Betreff
Kanufahren in Fürth - Anträge auf wasserrechtliche Schifffahrtsgenehmigung
Vorlage
OA/304/2018
Art
Beschlussvorlage - SL
Untergeordnete Vorlage(n)

Der Umweltausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und stimmt der beabsichtigten vorläufigen Duldung der Kanutouren des Anbieters 1 im Jahr 2018 zu.


Rechtlicher Hintergrund:

An Gewässern, die nicht allgemein durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zur Schiff- und Floßfahrt zugelassen sind, darf die Schiff- und Floßfahrt nur mit Genehmigung der Kreisverwaltungsbehörde ausgeübt werden (Art. 28 Abs. 4 BayWG). Dies betrifft alle Fürther Gewässer mit Ausnahme des Main-Donau-Kanals.

 

Ausgenommen von dieser Genehmigungspflicht ist das private Befahren von Gewässern mit sogenannten „kleinen Fahrzeugen ohne eigene Antriebskraft“ (z.B. mit Kanus), das unter den genehmigungsfreien Gemeingebrauch nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayWG fällt und durch Art. 141 Abs. 3 Satz 1 der Bayerischen Verfassung grundrechtlich geschützt ist.

 

Die unteren Wasserrechtsbehörden der Stadt Fürth und der Stadt Nürnberg stuften gewerblich organisierte Touren bis Mitte 2017 als Veranstaltungen gemeingebräuchlicher Art ein. Der entsprechende Art. 18 Abs. 3 BayWG wurde im Februar 2018 aufgehoben. Aufgrund der bayernweit unterschiedlichen Handhabung stellte das Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zudem im Juli 2017 klar, dass gewerbsmäßige Veranstalter von Bootswanderungen bzw. Bootsvermietungen grundsätzlich einer Schifffahrtsgenehmigung bedürfen, weil entweder die Grenzen des Gemeingebrauchs überschritten werden (z.B. bei geführten Bootstouren) oder weil der Anbieter im Wesentlichen immer zielgerichtet auf ein bestimmtes Gewässer bzw. einen oder mehrere Gewässerabschnitte einwirkt (bei Bootsvermietungen mit Verbringen und Abholen der Boote und bei geführten Bootstouren).

 

Demnach ist das Bereithalten von Wasserfahrzeugen an oder in Gewässern für die Ausübung des Gemeingebrauchs von Dritten begrifflich zwar keine Schifffahrt, jedoch nach Art. 28 Abs. 5 BayWG wie die Schifffahrt einer Genehmigungspflicht unterworfen. Die Genehmigungspflicht besteht dabei unabhängig von der Entfernung des Bootslagerplatzes/-depots zur Uferlinie.

 

Entscheidungskriterien sind insbesondere:

-       das Wohl der Allgemeinheit,

-       die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs,

-       die öffentliche Ruhe,

-       der Schutz des Eigentums und der Fischerei sowie

-       die Reinhaltung und Unterhaltung des Gewässers.

 

Antragsverfahren:

Derzeit liegen dem Amt für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz drei Anträge auf Schifffahrtsgenehmigung für die gewerbliche Vermietung von Kanus im Rahmen von (teilweise) geführten Bootstouren vor.

 

 

Anbieter 1

Anbieter 2

Anbieter 3

Gegenstand

Kanutouren

Kajaktouren

Floßbau

Stand-Up-Paddeling

Strecken

Pegnitz:

Westbad (N) – Ludwigsbrücke (FÜ)

Pegnitz/Regnitz:

Ludwigsbrücke – Michelbach-Mündung (Vach)

Rednitz:

SG Nürnberg Fürth – Weiherstr. / Rosenstraße

Pegnitz:

Westbad (N) – Fuchsloch (N) – Ludwigbrücke (FÜ)

Pegnitz/Regnitz:

Ludwigsbrücke – Kunstmühle Schmidt (Vach)

Pegnitz:

Westbad (N) –Karlsteg (FÜ)

Zeitraum

April - Oktober

April - Oktober

Mai – August

Häufigkeit

Max. 1 Tour / Tag

Æ 40 Tage / Jahr

Max. 2 Touren / Tag

Max. 1 Tour / Tag,

Æ 6 Touren / Woche

Anzahl

Jeweils max. 10 Boote + Guide

Jeweils max. 30 Kajaks

Jeweils max. 10 Boards / Tour

Æ 7 Board / Tour

Bemerkung

Pegnitz-Tour wird bereits seit 2013 durchgeführt, Regnitz-Tour seit 2016

neues Vorhaben

neues Vorhaben

 

Für die beantragten stadtgebietsübergreifenden Strecken ist in Abstimmung mit der Stadt Nürnberg und dem Landkreis Fürth die Stadt Fürth aufgrund der größten Streckenanteile für das Genehmigungsverfahren zuständig.

 

In den Verfahren werden beteiligt

-       Sachverständige

o   Wasserwirtschaftsamt Nürnberg (amtlicher Sachverständiger)

o   Fachberatung für Fischerei des Bezirks Mittelfranken (Sachverständiger zu Beurteilung fischereilicher Einwendungen)

-       Träger öffentlicher Belange

o   Stadt Nürnberg

o   Landkreis Fürth

o   Immissionsschutz

o   Naturschutz

o   Fachberatung für Fischerei des Bezirks Mittelfranken

o   Fischereiverband Mittelfranken

o   infra fürth gmbh und Gesundheitsamt (nur Rednitz wegen Durchfahrt des Fassungsbereichs des Wasserschutzgebiets)

-       Betroffene

o   Fischereiberechtigte

o   Grundstückseigentümer der Ein-/Ausstiegsstellen

o   Wehranlagenbetreiber

-       Naturschutzverbände

o   Bund Naturschutz

o   Landesbund für Vogelschutz

 

Zu den Verfahren für Anbieter 1 und 2 liegen bereits eine Vielzahl von Stellungnahmen und Einwendungen vor, der Antrag des Anbieters 3 wurde erst später eingereicht.

 

Die Fachberatung für Fischereiwesen, die betroffenen Fischereivereine Fürth, Nürnberg, Veitsbronn und Zirndorf, der Fischereiverband Mittelfranken, Fischereiberechtigte, Stauwerksbetreiber und Grundstückseigentümer von Ausstiegsstellen haben sich bereits ablehnend geäußert. Insbesondere werden immense Beeinträchtigungen der Fischereiausübung und der (ohnehin nur als „mäßig“ eingestuften und damit gesetzlich zu verbessernden) Fischfauna befürchtet. So finden z.B. die beantragten Befahrungszeiten von April bis Oktober zu fast 100 % in den Laichzeiten der noch vorhandenen Fischarten statt. Auch die unteren Naturschutzbehörden der Städte Fürth und Nürnberg sowie des Landkreises Fürth haben informell bereits Bedenken aufgrund des Umfangs der beantragten Nutzungen angekündigt.

 

Weiteres Vorgehen:

Vor einer abschließenden Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit besteht noch umfangreicher Klärungs- und Prüfungsbedarf. So fehlt u.a. noch die gutachterliche Stellungnahme der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Mittelfranken zu den Einwänden der Fischereiberechtigten. Auch die Stadt Nürnberg hat mitgeteilt, dass aufgrund der Komplexität noch keine abschließende Stellungnahme zur Genehmigungsfähigkeit abgegeben werden könne. Eine Entscheidung wird erst für die Kanu-Saison 2019 möglich sein.

 

Aus den bisher vorliegenden Einwendungen lässt sich jedoch bereits jetzt erkennen, dass eine uneingeschränkte Zulassung der drei beantragten Schifffahrtsgenehmigungen mit der daraus resultierenden Präzedenzfallwirkung nicht möglich sein wird. Aus diesem Grund wird mit den Fachstellen, dem Naturschutzbeirat und aufgrund der gemeinsamen Streckenabschnitte mit den Stellen der Stadt Nürnberg eine Kontingentierung der Schifffahrtsgenehmigungen geprüft werden müssen.

 

Sollten die befürchteten Beeinträchtigungen des Eigentums und der Fischerei tatsächlich so schwerwiegend sein wie vorgebracht, wird konsequenterweise neben einer Kontingentierung der gewerblichen Kanutouren auch eine Beschränkung des Gemeingebrauchs (d.h. private Kanunutzung, Wasserwanderungen) durch Verordnung nach Art. 18 Abs. 4 BayWG zu prüfen sein. So sind ungeübte private Schlauchbootfahrer für Flora und Fauna i.d.R. kritischer zu betrachten, als von erfahrenen Guides geführte gewerbliche Touren.

 

Duldung von Anbieter 1

Anbieter 1 führt die Kanutour auf der Pegnitz seit 2013, die Tour nach Vach seit 2016 durch.

2013: 5 Kanutouren

2014: 10 Kanutouren

2015: 25 Kanutage mit max. 10 Booten

2016: 35 Kanutage mit max. 10 Booten

2017: 38 Kanutage mit max. 10 Booten

Seit 2014 werden die Kanutouren sogar von der Stadt Fürth in den „Stadtspaziergängen“ beworben, die Einstiegsstelle unter der Ludwigsbrücke wurde im Herbst 2016 auf Betreiben der Stadt Fürth durch das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg hergestellt.

 

Der Anbieter 1 wurde im Januar 2018 aufgefordert, die erforderliche Genehmigung zu beantragen. Es wurde vereinbart, dass bis zu einer Entscheidung über diesen Antrag die Weiterführung der Touren geduldet wird.

 

Mit Schreiben vom 26.06.2018 forderte anwaltliche Vertretung der Fischereivereine Fürth, Zirndorf und Nürnberg die Stadt Fürth zum behördlichen Einschreiten und zur Untersagung der der ungenehmigten gewerblichen Kanutouren bis spätestens 10.07.2018 auf. Andernfalls wurden rechtliche Schritte angekündigt.

 

Das OA beabsichtigt dennoch, die Durchführung der Kanutouren des Anbieters 1 im Umfang wie 2017 (d.h. 38 Kanutage mit max. 10 Booten) auch in 2018 vorläufig weiter zu dulden. In den vergangenen 5 Jahren, speziell aber auch in den letzten beiden Jahren mit ähnlich hoher Anzahl an Kanutouren, die auch den Fischereivereinen nicht verborgen geblieben sein können (dem Fischereiverein Fürth sind diese Kanutouren sogar seit geraumer Zeit explizit bekannt), sind abgesehen von einer Anfrage zum Befahren des Landschaftsschutzgebietes mit dem Bootsanhänger insg. 0 Beschwerden oder Nachfragen zu fischereilichen Belangen eingegangen. Auch bei einer Behandlung der Kanu-Thematik im Naturschutzbeirat am 18.10.2017 wurde von den Beiräten (ein Beiratsmitglied ist zugleich Mitglied des Fischereivereins Fürth) zwar von einer erkennbaren Zunahme der Kanu- und Schlauchbootfahrten berichtet, aufgetretene oder zu befürchtende Probleme bzw. Konflikte wurden nicht vorgebracht. Da derzeit (noch) nicht erkennbar ist, dass der Antrag abzulehnen oder die Nutzung in einem bestimmten Umfang einzuschränken wäre, scheint es vor diesem Hintergrund vertretbar, die Entscheidung im Genehmigungsverfahren bzw. das Vorliegen zwingender Versagungsgründe abzuwarten.

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

x

nein

 

ja

Gesamtkosten

     

x

nein

 

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

x

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag: