Betreff
Radverkehrskonzept Fürth 2022 (RVK 2022) - Beschluss
Vorlage
SpA/1008/2022
Art
Beschlussvorlage - SB

Der Vortrag der Referentin dient zur Kenntnis.

 

  1. Das RVK 2022 Fürth mit neun Vorrangrouten wird Grundlage der weiteren Planung der Verwaltung und fließt in den VEP ein.
  2. Die abgeleiteten Infrastrukturmaßnahmen aus dem RVK 2022 für die Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur in 2023/24 wird wie in Tabelle 1 dargelegt beschlossen.
  3. Zur erfolgreichen Radverkehrsförderung gehören neben der Infrastruktur aus dem RVK 2022 Fürth die weiteren Konzeptbausteine Service, Information und Kommunikation. Die Verwaltung wird beauftragt, diese Konzeptbausteine für die Stadt Fürth auszuarbeiten und in 2023 dem Ausschuss zum Beschluss vorzulegen.

 


1.       Radverkehrskonzept 2022 Fürth (RVK 2022)

1.1.    Hintergrund und Ziele des RVK

Ziel der Stadt Fürth ist es, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden und dazu den Anteil des Radverkehrs am Modal Split bis 2035 auf 20 % zu steigern bzw. bis 2028 auf 15 % (SpA/0939/2021, OA/0460/2021). Zudem ist die Stadt Fürth seit 2021 zertifiziertes Mitglied in der „Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK Bayern)“ und erhält dadurch fachspezifische Förderung.

Zudem hat die Verwaltung den Auftrag zur Erstellung eines Verkehrsentwicklungsplans (VEP). Das Konzept wird bei dessen Aufstellung berücksichtigt.

2021 wurde seitens des Stadtplanungsamtes die Erstellung eines Radverkehrskonzeptes ausgeschrieben, welches das modulare Radverkehrskonzept für Radinfrastrukturmaßnahmen von 2015 (SpA/306/2015) fortschreibt und mit dem Ziel eines zusammenhängenden Netzes vervollständigt. Das RVK 2022 beinhaltet neben der grundlegenden Definition der Netzanforderungen das Netzkonzept, die dazugehörige Bestandsanalyse und Hinweise zur Bedarfsplanung. Es zielt damit angebotsseitig auf die Radinfrastruktur ab, folgend werden die Inhalte des RVK kurz dargestellt:

Das Netzkonzept lokalisiert neun Vorrangrouten (95 km) und zahlreiche Zubringerstrecken (36 km). Der Abschlussbericht zum Radverkehrskonzept beinhaltet eine priorisierte Maßnahmenliste und Steckbriefe, sowie ein umfangreiches georeferenziertes Datenmaterial. Der Ortsverband des ADFC gab hierzu dezidierten Input zur Erarbeitung der Routen. Bürger*innen sind über eine interaktive Online-Plattform und über einen Infostandes beteiligt worden.

Die definierten Fürther Vorrangrouten haben bereits heute ein hohes Nutzerpotenzial. Das heißt, im Einzugsbereich sind bereits viele Radfahrer*innen unterwegs, oder aber es ist in Zukunft durch ein entsprechendes, hochwertiges Angebot an Radverkehrsinfrastruktur ein deutlicher Zuwachs des Radverkehrs zu erwarten. Die Routen durchqueren linienhaft das Stadtgebiet und werden in Abbildung 1 dargestellt. Über die Routen ist die Innenstadt aus allen Richtungen erreichbar. Darüber hinaus bedienen sie stadtgrenzüberschreitend wichtige Ziele im Umland von Fürth. Zubringerstrecken verbinden und ergänzen das Vorrangroutennetz.

Ein angenommener Einzugsbereich von 200 m entlang der Routen erfasst eine Netzabdeckung von ca. 80 % der Einwohner*innen an den Adresspunkten im Stadtgebiet. Durch die Bebauungsstruktur innerhalb des Stadtgebietes kann von einem höheren Wert in den Kernstadtlagen ausgegangen werden. Stadtgrenzüberschreitend liegt das Augenmerk auf den besonders nachgefragten Verbindungen nach Nürnberg, Erlangen und in den Landkreis Fürth.

 

 

 

 

                Abb. 1: Vorrangrouten- Netz Fürth (Quelle: eigene Darstellung)

 

 

1.2. Vorrangroutennetz

Vorrangrouten werden unter der Grundannahme einer schnellen, direkten und klar verständlichen Routenführung für den Alltags- und Freizeitradverkehr konzipiert. Vorrangrouten besitzen Verbindungsfunktion, definieren sich durch einen möglichst komfortablen Ausbaustandard und damit eine hohe Wiedererkennung im öffentlichen Raum.

Damit werden auch die aktuellen Richtlinien der E-Klima 2022 der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) umgesetzt. Hier heißt es für die „Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen“ (RAST) vom 23.8.2022: „Die Belange des ÖV, Rad- und Fußverkehrs sind generell gegenüber den Belangen des fließenden und ruhenden Kfz-Verkehrs zu priorisieren. Zusätzlich sind die Ansprüche des Lade-, Liefer- und Wirtschaftsverkehrs zu berücksichtigen.“ Zu den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) heißt es: „Zur Erreichung von Klimaschutzzielen sollen durchgehende Netze mit attraktiver Infrastruktur angeboten werden. Um objektive und subjektive Sicherheit und damit eine gesteigerte Nutzung von Radverkehrsanlagen zu gewährleisten, sind ausreichend breite Anlagen zur Verfügung zu stellen. Die in den

ERA 10 angegebenen Klammerwerte als Mindestmaße für Engstellen sind nicht mehr anzuwenden.“ Die Verwaltung nimmt die aktuelle Entwicklung zum Stand der Technik auf.

 

Folgende Anforderungen werden als Maßstab gesetzt und sollen im Idealfall womöglich umgesetzt werden:

Führung des Radverkehrs auf der Strecke

·         Radfahrstreifen mit 2,00 m Breite

·         Getrennter Einrichtungsradweg mit 2,00 m

·         Getrennter Zweirichtungsradweg mit 3,00 m Breite

·         Fahrradstraße

·         Mischverkehr (Tempo 30) bei max. 5.000 Kfz/Tag

 

Knotenpunktführung

·         Direkte Führung der Linksabbieger (wenn möglich)

·         Grüner Rechtsabbiegepfeil für Radverkehr (bei Radwegen und Radfahrstreifen)

·         Aufgeweitete Radaufstellflächen am Knotenpunkt bei einer Richtungsfahrbahn

·         Kleine Kreisverkehre, max. 15.000 Kfz/24h

  • bieten die Möglichkeit, den Schutzstreifen/ Radfahrstreifen aufzulösen und den Radverkehr auf die Fahrbahn zu führen;
  • Alternative: Führen der Radwege im Abstand von etwa 4,00 m vom Rand der Kreisfahrbahn direkt neben den Fußgängerüberwegen über den Fahrbahnteiler.

·         Große Kreisverkehre (mit mehreren Fahrstreifen)

  • Signalisierung der Überquerungsstellen oder planfreie Führung des Rad- (und Fußverkehrs)

 

Befestigte Straße

  • Asphalt oder Beton.

 

1.3.    Zubringerstrecken

Die Zubringerstrecken haben im Netzkonzept eine Erschließungsfunktion. Die Anforderungen sind dementsprechend etwas geringer als für die Vorrangrouten. Hier können Schutzstreifen mit 1,50 m Breite oder auch gemeinsame Rad-/Gehwege zum Einsatz kommen bzw. bei Tempo 30 wird im Mischverkehr geführt. Zudem können Bussonderfahrstreifen für den Radverkehr freigegeben werden. Im Knotenpunktbereich kann auch indirektes Linksabbiegen mit separater Signalisierung verwendet werden. An Knotenpunkten werden aufgeweitete Radaufstellflächen an der Richtungsfahrbahn erwartet.

 

2.    Abgeleitete Infrastrukturmaßnahmen aus dem RVK 2022 Fürth für 2023/24

Im Bereich Infrastruktur gilt es, Prioritäten zu setzen und zunächst ein Umsetzungsprogramm für die Jahre 2023/2024 zu fixieren. Insgesamt werden vom Gutachter 175 Infrastrukturmaßnahmen zur Umsetzung empfohlen. Maßgeblich sind für die Auswahl seitens der Verwaltung die vom Gutachter für die Umsetzung prioritär bewerteten 30 Maßnahmen. Daraus abgeleitet schlägt die Verwaltung unter Berücksichtigung der Personalkapazität und der beschlossenen Prioritätenfestsetzung in der Verkehrsplanung (SpA/0999/2022) die Infrastrukturmaßnahmen zur weiteren Planung, welche

·         schnell umsetzbar sind, da ohne größeren Eingriff in den baulichen Bestand,
d. h. überwiegend Markierungsmaßnahmen,

·         verkehrsunsichere Schwachstellen im Netz aufheben,

·         Lückenschlüsse in Vorrangrouten schließen

·         auch in Zubringerstrecken sichtbare Maßnahmen für den Radverkehr in Fürth darstellen

vor.

Die Planungen werden dem BWA/Stadtrat im Einzelnen zur Beschlussfassung vorgelegt.

Außerdem sollen stadtgrenzenübergreifende Projekte zusammen mit Verwaltungen der betroffenen Gebietskörperschaften vorangetrieben werden.

 

Tabelle 1 Vorschlag Infrastrukturmaßnahmen entsprechend der o.g. Kriterien

Planung

Straße

Abschnitt
(von-bis)

Maßnahme

Priorität gem. RVK

Lindenstraße

Parkstr. – Lindenstr.

Fahrradstraße

2

Lindenstraße

Lindenstr. – Breslauer Str.

Fahrradstraße

2

Parkstraße/ Scherbsgraben

Lindenstr. – R.-v-Aldebert-Str.

Markierung

2

Leyher Str.

Flößaustr. – Ritterstr.

Fahrradstraße

1

Herrnstr.

Ritterstr. – Sonnenstr.

Markierung

2

Schwabacher Str.

Nord- und Südabschnitt

Markierungen, Anpassungen im Seitenraum

1

Karolinenstraße

Ritterstr – Karlstraße

Markierung, Anpassungen im Straßenraum

1

Karolinenstraße

Karlstraße –

Schwabacher Str.

Markierung, Anpassungen im Straßenraum

1

Friedlandstraße

Bhf. Alte Veste – Am Europakanal

Markierung

 

Stadelner Hauptstraße

Lückenschluss

Markierung

 

Friedrichstraße

Zubringerstrecke

Markierung, LSA-Anpassung

 

Vorbereitung der gemeinsamen Planung Radwegeverbindung FÜ-N

 

Begleitung des Betriebskonzeptes, LPH 3 und 4 für Metropolradweg im Stadtgebiet Fürth am Europakanal

 

 

In Vorbereitung der Konkretisierung der Infrastrukturmaßnahmen ab 2025 werden die noch nicht befahrenen Vorrangroutenstrecken von der Verwaltung untersucht, die Mängel analysiert, Maßnahmenvorschläge entwickelt und priorisiert und dem BWA zur Beschlussfassung vorgelegt.

 

Zur infrastrukturellen Angebotsplanung gehören selbstverständlich auch Radabstellanlagen. Aus der Online-Beteiligung zum RVK ergaben sich auch hier Hinweise auf Defizite. Diese werden bei der Erarbeitung des Paket 4 durch das Stadtplanungsamt aufgegriffen, geprüft und dem BWA zur Beschlussfassung vorgelegt, nachdem wie im BWA bereits berichtet entsprechende Kriterien für die Auswahl entwickelt wurden.

 

 

3.    Ergänzende Konzeptbausteine für eine erfolgreiche Radverkehrsförderung

Der Ausbau der Fürther Radverkehrsinfrastruktur bietet Potential für Menschen jeden Alters, das Rad als Verkehrsmittel mit und ohne E-Antrieb regelmäßig oder gelegentlich zu nutzen. Hochwertige Radverkehrsanlagen signalisieren Radfahrenden Wertschätzung als gleichwertige Teilnehmer*innen im Straßenverkehr, sie bieten Fahrkomfort und Wiedererkennungswert. Gut durchdachte Infrastruktur vermittelt und geben Sicherheit. Jedoch genügt es nicht, ein gutes Angebot an Infrastruktur bereitzustellen, um das Fahrrad bei der Verkehrsmittelwahl der Bürgerinnen und Bürger zu attraktivieren.

 

Die Radverkehrsförderung beruht nach Definition durch die AGFK auf insgesamt 4 Säulen:

  1. Infrastruktur
  2. Service
  3. Information
  4. Kommunikation

 

Das vorliegende RVK muss daher zukünftig um die Konzeptbausteine Service, Information und Kommunikation ergänzt werden. Zu den Maßnahmen der Konzeptbausteinen gehören beispielsweise:

  • Service
    • Maßnahmen zur Verkehrssicherheit (Winterdienst, Reinigung von Müll und Laub)
    • Ggf. Beleuchtung
    • Vorrangschaltung für Radverkehr
    • Fahrradservicestationen
    • Fahrradverleihsystem in Fürth, ggf. mit Lastenrad
    • Fahrradabstellanlagen und Bike-and-Ride
    • Baustellenmanagement
    • Veranstaltungsmanagement (Wegweisung, mobile Fahrradständer)

 

  • Information
    • wegweisende Beschilderung der Vorrangrouten
    • Öffentlichkeitswirksame und stationäre Radzählstellen
    • Fahrradstadtplan analog und digital

 

  • Kommunikation
    • Öffentlichkeitswirksame Aktionen und Wettbewerbe
    • Aufklärungsarbeit, z. B. zu relevanten StVO-Novellen
    • Partizipation, z. B. bei Festlegung von Radabstellanlagen
    • Mobilitätsmanagement für unterschiedliche Zielgruppen

 

Ohne diese drei weiteren Konzeptbausteine ist eine erfolgreiche Radverkehrsförderung nicht möglich. Das war auch das Ergebnis der Bereisung der AGFK im Rahmen des Zertifizierungsprozesses im September 2021, in dem die drei Konzeptbausteine für die Re-Zertifizierung (für 2028 terminiert) gefordert werden. Einige der oben aufgeführten Maßnahmen werden bereits von der Verwaltung umgesetzt, andere müssen noch zwischen den zuständigen Dienststellen definiert werden. Es wird daher angestrebt, in 2023 eine abgestimmte Handlungsempfehlung für die Umsetzung der Konzeptbausteine Service, Information und Kommunikation als Ergänzung zur Infrastruktur dem BWA zum Beschluss vorzulegen.

 

 

 


Finanzierung:

 

Finanzielle Auswirkungen

jährliche Folgelasten

 

 

nein

x

ja

Gesamtkosten

separat

 

nein

ja

     

Veranschlagung im Haushalt

 

X

nein

x

ja

Hst. Einzelfallprüfung

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag: Mittel teilweise für Projekte bereits bewilligt, teilweise aus der Pauschale zur Radverkehrsförderung zu decken, teilweise projektbezogen noch zu beantragen.

 


 

  1. RVK_Stadt Fürth_Abschlussbericht.pdf
  2. RVK_Massnahmensteckbriefe.pdf