Betreff
Vorlage zum Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 31.01.2023 - Anpassung Fürther Sozialticket
Vorlage
SzA/0270/2023
Art
Beschlussvorlage - SB

Der Beirat für Sozialhilfe, Sozial- und Seniorenangelegenheiten / der Finanz- und Verwaltungsausschuss empfiehlt / der Stadtrat beschließt den Ersatz des komplizierten Mobitaler-Systems im Rahmen der städtischen Leistungsfähigkeit durch ein einfaches Sozialticket, das das neue Deutschlandticket mit 50 % bezuschusst.

 


Das Deutschlandticket kommt

Ab Mai 2023 steht das Deutschlandticket zur Verfügung. Damit können öffentliche Verkehrsmittel deutschlandweit (gesamter ÖPNV, inkl. Regionalzüge 2. Klasse) uneingeschränkt genutzt werden. Kosten wird das neue Ticket 49 € monatlich.[1] Das Deutschlandticket ist als Abo konzipiert, ist aber monatlich kündbar.

Das Deutschlandticket verfolgt dieselben Ziele wie das erfolgreiche 9-Euro-Ticket: Es soll Bürgerinnen und Bürger finanziell entlasten, den öffentlichen Verkehr attraktiv machen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Zur Attraktivität des neuen Tickets gehört auch, dass es die Komplexität der Tarifstufen, Geltungsbereiche und Ausschlusszeiten vollständig auflöst.

Bisheriges Mobitaler-System nicht mehr anschlussfähig

Mit den Mobitalern hat die Stadt Fürth bisher ärmeren Menschen ein Sozialticket angeboten, das für unterschiedliche Abo-Typen, Tarifstufen und Ausschlusszeiten ein kompliziertes Gutschein- und Rückerstattungssystem vorsieht. Dieses unübersichtliche und schwer verständliche System ist nicht mehr zeitgemäß und auch nicht mehr anschlussfähig an die einfache Logik des bundesweit einheitlichen Deutschlandtickets.

Das neue Fürther Sozialticket: 50 % Zuschuss zum Deutschlandticket

Zwar ist das Deutschlandticket bereits eine Form des Sozialtickets, allerdings sind 49 Euro pro Monat für Menschen im Transferleistungsbezug immer noch eine Menge Geld. Damit sich das neue Ticket auch arme Menschen leisten und gleichermaßen an Mobilität teilhaben können, soll es – entsprechend dem Antrag der SPD-Fraktion vom 31.01.2023 – für diese Zielgruppe einen monatlichen Zuschuss von 50 % in Form des neuen Fürther Sozialtickets, also 24,50 Euro, geben.

Mit dem neuen Sozialticket bietet sich die Chance, das komplizierte Tarifstufen-, Gutschein- und Rückerstattungssystem der bisherigen Mobitaler abzulösen und Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Und auch für die Zielgruppe ist das neue Sozialticket attraktiv: Kosten und Nutzen sind unmittelbar zu erkennen und eine Entscheidung, ob es sich rentiert, leicht zu fällen.   

Von dem Zuschuss begünstigt sein sollen die drei Gruppen, die als sozial am gefährdetsten gelten:

·           Personen, die Bürgergeld beziehen (nach SGB II)

·           Personen, die Grundsicherung beziehen (nach SGB XII)

·           Personen, die Asylbewerberleistungen beziehen (nach AsylbLG)

Damit konzentriert sich das neue Sozialticket auf die Unterstützung von Personen, die nicht mehr als das Existenzminimum zur Verfügung haben und als sozial am gefährdetsten definiert sind. Wohngeldempfänger, deren Zahl sich mit der Wohngeldreform (2023) verdreifacht, gehören nicht mehr zur Kernzielgruppe, weil sie über Einkommen oberhalb des Existenzminimums verfügen.

Das neue Fürther Sozialticket entspricht der einfachen Logik des Deutschlandtickets und beendet damit das Nebeneinander unterschiedlicher Zuschussarten für unterschiedliche Abo-Typen und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand. Andere Abos bzw. Sozialtickets für bestimmte Zielgruppen wie das 365-Euro-Ticket für Schüler und Azubis[2] werden nicht weiter bezuschusst.

Personen, die öffentliche Verkehrsmittel nur sehr gelegentlich nutzen, so dass der Erwerb des Deutschlandtickets – auch mit Zuschuss – nicht wirtschaftlich wäre, decken ihren geringen Mobilitätsaufwand aus dem Leistungsregelsatz, der eine Komponente für Mobilität enthält (Bürgergeld nach SGB II, Grundsicherung nach SGB XII und Leistungen für Asylsuchende nach AsylbLG jeweils ca. 45 Euro monatlich.[3]

In Abstimmung mit Rf. II erfolgt die Einführung des neuen Fürther Sozialtickets unter dem Vorbehalt und nur so lange, als es kein VGN-verbundweites Sozialticket gibt.

Wie funktioniert das neue Sozialticket in der Praxis?

Wer zum begünstigten Personenkreis gehört, kann sich beim Amt für Soziales, Wohnen und Seniorenangelegenheiten eine personalisierte Zuschusszusage zum Erwerb eines Deutschlandtickets besorgen. Maßgeblich für die Zuschussgewährung ist der Nachweis des Leistungsbezugs. Die personalisierte Zuschusszusage gilt jeweils nur für die Monate mit Leistungsbezug – längstens aber für die folgenden sechs Monate.

Aus Gründen der Gleichbehandlung darf der Eigenbeitrag zum Deutschlandticket bei Leistungsbeziehenden, die in einem Beschäftigungsverhältnis mit Jobticket stehen, 24,50 € monatlich nicht unterschreiten.

Da es sich bei dem neuen Fürther Sozialticket um eine freiwillige Leistung handelt, besteht keinerlei Rechtsanspruch. Eine Kopplung des neuen Sozialtickets an den FürthPass soll (vorerst) nicht erfolgen, da dieser ebenfalls vor einer umfassenden Reform steht.

Begünstigte können bei der infra Fürth ein Deutschlandticket zum verbilligten Sozialticket-Tarif (24,50 € pro Monat) erwerben. Den Differenzbetrag stellt die infra im Nachgang der Stadt Fürth wieder in Rechnung.

Kosten für das neue Fürther Sozialticket

Die absoluten Kosten für das neue Sozialticket hängen a) von der Größe der begünstigten Personengruppe und b) vom Interesse bzw. der Nachfrage nach dem Deutschlandticket ab. Der begünstigte Personenkreis nach obiger Definition umfasst sehr grob 10.000 Personen einschließlich Kinder unter sechs Jahre, die kostenfrei fahren. Die tatsächliche Nachfrage ist dabei nur sehr beschränkt vorhersehbar, weil das Deutschlandticket ein grundlegend anderes Angebot ist als ein Monatsabo für ein (Teil)-Verbundgebiet ggfs. mit Ausschlusszeiten und der Preis – auch mit Zuschuss – wesentlich höher liegt als das 9-Euro-Ticket, das im letzten Sommer bundesweit 52 Millionen mal verkauft wurde.

Als sehr grobe Orientierungsgröße für den Mittelaufwand zur Finanzierung des neuen Fürther Sozialtickets kann folgendes Rechenmodell dienen: Geht man z.B. davon aus, dass 10 Prozent des begünstigten Personenkreises das Deutschlandticket für jeweils volle 12 Monate erwerben und den Zuschuss nachfragen, würde auf den städtischen Haushalt ein Aufwand von 294.000 jährlich Euro zukommen. Auf die große Unwägbarkeit dieser Annahme muss jedoch nochmals hingewiesen werden.

Aufgrund der hohen Unwägbarkeit der Nachfrage und der unmittelbaren Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit des städtischen Haushalts wird zugleich mit der Einführung des neuen Fürther Sozialtickets ein engmaschiges Überprüfungs- und Berichtssystem eingeführt. In Abstimmung mit Rf. II wird somit das Sozialticket im Rahmen der Leistungsfähigkeit des städtischen Haushalts gewährt und wird probeweise eingeführt bis Klarheit über die tatsächliche Inanspruchnahme und der damit verbundenen finanziellen Auswirkungen besteht.

Vorgesehen ist mit Blick auf die Haushaltsfortschreibung im August 2023 eine erste Auswertung zur Inanspruchnahme des neuen Sozialtickets. Im Beirat für Sozialhilfe, Sozial- und Seniorenangelegenheiten am 18.10.2023 folgt ein erster ausführlicher Bericht zum neuen Sozialticket mit Zahlenauswertungen und Finanzaufwand sowie ein zweiter ausführlicher Bericht zwölf Monate nach Einführung. 

Umsetzung

Zur Umsetzung des neuen Fürther Sozialtickets sind folgende wesentliche Schritte notwendig:

·           Bereitstellung eines geeigneten Erfassungs- und Verwaltungssystems für die Ausgabe des neuen Sozialtickets bzw. die Zuschusszusagen

·           Absprache mit der infra Fürth zum Abrechnungsverfahren/Erstattung des Zuschussbetrags (außerdem: Klärung der monatsweisen Verfügbarkeit, Umgang mit Bonitätsprüfung, Verwaltungspauschale etc.)

·           Entwurf der Zuschusszusage (Fürther Sozialticket) zum Erwerb des vergünstigten Deutschlandtickets

·           Planung und Durchführung von Informationsmaßnahmen (Homepage, Handzettel, Plakate, infü, Information an bisherige Mobitaler-Nutzer zu den Änderungen u.a.)

·           Erster Bericht mit Blick auf die Haushaltsfortschreibung im August 2023

·           Bericht mit Zahlenauswertung/Finanzaufwand im BSS am 18.10.2023

·           Bericht mit Zahlenauswertung/Finanzaufwand zwölf Monate nach Einführung des neuen Fürther Sozialtickets

 



[1] Nach letztem Stand kostet das Deutschlandticket auch für Kinder und Jugendliche 49 Euro. Kinder bis sechs Jahre fahren wie bisher kostenlos.

 

[2] Schülern und Azubis steht das 365-Euro-Ticket zur Verfügung. Im Gegensatz zum Deutschlandticket kann damit (ca. 30 € monatlich) nur innerhalb des Verbundgebietes gefahren werden.

 

[3] Rechtsgrundlage: § 20 SGB II, § 27a SGB XII, § 3a Abs. 4 AsylbLG; Referenz: Regelbedarfsstufe 1 für eine alleinlebende Person. Vgl. Zeitschrift für das Fürsorgewesen. H 7463. 75. Jahrgang. Januar 2023. S. 1ff. 


Finanzierung:

 

 

nein

x

ja

Gesamtkosten

grobe tentative Schätzung siehe oben unter Kosten für das neue Fürther Sozialticket

 

nein

x

ja

Noch nicht vorhersehbar

Veranschlagung im Haushalt

 

 

nein

 

ja

Hst.      

Budget-Nr.      

im

 

Vwhh

 

Vmhh

wenn nein, Deckungsvorschlag: