Wohnungsmarkt zu reintegrieren.

 

Nur mit ausreichender sozialer Unterstützung ist es möglich, Menschen mit multiplen Problemlagen wieder zurück ins gesellschaftliche Leben zu führen. Dabei unterstützt der Sozialdienst in den Übergangshäusern nach Kräften – allerdings mit endlichen Ressourcen.

 

Für die Tätigkeit in der Obdachlosenberatung und -begleitung des Sozialdienstes in den Übergangshäusern stehen derzeit 2,15 VZÄ-Stellen zur Verfügung. Für die Verwaltung der Obdachlosenunterbringung wiederum steht derzeit nur eine VZÄ-Stelle zur Verfügung.

 

 

Notwendigkeit der Dezentralisierung und Differenzierung der Obdachlosenunterbringung

 

Zentrale Zielsetzung ist eine bedarfsgerechte und qualitätsgesicherte Unterbringung für alle von Wohnungslosigkeit bedrohten oder betroffenen Personen. Dies umfasst die Schaffung zielgruppenspezifischer Angebote (z. B. für Frauen und Familien mit Kindern). Um dieses Ziel zu erreichen, muss das Handlungsfeld der Wohnungslosen-/ Obdachlosenhilfe weiterentwickelt und aufgebaut werden.

 

In den zur Verfügung stehenden Übergangshäusern gibt es aktuell keine soziale Betreuung, die über die Tätigkeit des Sozialdienstes hinausgeht.

 

Aufgrund der bisherigen Zentralisierung der Unterbringung von obdachlosen Personen in den Übergangshäusern in der Oststraße, werden Frauen und Männer an einem Standort und unter einem Dach untergebracht. Mit Fertigstellung des Neubaus in der Leyherstraße kommt ein weiterer Standort hinzu. Im Übergangshaus Oststraße 112 a und b sollen künftig vor allem Familien mit Kindern untergebracht werden.

Aufbauend auf den Bemühungen der letzten Jahre und vor dem Hintergrund einer erforderlichen Weiterentwicklung der bestehenden Angebote, müssen aus Sicht der Verwaltung bei der Unterbringung von Obdachlosen in Zukunft die Faktoren der Dezentralisierung und Differenzierung im Mittelpunkt der Planungen stehen.

 

Die Zentralisierung auf einen Standort sowie die gemeinsame Unterbringung verschiedener Zielgruppen führt zu einer Durchmischung von Personen und einer Gesamtsituation, die es schwierig macht, bedarfsorientierte Unterstützung zu gewährleisten. Die verschiedenen Problemlagen können nicht zielgerichtet bearbeitet werden. In den meisten Fällen potenzieren sich die Problemlagen.

 

Innerhalb der ordnungsrechtlich unterzubringenden Personen gibt es Gruppen, die aufgrund einer Kombination von Suchtfolgeerkrankungen, psychischen Problemen, sozialer Desintegration und dissoziativem Verhalten in den Übergangshäusern nicht adäquat versorgt werden und schließlich kaum in weiterführende Hilfen vermittelt werden können.

 

In den letzten Monaten hat sich aufgrund der vielschichtigen und komplexen Problemlagen der Bewohnerinnen und Bewohner die Situation, insbesondere für die dort tätigen Mitarbeitenden, verschärft. Vermehrt kam es zu Vorkommnissen im Kontext der Beschaffungskriminalität, wie z. B. Einbrüche und Diebstähle in die Räumlichkeiten des Sozialdienstes und in Gemeinschaftsräume, des Drogenhandels aber auch zu Körperverletzungen, darunter sogar tätliche Angriffe auf Mitarbeitende des Sozialdienstes und des Sicherheitsdienstes.

 

Vor diesem Hintergrund bedarf es – neben einer dezentralen Unterbringungsstrategie – auch einer differenzierten Betrachtung der ordnungsrechtlich unterzubringenden Zielgruppen.

 

 

Perspektive Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe im Stadtgebiet Fürth

 

Die Bundesregierung hat sich mit dem Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 zu überwinden. Unter dem Titel „Gemeinsam für ein Zuhause“ hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen den sog. „Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit“ im Sinne eines Leitbildes erarbeitet (vgl. Anlage „Nationaler Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit 2024“).

Die Unterstützung und Umsetzung der Maßnahmen des „Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit“ in Gemeinschaft des Bundes, der Länder und der Kommunen wird seitens der Verwaltung begrüßt.

 

Die Obdachlosenunterbringung und -hilfe vor Ort wird maßgeblich von Rahmenbedingungen beeinflusst, die nicht steuerbar sind (z. B. gesetzliche Entscheidungen übergeordneter Ebenen, Situation auf dem Wohnungsmarkt). Aufgrund dessen empfiehlt die Verwaltung sich dem Handlungsfeld Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe im Stadtgebiet Fürth planerisch zu nähern, dieses auszubauen und die strategische Weiterentwicklung voranzutreiben.

 


Finanzierung:

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

x

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

x

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag:

 


-Überblick über die Übergangshäuser der Stadt Fürth

-Grundrisse der Übergangshäuser der Stadt Fürth

-Nationaler Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit 2024