Der Umweltausschuss empfiehlt / der Finanz- und Verwaltungsausschuss beschließt die Verwaltung zu beauftragen, ein Klimaanpassungskonzept inkl. Stadtklimaanalyse erstellen zu lassen sowie zur Finanzierung dieser Maßnahme überplanmäßige Mittel in Höhe von max. 220.000 € bereitzustellen.
Die Vergabe bzw. die Bereitstellung der außerplanmäßigen Mittel erfolgt vorbehaltlich einer positiven Förderzusage.
Von den perspektivischen Möglichkeiten einer weiteren Förderung im Klimawandelanpassungsmanagement wird zustimmend Kenntnis genommen.
1.
Hintergrund und Aktuelles
Es wird kontinuierlich wärmer,
Hitzeereignisse werden häufiger und intensiver. Laut des Bayerischen Landesamts
für Umwelt[1]
nehmen Hitzetage, also Tage mit einer Temperatur von über 30 Grad Celsius, ohne
die Durchführung von Klimaschutzmaßnahmen bis Ende des Jahrhunderts um 24 Tage
zu. Der Klimawandel hat also bereits jetzt spürbare Effekte und kann sich auf
einzelne Regionen - und sogar innerhalb eines Stadtgebietes - sehr
unterschiedlich auswirken. Deshalb muss sich die Stadt Fürth neben dem
Klimaschutz auch verstärkt dem Thema der Klimawandelanpassung widmen. Eine fundierte Entscheidungs- und
Planungsgrundlage im Bereich Klimawandelanpassung liefert dabei eine Stadtklimaanalyse.
Viele Städte haben bereits Stadtklimaanalysen anfertigen lassen, so beispielsweise Nürnberg (2013)[2] oder auch Erlangen im Rahmen ihres Klimaanpassungskonzeptes (2019)[3] sowie die anwenderfreundlich digital aufbereitete Analyse der Stadt Mannheim (2020)[4]. Auch im Klimaschutzkonzept der Stadt Fürth (IKSK) wird die Durchführung einer Stadtklimaanalyse als eine Sofortmaßnahme adressiert (Maßnahme Nr. 3.11), die im Rahmen dieses Vorhabens nun konkretisiert und realisiert werden soll. Aber auch beispielsweise auf Bundes- und Landesebene wurden bereits wichtige Weichen gestellt: Rechtsnormen, wie die sog. Klima-Novelle des Baugesetzbuches (BauGB) aus dem Jahr 2011 haben sich noch deutlicher als zuvor für stadtklimatische Fragen mit Blick auf das Schutzgut der menschlichen Gesundheit bzw. auf gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse geöffnet. Zudem werden Hilfestellungen und Leitfäden für die Erstellung von Stadtklimaanalysen herausgegeben, wie z. B. vom Land Hessen.[5]
2.
Mehrwert
„Wenn wir wissen möchten, wie sich die Folgen des Klimawandels auf die
eigene Kommune auswirken – aktuell und auch in der Zukunft – dann brauchen wir
Stadtklimaanalysen. Sie sind ein unverzichtbares Werkzeug, um den Wandel in ein
Handeln zu übersetzen. Denn sie liefern uns die Informationsgrundlagen, die wir
für eine Anpassung der kommunalen Entwicklung benötigen: Welche Baustrukturen
ermöglichen auch in Zukunft gute Lebensbedingungen im Umgang mit Hitze? Welche
Freiflächen sind für Abkühlung, als Luftleitbahn oder als Wasserspeicher
wichtig? Wo müssen vorhandene Strukturen saniert werden?“[6]
Fürth verfügt über einen Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan aus dem Jahr 2005. Durch die vielfältigen Entwicklungen der Stadt innerhalb der letzten 15 Jahre kann eine Stadtklimaanalyse hier wichtige Erkenntnisse und Aktualisierungen liefern. Die Analysen dienen einer strategischen, räumlichen Planung, die Schutzgüter im Planungsprozess adäquat abbildet sowie das Wissen fördert, wie das Fürther Stadtklima erhalten bzw. verbessert werden kann.
Im Rahmen eines Klimawandelanpassungskonzepts mit Stadtklimaanalyse wird eine klimatische Bewertung von Siedlungs- und Verkehrsflächen (Wirkungsräume) sowie Grün- und Freiflächen (Ausgleichsräume) durchgeführt. Dadurch können Wärmeinseleffekte in den besiedelten Wirkräumen sowie kühlende Kaltluftabflüsse und Flurwinde aus dem Ausgleichsraum umfassend abgebildet werden. Mit den daraus resultierenden Stadtklimafunktions- und Klimaanalysekarten sowie Bewertungs- und Planungshinweiskarten können eine klimagerechte Stadtplanung gesteuert und Planungsempfehlungen als konkrete Maßnahmen – für ein Wasser- und Hitzemanagement - entwickelt werden, die sowohl Bedarfe der Raumgliederung, des Erholungsnutzens sowie des Klimawandels abbilden.
Eine Stadtklimaanalyse[7] … … stellt die thermischen
Belastungen von Siedlungsbereichen und Baustrukturen dar. … liefert die Grundlagen für die
Definition von Hitzeinseln. … hilft dabei, Potenziale zur
Nachverdichtung zu identifizieren. … identifiziert und analysiert
Ausgleichs- und Belastungsräume. … identifiziert und analysiert
Kaltluft-Entstehungsgebiete und -Abflussgebiete. … simuliert Tages- und
Nachttemperaturen. … simuliert Richtung, Stärke und
Geschwindigkeit von Kaltluftströmen. |
Erkenntnisse
aus bisherigen sowie momentan laufenden Überlegungen und Planungen bei der
Stadt Fürth, z. B. zum Hochwasser- und
Starkregenrisikomanagement (IKSK-Maßnahme 3.14 und 3.13), zum Thema Schwammstadt (IKSK-Maßnahme 3.12) oder
zur Hitzeaktionsplanung (IKSK-Maßnahme
3.16), aber auch zur Verkehrsentwicklungs-
und Bauplanung sind in diesem Prozess zu berücksichtigen. Dieser umfassende und integrale Blick
liefert wiederrum hilfreiche Grundlagen für die Erarbeitung eines künftigen nachhaltigen, Integrierten
Stadtentwicklungskonzeptes ISEK (IKSK-Maßnahme 3.5). Die Verwaltung kann
sämtliche Ergebnisse und Empfehlungen der Analysen bei Planungen und
Bauprojekten einbeziehen. Zusätzlich soll mit diesem Vorhaben dem Beschluss des Umweltausschusses vom
29.04.2021 Rechnung getragen werden (OA/0461/2021), der einen regelmäßigen
Bericht zu den Auswirkungen der Klimaveränderungen im Stadtgebiet fordert.
Hinweis: Die Erstellung eines Hitzeaktionsplans befindet sich derzeit in der Planung, die federführenden Stellen des Amts für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz (OA) und der Gesundheitsregionplus sind dazu bereits im Austausch. Ein entsprechender erster Bericht erfolgt im Umweltausschuss im Frühjahr 2023.
3.
Inhalte und Ablauf
Es können drei Phasen bei der
Erstellung einer Stadtklimaanalyse im Rahmen eines
Klimawandelanpassungskonzeptes unterschieden werden: Vorbereitung, Umsetzung, Fertigstellung und Kommunikation der
Ergebnisse.
1.
Vorbereitung
Die Vorbereitungsphase beinhaltet beispielsweise die Definition eines gemeinsamen Ziels und
die interne sowie methodische
Strukturierung, die Bestandsanalyse
und Datenbeschaffung. Die Daten
werden in Status-quo- sowie
Zukunftsrechnungen (best- und worst-case) aufbereitet.
2.
Umsetzung
In der Durchführungsphase werden Wirkungen aufgezeigt sowie Ergebnisse
analysiert und interpretiert, z.B. auf vulnerable Gruppen. Betroffenheitsanalysen resultieren in Stadtklimafunktions- sowie
Planungshinweiskarten, die als Grundlage für die Maßnahmenerarbeitung dienen. Dabei kann beispielsweise anhand von
Handlungsfeldern vorgegangen werden, die beispielsweise umfassen können: Stadt-
und Regionalplanung, kommunale Liegenschaften, kommunale Infrastruktur und
Dienstleistungen, Grünflächenentwicklung, Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz,
Tourismus oder Gesundheit. Hierbei spielt eine interne sowie externe Beteiligung relevanter Stellen eine
große Rolle, z. B. durch Themen-Workshops.
3.
Fertigstellung
In der letzten Phase stehen die Finalisierung und
Kommunikation der Ergebnisse im Vordergrund. Erkenntnisse müssen sowohl intern als Arbeitsgrundlage kommuniziert
als auch einer breiten Öffentlichkeit
verständlich nähergebracht werden.
Die
Betreuung des Vorhabens findet durch
das Klimaschutzmanagement statt. Eine enge Zusammenarbeit mit den Fachstellen,
wie dem Stadtplanungsamt, Tiefbauamt, der Stadtentwässerung und dem
Grünflächenamt ist in diesem Bereich unabdingbar und wird sowohl zur
Vorbereitung des Themas als auch generell im Themenfeld Klimawandelanpassung
intensiv verfolgt.
4.
Methoden
Bei der Erstellung solcher
Analysen kann auf verschiedene Methoden zurückgegriffen werden. Die
angewendeten Methoden unterscheiden sich zum einen in den gegebenen Rahmenbedingungen, wie der Größe der
Kommune, dem Leistungsumfang, z. B.
einer rein qualitativen Einschätzung oder quantitativen Ergebnissen wie
Temperaturen, Volumenströme von Kaltluft, etc., aber auch in den erforderlichen
und verfügbaren Datengrundlagen für die
Durchführung der Analyse.[8]
Für die Bedürfnisse der Stadt Fürth sowie die Aufbereitung einer entsprechenden Stadtklimafunktionskarte wird die Anwendung der detaillierten und umfassenden modellgestützten Simulation (Stadtklimamodellierung), basierend auf meteorologischen Modellen, als bevorzugte Methode empfohlen. Eine solche Simulation ermöglicht auch die Berücksichtigung langfristiger klimarelevante Entwicklungen, wodurch Auswirkungen und Risiken verdeutlicht werden können.
5.
Zu erwartende Kosten und Fördermöglichkeit
Für die Erstellung einer
Stadtklimaanalyse wird externe Expertise einbezogen und ein Dienstleister mit
entsprechender Erfahrung beauftragt. Sowohl auf Bundes- als auch Landesebene
stehen zu diesem Zwecke Fördermittel für die kommunale Klimawandelanpassung zur
Verfügung (s. Tabelle).
Förderrichtlinie |
Gegenstand/ Zweck |
Förderhöhe und -satz, Laufzeit (Finanzschwäche
bereits berücksichtigt) |
Besonderheit |
Förderung
u.a. für Bewältigung der Folgen des Klimawandels (2.2) |
Max.
100.000 Euro; 70 % |
· Nach
bayerischen Förderung Einstieg in Bundesförderung (ab A2) möglich – sofern
Förderfenster wieder geöffnet wird · Förderrichtlinie
läuft nur noch 2022 |
|
BMUV „Förderrichtlinie Maßnahmen
zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ |
Förderschwerpunkt A: Einstieg in das kommunale Anpassungsmanagement
·
A1: Erstvorhaben ·
A2: Anschlussvorhaben ·
A3: ausgewählte Maßnahme =
investive Maßnahme |
·
A 1: max. 225.000 Euro; 90
%; 2 Jahre ·
A 2: max. 275.000 Euro; 90
%; 3 Jahre ·
A 3: max. 200.000 Euro; 65
%; 3 Jahre |
·
Derzeit ausgesetzt, unklar
wann wieder geöffnet wird ·
Inkl. Stellenschaffung ·
A2 kann parallel zu den
investiven Förderungen A 3 oder B II laufen |
BMUV „Förderrichtlinie Maßnahmen
zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ |
Förderschwerpunkt B: Innovative Modellprojekte ·
B I: Erstellung eines
Konzeptes ·
B II: Umsetzung = investive
Maßnahme |
·
B I: max. 300.000 Euro; 90
%, 3 Jahre ·
B II: max. 500.000 Euro; 65
%, 4 Jahre |
·
Wird im Laufe 2022
geöffnet, unklar wann ·
Inkl. Stellenschaffung ·
Bestenfalls an
Forschungsprojekte anknüpfend ·
Wird unabhängig von
Förderschwerpunkt A gefördert |
Die
Fördermittel auf Bundesebene sind derzeit ausgesetzt. Eine Reaktivierung der
Förderprogramme ist zwar wahrscheinlich, jedoch ist es laut Aussage des
Projektträgers unklar, ab wann diese erfolgt.
Aus diesen Gründen empfiehlt die Verwaltung eine Beantragung der bayerischen Fördermittel der KommKlimaFöR für die Erstellung eines Klimaanpassungskonzeptes inkl. der Durchführung einer Stadtklimaanalyse. Der maximale Fördersatz des Programms beläuft sich auf 70 % bzw. 100.000 Euro.
Die erwartbaren Kosten liegen
zwischen 180.000 Euro und 220.000 Euro für die gesamtstädtische Perspektive,
inkl. Maßnahmenentwicklung und Umsetzungskonzept.
Die Umsetzung der Klimawandelanpassungsmaßnahmen ist zwingend an die Schaffung von Personalstellen in Ref V/SpA geknüpft. Sollte das Bundesförderprogramm mit Schwerpunkt A wieder aufgelegt werden (sh. Tabelle), wäre ein Quereinstieg ab dem Anschlussvorhaben (A2) zur Umsetzung von Maßnahmen möglich und damit auch die Schaffung einer geförderten Personalstelle für Klimaanpassung zur Betreuung der Maßnahmenumsetzung. Diese Stelle könnte perspektivisch im Baureferat verankert sein und eng mit dem Klimaschutzmanagement zusammenarbeiten.
Sobald sich diesbezüglich eine
Neuauflage der Bundesförderung abzeichnet werden der Umweltausschuss bzw. die
entsprechenden Gremien erneut befasst.
6.
Voraussichtlicher Zeitplan
Nach den Gremienbeschlüssen
können die entsprechenden Unterlagen beim Fördermittelgeber eingereicht werden.
Die Bewilligung der Mittel kann sich über einige Monate erstrecken. Der Start
des Vergabeverfahrens wird deshalb für Anfang 2023 beabsichtigt. Die Erstellung der Stadtklimaanalyse kann bis
zu 18 Monate in Anspruch nehmen und wird dementsprechend voraussichtlich
Mitte 2024 abgeschlossen sein.
Die Betreuung des Vorhabens erfolgt durch das Klimaschutzmanagement in engem Austausch mit den betroffenen Dienststellen, vorwiegend dem Stadtplanungsamt. Langfristig soll, wie beschrieben, ein*e entsprechende Klimaanpassungsmanager*in die Betreuung des Themas federführend übernehmen.
7.
Quellen
HLNUG
(2022 a): Stadt-Klima-Analysen – Wie Ihre Kommune davon profitieren kann.
Reihe: Klimawandel in Hessen — Schwerpunktthema; Link: https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/klima/Handlungshilfen/Brosch%C3%BCre_Stadtklimaanalysen.pdf
HLNUG
(2022 b): Interaktive Entscheidungshilfe – Checklisten und Einführung in
Methoden der Stadtklimaanalyse; Link: https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/klima/Handlungshilfen/Interaktive_Entscheidungshilfe_Stadtklimaanalysen.pdf
(17.08.2022)
Stadt Erlangen (2019): Teil A: Klimaanapassungsstrategie;
Link https://erlangen.de/uwao-api/faila/files/bypath/Dokumente/PDF-Formulare/31_Umweltamt/31klima_B_Klimaanpassungskonzept_Stadt_Erlangen_Teil_A.pdf?tn=1&q=normal&s=list
(17.08.2022)
Stadt Freiburg
(2019): Klimaanpassungskonzept - Ein Entwicklungskonzept für das Handlungsfeld
„Hitze“; Link: https://www.freiburg.de/pb/site/Freiburg/get/documents_E-1465143323/freiburg/daten/bauen/stadtplanung/Klimaanpassung/201013_KLAK_Bericht-digital.pdf
(17.08.2022)
Stadt
Mannheim (2019): Stadtklimaanalyse Mannheim (2020) Schlussbericht; Link: https://www.mannheim.de/sites/default/files/2021-10/210531_Klimaanalyse_Mannheim_2020_Abschlussbericht_rev02.pdf & https://stadtklimaanalyse-mannheim.de/
(17.08.2022)
Stadt Nürnberg (2014): Stadtklimagutachten;
Link: https://www.nuernberg.de/imperia/md/umweltamt/dokumente/klima_energie/klimaanalyse-nuernberg_gutachten_rev01_komp_ohnekarten.pdf
(17.08.2022)
UBA (2022): Klimarisikoanalysen auf kommunaler Ebene
Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der ISO 14091; Link: Klimarisikoanalysen
auf kommunaler Ebene (umweltbundesamt.de) (17.08.2022)
Finanzierung:
Finanzielle
Auswirkungen |
jährliche
Folgelasten |
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nein |
x |
ja |
Gesamtkosten |
180.000-220.000 € |
x |
nein |
|
ja |
€ |
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Veranschlagung
im Haushalt |
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x |
nein |
|
ja |
Budget-Nr. |
im |
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Vwhh |
|
Vmhh |
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wenn
nein, Deckungsvorschlag: Eine
Teilfinanzierung ist ggf. über die pauschalen Klimaschutzmittel möglich, der
Rest muss über eine Beantragung überplanmäßiger Mittel erfolgen. Eine
teilweise Deckung der Ausgaben kann durch die zu beantragenden
Bundesfördermittel erfolgen. |
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